Lebensdaten
1848 – 1919
Geburtsort
München
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Jurist
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 11716898X | OGND | VIAF: 49996243
Namensvarianten
  • Loewenfeld, Theodor
  • Löwenfeld, Theodor von

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Zitierweise

Loewenfeld, Theodor, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11716898X.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Philipp ( 1866), Siegellackfabr.;
    M Johanna Reh;
    B Leopold (1847–1924), Dr. med., Hofrat, Nervenarzt in M. (s. L);
    - 1880 Sophie ( 1927), T d. Kaufm. Lazarus Marx aus Nördlingen;
    2 S, 2 T, u. a. Philipp (1887–1963), Rechtsanwalt in M., später in New York.

  • Biographie

    L. widmete sich in einer in Deutschland seltenen Synthese gleichzeitig Rechtswissenschaft, -praxis und -politik. Da dieses dreifache Engagement nicht mit Oberflächlichkeit erkauft wurde, erscheint sein hinterlassenes Lebenswerk schmal, während sein Wirken überaus breit und intensiv gewesen ist. Eine besondere Note liegt in den Spannungen, die sich aus L.s Sozialismus und Judentum im Kaiserreich Wilhelms II. ergaben. Nach seinem Tode schnell vergessen und heute zu Unrecht fast unbekannt, müssen sein Leben und Wirken großteils aus ungedruckten Quellen erschlossen werden.

    L. besuchte nach dem frühen Tod des Vaters trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage seit 1867 die Univ. München. Er studierte zunächst Philosophie, dann Jura (besonders bei A. Brinz und A. Geyer) und legte 1871 mit Bestnote die Schlußprüfung für den Staatsdienst ab. Nach Vorbereitungspraxis und Promotion Ende 1873 mußte er aus finanziellen Gründen zunächst praktisch arbeiten (u. a. bis 1875 als Sekretär der israelit. Kultusgemeinde) und kam erst 1877 zu Habilitation und Privatdozentur. 41 Jahre lang unterrichtete er dann an der Münchener Juristenfakultät, seit 1896 als o. Honorarprofessor. Gewiß nicht karrierefördernd war sein Eintritt in die Sozialdemokratische Partei (schon während des Sozialistengesetzes um 1880). Neben der Hochschultätigkeit stand seit 1880 die als Anwalt, die er seit 1886 in Assoziation mit M. Bernstein, später mit M. Prager und seinem Sohn Philipp ausübte. Bei ihm Praktikant zu sein, hieß „so ziemlich hier die feinste Anwaltschaft“ (L. Thoma) genießen. 1899-1911 gehörte er dem Vorstand der Anwaltskammer an.

    Zeitlebens, schon 1877 sichtbar in der Habilitationsschrift, fesselte L. die politische Seite des Rechts. Zur bis 1916 hochstreitigen Anerkennung der Arbeiterkoalitionen lieferte er 1890 und 1899 an zwei entscheidenden Wegmarken „epochemachende“ (H. Heinemann) Abhandlungen. In vernichtender dogmatischer Analyse und Kritik weist er darin Punkt für Punkt die gezielte Einseitigkeit und daher Ungerechtigkeit der „ausnahmsrechtlichen Behandlung des Arbeitsvertrages und des zugehörigen Koalitionsrechts“ in der großen Gewerbeordnungsnovelle vom 5.5.1890, dem „Entwurf eines Gesetzes zum Schutze des gewerblichen Arbeitsverhältnisses“ (sog. Zuchthausvorlage) vom 26.5.1899 und der zeitgenössischen Rechtsprechung nach.

    Neuen juristischen Fragen stellte er sich ebenso im Patent-, Namens- und Urheberrecht, das er geradezu „autoritativ beherrschte“ (Buhmann). Seine Vorlesungen erstreckten sich über alle juristischen Fächer außer Staats- und Verwaltungsrecht. Er las vor allem Röm. Rechtsgeschichte, Enzyklopädie, Röm. Privatrecht (mit damals noch seltenen Praktika), aber auch über das neue Strafrecht, Straf- und Zivilprozeß, Konkursrecht sowie Rechtsphilosophie. 1896 wandte er sich dem soeben verabschiedeten BGB zu, dessen Entwurf er schon erfolgreiche Kritik gewidmet hatte. Neben diesen regelmäßigen Themen bot er Handelsrecht, Vereinsrecht, Patent- und Sozialversicherungsrecht, letzteres erstmalig in München. Gerade in der Behandlung des geltenden Rechts und seiner Wachstumsspitzen ließen sich, seiner Neigung entsprechend, Wissenschaft, Praxis und Politik fruchtbar integrieren. L. verfügte gleich souverän über Pandektistik und Altertumskunde, die neuen Rechtsregeln und die Rechtspraxis und hatte einen scharfen Blick für das Soziale und Wirtschaftliche im Recht. Die Voraussetzungen seines Denkens und|Handelns liegen in juristischer Romanistik, Neukantianismus, Liberalismus, Sozialismus und Judentum. L. verkörpert eine wesentliche, zu Unrecht als bloß „positivistisch“ oder „sozialistisch“ bezeichnete juristische und allgemeine Strömung des späten 19. Jh. Die Treue zum positiven Recht bedeutete für ihn keinen juristischen oder politischen Ruhestand, sondern die Freisetzung der Jurisprudenz wie der Politik für ihre je eigene, arbeitsteilige Mitwirkung an der Verbesserung der menschlichen Zustände. Auf dem „liberalen“ Fundament einer sicheren und klaren lex lata entwickelte er das humane politische Engagement, das dem Gesetz auch die Zukunft sichert, indem es auf steten, „rein gesetzlichen Fortschritt“ (Ph. Loewenfeld) drängt. Diese Arbeitsteilung geriet bei anderen nicht selten sehr einseitig und wurde schon um 1906 im Zeichen der „Freirechtsschule“ nicht mehr verstanden. In L.s Einleitung zum berühmten Staudinger-Kommentar steht dazu eine schon „klassische“ (Buhmann), noch heute lesenswerte Kritik.

  • Werke

    u. a. Die selbst. Actio de in rem verso, Diss. München 1873;
    Zur Lehre v. d. sog. entgeltl. u. unentgeltl. Rechtsgeschäften, Habil.schr. ebd. 1877;
    Inästimabilität u. Honorierung d. artes liberales nach Röm. Recht, in: Festgabe J. W. Planck, 1887, S. 363-467;
    Über d. Dienst-, Werk- u. Auftragsvertrag nach d. Entwurf d. BGB, 1889;
    Kontraktbruch u. Koalitionsrecht im Hinblick auf d. Reform d. dt. Gewerbegesetzgebung, in: Archiv f. soz. Gesetzgebung 1890, S. 383-488;
    Rez. zu Lotmar, Angeborene Rechte, ebd., 1894, S. 321-37;
    Koalitionsrecht u. Strafrecht, ebd. 1899, S. 471-602;
    Einl. u. Kommentar zu §§ 1-89, in: Staudinger, Kommentar z. BGB, 11903 (S. 1-252) bis 1912 (S. 1-331);
    Bemerkungen z. Reform d. Patentrechts, 1914.

  • Literatur

    H. Heinemann, Referat üb. Koalitions- u. Strafrecht, in: Prot. d. Verhh. d. 8. Kongresses d. Gewerkschaften Dtld.s, 1911, S. 241-73;
    ders., in: Soz. Mhh. 1919, I, S. 206;
    Münchener Neueste Nachrr. v. 29.7.1918, S. 2 (z. 70. Geb.tag);
    Buhmann, in: Jur. Wochenschr. 1919, S. 65 f.;
    K. v. Amira, in: Chronik d. Univ. München 1919, 1927, S. 76 f.;
    A. Werner, Jüd. Juristen in München, in: H. Lamm, Von Juden in München, 1958, S. 325;
    R. Heinrich, 100 J. Rechtsanwaltskammer München, 1979;
    M. Richarz, Jüd. Leben in Dtld. II: Im Kaiserreich, 1979, S. 310-24 (aus Ph. Loewenfelds Memoiren). Qu.: Univ.archiv München;
    Nachlaß K. v. Amira (Bayer. Staatsbibl. München);
    Memoiren v. Philipp Loewenfeld (S) (Leo Baeck Inst., New York). - Zu B Leopold:
    Geistiges u. künstler. München in Selbstbiogrr., hrsg. v. W. Zils, 1923;
    Wi. 1922;
    Fischer (W).

  • Porträts

    Ölgem. (Leopold-Wenger-Inst. f. Rechtsgesch. d. Univ. München).

  • Autor/in

    Joachim Rückert
  • Zitierweise

    Rückert, Joachim, "Loewenfeld, Theodor" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 91-92 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11716898X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA