Lebensdaten
1896 – 1983
Geburtsort
Stuttgart
Sterbeort
Stuttgart
Beruf/Funktion
Industrieller
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 13791069X | OGND | VIAF: 86077772
Namensvarianten
  • Mahle, Ernst

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Zitierweise

Mahle, Ernst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd13791069X.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    B Hermann (s. 1), Friedrich (1889–1978), Verwaltungsleiter d. Firmen Elektron u. Mahle GmbH in St.-Bad Cannstatt, Hellmut (* 1908), Betriebs- u. Firmenleiter;
    - 1) Heidelberg 1923 Else (1894–1971), T d. Hoteliers Johannes Wurth aus Heppenheim a. d. Bergstraße u. d. Elise Peter, 2) Stuttgart 1972 Gisela Seibt (* 1905);
    3 S, 1 T aus 1), u. a. Ernst (* 1929), Komponist, Prof. u. Leiter e. Musikschule in Brasilien, Eberhard (* 1933), Sport- u. Rekordfahrer, dt. u. Europameister d. Tourenwagen, Christoph (* 1938), Dipl.-Ing., Satellitenforscher in Washington, D. C. (USA).

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Realschule und einer kaufmännischen Lehre studierte Hermann ein Jahr am Technikum für Textilindustrie in Reutlingen. Danach arbeitete er als Textilkaufmann in sächs. Betrieben, nahm am 1. Weltkrieg teil und war 1919 vorübergehend in der Fotoindustrie tätig. 1920 trat er beim kurz zuvor gegründeten „Versuchsbau Hellmuth Hirth“ in Stuttgart-Bad Cannstatt ein. Er war ein Kaufmann mit technischem Verständnis. Bei treffender Marktbeurteilung sah er die notwendigen Werksstrukturen richtig voraus, beharrte aber bei der Finanzierung auf Sparsamkeit und möglichster Schuldenfreiheit.

    Sein Bruder Ernst machte in Stuttgart das Abitur, erlebte den 1. Weltkrieg bei der Kraftfahrtruppe und trat 1919 als Techniker in die Daimler-Motoren-Gesellschaft ein. Dann studierte er an der TH Stuttgart Maschinenbau und wurde Assistent in deren Materialprüfungsanstalt bei Carl v. Bach. Hier lernte er die vielfältigen Möglichkeiten kennen, die Eigenschaften der Leichtmetalle für die Verbrennungskraftmaschine auszunutzen. Er war ein leidenschaftlicher, phantasievoller Ingenieur. Neue technische Ideen, die in der Luft lagen, griff er konsequent auf. Sein Bruder Hermann holte ihn 1922 in den Cannstatter Betrieb.

    Fast fünfzig Jahre lang arbeiteten die Brüder als kaufmännischer bzw. technischer Leiter miteinander im selben Büro. Alle Ideen, Pläne und Entschlüsse faßten sie gemeinsam. Die ideale Ergänzung ihrer Charaktere bedeutete den Erfolg ihrer Firma, die zum größten deutschen Nichteisen-Metall-Verarbeiter aufstieg. Ein Preis in einem Wettbewerb des Reichsverkehrsministeriums für Aluminium-Kolben 1922 hatte dem Unternehmen Aufträge der Automobilindustrie gebracht. Sein Gründer, Hellmuth Hirth, beteiligte die ebenfalls mit einem Preis ausgezeichnete Chemische Fabrik Griesheim-Elektron in Frankfurt/Main zur Hälfte. Von ihr kam das „Elektronmetall“, eine sehr geeignete Magnesium-Legierung, während in Cannstatt eine Aluminium-Kupfer-Legierung vergossen wurde. Nach Lieferung von 40 000 Kolben begannen die Brüder, den Mitarbeiterstab zu erweitern. Sie stellten 1922 Alfred Bauer ein, der 1925 als erster ein Druckguß-Verfahren für Magnesium-Legierungen in Warmkammer-Gießmaschinen einführte, durch das sie Großlieferanten von hochwertigen Magnesium- und Aluminium-Druckgußteilen wurden. 1923 verpflichteten sie den Steiermärker Carl König (1894–1968) als Oberingenieur für Nicht-Kolben-Aktivitäten und als Konstrukteur für Flugzeugteile, 1924 den Metallurgen Erich Koch (1899–1975) für den Kolbenbau. 1924 benannten sie die Firma in „Elektronmetall Cannstatt GmbH“ (EC) um. Partner waren seit 1927 nicht mehr Hirth und Griesheim, sondern die IG Farbenindustrie. Seit 1928 lieferte die Abteilung Flugzeugteile, Gehäuse aller Art und Verdichter-Rotoren, bremsbare|Räder aus Magnesium, Federbeine und seit 1934 Einziehfahrwerke und Hydraulikzylinder.

    Die Einfuhr amerikan. Automobile mit sehr leisen Motoren ließ Ernst nach Detroit reisen, um dort in der Gießerei des größten amerikan. Kolbenherstellers, Bohn Aluminum & Brass Corp., die Probleme um den Leichtmetall-Kolben kennenzulernen. 1927 schlossen die Brüder mit Bohn einen Lizenzvertrag auf Herstellung des Aluminium-Kolbens mit Invarstreifen von A. L. Nelson ab, der der technisch beste Kolben seiner Zeit war. Hierzu bauten sie 1927 in Cannstatt eine Gießerei mit mechan. Bearbeitung. Zur gleichen Zeit wollte Generaldirektor Theodor Plieninger (1856–1930) von der IG Farbenindustrie die EC abgeben oder stillegen. Die Brüder nahmen sein Angebot an, das Unternehmen allein weiterzuführen. Immerhin liefen zu dieser Zeit schon 70% der Automobilmotoren mit Leichtmetallkolben, und 1929-32 lieferte EC eine halbe Million Kolben pro Jahr. 1932 kauften die Brüder die restlichen Anteile der Firma von der IG Farben für 500 000 Mark, die ihnen ihr späterer Aufsichtsratsvorsitzender Gustav Adolf Pistor (1872–1960) beschafft hatte. 1932 errichteten sie eine Kolbengießerei, um von auswärtigen Rohlingslieferanten unabhängig zu werden. In einem eigenen Festigkeitslabor entwickelten sie Motorkolben, die den schneller laufenden europäischen Otto-, vor allem aber Fahrzeug-Dieselmotoren gewachsen waren. Voraussetzung hierfür war ihre Erfindung des eisenbefestigten Ringträger-Kolbens, der auf 100 000 km Lebensdauer kam. Sie haben damit dem Fahrzeug-Dieselmotor den Weg geebnet; bis 1935 liefen 10 000 Diesel-Lkw von Daimler-Benz mit ihren Kolben. Gemeinsam mit Bohn Aluminum entwickelten die Brüder einen neuen Bimetall-Kolben, ließen formgedrehte Kolben auf selbstentwickelten Maschinen herstellen und führten 1933-37 neue gieß- und preßbare Aluminium-Silizium-Legierungen ein. Die Druckgießerei stellte 1939 eine Million Präzisionsteile aus Aluminium- und Magnesium-Legierungen her. Für ihre vier Bereiche wurden die EC-Betriebe in Bad Cannstatt 1935 zu eng. Deshalb verlegten die Brüder die Druckgießerei als „Mahle-Werke GmbH“ nach Fellbach, wo sich die Jahresproduktion bis 1939 auf 900 t Magnesium steigern ließ. Als viertes Werk errichteten sie in Berlin-Spandau einen Betrieb für die Produktion von Kolben und Flugzeugteilen, dessen Leitung sie ihrem Bruder Hellmut übertrugen. Die EC benannten sie 1938 in Mahle KG um. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie bereits 10 Mill. Kolben hergestellt. Während des 2. Weltkriegs mußten sie Sparlegierungen verarbeiten und die Fertigung entfeinern. Sie errichteten einen neuen Betrieb in Wien und gaben die Filterabteilung 1941 aus Raumgründen an die Mann & Hummel GmbH Ludwigsburg ab. 1943 steigerten sie die Jahresproduktion auf 4,5 Mill. Kolben. Dann verlor die Firma durch Bombenschäden die Hälfte ihrer Kapazität. Nach 1945 verstanden die Brüder, Neubeginn und technischen Fortschritt zu vereinen. Ihre zwei Werke in Berlin und Wien wurden zwar demontiert, aber das unbeschädigte Druckgußwerk Fellbach konnte sofort mit der Herstellung von Gehäusen für Fotoapparate beginnen, und das Stammwerk Cannstatt lieferte 1946 schon 1,25 Mill. Kolben. Carl König gründete in Rankweil (Vorarlberg) einen Mahle-Betrieb. Seit 1949 wurden in Südamerika neue Fabriken aufgebaut: durch Ernst die Metal Leve SA in Sao Paulo (Brasilien), durch Hellmuth die Buxton-Mahle SA in Buenos Aires. Sie unterstützten dort deutsche Automobilfirmen bei ihrem Produktionsbeginn. Lizenzen vergaben die Brüder auch nach Chile, Uruguay und Indien. Die drohende Demontage ihres Verlagerungsbetriebes in Rottweil durch Frankreich verhinderten sie durch Gründung einer Firma in Friedrichsthal (Saar), die für den französischen Markt produzierte. Nach Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik 1956/59 bauten sie gemeinsam mit der Karl Schmidt GmbH die Firma Pistons de Colmar in Ingersheim auf.

    Seit 1950 brachten die Brüder neue technische Entwicklungen in Gang. Sie lieferten Leichtmetall-Motorenzylinder mit verchromter Lauffläche erst für luftgekühlte Ottomotoren, 1964 mit Nickel-Silizium beschichtet für Pkw-Motoren, von denen sie 20 Mill. Stück herstellten. Als um 1960 die Automatik-Getriebe in Serie kamen, spezialisierten sie sich auf Schaltschieberplatten für Drei- und Vierganggetriebe, die wegen hoher Maßgenauigkeit, feinem Gußgefüge und glatter Oberfläche nur im Druckguß wirtschaftlich herstellbar sind. Hierfür ließen sie Hochdruck-Gießmaschinen entwickeln, die nach dem Kaltkammerprinzip arbeiteten. 1960 erbauten die Brüder das Werk Markgröningen b. Stuttgart mit völlig autarker Kolbenfertigung, Niederdruckgießmaschinen für Leichtmetallzylinder, sowie Galvanotechnik und Honerei. 1964 übertrugen sie ihre 8 Werke mit 7000 Beschäftigten einer gemeinnützigen Stiftung, die – im Sinne Rudolf Steiners – in Filderstadt ein Krankenhaus und eine Mitarbeiter-Wohnanlage baute. Die Werke und die Firma leitet seither die „Mahle Beteiligungen GmbH“. Hermann war Ehrensenator der TH Stuttgart (1950), Ernst erhielt den VDI-Ehrenring (1934), die Diesel-Medaille in Gold (1967) und war Dr.-Ing. E. h. (TH Karlsruhe 1957).

  • Werke

    zu 1) DRP 644 567 v. 1934, DBP 1003 990 u. 1041 293 v. 1957 (Leichtmetall-Kolben f. Brennkraftmaschinen).

  • Literatur

    zu 1) 30 J. Mahle-Betriebe, in: Auto- u. Motorradwelt 4, 1950, Nr. 23, S. 2;
    Motortechn. Zs. 11, 1950, S. 160;
    Automobiltechn. Zs. 72, 1970, S. 351;
    ebd. 73, 1971, S. 482;
    Stuttgarter Ztg. v. 10.11.1971.

  • Werke

    zu 2) Kolben f. Kfz-Motoren, 1927;
    Kolben im Kfz-Bau, 1930;
    Neue Wege im Kolbenbau, 1933;
    Mathemat. Theorie v. Leichtmetall-Kolben m. Invarstreifen, in: Automobiltechn. Zs. 32, 1929, S. 751 f.;
    Beispiele aus d. Kolbenbau 1925–29, ebd. 33, 1930, S. 141-44;
    Zweimetallkolben, ebd. 34, 1931, S. 205-08;
    Neuerungen im Kolbenbau, ebd. 37, 1934, S. 316-24;
    Fortschritte im Kolbenbau, ebd. 45, 1942, S. 569-79;
    Entwicklungsstand v. Kolben, Kolbenringen u. -
    bolzen d. Pkw-Motoren in USA, ebd. 60, 1958, S. 75-79, 129-31;
    Techn. Stand d. Kolben, Kolbenringe u. -
    bolzen in dt. Pkw-Motoren, ebd., S. 310-15, 343-46;
    Vergleich v. Kolben, Kolbenringen u. -
    bolzen in dt. u. amerikan. Pkw-Motoren, ebd. 61, 1959, S. 162-67 (mit M. Röhrle);
    Weiterentwicklung im Kolbenbau, 1935;
    Leichtmetallkolbenbau f. Kraftmaschinen, in: Werft Reederei Hafen 14, 1933, S. 255 f.;
    Werkstoffprüfung f. Kolben v. Fahrzeugmotoren, in: Maschinenbau/Der Betrieb 10, 1931, S. 345-50;
    Verbesserung d. Lebensdauer v. Zylinder, Kolben, Kolbenringen, in: Verkehrstechnik 13, 1932, S. 549-54;
    15 J. Elektronmetall Cannstatt, 1935 (mit M. Ulrich, P);
    Leichtmetallzylinder, in: Motortechn. Zs. 10, 1950, S. 93-102;
    Bearbeitung v. Elektronmetall, in: Werkstattstechnik 19, 1925, S. 413-15. -
    DRP 435 727 u. 473 679 v. 1925/27 (Leichtmetall-Kolben f. Brennkraftmaschinen), 578 889 v. 1931 (Leichtmetall-Ringträgerkolben), 584 582 v. 1930 (Kolben m. Feuerring), 628 435, 641 483, 650 711, 664 886 v. 1933-35 (Gießen v. Leichtmetall-Kolben), 636 202, 642 041, 660 064 v. 1934/35 (Leichtmetall-Kolben), 826 993 v. 1949 (Leichtmetall-Kolben f. Leichtmetall-Zylinder).

  • Literatur

    zu 2) G. Becker, Vervollkommnung d. Kfz-Motoren durch Leichtmetall-Kolben, 1922;
    ders., Leichtmetallkolben, 1929;
    P. Sommer, Kolben, in: Konstruktionsbücher VI, 1942;
    J. v. Pastau, Die Verbesserung d. Wärmeableitung aus d. Kolben v. Verbrennungsmotoren in d. J. 1910–60, Diss. TH München 1961;
    Motortechn. Zs. 13, 1952, S. 308 (P);
    ebd. 18, 1957, S. 59;
    Automobiltechn. Zs. 59, 1957, S. 55 (P);
    ebd. 68, 1966, S. 101 (P).

  • Werke

    zu 1) u. 2) DRP 578 889 u. 580 106 V. 1931/32, DBP 1034 922 v. 1959 (Leichtmetall-Kolben f. Brennkraftmaschinen).

  • Literatur

    zu 1) u. 2) H. Mundorff u. E. Koch, Technisches üb. EC-Kolben, 1938;
    Mahle KG, Mahle-Erfolge 1938-40, 1940;
    50 Mill. Mahle-Kolben, in: Automobiltechn. Zs. 54, 1952, S. 169;
    Mahle KG, Rückblick auf 75 J. Kolben-Entwicklung, ebd. 63, 1961, S. 219-21;
    Mahle-Kolbenkunde, 1954;
    Mahle-Kolben, in: Motortechn. Zs. 16, 1955, S. 359;
    G. Pistor, 100 J. Griesheim 1856-1956, 1958, S. 141-46;
    Mahle KG, 100 Mill. Mahle-Kolben, 1959;
    Arbeit an Grenzen - 50 J. Mahle, 1970 (P);
    IHK Freiburg, Wirtsch. im Südwesten, 1976, Nr. 3, S. 94 ff.;
    Die Mahle GmbH, 1986;
    Mitt. v. Hellmut u. Reinhard Mahle.

  • Autor/in

    Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß
  • Zitierweise

    Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, "Mahle, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 681-683 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd13791069X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA