Oswald von Wolkenstein

Lebensdaten
vermutlich 1376 oder 1367 – 1445
Geburtsort
Burg Schöneck (Südtirol)
Sterbeort
Meran
Beruf/Funktion
Liederdichter ; Komponist ; Minnesänger ; Diplomat
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118590618 | OGND | VIAF: 9855604
Namensvarianten

  • Wolkenstein, Oswald von
  • Oswald von Wolkenstein
  • Wolkenstein, Oswald von
  • Oswald, de Wolkenstein
  • Oswald, Wolkensteiner
  • Wolkenstein, Osswald von
  • Osswald, von Wolkenstein

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Zitierweise

Oswald von Wolkenstein, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118590618.html [13.12.2025].

CC0

  • Oswald von Wolkenstein

    Liederdichter, * 1376 (?) Burg Schöneck (Südtirol), 2.8.1445 Meran.

  • Genealogie

    V Friedrich v. W. ( 1400), auf Villanders, S d. Konrad v. W. ( v. 1386), auf Villanders, u. d. Ursula v. Enn;
    M Katharina, T d. Eckhart v. Trostburg ( 1385) u. d. Zwenna v. Castelbarco-Castelnuovo ( 1382);
    B Michael v. W. ( 1443), auf Villanders, Leonhard v. W. ( bald n. 1426);
    1417 Margarethe v. Schwangau ( n. Mai 1451);
    5 S, 2 T.

  • Biographie

    O. war der zweite Sohn einer kinderreichen Südtiroler Familie des niederen Adels aus zwei Seitenlinien der Herren v. Villanders. Sein Lebensweg ist gekennzeichnet durch den Versuch, am Grafen von Tirol vorbei außerhalb seiner Heimat sozial aufzusteigen. Die Angaben zu seinem Leben beruhen zum Teil auf Äußerungen des Dichters in seinen Liedern ohne urkundliche Stütze. O. wurde mit zehn Jahren einem Reisigen zur Ausbildung übergeben. Zunächst als Knappe, war er ca. 14 Jahre durch halb Europa unterwegs. 1401 nahm er im Tiroler Kontingent am Feldzug Kg. Ruprechts gegen Mailand teil. Wenig später erlitt er auf dem Schwarzen Meer Schiffbruch und geriet in Todesgefahr. Seine wirtschaftliche Lage war unsicher, da sein Bruder Michael den Besitz nach dem Tode des Vaters 1400 ungeteilt verwaltete. 1405 verletzte Michael ihn schwer, nachdem O. sich Geld und Schmuck angeeignet und die Schwägerin fälschlicherweise beschuldigt hatte. Erst 1407 erfolgte die Erbteilung. 1406 gehörte O. zu den Gründern des Elefantenbundes Tiroler Adliger, der sich gegen den Landesherrn richtete. 1409 wurde er als Richter weltlicher Stellvertreter des Brixener Bischofs. Um 1410 (?) unternahm er eine Kreuzfahrt ins Hl. Land. 1413 endeten die Bindungen an den Bischof von Brixen. In diesen Jahren entstand ein Liebesverhältnis mit Anna, der Tochter des verstorbenen Brixener Schulmeisters Hans Hausmann.

    Während des Konstanzer Konzils trat O. am 16.2.1415 für 300 ungar. Gulden jährlich in die Dienste Kg. Sigmunds. Er begleitete eine kgl. Gesandtschaft nach Portugal, Kastilien, Aragon und Frankreich. Als der festgesetzte Gf. Friedrich v. Tirol aus Konstanz floh, ritt O. im Frühjahr 1416 als Sigmunds Gesandter in die Konzilsstadt. Anfang 1419 war er mit einem gefälschten Geleitbrief in Wien und zog im Gefolge des Königs nach Ofen (Ungarn). Vermutlich nahm er an einem Hussitenfeldzug teil und war im Herbst 1420 unter den auf der Burg Wyschehrad bei Prag zeitweilig eingeschlossenen Tiroler Rittern. Mitte September 1421 setzten Personen, die Forderungen an ihn hatten, darunter Anna Hausmann, O. zur Durchsetzung ihrer Ansprüche auf Schloß Forst bei Meran fest und ließen ihn foltern. Am 17. Dezember übernahm Friedrich den Gefangenen und ließ ihn ein Vierteljahr später gegen eine hohe Kaution vorübergehend frei. O., der sich nicht wieder stellte, begab sich zum König nach Preßburg, der Spannungen zwischen dem Tiroler Adel und dem Landesherren schürte. Aber Friedrich söhnte sich mit den meisten Gegnern im Lande aus, O. ausgenommen. Im Winter 1424/25 bemühte er sich erneut und vergeblich beim König um Hilfe. Vor einem Gerichtstermin am 16.3.1427 wollte O. außer Landes fliehen, wurde aber auf Fellenberg bei Innsbruck gefangen gesetzt. Zu überaus günstigen Bedingungen kam er am 1. Mai wieder frei. Die Bürgschaft seiner Verwandten blieb als Druckmittel bestehen. Mit einem Ritt im Herbst 1427 über Salzburg, Heidelberg, Köln und Aachen zu westfäl. Femegerichten suchte O. ein letztes Mal vergeblich, Interessen am Landesherren vorbei durchzusetzen. 1431 nahm er am Reichstag in Nürnberg teil, danach wohl an der mit Flucht endenden Hussitenschlacht bei Taus. Im Januar 1432 folgte O. einem Ruf des Königs nach Piacenza; von dort begleitete er den Kanzler des Reiches zum Basler Konzil. 1434 konnte er in Ulm ein letztes Mal auf einem Reichstag in eigener Sache erfolgreich tätig werden. Von da an war O. nur noch in Südtirol aktiv, als Schlichter, als Mitglied des Geschworenen Rates, in der Wahrung von Familieninteressen.

    Das uns bekannte ungewöhnlich umfangreiche und vielfaltige lyrische Werk O.s besteht aus rund 130 ein- wie mehrstimmigen Liedern und zwei Reimpaarreden, darunter kalenderkundlichen Memorierstrophen und einem langen Reimpaargedicht über das Recht. O. nahm die unterschiedlichsten Traditionen auf und nutzte seine künstlerischen Fähigkeiten zur adligen Selbstdarstellung, aber auch zur Durchsetzung seiner wirtschaftlichen Interessen. O. ist der bedeutendste deutsche Lyriker des späten Mittelalters. Er unterlegte romanischen mehrstimmigen Sätzen sehr geschickt und witzig deutschen Text und durchbrach damit gleich dem sog. Mönch von Salzburg für das weltliche deutsche Lied die herrschende Monodie. Ein Vogelstimmenlied, die Parodie höfischer Minnelieder durch Umsetzung ins bäuerische Milieu, und ein Trinklied in Kanonform sind hier hervorzuheben. Dabeben steht die Weiterentwicklung des einstimmigen Liedes, insbesondere im Bereich der Liebeslieder, der autobiographischen Reiselieder und der sehr persönlichen geistlich-betrachtenden Lieder, für die er sich z. T. an Strophenformen von Sangspruchdichtern anlehnte. Kennzeichnend ist die formale wie inhaltliche Vielfalt. Die Liebeslieder reichen von ganz traditionellen Minneliedern über Lieder auf die Ehefrau zu derben Sennerinnenliedern. Besonders oft wird das Konzept des Tageliedes variiert. Die neuartigen Reiselieder halten meist launige Ergebnisse für eine höfische Gesellschaft Gleichgesinnter fest. Die geistlichen Lieder sind meist umfangreich und stellen vielfach das bedrängte Autor-Ich in seiner Not vor. Daneben stehen reimreiche Marienlieder im hohen Stil. In unserer Zeit wurde O.s Bedeutung erst nach Erscheinen der Kleinschen Ausgabe (1962) allgemein anerkannt.|

  • Auszeichnungen

    Aragones. Kannen- u. Greifenorden (1415);
    Wappenkleinod (1419, um den sog. Kohlkorb vermehrt);
    ungar. Drachenorden (1431).

  • Werke

    Liederhss. A, Wien, Österr. Nat.bibl., Cod. Vind. 2777, geschrieben um 1425 (P), B, Innsbruck, Univ.bibl., ohne Sign., geschrieben 1432 mit Nachtrr. (P);
    K. K. Klein (u. a. Hg.), Die Lieder O.s v. W., ³1987. I. Pelnar, Die mehrstimmigen Lieder O.s v. W., 2 Bde., 1981 f.

  • Literatur

    ADB 44;
    E. Kühebacher (Hg.), O. v. W., Btrr. d. philol.-musikwiss. Tagung in Neustift b. Brixen 1973, 1974 (L);
    A. Schwob, O. v. W., Eine Biogr., ³1979 (L, Stammtafeln);
    ders. u. H. Rr. v. Srbik, Neue Dok. z. 'Verschreibung' O.s v. W. gegenüber Hzg. Friedrich IV. v. Österr., in: Tirol im 20. Jh., FS. f. V. Stadlmayer, 1989, S. 203-27;
    A. Schwob, Die Ed. d. Lebenszeugnisse O.s v. W. u. neue Funde z. realen Erlebnishintergrund seiner Lieder, in: Ex ipsis rerum documentis, FS. f. H. Zimmennann, 1991, S. 159-72;
    ders., Der Dichter u. d. König, in: J. Macek u. a. (Hg.), Sigismund v. Luxemburg, 1994, S. 201-19;
    U. Müller (Hg.), O. v. W., 1980 (L);
    Jb. d. O. v. W.-Ges., 1980/81 ff. (L);
    W. Röll, O. v. W., 1981;
    P.-M. Niethammer, Urkk.findbuch zu O. v. W. (1400–1445), 1984;
    W. Marold, Kommentar zu d. Liedern O.s v. W., bearb. u. hg. v. A. Robertshaw, 1995;
    MGG;
    Vf.-Lex. d. MA²;
    Lex. MA;
    New Grove;
    Killy.

  • Autor/in

    Walter Röll
  • Zitierweise

    Röll, Walter, "Oswald von Wolkenstein" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 636 f. [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118590618.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA