Mannesmann, Reinhard
- Dates of Life
- 1856 – 1922
- Place of birth
- Remscheid
- Place of death
- Remscheid
- Occupation
- Industrieller ; Erfinder ; Ingenieur ; Unternehmer
- Religious Denomination
- evangelisch
- Authority Data
- GND: 116733950 | OGND | VIAF: 69690152
- Alternate Names
-
- Mannesmann, Reinhard
Objekt/Werk(nachweise)
Porträt(nachweise)
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Genealogy
V →Reinhard (s. 1);
B →Max (s. 3);
– ⚭ 1906 Maria Luise („Titta“) (1884-1936), T d. Dr. med. Eigen in R.;
4 T. -
Biographical Presentation
Nach dem Abitur am Realgymnasium Düsseldorf (1873) studierte M. seit 1874 an der TH Hannover, an der Bergakademie und der Univ. Berlin sowie in Heidelberg Maschinenbau und Chemie. Seine Berliner Ausbildung schloß er bei Hermann Wedding mit einer Prüfungsarbeit über „Das Verhalten des reinen Kohlenstoffes zum reinen Eisen bei steigender Temperatur“ ab, mit der er nachwies, daß man jeden Kohlenstoffgehalt auf jede gewünschte Tiefe in das Eisen einführen kann. 1881/82 diente er als Einjähriger. Seine praktische Ausbildung erhielt er, wie seine Brüder, unter Anleitung des Vaters in der Fabrik während der Ferien. Er erlernte alle Arbeitsgänge der Feilenfabrikation. 1878 erhielt er zusammen mit seinem Bruder Max sein erstes Patent (Schallverstärker für Fernsprecher).
Nachdem die Stahlfabrikation der Firma Mannesmann einen hohen Stand erreicht hatte, erwog M.s Vater die Diversifikation der Weiterverarbeitung und dachte, angeregt durch engl. Publikationen, an die Herstellung von Gewehrläufen. Alles, was er seit den 60er Jahren in dieser Richtung unternommen hatte, war jedoch mißlungen. Nun ermunterte er seine Söhne, die Versuche mit Hilfe ihrer speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten fortzusetzen. Seit 1882 überprüften diese das Aufreißen massiver Stäbe im Kern beim Walzen mit dem Ziel, die sich bildende Höhlung zum Rohr zu entwickeln. Dampfmaschinen und Walzanlagen standen ihnen hierzu jedoch nur während der nächtlichen Arbeitsruhe zur Verfügung. Unter strikter Geheimhaltung führten M. und sein Bruder Max, bald auch assistiert von Alfred und Carl, zunächst auf einem Reeler, dann auf einem Dreiwalzenapparat Versuche durch, bis es ihnen gelang, Hohlkörper herzustellen. Darauf beantragten sie Ende 1884 auf den Namen ihres Vetters Dr. Fritz Koegel ein Patent, das am 10.3.1886 mit Wirkung zum 27.1.1885 ausgegeben wurde (DRP 34617: Schrägwalzverfahren mit zugehörigem Walzwerk). Auf dem hiernach gebauten Versuchsapparat gelang es ihnen in der Nacht zum 22.8.1886, einen dickwandigen Hohlkörper herzustellen. Da die zur wirtschaftlichen Nutzung des Verfahrens erforderlichen Investitionsmittel nicht zur Verfügung standen und die Vergabe von Lizenzen erforderlich war, mußte die Geheimhaltung aufgegeben werden. Die Erteilung von Auslandspatenten erfolgte 1886 bereits auf den Namen Max und →Reinhard Mannesmann in England, Frankreich, Belgien, Italien, Österreich-Ungarn, Rußland und Schweden. Die Düsseldorfer Röhren- und Eisenwalzwerke AG, vorm. Poensgen, das Stammunternehmen der deutschen Stahlrohrindustrie, nahm für 400 000 Mark Lizenz für Norddeutschland sowie für Spanien und Kanada. 1888/89 wurden unter jeweils eigener Firma Mannesmannröhren-Werke in Komotau (Böhmen), Bous (Saarland) und Landore (Wales) gegründet, an denen die Brüder durch Einbringung ihrer Patente beteiligt waren. Indes ergaben sich kurzfristig unüberwindbare Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Versuchsapparate in ausgereifte Produktionsanlagen. Die hohen Erwartungen, die die Erfinder mit ihrem Patentanspruch formuliert hatten, erfüllten sich zunächst nicht. Verpflichtungen, die sich aus den Lizenz- und Gründungsverträgen ergaben, konnten nicht eingehalten werden. Das zeitweilig verfolgte Ziel, mit Poensgen zusammenzugehen, mußte aufgegeben werden. In dieser prekären Situation entwickelte M.s Bruder Max in Komotau das sog. Pilgerwalzwerk. Dies erlaubte es, die aus dem Schrägwalzapparat zu nicht marktfähigen Hohlkörpern »geblockten“ Knüppel zu nahtlosen Röhren auszuweiten. Blocken und Pilgern zusammen bilden seither das „Mannesmann-Verfahren“. Unter dem Eindruck dieses Erfolges wurden die Werke in Remscheid, Komotau und Bous zur Deutsch-Österr. Mannesmannröhren-Werke AG zusammengeschlossen (1890), während die Mannesmann Tube Company in Landore in Zusammenarbeit mit Siemens gesondert weitergeführt wurde. M. trat neben seinem Bruder Max als Generaldirektor in den Vorstand ein.
Inzwischen war eine intensive Diskussion um das Mannesmann-Verfahren in Gang gekommen, die die Erfinder zunächst gern vermieden hätten. Nun ergriffen sie die Initiative mit Ausstellungen im Architekten-Haus in Berlin (1890) und auf dem dortigen medizinischen Kongreß (1890). Dabei boten sie Spezialitäten an, die die klassischen Röhrenwerke bisher nicht lieferten: Möbelrohre, Fahrradrohre, Beleuchtungs- und Leitungsmaste, Kandelaber. Die mit Jugendstil-Ornamenten verzierten Maste beherrschten um die Jahrhundertwende den Weltmarkt. Fahrradrohre in Präzisionsrohrqualität konnten seit 1891 (seit 1893 in großen Mengen) geliefert werden, so daß es um 1895 zu einem Fahrrad-Boom kam. Indessen mußten die Brüder die Verluste, die die Firma in der Aufbauphase machte, durch den Verkauf ihrer Aktien abdecken. Sie schieden 1893 aus dem Vorstand und 1895 aus dem Unternehmen aus.
Noch bevor diese Entscheidungen fielen, war M. im Herbst 1893 nach USA gegangen, um auf der Weltausstellung in Chicago das Mannesmannrohr selbst vorzustellen und den noch immer schwebenden Patentanspruch durchzusetzen. Er fand zwar hohe Anerkenung von Edison und anderen bedeutenden Industriepionieren, konnte aber nicht verhindern, daß der Leiter der Konstruktionsabteilung in Landore, der Schweizer Charles Stiefel, kündigte, gemeinsame Sache mit dem amerikan. „Fahrradkönig“ Lozier machte und ein Patent erhielt, das die Mannesmannschen Ansprüche aus den US-Patenten 361.954-361.963 umging. M. versuchte nunmehr, durch eigenes unternehmerisches Vorgehen zu retten, was noch zu retten war. Es gelang ihm aber erst 1896, unter der Firma Mannesmann Cycle Tube Works in Zylonite (New Jersey) einen eigenen Betrieb aufzubauen. Der erste Fahrrad-Boom war indessen abgeklungen. M. konnte sich weder auf dem amerikan. Markt noch in seiner Auseinandersetzung mit Stiefel durchsetzen. Nach beträchtlichen Kapitalverlusten gab er daher Ansprüche und Firma auf und kehrte 1899 mit seinen Brüdern Alfred, Carl und Robert nach Europa zurück.
Durch einen Artikel in der Zeitschrift „Stahl und Eisen“ angeregt, bereitete sich M. seit 1903 auf eine Prospektorentätigkeit in Marokko vor. 1906 ging er nach Tanger, gewann das Vertrauen des Sultans von Marokko (der seinerseits auf deutsche Unterstützung im internationalen Interessenkonflikt um Marokko hoffen mochte) und erwarb ca. 2000 Berggerechtsame, die in die 1909 gegründete Mannesmann-Marokko-Kompanie eingebracht wurden. Dabei konnte er sich wieder auf die Mitarbeit seiner Brüder Alfred, Robert und Otto stützen. Otto entwickelte hervorragende persönliche Beziehungen zu arab. Fürsten, Alfred übernahm den Vorsitz im Aufsichtsrat der Firma, die 90 000 ha Land erwarb, Handelshäuser aufbaute und ca. 360 000 ha Land einer regelmäßigen Bewirtschaftung zuführte. Als seine Tätigkeit zu internationalen Verwicklungen Anlaß gab, beharrte M. zu starr auf privaten Rechtsansprüchen und versäumte es (wie schon in den USA), rechtzeitig einen politischen Kompromiß anzustreben. So wurde das bedeutende Unternehmen der Brüder 1914 von Frankreich sequestriert und aufgrund des Versailler Vertrages 1919 vollständig enteignet. Aus Marokko noch rechtzeitig vor Kriegsausbruch heimgekehrt, trat M. 1914 neben seinem Bruder Carl in die Mannesmann-Lichtwerke GmbH in Remscheid ein und rüstete diese um in eine Waffen- und Munitionsfabrik. Mit einer Belegschaft von mehr als 2000 Personen wurden hier Geschosse und Zünder hergestellt.|
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Awards
Dr.-Ing. E. h. (TH Aachen 1920).
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Archival Ressources
Nachlaß: Dt. Mus. München.
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Author
Lutz Hatzfeld -
Citation
Hatzfeld, Lutz, "Mannesmann, Reinhard" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 62-63 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116733950.html#ndbcontent