Lebensdaten
1863 – 1935
Geburtsort
Calbe/Saale
Sterbeort
Wernigerode (Harz)
Beruf/Funktion
Chirurg
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 102723842 | OGND | VIAF: 24997994
Namensvarianten
  • Krukenberg, Hermann

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Aus dem Register von NDB/ADB

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Krukenberg, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd102723842.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gustav (1821–1904), Justizrat, Kreisrichter in C., dann Rechtsanwalt u. Notar in Halle, S d. Peter (s. 1);
    M Sophie (1826–1904), T d. Mediziners Dietrich Georg v. Kieser ( 1862, s. NDB XI);
    B Georg (1855–99), Prof. d. Gynäkol. in Bonn (s. Fischer), Friedrich Ernst (1871–1946), Prof. d. Patholog. Anatomie in Marburg; Schwägerin Elsbeth K.-Conze (1867–1954, T d. Archäologen Alexander Conze, 1914, s. NDB III), Gründerin u. Leiterin d. Rhein.-westfäl. Frauenverbandes (s. Rhdb., P);
    - Zellerfeld 1897 Mathilde Nonne;
    1 T; N (S d. Georg) Gustav (s. Einl.), Hans Holfelder ( 1944), Chirurg u. Radiologe (s. NDB IX).

  • Biographie

    Nach dem Abitur 1882 in Halle studierte K. in Bonn, Heidelberg und Straßburg Medizin. Staatsexamen und Promotion zum Dr. med. bestand er in Bonn (Approbation 1887) und verbrachte hier seine ersten Assistentenjahre bei dem Chirurgen Trendelenburg. Die sich ihm bietende Gelegenheit zur Habilitation schlug er aus und siedelte 1888 zur internistisch-neurologischen Ausbildung zu Curschmann und Eisenlohr nach Hamburg-Eppendorf über. Zwei Jahre später wechselte er hier auf die Chirurgische Abteilung zu Max Schede. 1892 fuhr er als Schiffsarzt nach Südamerika und übernahm anschließend in Halle die Privatklinik des 1889 verstorbenen Ordinarius für Chirurgie Richard v. Volkmann. 1899 wurde er zum Ärztlichen Direktor der Städt. Krankenanstalten in Liegnitz und Chefarzt der Chirurgischen Abteilung bestellt. Aus freien Stücken entsagte er 1907 diesem Amt und leitete seitdem eine eigene Privatklinik in Elberfeld. Daneben widmete er sich der Malerei und Bildhauerkunst, auch trieb er physiognomische Studien. Bei Ausbruch des 1. Weltkriegs meldete sich der 50jährige freiwillig und arbeitete als „ziviler Feldarzt im höheren Sanitätsdienst“ bis zum Zusammenbruch in Feld- und Kriegslazaretten an allen Fronten, während er seine Klinik dem Roten Kreuz zur Verfügung gestellt hatte. Danach nahm er seine Tätigkeit in Elberfeld wieder auf. Wenige Jahre vor seinem Tod zog er sich nach Wernigerode zurück.

    K.s Weg führte von der Chirurgie zur Orthopädie. Schon in jungen Jahren kam er durch die Erfindung von Pendelapparaten zur Mobilisierung versteifter Gelenke mit der Medicomechanik in Berührung, wobei er Gymnastik, Massage und Redressionsbehandlung systematisch für die orthopädischen Leiden nutzbar machte. Als Vorkämpfer einer gesetzlich verankerten Krüppelfürsorge befaßte er sich mit den Verformungen der Wirbelsäule, der „angeborenen“ Hüftluxation, den Geburtslähmungen, jugendlichen Aufbaustörungen und Belastungsdeformitäten. Auf operativem Gebiet erfand er eine Reihe origineller Eingriffe, die in der orthopädischen Wiederherstellungschirurgie heute noch Anwendung finden.

    Berühmt aber wurde K. durch seine „Vorderarmamputationsplastik“, die er am 4.9.1916 nach mehrfachen Voroperationen an der Leiche erstmals an einem Soldaten vornahm, der durch Granatsplitter beide Hände verloren hatte. Durch Spaltung der restlichen Elle und Speiche und Mobilisierung des|Ellen-Speichen-Gelenks schuf er einen zangenartigen Greifarm, dessen Branchen bestimmte Muskeln als Zangenöffner und -schließer zugeordnet waren. Die Speiche deckte er mit der Unterarmhaut, die Elle mit einem Bauchhautlappen. Der „Krukenbergsche Greifarm“ bietet den Ohnhändern ein Greiforgan mit eigener Haut und eigenem Gefühl ohne prothetische Hilfen und gibt ihnen so ihre Unabhängigkeit in den alltäglichen Verrichtungen zurück. Bei gezielten Übungen mit und ohne zusätzliche Hilfsmittel befähigt er selbst zu komplizierten Bewegungsakten und damit zu vollwertiger beruflicher Arbeit. – Das Verfahren ist erst im 2. Weltkrieg voll eingesetzt worden. Daß ihm aber K. wegen seiner methodischen Unfertigkeit oder mangelhafter gymnastischer Vor- und Nachbehandlung im und nach dem 1. Weltkrieg den Weg nicht hätte bahnen können, ist eine zäh festgehaltene Legende. Vielmehr verhinderte Georg Schlesinger, Leiter der „Prüfstelle für Ersatzglieder“ in der Medizinalabteilung des Kriegsministeriums und Professor für Werkzeugmaschinen an der TH Berlin, aus nicht uneigennützigen Gründen die Konstruktion einer zusätzlichen Hilfsprothese, als K. deshalb nach Berlin kommandiert wurde. Auch wußte jener Sanitätsoffiziere dieser Abteilung gegen den Prothesenbau einzunehmen, so daß vom Sanitätsamt in Münster das Operationsverfahren mit der Begründung verboten wurde, es sei dafür keine passende Prothese zu beschaffen. Nach einer erfolglosen Beschwerde blieb K. nur der Weg, sich schriftlich in so provokanter Form zu wehren, daß das Kriegsministerium gegen ihn einen Prozeß anstrengen mußte, den er unter Aufhebung des Verbots in der 1. Jahreshälfte 1918 gewann. Otto Biesalski berichtete bereits im Sept. 1918 auf dem Orthopädenkongreß in Wien, daß die nach K.s Methode Operierten „reiten, mähen, harken und viele Kraftleistungen ausführen“. Obwohl K. 1917 auch die zusätzliche Prothese in den Werkstätten seiner eigenen Klinik in Elberfeld fertiggestellt hatte, beeinträchtigte die Prozeßdauer den weiteren Ausbau der Methode, und der Makel des Verbots bestimmte manchen Operateur auf lange Zeit zur Zurückhaltung. Dennoch: „Der Greifarm war die genialste chirurgische Leistung während des Krieges“ (Kümmel).|

  • Auszeichnungen

    Ehrenmitgl. d. Dt. Orthopäd. Ges. (1934).

  • Werke

    Die Orthopäd. Weltlit., hrsg. v. A. Blencke u. H. Gocht, 1936, I, S. 9, 27, 52, 72, 117, 206, 247, 310;
    II, S. 57, 211, 308, 355, 381, 421, 496, 531;
    III, hrsg. v. E. Witte, 1938, S. 10, 196, 562, 830;
    Lehrb. d. mechan. Heilmethoden, 1896;
    Mechan. Behandlung d. Deformitäten, I Massage, II Gymnastik, III Redressierende Manipulationen, in: Hdb. d. Orthopäd. Chirurgie, hrsg. v. G. Joachimsthal, I, 1, 1905-07, S. 153-208;
    Der Gesichtsausdruck d. Menschen, 1913, ⁴1923;
    Die plast. Umwertung v. Armamputationsstümpfen, Erlebnisse u. Bekenntnisse e. dt. Arztes, Selbstbiogr. (ungedr.;
    im Bes. v. Frau Renate Schöttler-Krukenberg).

  • Literatur

    P. Bade, Die Gesch. d. Dt. Orthopäd. Ges. (bis 1936), 1939, S. 178 f., 309, 320 f.;
    P. Pitzen, Die Gesch. d. Dt. Orthopäd. Ges. v. d. Königsberger Tagung 1936 b. z. 50. Kongreß in München 1962, 1963, S. 110 f., 113;
    W. Rieck, H. K. als Schiffsarzt 1892, in: Cesra Säule, H. 11/12, 1960, S. 338-40;
    Dt. Chirurgenkal., 2. Aufl., Erg.-H., 1926, S. 183;
    G. A. Wollenberg, in: Zs. f. orthopäd. Chirurgie 60, 1934 (P);
    Reallex. d. Med. u. ihrer Grenzgebiete IV, 1971, K 251 f.;
    Allg. u. Spezielle Chirurg. Operationslehre, ²hrsg. v. N. Guleke u. R. Zenker, X, W. Wachsmuth, Die Operationen an d. Extremitäten, T. 1, S. 575-83 (W S. 615 f.), T. 2, S. 191, 543 (W S. 569), S. 574 (W S. 585);
    M. Lange, Orthopäd. Chirurg. Operationslehre, 1951, S. 347-52;
    G. Hohmann, M. Hackenbroch u. K. Lindemann, Hdb. d. Orthopädie I, 1957, S. 1173, II, 1958, S. 310 f., 327 f., III, 1959, S. 63, 635-37, IV, 1961, S. 101, 368 f., 371;
    G. Finger, Nachunterss. an 140 Krukenberg-Greifarmen bei Ohnhändern, in: Wehrdienst u. Gesundheit VII, 1963.

  • Autor/in

    Markwart Michler
  • Zitierweise

    Michler, Markwart, "Krukenberg, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 119-120 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102723842.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA