Lebensdaten
1708 – 1778
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Generalgouverneur der Lombardei in Mailand ; österreichischer Staatsmann ; Diplomat ; k. k. Wirklicher Geheimer Rat ; Reichshofratspräsident
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 116484233 | OGND | VIAF: 22894867
Namensvarianten
  • Harrach, Ferdinand Bonaventura Joseph Georg Leopold Anton Graf von
  • Harrach, Ferdinand Bonaventura Joseph Georg Leopold Anton Graf von
  • Harrach, Ferdinand Graf von
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Harrach, Ferdinand Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116484233.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Aloys (s. 1);
    M Anna Cäcilia Gfn. v. Thannhausen;
    Stief-M Maria Ernestine verw. Gfn. v. Gallas geb. Gfn. v. Dietrichstein;
    Ov Franz Anton (1665–1727), EB v. Salzburg (s. Wurzbach VII; NDB V*);
    B Friedrich (s. 4);
    - 1) 1733 Maria Elisabeth (1718–37, Stief-Schw), T d. Joh. Wenzel Gf. v. Gallas ( 1719), kaiserl. Diplomat (s. NDB VI), u. d. Maria Ernestine Gfn. v. Dietrichstein (s. Gen. 1), 2) 1740 Rosa (1721–85, N), T d. Frdr. Gf. v. Harrach (s. 4); 1. Ehe kinderlos, 2 T aus 2), u. a. Maria Rosa ( Joseph Fürst Kinsky, 1798, Reichshofrat);
    Groß-N Joh. Ernst (1756–1829), Reichshofrat, Kunstsammler, machte sich um d. Anlage v. Leinenfabrikationen, Eisenwerken u. Glashütten auf H.s Besitz in Böhmen verdient (s. Wurzbach VII).

  • Biographie

    Die Kindheit verlebte H. bei seinem Vater in Neapel, seine Erziehung übernahm dann in Salzburg sein Onkel, EB Franz Anton. Dort besuchte er die Universität. 1732 trat H. als niederösterreichischer Regimentsrat in den Staatsdienst, wurde 1735 Hofrat der österreichischen Hofkanzlei und 1744 geheimer Rat. In diesem Jahr glückte ihm seine erste diplomatische Aufgabe, als er das Salzburger Domkapitel nach dem Tod EB Firmians zur Aufnahme österreichischer Truppen bewegen und so von Kaiser Karl VII. trennen konnte. Als Wahlgesandter hat er auch die Wahl des Nachfolgers Firmians im österreichischen Sinn beeinflussen können.

    1745 wurde er Landmarschall von Niederösterreich, eine Funktion, deren Ausübung H. seinem Bruder Friedrich überlassen mußte. Er wurde schon 1746 als Bevollmächtigter zum ergebnislosen Friedenskongreß in Breda geschickt. Im August 1747 wurde H. Gouverneur des den Spaniern wieder abgenommenen Herzogtum Mailand, wo er sich redlich bemühte, die durch die langen Kriege entstandene Unordnung zu beseitigen. In den wenigen Jahren seiner Tätigkeit ist es ihm gelungen, durch Gründung von Fabriken und Förderung des Handels Mailand aus einem Tiefpunkt des wirtschaftlichen Verfalls und der Arbeitslosigkeit herauszuführen und die vorgefundene Schuldenlast von fast 100 Millionen Lire zu verringern. Rigoros ging er gegen das Banditenunwesen vor und leitete eine Verwaltungsreform ein. Nach dem Tod seines Bruders Friedrich mußte H. zur Übernahme der Güter nach Wien zurückkehren. Am 1.1.1750 wurde er Präsident des Reichshofrats, ohne vorher diesem Kollegium angehört zu haben. Hier hat H. in seinem konzilianten und konservativen Wesen wenig zur Beseitigung der Mißstände und des schleppenden Geschäftsgangs beigetragen und geriet so 1766 in Konflikt mit dem Reformeifer Kaiser Josephs II. H. hat sich mit seinen Räten standhaft geweigert, die Zahl der Sitzungen und der Amtsstunden zu vermehren. Die unter Joseph II. durchgeführte Reform des Reichshofrats ist daher mehr das Werk des Vizepräsidenten Freiherr von Hagen gewesen. Als Erbe der Güter seiner Stiefmutter hat sich H. in Janowitz in Mähren mit landwirtschaftlichen Fragen beschäftigt. Eine Arbeit über „Die Schafzucht“ ist 1786 aus seinem Nachlaß herausgegeben worden. H. konnte sich schwer in den Übergang aus der Zeit Karls VI. in die Josephs II., dessen Erzieher er fast geworden wäre, finden. Bei dieser Gelegenheit hat ihn 1747 Khevenhüller gut charakterisiert: „zwar kein Génie supérieur, jedoch sonsten von illustrer Extraction … gutten ehrlichen Gemüth, christlichen Tugend und Aufführung, auch ziemlichen Sçavoir, sonderlich in historia“.

  • Literatur

    ADB X;
    H. Wagner, Die Salzburger Neutralität im österr. Erbfolgekrieg, in: Mitt. d. Ges. f. Salzburger Landeskde. 100, 1960;
    F. Bellati, Serie de' Governatori di Milano, Mailand 1776;
    Storia di Milano XII, L'Etá delle Reforme, ebd. 1959, S. 243-45 (mit falschem Vornamen u. P d. N Franz Xaver S. 244);
    O. v. Gschließer, Der Reichshofrat, 1942 (L, P; S. 449 bei biogr. Angaben teilw. Verwechslung mit Frdr. H.);
    H. Benedikt, Das Kgr. Neapel unter Kaiser Karl VI., 1927, S. 436, 627. Wurzbach VII.

  • Porträts

    Kupf. v. J. J. Haid (München, Stadtmus., Mailliger Bilderchronik), Abb. b. Gschließer, s. L.

  • Autor/in

    Hans Wagner
  • Zitierweise

    Wagner, Hans, "Harrach, Ferdinand Graf von" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 699 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116484233.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Harrach: Ferdinand Bonaventura Graf H., geb. am 11. April 1708, war der jüngste Sohn des Grafen Alois Thomas Raimund H. (geb. 1669, 1742) und dessen zweiter Gemahlin Anna Cäcilia v. Thanhausen, verwittw. Gräfin Thun. Er trat in den Staatsdienst und ward bald österreichischer Hofrath und wirklicher geheimer Rath. Im October 1744 wurde er als kaiserlicher Commissär zur Salzburger Erzbischofswahl abgeordnet. Der jeweilige Erzbischof von Salzburg genoß als Primas von Deutschland und ausschreibender Fürst des bairischen Kreises besonderes Ansehen im deutschen Reiche. Er führte das Condirectorat mit Oesterreich im Fürstenrathe auf dem Reichstage. Das Fürstenthum Salzburg grenzte an österreichische Lande. Vermöge ansehnlichen Güterbesitzes in mehreren österreichischen Provinzen war der Erzbischof ein vornehmer Landstand in denselben. Er hatte hier Suffragane und übte kirchliche Jurisdiction aus. Es war daher für den österreichischen Landesfürsten keineswegs gleichgiltig, wer den Salzburger Fürstenstuhl einnahm. Nun, da die Kaiserkrone von dem Hause Oesterreich abgekommen, dieses sogar in Fehde mit dem Reichsoberhaupte sich befand, war es von erhöhter Bedeutung, daß kein zu Baiern sich neigender, sondern ein dem österreichischen Hause ergebener Prälat das Erzbisthum erlange. Gewiß war es zum großen Theile auch dem diplomatischen Geschicke Harrach's zuzuschreiben, daß die erforderliche Stimmenzahl sich auf Jakob Ernst von Liechtenstein, den Erzbischof von Olmütz vereinigte — am 13. Jänner 1745. Als Landmarschall und Landesoberster stand H. in den J. 1745—50 amtlich an der Spitze der niederösterreichischen Stände. In den October 1746 fällt seine Sendung als bevollmächtigter Minister der Kaiserin Maria Theresia zum Bredaer Congresse. Die weitläufige Instruction, welche er bei diesem Anlasse erhielt, belehrte ihn ausführlich über die Begebenheiten und Verhandlungen der letzten Jahre in ihrem Zusammenhange. Indem sie ihm die Betrachtungen und Grundsätze, von welchen die kaiserliche Politik ausging, die Pläne und Absichten, welche Maria Theresia verfolgte, klar legte, sollte sie es ermöglichen, daß H. in unvorhergesehenen Fällen auch ohne besondere Weisung — gleichsam aus dem Stegreife — sich zu helfen wisse. Namentlich aber wurde ihm vorgezeichnet das „Gedeihlichste“ sei die Fortdauer des innigen Einverständnisses zwischen den Verbündeten; das „minder nützliche“ sei der wirkliche Bruch des Wormser Friedens durch Sardinien und dessen geheime Verständigung mit Frankreich; das „schädlichste“ aber wäre, wenn England früher mit Spanien sich einigen würde, ehe dies von Seiten Oesterreichs geschehen. Auf französische Anträge, die etwa auf Abtretung von Limburg und Geldern an Kurpfalz und von Toscana an den Infanten Don Philipp hinausliefen, sollte H. unter keiner Bedingung eingehen. Da zu besorgen stand, daß die Minister anderer Mächte vor ihm eintreffen dürften und es nicht vortheilhaft schien, sie lange allein verhandeln zu lassen, so trat H. schleunigst seine Reise an. Ende October 1746 traf er im Haag ein. Gleich Anfangs stellten sich der Erfüllung seiner Mission Schwierigkeiten entgegen. Der Marquis von Puysieux bestand hartnäckig auf Nichtzulassung eines österreichischen Bevollmächtigten. Endlich folgte H. doch der Aufforderung des Lord Sandwich, nach Breda zu kommen und übereinstimmend mit Macanaz und la Chavanne die Vertretung aller betheiligten Mächte zu erzwingen. Er konnte keine bessere Gelegenheit erhoffen, seine persönliche Theilnahme an den Berathungen durchzusetzen. Auch war er von der Besorgniß geleitet, Spanien möchte sich einseitig mit England verständigen, wenn er etwaigen Verhandlungen der Minister dieser beiden Staaten gleichfalls ferne bleibe. Gleich nach seiner Ankunft in Breda trat H. in unmittelbaren Verkehr mit Macanaz, ward aber von dessen Art und Weise, Staatsgeschäfte zu betreiben, nicht sonderlich erbaut. Bekanntlich blieben die Friedensconferenzen von Breda fruchtlos. Aus dem Haag abberufen wurde H. im August 1747 zum Generalstatthalter der Lombardei ernannt. Im September 1747 langte er in Mailand an. Wie segensvoll Harrach's Wirksamkeit auf diesem glänzenden Posten für die von ihm regierte österreichische Provinz sich gestaltete, geht aus dem übereinstimmenden Lobe hervor, welches ihm lombardische Schriftsteller zollen. Als H. die Statthalterschaft übernahm, war das Land durch übermäßige Steuern und durch Kriegsverheerungen verarmt, durch politische Parteiungen zerklüftet. Der Fortbestand der österreichischen Herrschaft in Mailand schien sogar in Frage gestellt. H. besaß aber die nöthigen Eigenschaften, um unter so schwierigen Verhältnissen gut zu regieren. Er ordnete die Frage der Herbeischaffung der Lebensmittel und ließ sich die Förderung des Handels und der Industrie angelegen sein. Er schloß Verträge mit den benachbarten Staaten, denen zu Folge sie nicht länger als Zufluchtstätten der Räuber und Mörder dienten, welche von dort aus die Lombardei überströmten und verminderte so beträchtlich die Zahl der Verbrecher. Alle diese Maßregeln strebten dahin, den politischen und wirthschaftlichen Zustand des Landes zu verbessern. Nach dreijähriger erfolgreicher Thätigkeit legte H. die Statthalterschaft nieder. Im September 1750 übersiedelte er wieder nach Wien. Der Tod seines Bruders, den eine zahlreiche Familie betrauerte, mochte ihn wol zunächst dazu bewogen haben. Ritter des goldenen Vließes, Staatsconferenz-Minister, oberster Justizpräsident und seit Jänner 1751 Reichs-Hofrathspräsident, starb H. zu Wien am 28. Jänner 1778. — Seine erste Ehe mit Marie Elisabeth (geb. am 18. Jänner 1718, vermählt im October 1733, am 8. Jänner 1734), einer Tochter des Vicekönigs in Neapel, Grafen Wenzel Johann von Gallas, war kinderlos geblieben. Am 9. October 1740 vermählte er sich wieder mit der 19jährigen Gräfin Rosa v. H., der ältesten Tochter seines Bruders, des Grafen Friedrich v. H., obersten Kanzlers von Böhmen. Harrach's Stiefmutter, die Gräfin Ernestine v. H. ( 1745), setzte ihn zu ihrem Erben ein. Dadurch reich geworden, Freund einer heiteren Lebensweise, versammelte H. während der drei Jahre seiner italienischen Statthalterschaft sowol in Mailand als auch in seinem Landaufenthalte Cermuseo Armaria eine gewählte Gesellschaft um sich, in der|namentlich seine geistreiche Gemahlin glänzte. Jung und lebhaft, schön und elegant, verbreitete sie Fröhlichkeit im Lande. Sie führte die Sitte ein, daß auch in der Stadt die Damen zu Pferde sich sehen ließen und man zur Faschingszeit in Masken die Logen der Theater besuchte. Sie war auch wol der stärkste Magnet des glänzenden Hauses, welches H. später in Wien führte. Noch 30 Jahre später war sie eine der Damen, deren Umgang Josef II. mit Vorliebe aufsuchte. Von zwei Töchtern, welche dieser Ehe entstammten, starb eine — Marie Eleonora, geb. am 12. Juni 1757 — in zartestem Kindesalter, die andere — Marie Rosa Aloisie, geb. am 25. November 1758 — wurde am 23. April 1777 dem kaiserlichen Reichshofrathe Fürsten Joseph Kinsky vermählt. — H. ist auch der Gründer der seiner Zeit weit berühmten Leinwandfabriken, Bleichen, Eisenhämmer und Drathziehereien auf der mährischen Herrschaft Janovitz. — Hervorragende Begabung und edle Gesinnung, treuer Diensteifer für Maria Theresia, warme Liebe für sein Vaterland zeichnen ihn aus. Bedächtig und ruhig, erwarb er sich durch leidenschaftsloses Wesen, durch Freigebigkeit und Zuvorkommenheit die Hochachtung und Liebe Aller. In steter ununterbrochener Gunst bei Maria Theresia beschwor H. — stets voll Bedenklichkeiten und ein abgesagter Feind von Neuerungen — doch wiederholt den Unwillen Josefs II. auf sich. Von außergewöhnlicher Gutmüthigkeit, ohne Stolz, voll Humanität, ein Freund der Ordnung und Ruhe, so wird er von hervorragenden Zeitgenossen geschildert.

    • Literatur

      Benutzt wurde außer einschlägigen Acten des k. u. k. Haus-, Hof- und Staats-Archives in Wien namentlich: Wurzbach, Biogr. Lex. Bd. VII und die betreffenden Bände von Alfred v. Arneth's Geschichte Maria Theresia's.

  • Autor/in

    Felgel.
  • Zitierweise

    Felgel, Anton Victor, "Harrach, Ferdinand Graf von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 632-634 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116484233.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA