Lebensdaten
1574 oder 1575 – 1619
Geburtsort
Hohenems
Sterbeort
Salzburg
Beruf/Funktion
Erzbischof von Salzburg ; Dompropst in Konstanz ; Graf von Hohenems
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11883794X | OGND | VIAF: 40991097
Namensvarianten
  • Sitticus von Hohenems, Marcus Hohenems, Marcus Sittich Graf von
  • Hohenems, Marx Sittich Graf von
  • Hohenems, Marx Sittich IV. Graf von
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Zitierweise

Marcus Sitticus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11883794X.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jakob Hannibal (I.) Graf (seit 1560) v. Hohenems (1530–87), kaiserl. u. päpstl. General (s. NDB IX);
    M Ortensia (um 1551–78), T d. Gi(l)berto Borromeo ( 1558), Conte di Arona, Senator v. Mailand, u. d. Taddea Dal Verme verw. Gambara ( vor 1554), Halb-Schw d. Carlo Borromeo (1538–84), EB v. Mailand u. Kardinalstaatssekr., 1610 heiliggesprochen;
    Ov Marcus Sitticus, Kardinal ( 1595, s. NDB 16);
    B Kaspar (1573–1640), Vogt v. Bludenz u. Feldkirch ( 1] 1592 Eleonore Philippine [1573-1614], T d. Christoph Frhr. v. Welsberg-Primör u. d. Dorothea Lucia Freiin v. Firmian, 2] 1614 Anna Amalia [ 1658], T d. Karl Ludwig Gf. v. Sulz [1560-1617], kaiserl. Hofkriegsratspräs., s. ADB 37);
    Vt Wolf Dietrich v. Raitenau (1559–1617), EB v. Salzburg, Karl Gaudenz Frhr. v. Madrutsch (1562–1629), Bischof v. Trient, Kardinal;
    N Jakob Hannibal (II.) (1595–1646), salzburg. Obristhofmarschall ( 1] 1616 Anna Sidonia [1598-1619], T d. Herzogs Adam Wenzel v. Teschen-Großglogau [1574-1617] u. d. Elisabeth [ 1601], T d. Hzg. Gotthard v. Kurland [ 1587, s. NDB VI], 2] 1619 Franziska Katharina, T d. Fürsten Joh. Georg v. Hohenzollern-Hechingen [ 1638, s. NDB IX]).

  • Biographie

    Als zweiter Sohn der Familie für den geistlichen Stand bestimmt und von den bischöflichen Oheimen, den Kardinälen Altemps und Carlo Borromeo, gefördert, studierte M. in Mailand, seit 1585 am Germanikum in Rom, wo er 1586 die niederen Weihen empfing (Subdiakonatsweihe 1602, Diakonatsweihe 1610), 1588 in Ingolstadt und seit 1591 in Bologna. 1587 und 1589 erhielt er die Kanonikate seines zum Erzbischof von Salzburg gewählten Vetters Wolf Dietrich v. Raitenau in Konstanz und Salzburg. 1604 wurde er Konstanzer Dompropst, als welcher er 1609-12 die Dompropstei am Rheintor erbaute, und 1605 auch noch Domherr in Augsburg. Außer einer Spanienreise 1593/94 sind weitere Romaufenthalte bezeugt. 1604 überbrachte M. seinem Vetter, dem Trienter Bischof Karl Gaudenz v. Madrutsch, als päpstl. Ablegat das Kardinalsbirett. Mit Kardinal Pietro Aldobrandini, dem Nepoten Papst Klemens' VIII., der ihn zum päpstl. Kammerherrn machte, und dem Kardinalstaatssekretär Pauls V., Scipione Borghese, war er eng befreundet. Nach der von Hzg. Maximilian von Bayern und der Kurie erzwungenen Resignation Wolf Dietrichs am 7.3.1612 wurde der „mezzo italiano“ als von Bayern akzeptierter Kandidat Roms, dessen außerordentlicher Nuntius Antonio Diaz anwesend war, am 18.3. mit großer Mehrheit zum Erzbischof von Salzburg gewählt und nach päpstl. Bestätigung unterm 18.6. und Priesterweihe am 23.9. am 7.10. konsekriert. Der Erfüllung der von Bayern beeinflußten Wahlkapitulation wußte sich M. geschickt zu entziehen. Zwar bestätigte er den vom Kapitel mit Maximilian geschlossenen Salzvertrag – aus dem Streit um das Halleiner und Berchtesgadener Salz war die Fehde zwischen dem Herzog und Wolf Dietrich erwachsen –, aber die von Maximilian geforderten Kosten der bayer. Kampagne gegen den Vorgänger drückte er, und der kath. Liga trat er ebenso wenig bei wie dieser, nur daß er es diplomatischer anfing, mit halben Versprechungen, Ausflüchten, unverbindlicher Beschickung von Ligatagen, temporisierend und sich auf den Kaiser berufend. Auch die Jesuiten kamen nicht nach Salzburg. Statt dessen legte er mit der Gründung eines Gymnasiums 1617 die Fundamente der 1622/25 privilegierten Salzburger Benediktineruniversität bei St. Peter (Abt Joachim Buchauer). Wolf Dietrich, dessen Existenz, Machinationen und Popularität ihn politisch erheblich behinderten und persönlich sehr beunruhigt haben müssen, hielt er bis zu dessen Tod 1617 auf der Hohensalzburg in nobler, aber enger und streng bewachter Festungshaft. Altenau, das Schloß von dessen Konkubine Salome Alt, wurde in Mirabell umbenannt. Die Gegenreformation unter den Bauern und Bergleuten im Gebirge, die Wolf Dietrich nach scharfen Anfängen schließlich so gut wie aufgegeben hatte, nahm M. im Sinne des Tridentinums mit Visitationen des verlotterten Landklerus, Kapuzinermissionen, Einsatz von Militär und Ausweisung konversionsunwilliger Protestanten energisch wieder auf und erzielte auch gewisse Erfolge. Aber die Rekatholisierung blieb weithin äußerlich, zumal wirtschaftliche Notwendigkeiten auch M. zu Kompromissen zwangen. Das Salzburger Luthertum hat erst die Firmiansche Vertreibung von 1731/32 ausgerottet.

    M.s bedeutendste historische Leistung ist die von Wolf Dietrich begonnene und von ihm zu einem gewissen Höhepunkt geführte, allerdings auch kostspielige Umgestaltung Salzburgs zur ital. Frühbarockresidenz nördlich der Alpen: Borromäuskapelle in der als vorläufige Kathedrale dienenden Franziskanerkirche, Dombau (neue Grundsteinlegung 1614), Erweiterung und Ausstattung der Residenz und vor allem die villa suburbana Hellbrunn mit Parkanlagen, Wasserspielen, Monatsschlößchen und Steinernem Theater, dazu Emslieb für den liederlichen Neffen Jakob Hannibal, von dem sein stark ausgeprägter Familiensinn M. nicht loskommen ließ, und Emsburg für den Hauptmann der Leibgarde Johann Sigmund v. Mabon, dessen Frau Ursula Katharina der vollendete Kavalier offenbar in höfisch-romantischer Verehrung zugetan war (Fresken in Hellbrunn). Bevorzugter Architekt war Santino Solari aus Verna über dem Luganer See, der beim Dombau die Pläne Vincenzo Scamozzis aus der Zeit Wolf Dietrichs verwendete. Mit seiner fast noch manieristischen Vorliebe für prächtige geistliche und weltliche Feste, Schauspiele und Umzüge gilt M. auch als Veranstalter der ersten Opernaufführungen in Deutschland. Mit dem Bruder Kaspar entzweite er sich über dem weithin von ihm finanzierten Ausbau des 1605 zum Markt erhobenen heimatlichen Hohenems. Auch in Einsiedeln (Reliefs an der Gnadenkapelle) erinnert man sich seiner als Mäzen. Nach dem Besuch Ferdinands (II.) von Steiermark auf dessen Reise zu Kaiserwahl und -krönung in Frankfurt und einen Tag vor dessen Rückkehr nach Salzburg ist M. ganz plötzlich gestorben. Nachfolger als Erzbischof wurde sein engster Berater, der Hofkammerpräsident Paris Graf v. Lodron, den er dem Domkapitel 1616 als Propst aufgenötigt hatte und der in 34jähriger Regierung die vorsichtige Neutralitätspolitik der beiden Vorgänger fortsetzte, den Dom vollendete und Salzburg aus dem Dreißigjährigen Krieg herauszuhalten vermochte.

  • Werke

    Christlich- u. trewhertzige Erinnerung, Von gegenwärtigem gefährl. Stand d. Christel. Cath. Kirchen… So von jhr Hochfürstl. Genaden auff d. 20. Ianuarij Anno 1619 in dero Pfarrkirchen … gantz Vätterlich abgangen ist…

  • Literatur

    ADB 20;
    A. Lang, Der Informativprozeß üb. Marx Sittich (EB v. Salzburg 1612–19), in: Btrr. z. KG d. Steiermark u. ihrer Nachbarländer aus röm. Archiven, 1903, S. 6-16;
    F. Martin, EB Wolf Dietrichs letzte Lebensj. 1612–17, in: Mitt. d. Ges. f. Salzburger Landeskde. 50, 1910, S. 157-230 (L);
    ders., Salzburgs Fürsten in d. Barockzeit, ⁴1982 (L, P);
    A. Kutscher, Vom Salzburger Barocktheater zu d. Salzburger Festspielen, 1939 (P);
    E. H. Rainalter, Hellbrunn, Roman, 1958;
    J. Pupp u. C. Pospesch, Hellbrunn, Das Salzburger Lustschloß u. s. Bauherr M. S., 1965 (P);
    K. F. Hermann, Das Werk d. Erzbischöfe M. S. u. Paris Lodron, Die Gründung d. Salzburger Schule 1617 u. Privilegierung z. Univ. 1622/25, in: Univ. Salzburg 1622-1962-1972, Festschr., 1972, S. 3-34;
    R. R. Heinisch, Die bischöfl. Wahlkapitulationen im Erzstift Salzburg 1514-1688, 1977;
    H. Altmann, Die Reichspol. Maximilians I. v. Bayern 1613–18, 1978 (L);
    ders., Die bayer. Haltung in d. Frage d. Freilassung d. ehem. Salzburger Erzbischofs Wolf Dietrich v. Raitenau in d. J. 1612 bis 1615, in: ZBLG 46, 1983, S. 37-79;
    F. Ortner, Ref., kath. Reform u. Gegenref. im Erzstift Salzburg, 1981 (L);
    4. Salzburger Landesausstellung, Fürsterzbischof Wolf Dietrich v. Raitenau, 1987 (L, P).

  • Porträts

    Ölgem. v. A. Mascagni, 1618 (Salzburg, Schloß Hellbrunn), Abb. b. L. Welti, Gf. Kaspar v. Hohenems 1573-1640…, 1963, Tafel 10 vor S. 113;
    Ölgem. v. dems. (?), 1629 (?), am Grabmal im Salzburger Dom, Abb. b. J. Neuhardt, Der Dom zu Salzburg, 1980, S. 31.

  • Autor/in

    Peter Fuchs
  • Zitierweise

    Fuchs, Peter, "Marcus Sitticus" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 131-132 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11883794X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Marx Sittich, Erzbischof von Salzburg (1612—1619), stammte aus dem in den österreichischen Vorlanden reichbegüterten Hause der Grafen von Hohenembs. Sein Vater war Jacob Hannibal von Hohenembs, der erste Reichsgraf dieses Namens, seine Mutter eine Schwester des Mailänder Erzbischofs Karl Borromäus, die Großmutter eine Medici und Schwester des Papstes Pius IV. und der Oheim jener Cardinal Marx Sittich, der sein Bisthum Constanz an Andreas von Oesterreich abtrat und in Rom sein Leben beschloß. M. S. selbst, der jüngere Sohn Jacob Hannibals, geb. 1574, bei seinem Oheim dem Cardinal in Rom erzogen, studirte später zu, Ingolstadt und zu Salzburg, wo er schon mit vierzehn Jahren eine Domherrnstelle erhielt, wurde dann Dompropst in Constanz, aber erst 1612, nachdem er zum Erzbischof von Salzburg gewählt war, zum Priester geweiht. — Unter äußerst schwierigen Verhältnissen gelangte M. S. auf den erzbischöflichen Stuhl. Es war die Zeit, in der die bairischen Wittelsbacher einer-, die Habsburger andererseits immer größeren Einfluß zu gewinnen und bei jeder Wiederbesetzung des Erzstiftes einander den Vorrang abzulaufen suchten. Marx Sittich's Vorgänger Wolf Dietrich kam wegen der Propstei Berchtesgaden in einen Streit mit Baiern, der ihm die Herrschaft und Freiheit kostete, während Herzog Maximilian von Baiern wie im Triumphe in Salzburg einzog. Der Augenblick schien günstig, um den Stuhl des h. Rupert mit einem Wittelsbacher zu besetzen. Da aber der alte Kurfürst Ernst von Köln damals starb und sein Bruder, der Coadjutor Ferdinand sich nur mit Mühe in seiner Stellung behauptete, kam Maximilian von dem Gedanken, die Wahl eines der beiden genannten Wittelsbacher in Salzburg durchzusetzen, ab und gab sich zufrieden, als die Wahl auf den Domdechant M. S. fiel, weil dieser zur bairischen Partei gehörte und wenig Selbständigkeit besaß. Nachdem er sich mit dem Herzog von Baiern über die zu leistende Kriegsentschädigung verständigt hatte, wandte sich M. S. mit allem Eifer der Durchführung der Gegenreformation im Pinzgau und Pongau zu. Das Werk gelang durch die Anwendung derselben Mittel, deren sich Erzherzog Ferdinand und Bischof Brenner in Inner-Oesterreich bedienten. Uebrigens war M. S. ganz der Kirchenfürst aus der Zeit nach dem Trienter Concil; er liebte höfischen Prunk und hielt ungemein viel auf den äußeren Cultus der Religion, auf Processionen, Kirchfahrten, Reliquienverehrung und geistliche Genossenschaften. Geistliche dramatische Darstellungen wechselten mit Maskenzügen und Ritterspielen, wie dem „Quintana-Rennen“, ab. Gleich den meisten Fürsten seiner Zeit hatte M. S. eine Vorliebe für Bauten und zwar in demselben Stil und mit derselben Tendenz wie sein Vorgänger. Die drei Erzbischöfe Wolf Dietrich, M. S. und Graf Paris Lodron haben Salzburg in eine bischöfliche Hofstadt umgeschaffen und ihr damit jenes Gepräge verliehen, das uns noch jetzt in die Augen springt. Den von Wolf Dietrich begonnenen Neubau der Domkirche ließ M. S. nach dem Entwurfe und (abgeänderten) Plane des italienischen Architekten Vincenz Scamozzi durch den Baumeister Sandino Solari aus Como fortführen. Von der neuen Residenz baute M. S. die Vorderseite gegen den Platz und die Galerie gegen den Hof. Die reizendste Schöpfung jener Jahre ist das Lustschloß Hellbrunn mit seinem Thiergarten, seinen Wasserwerken, Fischweihern und Felsgrotten. Unweit davon ließ M. S. das Schlößchen Waldembs bauen und das Felsentheater aushauen, in dem 1617 Pastorelle und Opern gegeben wurden. Ein zweites Schlößchen Emslieb bei Hellbrunn ließ er für seinen Bruder Jacob Hannibal erbauen, ein anderes, Embsberg, für den Guardiahauptmann Mabon und dessen Gattin Barbara, eine geborene Peringer. Die Schlösser Glanegg und Tittmoning wurden neu hergestellt. Sein Chronist zählt 21 Neubauten von Kirchen, Kapellen und Schlössern auf, die freilich eine große|Schuldenlast auf das Erzstift häuften. Um den Protestantismus an der Wurzel zu treffen, kaufte M. S. 1615 das Bergwerk zu Ramingstein zurück, löste 1618 jene in Gastein und in der Rauris ein und ließ auf Kosten der Regierung weiter bauen. Die schönste That des Erzbischofs war die Gründung eines Gymnasiums (1617), das er, weil die Jesuiten die Berufung nicht annahmen, den Benedictinern von St. Peter übergab und mit einer Universität zu verbinden dachte, was jedoch erst unter seinem Nachfolger 1623 geschehen ist; denn M. S. starb schon am 9. October 1619. Sein Porträt im Salzburger Museum; ein anderes in Hellbrunn, von Arsenius Mascagni gemalt, stellt ihn nicht als Erzbischof, sondern als spanischen Ritter vor, welcher der schönen Mabon eine Nelke reicht.

    • Literatur

      G. A. Pichler, Salzburgs Landes-Geschichte S. 432 ff. — Adam Wolf, Geschichtliche Bilder aus Oesterreich I, 172 ff.

  • Autor/in

    v. Zeißberg.
  • Zitierweise

    Zeißberg, Heinrich von, "Marcus Sitticus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 20 (1884), S. 532-533 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11883794X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA