Lebensdaten
1494 – 1552
Geburtsort
Ettlingen (Baden)
Sterbeort
Straßburg (an der Pest)
Beruf/Funktion
reformierter Theologe
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118547615 | OGND | VIAF: 37708208
Namensvarianten
  • Heyd, Kaspar
  • Bock, Kaspar
  • Böckel, Kaspar
  • mehr

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Hedio, Kaspar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118547615.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus wohlhabender Fam.;
    30.5.1524 Margarete, T d. Gärtners Trenz.

  • Biographie

    H. besuchte die Lateinschule in Pforzheim, studierte seit 1513 in Freiburg/Br. und wurde Magister artium; seit 1518 in Basel, wo er|sich besonders an Wolfgang Capito anschloß, wurde er unter dessen Vorsitz zum Licentiat theol. promoviert. Bei dieser Gelegenheit verteidigte er 24 Thesen über die Eigenschaften Gottes. Durch Capitos Vermittlung wurde H. mit Zwingli bekannt und besuchte diesen in Einsiedeln; Zwinglis Predigt beeindruckte ihn stark. In Basel wurde H. zuerst Vikar an Sankt Theodor, dann Kaplan an Sankt Martin. In dieser Zeit knüpfte er Verbindung mit Luther an und schickte ihm am 23.6.1520 einen begeisterten Brief. Als Capito in Mainz wirkte, nahm H. auch einen Ruf dorthin an. In Mainz promovierte er zum Dr. theol., wurde dann Capitos Nachfolger als geistlicher Rat bei Kurfürst Albrecht, folgte aber 1523 seinem Freund nach Straßburg, als ihm das Domkapitel die Stelle eines Münsterpredigers anbot.

    In Straßburg befreundete sich H. mit Matthäus Zell und Martin Bucer. In den Jahren der beginnenden Reformation war er der beliebteste Prediger. Seine Münstergemeinde hing ihm in Achtung und großer Liebe an. H. wandte sich mit einigen volkstümlichen Schriften an die Öffentlichkeit, griff in den Kampf mit Konrad Treger ein und beteiligte sich an den gemeinsamen Unternehmungen der Reformatoren. 1529 gehörte er der Straßburger Delegation zum Marburger Religionsgespräch an und verfaßte einen tagebuchartig, mit großer Sorgfalt geführten Reisebericht. Dieser enthält viele Einzelheiten, die in anderen Berichten über das Marburger Religionsgespräch fehlen. Bezüglich der theologischen Dispute trägt es geradezu den Charakter eines Protokolls. Das Schriftstück, das erst 1881 veröffentlicht wurde, zeigt, daß dem Verfasser sehr an genauer Wiedergabe gelegen war. Auf der Straßburger Synode von 1533 trat er mehrfach hervor und unterstützte Bucer gegen die Schwärmer. Bucers Schrift gegen die Münsterischen Täufer trägt auch seine Unterschrift. 1537 gab er Predigtsummarien zu den Perikopen heraus. An der Straßburger Akademie las er über das Neue Testament und über die Kirchenväter und hielt auch historische Vorlesungen. 1540/41 entsandte ihn der Rat zu den Religionsgesprächen nach Worms und Regensburg. Als Hermann von Wied 1542/43 die Reformation in Köln einzuführen versuchte, berief er ihn zu Bucers Unterstützung dorthin. Nur ungern hatte ihn der Straßburger Rat beurlaubt. Mehrere Monate wirkte H. in Bonn. Sein Anteil am Reformationswerk „Einfältiges Bedenken“ ist nicht mehr festzustellen. Melanchthon schrieb ihm ein Vorwort zur deutschen Übersetzung von Cuspinians Chronik, die H. dem Kurfürsten widmete. Seine historischen Arbeiten verschafften ihm großes Ansehen. Der Einführung des Interims in Straßburg widersetzte sich H., der nach dem Fortgang Bucers Präsident des Kirchenkonvents geworden war. Schließlich verzichtete er auf sein Amt als Münsterprediger, als er genötigt werden sollte, im Chorrock zu predigen. Seit 1549 predigte er nur noch in der den Evangelischen überlassenen Kirche des Dominikanerklosters. Die alten Straßburger sahen ihn weiterhin als ihren Seelsorger an.

  • Werke

    Briefl. Nachlaß im Thesaurus Baumianus (Straßburg, Bibl. Nat.).

  • Literatur

    ADB XI;
    Ch. Spindler, Hédion, Essai biographique et litteraire, Straßburg 1864;
    A. Erichson, Straßburger Btrr. z. Gesch. d. Marburger Rel.-gesprächs I, H.s Itinerarium, in: Zs. f. KG 4, 1881, S. 414-36;
    E. Himmelheber, C. H., Ein Lb., 1881;
    A. Erichson, Das theol. Studienstift Collegium Wilhelmitanum zu Straßburg (1544–1894), 1894;
    C. Varrentrapp, Brants Beschreibung v. Dtld. u. ihre Veröff. durch C. H., in: ZGORh 11, 1896, S. 288-308;
    J. Adam, Versuch e. Bibliogr. K. H.s, ebd. NF 31, 1916, S. 424-29;
    ders., KG d. Stadt Straßburg, Straßburg 1922;
    Hss.proben d. 16. Jh., ed. v. J. Ficker u. O. Winkelmann, 1902;
    W. Gunzert, Kleine Btrr. z. Gesch. d. Gfsch. Hanau-Lichtenberg, Briefe Bucers u. H.s an Gf. Philipp IV., in: Elsaß-lothring. Jb. 19, 1941, S. 129-48;
    W. Köhler, Zwingli u. Luther II, 1953;
    Qu. z. Gesch. d. Täufer, Bd. 7 u. 8: Elsaß, hrsg. v. M. Krebs u. H. G. Rott, 1960/61;
    M. Bucers Dt. Schrr., Bd. 1, 2, 7, hrsg. v. R. Stupperich, 1960/64;
    PRE;
    RGG³.

  • Porträts

    Kupf. v. T. de Bry (Coburg);
    Silberstiflzeichnung v. H. Baldung, 1543 (Karlsruhe, Kupf.kab.), Abb. in: W. Köhler, Das Buch d. Ref. Huldrych Zwinglis, 1926.

  • Autor/in

    Robert Stupperich
  • Zitierweise

    Stupperich, Robert, "Hedio, Kaspar" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 188-189 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118547615.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hedio: Kaspar H. (Heid), Theologe und Mitbegründer der Reformation in Straßburg, geboren 1494 in Ettlingen in Baden, wurde 1518 in Freiburg zum Magister, 1519 in Basel zum Licentiaten der Theologie befördert, an welchen Hochschulen er studirt hatte. In Basel gewann er Capito, in Einsiedeln Zwingli, den er predigen hörte und mit dem er bis zu dessen Tode correspondirte, zwei ältere Männer, zu Freunden; der Eifer, womit er sich der Verbreitung der lutherischen Schriften annahm, brachte ihn zu den Wittenberger Reformatoren in nahe Beziehung. Nach kurzer Thätigkeit als Caplan und akademischer Docent in Basel wurde er auf Betrieb Capito's, der seit 1520 die Stelle eines Hofpredigers und geistlichen Rathes am kurfürstlichen Hofe Cardinal Albrechts bekleidete, gleichfalls nach Mainz berufen, erwarb hier den Doctorgrad der Theologie und wurde nach Capito's Rückkehr nach Straßburg im Frühjahr 1523 dessen Nachfolger als Hofprediger. Im Herbste desselben Jahres erfolgte seine Berufung als Domprediger in Straßburg; da aber auch Capito sich auf diese Stelle Rechnung gemacht hatte, wurde das Verhältniß der beiden Freunde getrübt, zumal sich H. nun um so enger an den Juristen und Humanisten Nicolaus Gerbel anschloß, der, ein entschiedener Lutheraner, den Zwischenträger zwischen Straßburg und Wittenberg abgab und Luther's altes Mißtrauen gegen den vermeintlichen Fürstendiener Capito nährte. Trotz dieser Verstimmungen konnte sich H. nicht von den ersten Begründern des Reformationswerkes in Straßburg trennen, sondern unterstützte mit Treue Zell, Capito und Bucer. Schon diese persönliche Stellung, in welcher er zu den divergirenden Richtungen stand, bezeichnet ihn als friedfertigen Vermittler. Dem entsprach sein Wirten. Mit den Straßburgern und Schweizern ist auch er 1529 nach Marburg zum Religionsgespräche gezogen, mit Bucer und Melanchthon hat er gemeinsam an der Kölner Reformation 1543 gearbeitet, aber an dem leidenschaftlich geführten Abendmahlsstreit hat er ebenso wenig Theil genommen, als an der diplomatischen Transaction, durch welche vornehmlich Bucer denselben zu beschwichtigen suchte. Seinen eignen Standpunkt in dieser Frage hat er 1534 in einem Briefe an den Memminger Prädicanten Franz Irenicus in dem Geständnisse dargelegt: es sei gefährlich über göttliche Dinge zu streiten; man solle die Einsetzungsworte der Schrift gläubig annehmen und nicht Fragen erörtern, über welche die Apostel selbst nur mit der größten Zurückhaltung sprächen. H. war vor allem praktischer Theologe: als Prediger zeichnete er sich in einer stürmischen Zeit durch eine Sanftmuth und Anmuth aus, die ihm alle Herzen gewann und seine Predigten zu den besuchtesten der ganzen Stadt machte. Wenn es nichtsdestoweniger die Synode 1533 rügte, daß er sich auf der Kanzel bisweilen allzuscharfer Ausdrücke bediene, so beweist diese Ausstellung nur, daß er trotz seiner Mäßigung an den kirchlichen Schäden des Gemeindelebens nicht gleichgültig vorüberging. Mit dem trefflichen Johannes Sturm nahm er sich des Schulwesens thätig an und hat zu dessen Blüthe wesentlich beigetragen. Mit Vorliebe betheiligte er sich an den Vorlesungen, welche von Capito und Bucer zur Heranbildung junger evangelischer Geistlicher gehalten wurden und die später in das Thomasstift verlegt die Wurzel bildeten, aus denen die Straßburger Hochschule erwuchs. Die litterarische Frucht dieser Thätigkeit sind die von ihm herausgegebenen „Praelectiones“ über das 8. Capitel des Evangeliums Johannis und den Römerbrief. Seinen Bemühungen verdankte Straßburg die Verwendung des eingezogenen Wilhelmsklosters zu einem Studienstifte, in welchem arme Gymnasiasten und Studenten|freie Wohnung und Verköstigung fanden. Mit derselben Hingebung unterzog er sich überhaupt der Armenpflege, deren Organisation in Straßburg vornehmlich sein Verdienst war. Der Abend seines Lebens wurde ihm vielfach verkümmert. In Capito, der im October 1541 der Pest erlag, brach ein starker Pfeiler der Kirche, 1548 schied auch der alte Zell von seiner zeitlichen Arbeit, das Interim traf die Ueberlebenden mit hartem Schlag: Bucer flüchtete verbannt nach England und starb am 28. Februar 1551, H. büßte seine Weigerung das Chorhemd anzulegen mit dem Verluste seiner Dompredigerstelle und mußte sich mit der Nachmittagspredigt in der Neuen Kirche begnügen — aber seine Kräfte waren gealtert, einsam stand er unter einem jüngeren Geschlechte, der letzte Repräsentant von Straßburgs glanzvollen Erinnerungen im 16. Jahrhundert: am 17. October 1552 fiel auch er der Pest zum Opfer in Folge der Anstrengungen, die er sich an den Krankenbetten zugemuthet hatte, tiefbedauert von den Besten seiner Zeit, die in ihm einen unersetzlichen Zeugen der Wahrheit geehrt hatten. Litterarisch hat sich H. bethätigt durch seine Uebersetzung der Kirchengeschichte des Eusebius, sowie einiger Tractate des Augustin, Ambrosius und Chrysostomus, die er zur Belehrung der Gemeinde ausgearbeitet, ferner durch seine Ausgabe des „Chronicon Urspergense“, das er von 1230—1537 fortgeführt, und durch sein „Chronicon Germanicum oder Beschreibung aller alten christlichen Kirchen“ bis 1545. Am 30. Mai 1524 hatte er sich mit einer Straßburger Gärtnerstochter Margaretha Dreeß verheirathet.

    • Literatur

      Spindler, Hedion. Straßburger Diss. 1864. — Himmelheber, Hedion (Abdruck aus den Studien der evangelischen Geistl. Badens). Karlsruhe 1881.

  • Autor/in

    Steitz.
  • Zitierweise

    Steitz, "Hedio, Kaspar" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 223-224 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118547615.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA