Lebensdaten
1770 – 1834
Geburtsort
Wallerstein (Schwaben)
Sterbeort
Wiesbaden
Beruf/Funktion
nassauischer Minister
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118922084 | OGND | VIAF: 272208278
Namensvarianten
  • Marschall von Bieberstein, Ernst
  • Bieberstein, Ernst Franz Ludwig von Marschall von
  • Bieberstein, Ernst Franz Ludwig von Marschall zu
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Marschall von Bieberstein, Ernst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118922084.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Conrad Otto Christoph (1726–96), württ. Oberst, seit 1766 oettingen-wallerstein. Oberstallmeister, dann Hofmarschall, S d. Damian Otto Julius (1701–60), württ. Oberstlt. u. Kdt. d. Feste Hohenasperg, u. d. Wilhelmine Luise v. Lampoy;
    M Joh. Theresia|Henriette (1738–83), T d. württ. Gen. Philipp Anton Ludwig v. Wolf u. d. Luise Regina v. Reichmann;
    B Carl Wilhelm (s. Gen. 2), Friedrich August (1768–1826), russ. Staatsrat, Botaniker (s. ADB 20);
    - Destedt 1802 Caroline (1783–1840), T d. Joh. Friedrich v. Veltheim (1731–1800) auf Destedt, Geh. Legations-, Land- u. Schatzrat, u. d. Margarete Dorothea Sidonia v. Münchhausen;
    4 S, 7 T;
    Groß-N Adolf (s. 2).

  • Biographie

    M. besuchte 1782-91 die Hohe Karlsschule in Stuttgart, wo er neben der militärischen Ausbildung auch den philosophischen und juristischen Kurs mit Erfolg absolvierte. Im Juni 1791 trat er als Leutnant beim Kreiskontingent in die Dienste des Fürsten Karl Wilhelm von Nassau-Usingen. Die von Anfang an vorgesehene Übernahme in den zivilen Verwaltungsdienst erfolgte bereits ein Jahr später, als M. zum Hofgerichts- und Regierungsassessor berufen wurde. Der junge Beamte wurde bereits früh mit diplomatischen Missionen betraut und stieg rasch zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten des Fürstentums auf. 1793 wurde er zum Regierungsrat ernannt und 1795 in den Geheimen Rat berufen; 1803 erhielt er unter dem neuen Fürsten Friedrich August das Amt eines Regierungspräsidenten. Zu den wichtigsten Aufgaben der frühen Jahre gehörten die schwierigen Verhandlungen über die Entschädigung für verlorene linksrhein. Gebiete. Durch die Territorialgewinne im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses 1803 und der Rheinbundgründung 1806 erhielt Nassau das gerade auch von M. so zielstrebig verfolgte geschlossene Staatsgebiet. Vor allem aber wurden die vereinigten nassau-usingischen und nassau-weilburg. Fürstentümer von Napoleon zum souveränen Herzogtum Nassau erhoben.

    Beim Aufbau des neuen Staates erwarb sich M. zweifellos seine größten politischen Verdienste. Seit 1806 leitete er gemeinsam mit Hans Christoph v. Gagern das nassau. Staatsministerium, 1809-34 fungierte er schließlich als alleiniger Staatsminister und somit einflußreichster Politiker des Herzogtums. Die ersten Jahre standen ganz im Zeichen einer umfassenden Reformpolitik, die das aus unterschiedlichen Territorien zusammengesetzte Herzogtum mit der Hauptstadt Wiesbaden zu einem einheitlichen Staatswesen umformen sollten. Zwischen 1807 und 1816 wurde ein leistungsfähiger Staatsapparat geschaffen, der den Übergang Nassaus zum modernen Verwaltungsstaat markierte. Die Verwaltungsreformen wurden durch umfangreiche Finanz-, Sozial- und Wirtschaftsreformen ergänzt. Hierzu gehörten unter anderem die Aufhebung der Leibeigenschaft (1808), die Beseitigung adeliger Steuerprivilegien (1809), die zukunftsweisende Einführung von Simultanschulen (1817) und der Aufbau eines staatlichen Gesundheitsdienstes (1818). Auch die Wirtschaftspolitik war durch den Übergang zum Freihandel (1815) und die Einführung der Gewerbefreiheit (1819) von liberalen Grundsätzen geprägt. Das 1816 286 000 Einwohner zählende Herzogtum schien sich unter M. zu einem Musterstaat zu entwickeln, zumal Nassau bereits 1814 eine Verfassung erhielt.

    Kurz nachdem die Landstände 1818 erstmals zusammengetreten waren, wurde der nassau. Reformkurs abrupt abgebrochen. Die Auseinandersetzungen mit der nassau. Opposition und die mit den Karlsbader Beschlüssen vollzogene Wende der Bundespolitik veranlaßten den opportunistischen Verwaltungspragmatiker, die nassau. Politik ganz ins Fahrwasser des Metternichschen Restaurationskurses zu steuern. M. etablierte seit 1819 ein autoritäres Regiment, das er auch im heftig ausgefochtenen Domänenstreit zu Beginn der dreißiger Jahre behaupten konnte, und das über seinen Tod hinaus bis 1848 Bestand hatte. Für ihn wurde die Bewahrung der nassau. Souveränität zur wichtigsten Maxime der inneren und äußeren Politik. Er bekämpfte im Bündnis mit Metternich all jene Entwicklungen, die der nationalen Bewegung Bahn zu brechen schienen. Aus diesem Grunde entwickelte sich M. auch zu einem hartnäckigen Gegner der preuß. Zollpolitik. Noch 1833, im Jahr der Zollvereinsgründung, schloß er mit Frankreich einen Handelsvertrag, um die Expansion der von Preußen geführten deutschen Zolleinigung zu erschweren. Erst nach dem Tode M.s im Januar 1834 gab Hzg. Wilhelm diese für die Wirtschaft des Landes nachteilige Position auf und vollzog nun rasch den Anschluß an den Zollverein.

    In der deutschen Geschichtsschreibung wurde das Bild M.s lange nur vom Kampf gegen den Zollverein und der 1819 einsetzenden reaktionären Innenpolitik geprägt. Die rheinbündische Reformtätigkeit und die Verdienste M.s beim Aufbau des modernen Nassau fanden dagegen nicht die gebührende Beachtung, wohl auch deshalb, weil das 1866 von Preußen annektierte Herzogtum Nassau nur sechs Jahrzehnte existierte.

  • Literatur

    A. Henche, Der junge M., in: Nassau. Ann. 52, 1932, S. 155-75;
    ders., Der nassau. Staatsmin. E. v. M. zu B., Ein pol. Lb., 1940;
    W. Menn, in: Nassau. Lb. VI, 1961, S. 114-83 (P);
    K. G. Faber, „Konservatorischer Liberalismus“, „Umstürzender Liberalismus“, „Konservator. Obskurantismus“, Aus d. Briefwechsel zw. M. u. Almendingen (1823), in: Nassau. Ann. 78, 1967, S. 177-207;
    E. Fehrenbach, Traditionale Gesellschaft u. revolutionäres Recht, Die Einführung d. Code Napoléon in d. Rheinbundstaaten, ³1983;
    Hzgt. Nassau 1806–66, Ausst.kat. Wiesbaden, 1981;
    W.-A. Kropat, Hzgt. Nassau zw. Reform u. Reaktion, 1806–66, in: W. Heinemeyer (Hrsg.), Das Werden Hessens, 1986, S. 517-44;
    O. Renkhoff, Nassau. Biogr., 1985.

  • Porträts

    Ölgem. (Privatbes.), Abb. b. Menn, s. L, u. Kropat, s. L.

  • Autor/in

    Hans-Werner Hahn
  • Zitierweise

    Hahn, Hans-Werner, "Marschall von Bieberstein, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 254-256 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118922084.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA