Lebensdaten
um 1470 – 1540
Geburtsort
Meersburg am Bodensee
Sterbeort
Frankfurt/Oder
Beruf/Funktion
Polyhistor ; Mathematiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119736306 | OGND | VIAF: 67282423
Namensvarianten
  • Lacher, Ambrosius

Quellen(nachweise)

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Lacher, Ambrosius, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119736306.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hans, 1494 Pfleger d. Hl. Geist-Spitals, 1514 Bürger zu M.;
    M N. N.; ledig.

  • Biographie

    Zum Sommer 1516 verzeichnet die Univ. Frankfurt/Oder L. als ihren Universitätsrektor. Er hatte die Universitäten Basel, Leipzig (seit 1488) und Wittenberg (1504 Magister artium) besucht, in Leipzig doziert und war vom Gründungskanzler der 1506 eröffneten Frankfurter Universität, Bischof Dietrich v. Bülow, als erster Ordinarius der Mathematik, deren Lektur nach scholastischer Übung die Astronomie nebst Astrologie und die Musiktheorie einschloß, berufen worden. 1522 erhielt er noch das Lizentiat der Medizin. 34 Jahre lang beherrschte L. als öffentlicher Universitätslehrer die Gebiete der exakten Wissenschaften in Frankfurt. Ihm war die erste große Blüte der mathematischen Fächer zu verdanken. Über die von ihm vertretenen Fächer vermochte der dem enzyklopädischen Bildungsstreben des Humanismus zugeneigte L. Einfluß in humanistischem Sinne auf die scholastische|Universität zu nehmen. Durch seine Schriften und seinen stattlichen Schülerkreis konnte er nachhaltig auf das Kalenderwesen und das Rechnungswesen allgemein über Nord- und Ostdeutschland hinaus einwirken. Die 1510 beginnende nordostdeutsche Kalenderdrucktradition stand in ursächlichem Zusammenhang mit L. und späterhin mit David Origanus (1586–1629). Sein Schüler Jodocus Willich setzte L.s Vorlesungen über ausgewählte Kapitel aus der Astronomie und die Einführung in die Kenntnis des Himmelsglobus und die Einrichtung und den Gebrauch astronomischer Instrumente an der Frankfurter Universität fort.

    L. unterhielt in Frankfurt eine eigene, typographisch gute Hausdruckerei, aus der für die Jahre 1506-11 acht Werke überliefert sind, von denen fünf mathematischen, astronomischen und musiktheoretischen Charakters von ihm auf eigene Kosten für seine Vorlesungen herausgegeben und hergestellt wurden, um den großen Mangel an Quellentexten zu beheben. Bei den für Lehrplan und Studiengang wichtigen Drucken handelt es sich um die vier ersten Bücher von Euklids Elementa mit dem Kommentar Campanis (1506), um des Alcabitius Einführung in die Astrologie, die Arithmetica Muris' und des Muris Musiktraktat nach Boethius (1508) und schließlich die von L. selbst herrührenden, mehr astrologischen als astronomischen „Tabulae resolutae de motibus planetarum“ (1511), die sich, in Text und Tafeln eingeteilt, für das Astronomische an Joh. Regiomontans „Tabulae directionum“ hielten. Der Praxis dienton seine Wiederauflage von Conrad Swestermullners „Pestregiment“, das fälschlich als erster Berliner Druck angesprochen wurde (Haebler), und das eigene Büchlein über das kaufmännische Rechnungswesen, das zu Leipzig 1510 und zu Krakau neu aufgelegt wurde. Conrad Baumgardt druckte 1507 für L. – ebenfalls für Vorlesungszwecke – den von diesem gereinigten Text des „Liber theoricarum planetarum“ Georg Peuerbachs. Mit seiner frühen Privatdruckerei gehörte L. zu jenem kleinen, doch aktiven Kreis von aufgeschlossenen humanistischen Gelehrten, die die Druckkunst unmittelbar zur Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse selbst nutzten.

  • Literatur

    ADB 17;
    Caleb Trygophorus, Oratio saecularis, 1606 (zur Erstjh.feier d. Viadrina);
    M. Hostus, De vita, Studijs, Scriptis ac morte Iodoci Willichii …, 1607;
    J. Ch. Beckmann, Notitia Vniversitatis Francofurtanae, 1707;
    G. Bauch, Die Anfänge d. Univ. Frankfurt a. O., 1506–40, 1900, S. 94-96 u. ö.;
    H. Grimm, Altfrankfurter Buchschätze aus d. Zeit vor d. 30j. Kriege, 1940, S. 20-22, 27;
    ders., Meister d. Renaissancemusik an d. Viadrina, 1942, S. 24, 48, 58 u. ö.;
    ders., Die Holzschnitt-Ill. in d. Drucken aus d. Univ.stadt Frankfurt a. d. Oder bis z. J. 1528, 1958, S. 15-19 (Abb.);
    ders., Die Matrikel d. Univ. Frankfurt/O. a. d. Jahren 1506-1648 als urkundl. Quelle f. d. Gesch. d. Buchwesens, in: Archiv f. Gesch. d. Buchwesens 3, 1960, S. 390-511;
    K. Haebler, Aus d. ersten Zeiten d. Berliner Buchdrucks, in: Festschr. d. Kgl. Bibl. Berlin z. Jh.feier d. Univ., 1910, S. 1-29;
    J. Collijn, Nordisk Tidskrift for bok- och biblioteksväsen 12, 1925, S. 179-87;
    Benzing, Buchdrucker;
    Pogg I.

  • Autor/in

    Heinrich Grimm
  • Zitierweise

    Grimm, Heinrich, "Lacher, Ambrosius" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 367-368 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119736306.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Lacher: Ambrosius L., aus Meersburg am Bodensee, der erste Professor der Mathematik an der 1506 gegründeten Universität zu Frankfurt a. d. O., daselbst 1540. Sein Name wird selten genannt, da die lateinischen Lehrbücher, welche er zum Gebrauch seiner Vorlesungen auf eigene Kosten drucken ließ (Frankfurt 1506—11 in 4°), nur hier und da noch zu sinken sind (königl. Bibliothek zu Berlin, Breslau). Aber obwol L. wesentlich nur das bereits vorgefundene Material methodisch bearbeitete, so war er es doch, welcher das gegen Ende des 15. Jahrhunderts von Wien aus über Deutschland sich verbreitende Interesse für die mathematischen Studien auch an die junge märkische Universität verpflanzte, woselbst sie über ein Jahrhundert lang mit Vorliebe gepflegt wurden. Dabei zeigt L. eine bemerkenswerthe Vielseitigkeit, sofern seine Compendien sich über die vier, unter dem Namen Quadrivium zusammengefaßten Zweige der Mathematik verbreiten. Zuerst erschien seine Bearbeitung der vier ersten Bücher des Euklid (mit mathematischen Figuren am Rande) nach der von Campanus commentirten lateinischen Ausgabe der Elemente, Venedig 1482. Sodann folgte der „Algorithmus mercatorum“, ein Lehrbuch der Positionsarithmetik, welches in der Behandlung der Grundoperationen, selbst in der Wahl der Beispiele, dem Algorithmus des Georg v. Peuerbach gleicht (eine Inhaltsangabe des letzteren bei Schmid, Encyklopädie des Unterrichtswesens, Art. Rechnen, von Wildermuth, Bd. VI. S. 731, 1. Aufl.), aber noch die Regel de tri und Bruchrechnung, Gewichts- und Münztabellen, sowie Beispiele des kaufmännischen Rechnens hinzufügt. Neben diesem, der indisch-arabischen Rechenmethode folgenden Lehrbuch verfaßte L. aber noch eine Arithmetica nach dem auf Boetius basirenden, damals handschriftlich weit verbreiteten Handbuch des Joh. de Muris, und auf diese beiden Gewährsmänner stützt sich dann auch seine „Epitome musicae“, während die „Tabule resolute de motibus Planetarum aliorumque supercelestium mobilium jam de novo extracte castigate atque revise“ nebst vorangeschickter Anweisung zu ihrem Gebrauche sich an die Arbeiten des Joh. Regiomontanus anschließen.

    • Literatur

      Vgl. Becmanus in der Notitia univers., Francof. 1706, fol. 48 u. 271 und die (nicht ganz correcten) Angaben bei Friedländer, Das erste Decennium der Typographie in Frankfurt a. d. O. (Märkische Forschungen. II. 1843, S. 23 ff.).

  • Autor/in

    R. Schwarze.
  • Zitierweise

    Schwarze, R., "Lacher, Ambrosius" in: Allgemeine Deutsche Biographie 17 (1883), S. 467 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119736306.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA