Lebensdaten
1639 – 1681
Geburtsort
Breslau
Sterbeort
Breslau
Beruf/Funktion
Dichter
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 124365329 | OGND | VIAF: 44398982
Namensvarianten
  • Mühlpforth, Heinrich
  • Mühlpfort, Heinrich
  • Mühlpforth, Heinrich
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Zitierweise

Mühlpfort, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124365329.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Heinrich (1608–47), Kaufmannsältester in B., S d. Herrmann ( 1609/10), Kaufm. in B., u. d. Ursula Woyssel;
    M Susanna Breiter ( 1664) aus B.;
    Leipzig 1659 Maria Sophia, Wwe d. Dr. iur. Friedrich Berlich, Assessor in Leipzig, T d. Dr. iur. Johann Zabel ( 1638), Assessor am sächs. Oberhofger., Bgm. in Leipzig (s. Jöcher), u. d. Maria Cordes; 6 K (5 früh †); Verwandter Heinrich (Mylphort) (1577–1626), Kreisphysikus, Schriftst. in Oels (Niederschlesien) (s. Kosch, Lit.-Lex.).

  • Biographie

    M. erhielt zunächst Malunterricht bei dem in Breslau ansässigen poln. Hofmaler Ezechiel Paricius und begann eine Apothekerlehre, bevor er am Magdalenen-, seit 1656 am Elisabeth-Gymnasium seiner Heimatstadt eine umfassende humanistisch-rhetorische Bildung erwarb. Der Rektor Elias Major, der sich auch um das Breslauer Schultheater verdient machte, unterrichtete ihn in der „Beredsamkeit und in der Vernunfftkunst“. Seine literarischen Interessen förderte maßgeblich der Konrektor und Geschichtslehrer Christoph Köler, ein Freund von Opitz und selbst Dichter, zu dessen Schülern auch Scultetus, Scheffler, Hofmannswaldau und Titz zählten. Da Schlesien keine eigene Universität besaß, bezog M., mit Stipendien der Breslauer Kaufmannsinnung und des Rates der Stadt ausgestattet, 1657 die Leipziger Universität, um Medizin zu studieren. Er trat in freundschaftliche Beziehungen zu dem Dichter und Privatgelehrten Caspar v. Barth. Wohl schon 1658 nahm M. ein Jurastudium auf und wurde 1662 zum Magister pomoviert. Im selben Jahr verlieh ihm die Wittenberger Universität aufgrund einer Dissertation („De iure sepulturae“) den Titel eines Doktors beider Rechte. Ob M. auch in Wittenberg studierte, ist unklar. Kurze Zeit diente er in Sachsen als Hauslehrer, ehe er eine Stelle als Registrator und Sekretär an der Breslauer Ratskanzlei erhielt, die er bis zu seinem Tod bekleidete. M. trat vornehmlich als Autor von Kasuallyrik hervor. Der größte Teil seiner Dichtung entstand anläßlich von Geburtstagen, Hochzeiten und Begräbnissen Breslauer Bürger und schles. Adeliger. Diese meist auf Bestellung verfaßten Gelegenheitsgedichte dienten mit ihrer antik-mythologischen Allegorik der poetischen Überhöhung des jeweiligen Anlasses und trugen dem Repräsentationsbedürfnis der Adressaten Rechung. An die Heroiden Hofmannswaldaus erinnern drei „Wechselbriefe“ zwischen Brautleuten. Allerdings gelingt M. des öfteren – vor allem in seinen Leichengedichten – eine bemerkenswerte individuelle Gestaltung unter Verzicht auf den mythologischen Apparat. Unter den lat. „Poemata“ finden sich ein Epicedium auf Hofmannswaldau als Breslauer Ratspräses und ein umfangreiches Lobgedicht auf seine Heimatstadt („Vratislavia“). Die nicht anlaßgebundene Lyrik enthält neben Übertragungen (Ovid, Martial, Horaz, Seneca) auch Nachdichtungen Petrarcas und Scaligers sowie geistliche Gedichte (u. a. nach H. Hugos|„Pia Desideria“). Eine längere poetische Gestaltung des Buches Hiob ist nur in Teilen überliefert. M. gilt als Vertreter des marinistisch-galanten Stils der sog. zweiten schles. Schule; vor allem seine Liebeslyrik („Verliebte Gedancken“) zeigt sich – oft mit satirischparodistischer Tendenz – von Hofmannswaldau beeinflußt. Mit einigen seiner frühen Sonette, Gesellschafts- und Liebeslieder aus der Leipziger Zeit steht er jedoch Dichtern wie Fleming und Günther näher. Abgesehen von Einzeldrucken seiner Kasualgedichte erschien M.s Lyrik postum (u. a. in der Neukirchschen Sammlung). Als Herausgeber der „Teutschen Gedichte“ wird der Breslauer Georg Kamper angenommen.

  • Werke

    Poemata (lat.), 1686;
    Teutsche Gedichte, 1686 (P);
    Poetischer Gedichte Ander Theil, 1687;
    Teutsche Gedichte, 1698 (P);
    Gedichte, in: B. Neukirch (Hrsg.), Herrn v. Hoffmannswaldau u. anderer Deutschen… Gedichte, I-III, V, 1695 ff. (Neudr. 1961 ff.).

  • Literatur

    ADB 22;
    S. John, Parnassi Silesiaci cent. I, 1728, S. 149 f.;
    A. Kahlert, H. M., in: Weimar. Jb. 2, 1855, S. 304-19;
    K. Hofmann, H. M. u. d. Einfluss d. Hohen Liedes auf d. zweite schles. Schule, 1893 (W-Verz.);
    A. Hübscher, Die Dichter d. Neukirch’schen Slg., in: Euphorion 24, 1922, S. 20;
    H. Heckel, Gesch. d. dt. Lit. in Schlesien, 1929, S. 315 f.;
    H. de Boor u. R. Newald, Gesch. d. dt. Lit. V, ⁶1967, S. 323;
    F. Heiduk, Die Dichter d. galanten Lyrik, 1971, S. 92-95;
    Zedler;
    Jöcher;
    Jöcher-Adelung;
    Goedeke III;
    Neumeister/Heiduk, De Poetis Germanicis, 1978, S. 71 f., 209 f., 420;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    Killy.

  • Autor/in

    Thomas Diecks
  • Zitierweise

    Diecks, Thomas, "Mühlpfort, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 294-295 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124365329.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Mühlpforth: Heinrich M., Dichter, wurde am 10. Juli 1639 als Sohn eines Kaufmanns zu Breslau geboren, ging, früh verwaist, aus der Malschule in die Apotheke über, absolvirte dann das Gymnasium und bezog, mit Stipendien ausgestattet, die Universität Leipzig, wo er Medicin studirte, der Poesie huldigte und eine thörichte Heirath mit einer hübschen, aber zänkischen Wittwe schloß. 1660 wandte sich M. in Wittenberg der Jurisprudenz zu, wurde auf Grund einer Dissertation „De jure sepulturae“ Doctor der Rechte und fand eine Anstellung in seiner Vaterstadt als Registratur (ab expeditionibus latinis) am Consistorial- und Vormundschaftsgericht. Mittellos, von der Gicht gequält, in häuslichem Elend befangen, reimte er massenhafte Gelegenheitsgedichte für dürftigen Lohn. Von sechs Kindern sah er fünf dahinsterben. Mit den einheimischen Poeten, obenan Hoffmannswaldau, lebte M. auf vertrautem Fuße. Er ist am 1. Juli 1681 gestorben und wurde im Stil der Zeit als Dichter ersten Ranges beklagt. Freunde sammelten seine handschriftlich zerstreuten Poesien. Vieles ist verloren gegangen, so eine Nachdichtung des Hiob in Alexandrinern, von welcher nur Kapitel 7 und 10 gedruckt vorliegen. 1686 erschienen bei Steckh in Breslau „Heinrich Mühlpforths Teutsche Gedichte“, in demselben Jahr „Heinrici Mühlpforti Poemata“, 1687 „Heinrich Mühlpforths Poetischer Gedichte Ander Theil“. Kahlert, Weimarisches Jahrbuch 2, 304 ff. hat sie im Gegensatz zu Goedeke's Verurtheilung (Grundriß S. 517) zu hoch gestellt.

    Immerhin gehört M. zu den begabteren Schlesiern jenes überproductiven Jahrhunderts und überragt bei weitem einen Christian Gryphius. Der Verachtung gegen die Bettelpoesie weiß er kräftige Worte zu leihen (II, 57, 61), aber die Noth zwingt ihn zur handwerksmäßigsten Reimerei: der erste Band enthält 158 Seiten Hochzeitsgedichte, 463 S. Leichengedichte. 32 S. Vermischte Gedichte, die im zweiten einen größeren Zuwachs finden, 45 S. geistliche Gedichte und Lieder. Die Versification ist durchweg leicht, der Stil concettos, aber hier und da trotz dem Schwall überladener und abgenutzter Metaphern eindringlich. In den Epithalamien (Alexandriner, Oden, Sonette) unterbrechen persönliche Einkleidungen wohlthuend das Spiel von Venus und Amor; Anmuth|und echte Sinnlichkeit fehlen nicht ganz. Die Form des Briefwechsels erinnert an Hoffmannswaldau. Reden der Braut wechseln mit der Eclogenform. In dem Wust der Leichengedichte beschreibt er ein paar Mal scheußlich die Verwesung (II, 25. 43) und erklärt wie Gryphius den Kirchhof für seinen Parnaß (I. 38, II. 51). Gespreizte Titel wie „Peruanische Granadille“ sind beliebt. Aber Nummern wie I. 261 auf ein junges Mädchen, I. 367 auf einen Kaufmann erheben sich weit über das damalige Mittelmaß. In den geistlichen Gedichten, worunter Entlehnungen aus Petrarca und den Pia desideria Hugo's, besingt der arme Dulder mit Vorliebe Passion und Buße. Von den Sonetten ist II, 111 „An den Monden“ erwähnenswerth. Die vermischten Gedichte enthalten neben schwacher Satire und häßlichen Epigrammen, neben Uebertragungen aus Horaz, Ovid, Martial, neben allgemeinem Singsang auch persönlichere Stücke, galante Serenaden (Serie „Verliebte Gedanken“ in II), lüsterne Spiele in Hoffmannswaldau's Art, eine guarineske Pastourelle, den abscheulichen „Liebeswurm“. Die Poemata zeigen flüssige Gewandtheit. Mancherlei Reminiscenzen, entlehnte Refrains. Außer leeren Hochzeits- und Leichenversen ein großes Lobgedicht auf Breslau, anakreontisches Getändel, Scherzgedichte sogar auf Hunde hoher Herren, in der Rubrik Carmina sacra S. 8 ein Sonnet dactylicum. Er preist A. Gryphius (vgl. auch I, 175) S. 70 f. und nennt Hoffmannswaldau seculi stupor nostri. Von seiner eigenen Poesie sagt er einmal bescheiden: „Der Phöbus hat mir nie geschenckt den Lorbeerstraus .... und was ich schreiben soll geschicht mit schwacher Hand.“

  • Autor/in

    Erich Schmidt.
  • Zitierweise

    Schmidt, Erich, "Mühlpfort, Heinrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 22 (1885), S. 483-484 unter Mühlpforth [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124365329.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA