Lebensdaten
1244 – 1308
Sterbeort
Marburg/Lahn
Beruf/Funktion
Landgraf von Hessen
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119138018 | OGND | VIAF: 264927074
Namensvarianten
  • Heinrich das Kind
  • Heinrich I. von Hessen
  • Heinrich I.
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Zitierweise

Heinrich I., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119138018.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. Haus Brabant;
    V Hzg. Heinrich II. v. Brabant ( 1248, s. NDB VIII);
    M Sophie ( 1275), T d.Landgf. Ludwig IV. d. Hl. v. Thüringen ( 1227) u. d. Elisabeth ( 1231, s. NDB IV);
    Groß-Om Heinrich Raspe ( 1247), dt. Gegenkg. (s. NDB VIII);
    - 1) vor 10.9.1263 Adelheid ( 1274), T d. Hzg. Otto v. Braunschweig ( 1252), 2) vor 26.2.1276 Mechthild ( 1309), T d. Gf. Dietrich VI. v. Kleve;
    3 S, 4 T aus 1), u. a. Heinrich d. J. ( 1298), Mitregent seit 1284, Otto I. ( 1328), Herr v. Oberhessen 1308 u. v. Niederhessen 1311, 2 S, 5 T aus 2), u. a. Johann ( 1311), Herr v. Niederhessen 1308, u. Ludwig ( 1357), seit 1310 Bischof v. Münster.

  • Biographie

    Mit H. beginnt die Geschichte des selbständigen Landes Hessen. Die in Nieder- und Oberhessen gelegenen Kernlande waren zwar über 100 Jahre lang durch nachgeborene Söhne des landgräflich-thüringischen Hauses der Ludowinger verwaltet worden und hatten sich daher einer gewissen Selbständigkeit erfreut, waren aber nicht zu einem eigenen hessischen Territorium zusammengewachsen. Mit Heinrich Raspe, Gegenkönig Kaiser Friedrichs II., starben die Ludowinger im Mannesstamme aus (1247). Ansprüche erhoben seine drei Schwestersöhne Markgraf Heinrich der Erlauchte von Meißen, Graf Hermann von Henneberg, Graf Siegfried von Anhalt sowie seine Bruderstochter Sophie, 2. Gemahlin des Herzogs Heinrich II. von Brabant, für ihren unmündigen Sohn H.

    Hauptrivale der ludowingischen Erben war das Erzstift Mainz. Es war die stärkste territoriale Macht in Mitteldeutschland, und von ihm hatten die Landgrafen zahlreiche Güter und Rechte in Hessen und Thüringen zu Lehen getragen. Noch im Mai 1247 erschien Herzog Heinrich von Brabant in Hessen, um die Ansprüche seiner Gemahlin und seines Sohnes geltend zu machen. Nach seinem frühen Tode nahm die tatkräftige Witwe ihre Rechte an der Erbschaft persönlich wahr. Wie Markgraf Heinrich von Meißen Thüringen, so vermochte sie Hessen gegen Mainz zu behaupten. Um ihren Rechtsanspruch auf das gesamte väterliche Erbe auszudrücken, nannte sie sich „Landgräfin“ oder auch „Herrin von Thüringen, Herrin von Hessen, verwitwete Herzogin von Brabant“. Gegen den gemeinsamen Rivalen Mainz rückten Heinrich von Meißen und Sophie von Brabant zusammen. Sie übergab jenem als Vormund ihres Sohnes auf 10 Jahre die Wartburg bei Eisenach mit dem ganzen Lande Hessen.

    Durch den Ottstädter Vergleich mit EB Gerhard von Mainz (1254) wurden die für Heinrich von Meißen siegreichen Kämpfe beendet: gegen den Betrag von 1000 Mark Silbers erhielt dieser die mainzischen Lehen der Ludowinger in Thüringen, während die mainzischen Ansprüche auf die Besitzungen in Hessen bis zur Volljährigkeit H. des Kindes („Puer de Hassia“) 1256 ruhen sollten. Sophie versagte dem Vergleich ihre Zustimmung und wandte sich nun gegen Meißen, dem Mainz zur Seite trat. In den folgenden langjährigen Wirren und Kämpfen stand der Landgräfin Herzog Albrecht der Große von Braunschweig zur Seite, der sich 1254 mit ihrer Tochter Elisabeth vermählte und dessen Schwester Adelheid 1263 H. heiratete.

    Im hessisch-thüringischen Erbfolgestreit bediente sich EB Werner von Mainz nicht nur militärischer, sondern auch geistlicher Waffen (Exkommunikation und Interdikt). Doch hatte der Widerstand Sophies und ihres Sohnes Erfolg. Im Vertrage von Langsdorf (10.9.1263) wurden ihnen gegen die Zahlung von 2000 Mark Heller die mainzischen Lehen in Hessen übertragen. Kurz darauf geriet Herzog Albrecht von Braunschweig in die Gefangenschaft des Markgrafen von Meißen. Damit war der langjährige Streit um die Nachfolge in Hessen und Thüringen im Grunde entschieden, wenn|der endgültige Friede zwischen Markgraf Heinrich von Meißen und seinen Söhnen einerseits, Landgräfin Sophie und H. andererseits auch erst gegen Ende 1264 geschlossen wurde: Diese verzichteten auf alle Ansprüche an Thüringen und erhielten dafür vier Städte und vier Burgen an der unteren Werra, mit denen sich Herzog Albrecht kurz zuvor aus der Gefangenschaft losgekauft hatte.

    Hessen und Thüringen hatten sich damit endgültig voneinander gelöst. H., der die Regierung etwa seit 1265 selbständig führte, nannte sich daher jetzt „landgravius, dominus Hassiae“, behielt aber das Wappen seiner ludowingischen Vorfahren, den von Silber und Rot gestreiften Löwen, bei. H. war in der Folgezeit bemüht, seine Besitzungen in Nieder- und Oberhessen – sie waren durch die Grafschaft Ziegenhain und mainzische Gebiete getrennt – abzurunden und zu verdichten. Ein bedeutender Erfolg war die Erwerbung der Stadt und Grafschaft Gießen (1264/65) aus dem Besitz der Pfalzgrafen von Tübingen. Aber auch Rückschläge mußte er hinnehmen: Naumburg und die Weidelburg, um die er mit Mainz rang, fielen an das Erzstift. EB Werner exkommunizierte H. 1273 und verhing über Hessen das Interdikt. Auf dessen Klage hin von König Rudolf I. vorgeladen, erschien H. nicht und wurde daher geächtet. Um sich von der Acht zu lösen, unterstützte er den König auf seinem Zuge gegen König Ottokar von Böhmen und schloß sich einem Bündnis gegen EB Siegfried von Mainz an; 1277 wurde die Acht aufgehoben. 1282 einigte König Rudolf die Gegner durch einen Schiedsspruch, und auch in neuen Streitigkeiten zwischen H. und EB Heinrich II. vermittelte der König. Erst unter EB Gerhard II. änderte sich die mainzische Politik gegenüber Hessen von Grund auf. Er verbündete sich mit H., um seine Pläne im Reich durchzusetzen (1290), und verwandte sich für ihn bei König Adolf. Obwohl H. schon bisher als Reichsfürst angesehen worden war, wurde er jetzt (1292) auch formal in den Reichsfürstenstand aufgenommen, indem ihm der König die Reichsburg Boyneburg und die Stadt Eschwege, die der Landgraf stets als sein Eigentum betrachtet hatte und jetzt dem Könige aufließ, zu erblichem Reichslehen übertrug.

    Vorübergehend hatte H. auch Rechtsansprüche auf das väterliche Erbe Brabant erhoben, 1297 aber darauf verzichtet. Sein Territorium wußte er, vor allem in Niederhessen, auch in der Folgezeit durch die Erwerbung zahlreicher Burgen und Städte weiter zu vergrößern. Aber das letzte Jahrzehnt seines Lebens war vor allem mit Streitigkeiten und Kämpfen in der eigenen Familie um das künftige Erbe erfüllt. Unter dem Einfluß seiner Gemahlin Mechthild teilte er sein Land unter seine beiden älteren Söhne aus beiden Ehen, während er die beiden jüngeren für den geistlichen Stand bestimmte. Dem widersetzte sich Otto, der 2. Sohn aus 1. Ehe, indem er sich gegen den Willen des Vaters mit der Gräfin Adelheid von Ravensberg vermählte. Aber König Adolf bestätigte die erneute Landesteilung, kraft deren Johann und seine Geschwister aus 2. Ehe Niederhessen, Otto und seine Geschwister aus 1. Ehe Oberhessen erhielten. Otto, von Graf Gottfried VI. von Ziegenhain unterstützt, erhob sich, wurde aber von H. und dem mit ihm verbündeten König Adolf gezwungen, sich zu fügen. 1297 erhob er sich erneut, mußte das Land verlassen, kehrte dann aber, von König Albrecht unterstützt, 1302 wieder zurück und erhielt auch den Anteil seines 1298 verstorbenen älteren Bruders Heinrich in Oberhessen. Vertragsgemäß fiel nach H.s Tode Niederhessen an seinen Sohn Johann aus 2. Ehe, Oberhessen an Otto aus 1. Ehe. Nach Johanns Tode (1311) vereinigte Otto wieder das ganze Land in seiner Hand.

  • Literatur

    O. Grotefend u. F. Rosenfeld, Regg. d. Landgf. v. Hessen 1247-1328, 1929;
    Th. Ilgen u. R. Vogel, Krit. Bearb. u. Darst. d. Gesch. d. thüring.-hess. Erbfolgekrieges, in: Zs. d. Ver. f. hess. Gesch. u. Landeskde. 20, 1883, S. 151-380;
    K. Weidemann, Landgf. H. I. v. H. u. d. Erzstift Mainz, ebd. 30, 1895, S. 399-470;
    F. Küch, Die Landgrafendenkmäler in d. Elisabethkirche zu Marburg, ebd. 36, 1903, S. 169 f., 46, 1912, S. 242-46;
    E. Vogt, Zur Gesch. H. I. v. H., ebd. 43, 1909, S. 318-34;
    E. E. Stengel, Land- u. lehnrechtl. Grundlagen d. Reichsfürstenstandes, in: E. E. Stengel, Abhh. u. Unterss. z. ma. Gesch. 26, 1960, S. 133 ff.; s. a. L zu
    Heinrich III. v. Hessen.

  • Autor/in

    Walter Heinemeyer
  • Zitierweise

    Heinemeyer, Walter, "Heinrich I." in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 355-356 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119138018.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Heinrich I., Landgraf von Hessen, geb. am 24. Juni 1244, gest. am 21. December 1308, war der zweite Sohn Herzog Heinrichs II. von Brabant, der einzige Sohn aus dessen zweiter Ehe mit Sophie, Tochter des Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen und der heiligen Elisabeth. Nach dem kinderlosen Tode des zum deutschen König gegen Friedrich II. gewählten Landgrafen Heinrich Raspe von Thüringen erhob neben dessen drei Schwestersöhnen, Heinrich dem Erlauchten, Markgrafen von Meißen, Hermann, Grafen von Henneberg, und Siegfried, Grafen von Anhalt, auch die Bruderstochter des Verstorbenen, Sophie von Brabant, für ihren Sohn auf einen Theil der hinterlassenen Lande Anspruch, und ihr Gemahl, Herzog Heinrich, begab sich alsbald (Mai 1247) nach Hessen, um die Rechte seiner Angehörigen zu wahren. Er starb jedoch bereits am 1. Februar 1248, und sein ältester Sohn Heinrich III. wurde sein Nachfolger in Brabant. Sophie erschien darauf selbst in Thüringen und Hessen und übergab am 2. März 1250 die Verwaltung des beanspruchten Gebietes und die Vormundschaft über H. auf 10 Jahre dem Markgrafen Heinrich von Meißen, der Hessen durch Statthalter regieren ließ. Am 16. Mai 1254 schloß der Markgraf mit Erzbischof Gerhard von Mainz einen Vertrag zur Beilegung der bisherigen Streitigkeiten über die von dem Erzbischof eingezogenen mainzischen Lehen des verstorbenen Landgrafen Heinrich Raspe. Gerhard versprach darin, gegen Zahlung von 1000 Mark Silbers die Geltendmachung seiner Rechte auf die vom Stifte Mainz zu Lehen gehenden Güter in Hessen bis zum 24. Juni 1256 zu verschieben, an welchem Tage der junge H. (puer de Hassia) das 12. Jahr vollende. Dieses Abkommen wurde, wie es scheint, von Sophie nicht gebilligt. Sie fand sich bewogen, aus Brabant, wo sie sich seit 1250 aufgehalten hatte, herbeizueilen. Bereits im Juni 1254 trifft man sie in Hessen, gemeinsam mit ihrem Sohne landesherrliche Befugnisse ausübend. Eine kräftige Stütze erlangten beide an Herzog Albrecht dem Großen von Braunschweig. Albrecht vermählte sich mit Sophiens Tochter Elisabeth (1254) und verlobte seine Schwester Adelheid mit H. (1258). Mit Heinrich von Meißen aber kam es zu offenem Kampfe; Hessen und Thüringen wurden weithin verwüstet und die Stadt Eisenach fiel in die Hände des Markgrafen (1261). Aus diesen kriegerischen Wirren suchte der neue Erzbischof von Mainz, Werner v. Eppstein, Vortheil zu ziehen. Er trat feindlich gegen Sophie und ihren Sohn auf und belegte beide wegen Vorenthaltung der von dem Erzstift nach Heinrich Raspe's Tod für heimgefallen erklärten Lehen am 4. Mai 1261 mit dem Banne und ihr Land mit dem Interdict. Aber der kräftige Widerstand der Gebannten und ihrer Verbündeten, unter welchen namentlich Graf Gottfried von Ziegenhain und Gerhard, Herr von Wildenburg zu nennen sind, bewog ihn, einen Vergleich einzugehen. Am 10. September 1263 trugen ihm Sophie und H. die Städte Grünberg und Frankenberg zu Lehen auf und verpflichteten sich zur Zahlung von 2000 Mark Silbers, wogegen er ihnen die bisher verweigerte Belehnung ertheilte. Der Abschluß dieses Vertrages traf sich um so günstiger für H. und seine Mutter, als wenige Wochen später Herzog Albrecht von Braunschweig bei Vertheidigung ihrer Ansprüche auf Thüringen gegen Markgraf Heinrich von dessen Söhnen Albrecht und Dietrich bei Wettin geschlagen und gefangen wurde. Im folgenden Jahre (1264) kam der Friede mit Meißen zu Stande. Landgraf H. verzichtete zu Gunsten des Markgrafen auf Thüringen und erhielt dafür zu dem bereits in seinem Besitze befindlichen Hessenlande Allendorf, Witzenhausen und andere Orte an der Werra, welche Herzog Albrecht für seine Befreiung aus der Gefangenschaft hatte abtreten müssen, sowie 600 Mark Silbers, bis zu deren Zahlung ihm die Stadt Weißensee eingeräumt wurde. Dem entsprechend nannte sich H. in seinen Urkunden nicht mehr von Thüringen, behielt jedoch den Titel Landgraf von seiner mütterlichen Abkunft her bei und verband damit den eines Herrn des Landes Hessen. So lautet auch sein Titel auf dem Reitersiegel, welches er seit seinem Regierungsantritt führte, während er auf einem früheren, noch 1266 vorkommenden Siegel „H. von Thüringen, Bruder des Herzogs von Brabant“ heißt. H. gehörte zu den Fürsten des Reiches und wird ausdrücklich als solcher bezeichnet. Man nimmt gewöhnlich an, daß er 1265 die Regierung selbständig übernommen habe; doch läßt sich ein bestimmtes Jahr hierfür nicht angeben, da seine Mutter Sophie auch noch später neben ihm als Regentin vorkommt und sich nicht auf einmal, sondern nach und nach von den Regierungsgeschäften zurückgezogen zu haben scheint. Die erste bekannte Urkunde, die H. für sich allein ausstellte, ist vom 2. Juni 1262. Heinrichs Gebiet, die neugeschaffene Landgrafschaft Hessen, bestehend aus den hessischen Besitzungen der alten Landgrafen von Thüringen, war nicht sehr umfangreich, dazu vielfach beschränkt und durchschnitten durch die Bezirke mächtiger Grafen und Dynasten. Namentlich aber übte das Erzstift Mainz in diesen Gegenden ein drückendes Uebergewicht aus. H. war daher bis an das Ende seines Lebens eifrig bemüht, seine Hausmacht zu vergrößern. So erwarb er bereits 1265 von den Pfalzgrafen von Tübingen Gießen nebst anderen früher gleibergischen Besitzungen, worauf Hartrad Herr von Merenberg ihm die Burgen Merenberg und Gleiberg öffnete. Auch in Brabant, dem Lande seines verstorbenen Vaters, suchte er sich Einfluß zu wahren. Nach dem Tode seines älteren Bruders, Herzog Heinrichs III. ( 1261) verlangte er Antheil an der Vormundschaft über dessen minderjährigen Sohn, Heinrich IV., und erhob, nachdem dieser auf die Regierung verzichtet hatte (1267), gegen dessen Bruder, Johann I., weitere Ansprüche. Doch entsagte er denselben später (25. November 1279), wol nur deshalb, weil die Verhältnisse in Hessen ihm eine erfolgreiche Durchführung jener Pläne doch nicht erlaubten. Namentlich waren es neue Streitigkeiten mit Erzbischof Werner von Mainz, die ihm hier zu schaffen machten. H. hatte, vermuthlich aus Groll darüber, daß der Erzbischof ihm den beabsichtigten Ankauf der Schlösser Naumburg und Weidelberg an der waldeckischen Grenze vereitelte, diese Burgen und Heiligenberg erobert und zum Theil zerstört. Deshalb that Werner ihn in den Bann und verhängte das Interdict über Hessen (21. Mai 1273). Auch bewirkte er, daß der neugewählte König Rudolf den Landgrafen vor seinen Richterstuhl lud und ihn, als er nicht erschien, in die Reichsacht that (25. Jan. 1274). H. suchte vor allem die Gunst des Königs wieder zu gewinnen. Er begleitete denselben auf dem Zuge gegen König Ottokar von Böhmen (1276) und erlangte dafür die Zurücknahme der Achtserklärung (4. Juli 1277). Der Erzbischof aber konnte erst durch eine Niederlage, die er vor Fritzlar erlitt, dem Frieden geneigt gemacht werden, worauf König Rudolf die Beilegung des Streites durch Schiedsrichter bewirkte (September und October 1282). Auch mit Werners Nachfolger, Heinrich II., hatte der Landgraf Streitigkeiten, die eine Vermittelung König Rudolfs nöthig machten (17. Aug. 1286). Erst unter Erzbischof Gerhard II. bildeten sich zwischen Mainz und Hessen bessere Beziehungen, wahrscheinlich durch Einwirkung König Adolfs, der kurz nach seiner Wahl zum römischen König dem Landgrafen die Reichsburg Boineburg nebst der ihm aufgelassenen Stadt Eschwege als ein Fürstenthum zu Lehen gab (11. Mai|1292). Schwere Kämpfe erwuchsen H. innerhalb seiner eigenen Familie in Folge seiner zweiten Vermählung. Seine erste Gemahlin, Adelheid von Braunschweig, welche zuerst im September 1263 als seine Gattin vorkommt, gebar ihm zwei Söhne, Heinrich (geb. um 1264, seit 1284 bisweilen neben seinem Vater in Urkunden genannt) und Otto (geb. um 1272), und starb im April oder Juni 1274. Darauf vermählte sich H. noch im selben Jahre oder im Anfang des folgenden mit Mechtild, Tochter des Grafen Dietrich VI. von Eleve. Diese gebar ihm gleichfalls zwei Söhne, Johann und Ludwig, den späteren Bischof von Münster. Unter dem Einfluß der Mechtild beschloß er, sein Land in zwei Theile getheilt, seinen zwei erstgeborenen Söhnen beider Ehen, Heinrich und Johann, zu hinterlassen und die beiden zweitgeborenen, Otto und Ludwig, dem geistlichen Stande zu widmen. Dazu war er mit Eifer bestrebt, das seinem Lieblingssohne Johann zugedachte Niederhessen durch bedeutende Güterkäufe zu vergrößern. Seine Absichten erregten den Unwillen der beiden Söhne erster Ehe, namentlich des zweitgeborenen Otto, der die ihm erwirkte Anwartschaft auf ein Canonicat zu Würzburg verschmähend, sich gegen den Willen seines Vaters mit Adelheid, Tochter des Grafen Otto III. von Ravensberg, vermählte. Der alte Landgraf sah voraus, daß nach seinem Tode die heftigsten Kämpfe zwischen seinen Söhnen entstehen würden und suchte deshalb noch bei Lebzeiten seine Theilungspläne zu verwirklichen und durch die Autorität König Adolfs zu sichern. Am 4. Juli 1296 beurkundete der König zu Frankfurt die vor ihm geschehene Landestheilung. Der älteste Sohn, Heinrich, erhielt Oberhessen mit dem Anfallsrechte des seinem Bruder Otto bestimmten geringen Gebietes, während dem jüngeren, Johann, Niederhessen zu Theil ward. Otto, der hierbei sehr verkürzt worden war, verweigerte dem Vertrage seine Zustimmung. Unterstützt von seinem Schwager, dem Grafen Gottfried VI. von Ziegenhain, lehnte er sich offen gegen seinen Vater auf, so daß dieser genöthigt war, die Hülfe König Adolfs anzurufen. Adolf zog mit Heeresmacht heran und belagerte gemeinsam mit dem alten Landgrafen die ziegenhainische Burg Staufenberg bei Gießen (August 1296). Otto mußte sich fügen. Am 23. August 1298 starb sein älterer Bruder Heinrich und der demselben bestimmte Landesantheil ging auf ihn über. Trotzdem dauerte das unfreundliche Verhältniß zwischen dem Vater und dem älteren Sohne fort. Noch im J. 1302 verband sich Otto, auf daß ihm nach seines Vaters Tode sein Erbtheil werde, mit dem genannten Grafen Gottfried von Ziegenhain gegen die Landgräfin Mechtild und ihren Sohn Johann. Neben diesen Zerwürfnissen im eigenen Hause, die seine späteren Lebensjahre verbitterten, hatte H. noch mit kriegerischen Nachbarn Kämpfe zu bestehen. Als westfälische Raubschaaren aus dem Gebiete des Bischofs von Paderborn in Hessen eingedrungen waren, schlug er sie bei der Karlskirche unweit Gundensberg und trieb sie siegreich über die Grenze zurück (1270). Streitigkeiten mit Herzog Albrecht II. von Braunschweig wurden 1306 durch König Albrecht geschlichtet. Auch mit dem Abt Heinrich V. von Fulda gerieth er in Fehde. Dies Alles hinderte ihn jedoch nicht, sein Gebiet, namentlich Niederhessen, beträchtlich zu erweitern. So erwarb er Schartenberg, Grebenstein, Immenhausen, Trendelburg, den Reinhardswald und Bilstein. Er baute die (nicht mehr vorhandene) Burg zu Cassel, seine gewöhnliche Residenz in seinen späteren Jahren, die Kirche zu Frankenberg, die Kapelle und den von seinem Sohn Ludwig, Bischof von Münster, vollendeten Rittersaal auf der Burg zu Marburg. Neben seinen schon genannten Söhnen hatte er von seiner ersten Gemahlin vier Töchter: Sophie, 1276 Gemahlin Graf Otto's I. von Waldeck, Mechtild, vor 1283 an Graf Gottfried VI. von Ziegenhain und nach dessen Tode ( 1304) vor 1315 an Philipp III., Herrn von Faltenstein-Münzenberg|verheirathet, Adelheid, 1284 mit Graf Berthold VII. von Henneberg, und Elisabeth, 1287 mit Johann I., Grafen von Sayn, vermählt. Seine zweite Gemahlin Mechtild gebar ihm gleichfalls vier Töchter: Elisabeth, mit Herzog Wilhelm II. von Braunschweig ( 1292), dann 1294 mit Gerhard IV., Herrn von Eppstein, und endlich (doch wol dieselbe Elisabeth) 1299 mit Albrecht II., Grafen von Görz, verheirathet, Katharina, Gattin des Grafen Otto VII. von Orlamünde (1308), Agnes, Gemahlin des Burggrafen Johann I. von Nürnberg, und Jutta, welche 1311 unvermählt vorkommt.

    • Literatur

      Mehrfach zu berichtigende Darstellungen der Geschichte Heinrichs bei Schmidt, Geschichte des Großherzogthums Hessen, II. S. 1—80 und bei Rommel, Geschichte von Hessen, II. S. 9—98. Ueber den Theilungsstreit Heinrichs mit seinen Söhnen Landau in der Zeitschrift für hessische Geschichte und Landeskunde, I. S. 33—42.

  • Autor/in

    Arthur , Wyß.
  • Zitierweise

    Wyß, Arthur, "Heinrich I." in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 516-519 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119138018.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA