Lebensdaten
1836 – 1918
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Oberstdorf (Allgäu)
Beruf/Funktion
Chemiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117053392 | OGND | VIAF: 59851904
Namensvarianten
  • Mitscherlich, Alexander

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Zitierweise

Mitscherlich, Alexander, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117053392.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Eilhard (s. 1);
    Biebrich 1871 Wilhelmine, T d. Gutsbes. N. N. Höpker in Biebrich;
    9 K, u. a. Waldemar (1877–1961), Prof. d. Soz.ökonomik u. Philos. in Halle (s. Internat. Soziologenlex., hrsg. v. W. Bernsdorf u. H. Knospe, I, ²1980);
    N Eilhard Alfred (s. 3);
    Groß-N Alexander (s. 4).

  • Biographie

    M., ein Patenkind Alexander v. Humboldts, wuchs in Berlin als jüngstes von sechs Geschwistern auf; er besuchte zunächst das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, dann ein Realgymnasium. Auf Wunsch des Vaters nahm er 1857 in Göttingen das Medizinstudium auf, kehrte nach einem Semester aber wieder nach Berlin zurück und studierte u. a. bei seinem Vater Chemie. Die Promotion erfolgte 1861 mit einer Arbeit über Alaunstein und Löwigit. 1862 wurde M. Assistent bei Friedrich Wöhler in Göttingen im anorganisch-chemischen Labor. Im selben Jahr weilte er für mehrere Wochen in London und besuchte die dortige Weltausstellung. Nach einem Aufenthalt in Cambridge ging er nach Paris und trat in das Labor des Chemikers Adolphe Wurtz ein. Da der Vater schwer erkrankte, kehrte M. im Frühjahr 1863 nach Berlin zurück, wo er sich mit einer Arbeit über Spektralanalyse habilitierte. Er übernahm die Vorlesungsvertretung für den Vater bis zu dessen Tod im Sommer desselben Jahres. 1863-68 wirkte M. als Privatdozent für Experimentalchemie in Berlin. Er gehörte 1867 zu den Gründern der Deutschen Chemischen Gesellschaft. 1868 erfolgte die Berufung an die neu gegründete Kgl. Forstakademie zu Hannoversch Münden als Professor für anorganische Naturwissenschaften (Chemie, Physik, Geologie). Nach aktiver Teilnahme am deutsch-franz. Krieg 1870/71 begann M. 1872 – angeregt durch seinen Bruder Oskar – mit Arbeiten zur chemischen Aufschließung von Holzzellulose für die Papierfabrikation. In Kooperation mit dem Bruder Richard und dem Mündener Fabrikanten Rißmüller entwickelte M. ein technologisches Verfahren zur industriellen Darstellung von Zellstoff (Sulfitverfahren). Dabei wird das zerkleinerte und entrindete Holz in einem Druckkessel mehrere Tage unter einem Druck von 2,5-5 atü mit Sulfitlauge erhitzt. Die Sulfitlauge bildet sich bei der Absorption der Röstgase von Eisenkies in 30 m hohen, mit Kalkstein gefüllten Türmen und besteht aus einer wäßrigen Lösung von Calciumsulfit bzw. - hydrogensulfit.

    In den Jahren 1874-78 erwarben die beiden Brüder eine Reihe in- und ausländischer Patente. 1877 erhielt M. vom Kurator der Forstakademie die Erlaubnis zur Errichtung einer eigenen Zellstoffabrik in Hannoversch Münden. Seit 1879 schloß er mit Konzessionären Verträge über die industrielle Nutzung seines|Verfahrens ab. Das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten forderte M. 1881 zum Verkauf seiner Zellstoffabrik auf, da man wegen der unternehmerischen Tätigkeit eine Beeinträchtigung der Dienstgeschäfte befürchtete. Infolgedessen bat er 1883 um die Entlassung aus preuß. Staatsdiensten, verkaufte die Fabrik und übersiedelte als Privatmann nach Freiburg (Breisgau). Im selben Jahr wurden Teile seines Reichspatents Nr. 4179 aufgrund einer Klage des Papierfabrikanten M. Behrend für ungültig erklärt. 1884 bestätigte das Reichsgericht diese Nichtigkeitserklärung, da dem Amerikaner Benjamin Chew Tilghman die Herstellung von Zellstoff unter Anwendung von doppeltschwefligsaurem Kalk bereits 1866/67 patentiert worden war. Infolge dieses Urteils verweigerten M.s Vertragspartner die vereinbarten Lizenzzahlungen, so daß er in den Jahren 1884-1900 ca. 30 Prozesse mit diesen Firmen führte. Innerhalb kurzer Zeit wurden viele Zellstoff-Fabriken errichtet, die sich sein Verfahren zu eigen machten. 1897 kam es zum Vergleich mit einem Teil der beklagten Firmen. Durch diese Auseinandersetzung wurde M. stark in Anspruch genommen. In Hof/Saale gründete er 1893 eine chemische Fabrik, die u. a. Leim für die Papierfabrikation herstellte. Seine Versuche, aus Zellstoff oder direkt aus Holzfasern Garne und Gewebe herzustellen, blieben wirtschaftlich bedeutungslos. Erst anläßlich seines 80. Geburtstags 1916 fand M. breite Anerkennung als Begründer der Sulfitzellstoff-Industrie. Der Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker und -Ingenieure (Verein Zellcheming) ernannte ihn aus diesem Anlaß zum Ehrenmitglied und stiftete 1936 in Erinnerung an den 100. Geburtstag M.s die Alexander-Mitscherlich-Denkmünze, die für die besten Arbeiten auf dem Gebiet der Cellulosechemie und der Celluloseforschung verliehen wird.

  • Werke

    u. a. Über d. Spektren d. Verbindungen u. d. einfachen Körper, 1864;
    Chem. Abhh., 1. H.: Chem. Abhh. veröff. in d. J. 1859-65;
    2. H.: Neue Methoden z. Bestimmung d. Zusammensetzung organ. Verbindungen;
    3. H.: Elementaranalyse vermittelst Quecksilberoxyd, 1865–75. – Hrsg. Eilhard Mitscherlich, Ges. Schrr., Lb., Briefwechsel u. Abhh., 1896. – Autobiogr.: Lebensbeschreibung v. A. M., Geschrieben Januar 1887 (Dt. Mus., München, Sonderslgg., Krause-Album, Nr. 7692).

  • Literatur

    R. Schall, Die Prozesse d. Prof. A. M. gegen die Käufer seines Celluloseverfahrens, 1892;
    F. Fittica, Gesch. d. Sulfitzellstoff-Fabrikation, 1902;
    E. Kirchner, Das Papier, 3. T., Die Halbstofflehre d. Papierindustrie, Abschnitt B u. C, Zellstoff, 1907;
    M. Krieg, A. M., Ein Lb. 1918 (P);
    R. Lorenz, A. M., e. Lb., in: Jberr. d. Physikal. Ver., 1918/19;
    D. Krüger, M. u. d. dt. Zellstoffindustrie, in: Zellstoff u. Papier 16, 1936, S. 213-15;
    W. Kumichel, Die Anfänge d. Sulfitzellstoff-Industrie, Zum 100. Geb.tag A. M.s, in: Der Papier-Fabrikant 34, 1936, H. 26, S. 202-07 (P);
    E. Wedekind, Leben u. Wirken A. M.s, in: Cellulosechemie 17, 1936, S. 41-45;
    K. Peters, Eilhard Mitscherlich u. sein Geschl., 1951;
    H. Voorn, A. M., Inventor of Sulphite Wood Pulp, in: The Paper Maker 23, 1954, Nr. 1, S. 41-44;
    50 J. Ver. d. Zellstoff- u. Papier-Chemiker u. -
    Ingenieure, hrsg. z. Jubiläumsfeier am 29.6.1955 b. d. Hauptverslg. in Baden-Baden, 1955 (P);
    B. Ulrich, Prof. Dr. A. M., in: Allg. Forst- u. Jagdztg. 139, 1968, S. 105 f.;
    K Hasel (Hrsg.), Qu. z. Gesch. d. Forstl. Fak. d. Georg-August-Univ. Göttingen 1968, S. 152-72;
    H. Bode, A. M. – e. Pionier d. Sulfitzellstoffgewinnung, in: Zellstoff u. Papier 35, 1986, S. 231 f. (P);
    F. Schmidt, Tilghman, M. u. d. Fall d. Reichspatents 4179, in: Das Papier 47, 1993, S. 192-99;
    Pogg. III, IV.

  • Autor/in

    Frieder Schmidt
  • Zitierweise

    Schmidt, Frieder, "Mitscherlich, Alexander" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 570-571 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117053392.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA