Lebensdaten
1863 – 1917
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Philosoph ; Nationalökonom
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 116514809 | OGND | VIAF: 62302129
Namensvarianten
  • Kreibig, Josef Klemens
  • Kreibig, Josef Clemens
  • Kreibig, Jos. Klem.
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Zitierweise

Kreibig, Josef Klemens, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116514809.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joseph, Staatsbahnbeamter;
    M Sophie Hermann;
    Halb-B Hermann Jul. Hermann (1869–1953), 1. Dir. d. Kunsthist. Mus. in W. (s. Teichl, 1951, W);
    - 1897 Friederike Scherer.

  • Biographie

    K. absolvierte 1882 die Wiener Handelsakademie und studierte 1883-90 in Wien, danach in Innsbruck Philosophie. 1891 legte er die Gymnasialmaturitätsprüfung ab, 1893 promovierte er, 1898 habilitierte er sich im Fache Philosophie in Wien. K. wurde 1891 Professor für Nationalökonomie und Arithmetik an der Handelsakademie in Innsbruck, 1894 an der Handelsakademie in Wien. 1906 wurde er Direktor der Handelsakademie in Graz, 1907 Referent für das deutsche Handelsschulwesen im Wiener Unterrichtsministerium. 1898-1906 nahm er eine Privatdozentur, seit 1914 eine außerordentlich Professur für Philosophie und Psychologie an der Universität Wien wahr.

    Das Hauptinteresse K.s gilt der Wissenschaftstheorie. Drei Fragen stehen im Zentrum seines philosophischen Denkens: die nach dem Wesen der Philosophie, die nach dem Wesen der Einzelwissenschaften und die nach dem Verhältnis der Philosophie zu den Einzelwissenschaften. Er setzt sich hierbei mit dem „Psychologismus“ seiner Zeit auseinander, den er nach anfänglicher Zustimmung – vor allem unter dem Einfluß Bolzanos, Brentanos, Meinongs und Husserls – dann immer entschiedener ablehnt. K. strebt letztlich die Emanzipation vom Psychologismus an, wenn auch die frühen Arbeiten (vor allem auf dem Gebiete der philosophischen Ethik), die K. als Anhänger des Psychologismus erscheinen lassen, einen breiten Raum in seinem Schaffen einnehmen. Der Bruch in K.s Denken hat zu erheblichen Mißverständnissen und Fehldeutungen geführt (vergleiche(nd) Gurvitch). In der „Psychologischen Grundlegung eines Systems der Wert-Theorie“ (1902) hat K. das Wesen des ethischen Wertes psychologistisch bestimmt und es nur in den „gefühlsmäßigen Bedeutungen“ gesehen. „Wert“ sei ausschließlich subjektiver Natur; objektive Werte werden geleugnet. Dem steht die Lehre vom „objektiven Wert“ aus dem Jahre 1912 entgegen. Eine Kontinuität besteht jedoch hinsichtlich der Definition der Philosophie und ihres Verhältnisses zu den Einzelwissenschaften. Schon in der Schrift von 1902 vertritt K. die These, daß die Philosophie die Ergebnisse der Einzelwissenschaften „zu einem einheitlichen Weltbilde“ vereinige. Die Philosophie bedürfe zwar des partikularwissenschaftlichen Tatsachenmaterials, sei also – im Gegensatz zu Kant – keineswegs eine erfahrungsunabhängige, apriorische, reine Vernunftwissenschaft. Die Einzelwissenschaften mündeten nicht nur einseitig auf induktivem Weg in die Philosophie als höchstem Punkt des Wissens ein; es gelte umgekehrt auch die „heuristische Rückwirkung“ der Philosophie auf die Einzelwissenschaften. Mit dieser Konzeption will K. dem Versuch begegnen, die Philosophie zu einer Partikularwissenschaft zu degradieren.

    Das „antipsychologistische“ Programm der K.schen Philosophie spannt sich von der auf Brentano und Meinong zurückgehenden „Gegenstandstheorie“ bis zur „Phänomenologie“ Husserls. Ähnlich wie in Brentanos Theorie der „Bedeutungsintention“, in Husserls Theorie der „Noemata“ (Wesenheit, Bedeutung) und in Meinongs Lehre über das, was aus der „Natur“ eines Gegenstandes a priori erkannt werden kann, geht es K. um die Frage nach der Selbständigkeit von Sinngebilden (Gegenständen). Dabei ist für ihn ohne Belang, ob dieser Gegenstand möglich oder unmöglich, wirklich oder unwirklich ist, da er unterscheidet zwischen „Gegenstand“ und „Wirklichkeit“: Das, was gemessen an der empirisch-psychologischen Wirklichkeit als unmöglich gilt, kann dennoch als „Gegenstand“ möglich und wahr sein, etwa in der Mathematik. Dieser antipsychologistische Standpunkt der K.schen Philosophie spricht sich besonders deutlich in der Abhandlung von 1914 über „Die jüngste Wendung im philosophischen Denken“ aus. Das „Apriori“ wird hier zum zentralen Begriff: Es ist in der Natur des beurteilten Gegenstandesbegründet und hängt nicht vom urteilenden Subjekt ab, auch nicht von der Frage der Existenz des Gegenstandes (im Gegensatz zu Kant).|

  • Auszeichnungen

    Die Bedeutung der K.schen Philosophie liegt darin, den Versuch unternommen zu haben, den Psychologismus zu überwinden und dadurch die Forderung Nietzsches, die Psychologie als den einzigen Weg zu den Grundproblemen anzusehen, in Frage gestellt zu haben.

  • Werke

    Weitere W Epikur, Seine Persönlichkeit u. s. Lehre, 1886;
    Gesch. u. Kritik d. ethischen Skeptizismus, 1896;
    Die Aufmerksamkeit als Willenserscheinung, 1897;
    Unser Währungs- u. Münzwesen während d. letzten 50 J., 1899;
    Bilanz u. Steuer, 1900 (mit R. Reisch);
    Die fünf Sinne d. Menschen, 1901, ³1917;
    Über staatl. Institutionen f. Lebens- u. Rentenversicherung, in: Jberr. d. Wiener Handels-Ak., 1901;
    Die Kontokorrentlehre, 1904;
    Lehrb. d. kaufmänn. Arithmetik f. vierklassige höhere Handelslehranstalten, 1907;
    Die intellektuellen Funktionen, Unterss. üb. Grenzfragen d. Logik, Psychol. u. Erkenntnistheorie, 1909;
    Über Wahrnehmung, 1911;
    Über d. Begriff d. „objektiven Wertes“, in: Archiv f. systemat. Philos. 18, 1912;
    Btrr. z. Psychol. u. Logik d. Frage, 1914;
    Die jüngste Wendung im phil. Denken u. d. Päd., in: Zs. f. päd. Psychol., 1914;
    Gedanken üb. Moral u. Krieg, 1915;
    Über d. Quantität d. Urteils, in: SB d. Ak. d. Wiss. in Wien 190, 1919.

  • Literatur

    H. Schmidkunz, in: Kantstud. 23, 1918;
    G. Gurvitch, Morale théorique et science des moeurs, 1948;
    Überweg IV;
    Ziegenfuß;
    ÖBL.

  • Porträts

    in: Jber. d. K. K. Handelsak. Graz, 1917/18.

  • Autor/in

    Friedbert Holz
  • Zitierweise

    Holz, Friedbert, "Kreibig, Josef Klemens" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 734-736 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116514809.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA