Lebensdaten
erwähnt 18. – 20. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Stahlfabrikanten
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 138361428 | OGND | VIAF: 89913538
Namensvarianten
  • Mühler
  • Miller
  • Mühler

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Zitierweise

Miller, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd138361428.html [25.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Die Familie stammt aus Franken, von wo sie nach Wien zuwanderte. Martin Mühler (1769–1833) erlernte das Schlosser- und Feinzeugschmiedhandwerk und ging dann als Geselle nach England, wo um 1740 Benjamin Huntsman das Tiegelgußstahlverfahren erfunden hatte, für das er sich interessierte. Hier änderte er seinen Namen in „Miller“. 1799 kehrte er nach Wien zurück und begann als k. k. Uhrstahlfabrikant mit der Herstellung von Großuhren, Wecker-, Stock- und Küchenuhren sowie Antriebswerken für Musikspiele und Morseapparate. Nachdem er dem Drahtzieheisenfabrikanten Ulrich Mutter aus Wien-Neubau sein erfolgreiches Herstellungsgeheimnis abgekauft hatte, erwarb er in Wien-Gumpendorf ein Haus, das er 1804 zu einem Fabrikgebäude mit einem Schachtofen für Tiegelstahlerzeugung umbaute. Er produzierte dort u. a. Zugplatten, Goldplättwalzen, harte Schabmesser für Gerber sowie Drähte. Als Napoleon 1809 in Wien weilte, interessierte er sich für das M.sche Herstellungsverfahren. 1825 trat Martin mit dem Industriellen Daniel Fischer (1773–1833) in Geschäftsverbindung. Die beiden beschlossen, ein großes Stahlwerk nach engl. Vorbild in St. Aegyd zu errichten. Am linken Traisenufer wurde die Fabrik gebaut, doch sieben Jahre später, kurz vor dem fast gleichzeitigen Tod der beiden, brach die Verbindung auseinander.

    Die Söhne Martin (1814–85) und Lorenz betrieben in St. Aegyd, wo in zwei großen Hallen etwa zehn Öfen arbeiteten, ausschließlich die Tiegelgußstahlerzeugung. Der „Millerstahl“ genoß hohes Ansehen und wurde besonders zur Anfertigung von Werkzeugen, chirurgischen Instrumenten, Reißzeugen, Meßgeräten sowie Zugplatten verwendet. In dritter Generation leiteten die Enkel Martin (* 1846) und Lorenz den Betrieb. Seit den 60er Jahren geriet das Unternehmen in wachsende finanzielle Schwierigkeiten. Ursachen waren ein zunehmender Streit mit einem Bruder in Wien, die Auszahlung von Lorenz und vor allem die Erfindung des Regenerativ-Schmelzofens durch Friedrich Siemens (1856), durch die das in St. Aegyd angewendete Verfahren überholt wurde. Nach einem Vergleich erwarb 1886 der Hauptgläubiger, Johann Bernreuther aus Nürnberg, die Fabrik und führte sie in kleinem Umfange weiter. 1918 wurde das Unternehmen an die Firmen Böhler/Kapfenbergund St. Aegyder Drahtindustrie verkauft. Seit 1945 unter Sowjet. Verwaltung und 1955 verstaatlicht, besteht das Werk in St. Aegyd noch heute.

    Der älteste Sohne des Gründers aus dessen erster Ehe, Franz Matthias, führte das Wiener Werk weiter, das er bereits seit 1823 geleitet hatte. Das Rohmaterial sollte er von seinen beiden Brüdern Martin und Lorenz in St. Aegyd beziehen. Seine Spezialität waren Klaviersaiten, doch produzierte er auch Stahlzieheisen, Goldplättwalzen, Gußstahl, Stahlbleche und -drähte sowie Krinolinenfedern. Im Laufe der Zeit hielt er sich immer weniger an die Liefervereinbarungen mit den Brüdern. 1846 gründete er das Stahlwerk Theresienhütte in Ternitz, das 1862 an die Schoeller-Werke überging, 1869 kaufte er die Seywaldmühle in Venusberg bei Traismauer (Niederösterreich), wo er sich auf Stahlsägeblätter spezialisierte.

    Nachfolger im Wiener Betrieb waren seine Söhne Karl Franz und Moritz, besonders aber ein Neffe, August ( 1916), ein Sohn Martins aus St. Aegyd. Moritz erbaute 1892 in Wien ein Verwaltungsgebäude und 1895 daneben einen weiteren Fabriktrakt, die bis 1932 die Zentrale des Unternehmens bildeten. August und der mit ihm befreundete Direktor Josef Zelenka machten die Firma zu einem führenden österr. Unternehmen, das nach Augusts kinderlosem Tod von der Österr. Creditanstalt erworben und als AG weitergeführt wurde. 1942 wurde an das Werk Traismauer ein Flugrüstungswerk angeschlossen, das 1945 von der Sowjetunion demontiert wurde. 1961 erhielt August Schmid-Schmidsfelden die Betriebe; in Traismauer und Wien als Entschädigung für die Verstaatlichung seiner Hüttenwerke Krems und Liezen. Unter der Bezeichnung „Martin Miller, Kaltwalzwerke, Sägen- und Maschinenmesserfabrik“ besitzt das Unternehmen heute neben den Standorten in Traismauer und Wien auch Betriebe in Neuhofen a. d. Krems und Judendorf-Straßengel bei Graz.

  • Literatur

    J. Slokar, Gesch. d. österr. Industrie, 1914, S. 448 f., 489;
    1870-1970, 100 J. Böhler Edelstahl, 1970, S. 169-94;
    H. Heppner, Chronik d. Marktgemeinde St. Ägyd a. Neuwald, 1952, S. 99 f.;
    G. Otruba, lndustrietopographie Niederösterreichs, 1956, S. 70 f., 75;
    W. Kossmann, Beginn d. Tiegelherstellung im J. 1804 in Österreich, in: Stahl u. Eisen 82, 1962, S. 1883 f.;
    ÖBL. – Mitt. v. Dipl.-Ing. W. Schmid-Schmidsfelden.

  • Autor/in

    Gustav Otruba
  • Zitierweise

    Otruba, Gustav, "Miller" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 512-513 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd138361428.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA