Lebensdaten
1889 – 1942
Geburtsort
Prag
Sterbeort
Konzentrationslager Lodz
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118565494 | OGND | VIAF: 2518478
Namensvarianten
  • Kornfeld, Paul
  • Cornfeld, Paul

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Zitierweise

Kornfeld, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118565494.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Moriz (1852–1934), Bes. e. Spinnerei u. Färberei in P.;
    M Emilie Braun;
    1916 ( 1927) Fritta Brod (* 1896), aus P., Schauspielerin.

  • Biographie

    K. besuchte das Prager Gymnasium in der Stephansgasse. Nach dem Abitur führte er ein typisches Literatenleben im Freundeskreis von Max Brod, Werfel, Kafka, Oskar Baum und einigen, von ihm besonders geschätzten tschechischen Dichtern. Einflüsse der östlich-mystischen Geistesart Prags, auch des jüdisch-chassidischen Wunderglaubens sind besonders in seiner tiefsinnigen Erzählung „Legende“ (1917, ²1920) und seinem „Gebet um Wunder“ (1920) spürbar. In jener Zeit war K. stark dem Okkulten zugeneigt und wirkte häufig an spiritistischen Sitzungen mit, was er später (1926) in seiner Komödie „Kilian oder Die gelbe Rose“ ironisierte. Wie Kafka war auch der junge K. von Leidens- und Schmerzgefühlen intensiv heimgesucht, ein Hauptmotiv seiner frühen Werke. So treibt in seinem ersten großen Drama „Die Verführung“ (geschrieben 1913, gedruckt 1916, ⁵1921) das Leiden an der Seelenlosigkeit der Welt den Helden Bitterlich in den Tod. Durch dieses Drama gehört K. zu den Gründern des literarischen Expressionismus. Seine Protesthaltung gegen den materiellen Geschäftssinn der Zeit, gegen den bloß psyohologisierenden Naturalismus in der Kunst, gegen ein Leben ohne höhere Ideale und sein leidenschaftlicher Einsatz für das einzig Wertvolle, die Seele und den Geist, sind charakteristisch für die Haltung vieler zeitgenössischer junger Dichter. Zwischen 1916 und 1918 schreibt er immer wieder Abschnitte seines eruptiven, programmatischen Essays „Der beseelte und der psychologische Mensch“, der das Wesentliche seiner eigenen Kunst deutet und als eines der hervorragendsten Manifeste des Expressionismus gilt.

    Im Herbst 1914 siedelte K. nach Frankfurt am Main über, wo „Die Verführung“ in den Hauptrollen mit Jakob Feldhammer und Fritta Brod, die K. heiratete, 1917 uraufgeführt und von der Kritik als ein Neuanfang gefeiert wurde. K.s zweites großes Drama „Himmel und Hölle“ (entstanden 1918/19, gedruckt 1919, ²1930, uraufgeführt 1920 in Berlin, Regie: Ludwig Berger) ist durch den Aufschwung der Seelen aus irdischer Qual in überirdische Gefilde ein modernes Mysterienspiel. Expressionistisch auch dies, weil nur dem unmittelbaren Ausdruck der inneren Bewegungen verpflichtet, ohne Rücksicht auf realistische Richtigkeit. Dort, wo der Himmel im Geschehen zwischen den Personen über die Hölle, wo die reine Seele über die stumpfe Diesseitigkeit siegen, geht die Prosa, wie in anderen expressionistischen Dramen auch, in rhythmisch-musikalische Verse über. Wesentlich anspruchsloser und konventioneller erscheinen dagegen die vier in den zwanziger Jahren geschriebenen Komödien. Weltkrieg, mißlungene Revolution und das Unveränderte der Geld- und geschäftigen Erfolgswelt hatten K. zur Resignation getrieben.

    Nach einem einjährigen Intermezzo in Darmstadt als Dramaturg zog K. 1928 nach Berlin, wo ihn eine enge Freundschaft mit seinem Verleger Ernst Rowohlt verband, und wo er bis 1931 das Kultur- und Tagesgeschehen in insgesamt 37 Aufsätzen für die Wochenzeitschrift „Das Tagebuch“ brillant und kritisch kommentierte. Die politische Gefahr der Hitler-Diktatur hat er nicht erkannt, wie er überhaupt wenig Interesse für realpolitische Fragen besaß. 1932 zog er sich nach Prag zurück, arbeitete dort an dem postum erschienenen umfangreichen Romanmanuskript „Blanche“ (1957), das in seinen Hauptmotiven der Stille, des Traums, der Flucht nach innen und der naturnahen Abgeschiedenheit zum Teil kontrapunktisch frühe expressionistische Motive wiedererkennen läßt.

    K. war durch die politischen Ereignisse und die Greueltaten in seiner nächsten Umgebung so mutlos geworden, daß er es 1940 ablehnte, mit Verwandten nach England zu fliehen. 1941 wurde er ins Konzentrationslager Lodz verschleppt, wo er Anfang 1942 ums Leben kam.

  • Werke

    Weitere W u. a. Der ewige Traum, 1922 (Komödie);
    Palme od. Der Gekränkte, 1924, ²1930 (Komödie);
    Sakuntala des Kalidasa, 1925, ²1930 (Schauspiel); Nachlaß:
    Marbach, Schiller-Natmus. (320 S. Notizen u. Tagebuchbll.);
    Berlin, Ak. d. Künste (wenige Tagebuchbll.).

  • Literatur

    A. Polgar, Die Verführung, in: Die Weltbühne 14, 1918, S. 230-33;
    H. Walden, Der K. auf d. flachen Hand, in: Sturm-Bühne, 1918;
    S. Jacobsohn, in: Das Jahr d. Bühne 9, 1919/20, S. 129-31;
    Th. W. Adorno, Himmel u. Hölle, in: Neue Bll. f. Kunst u. Lit. 4, 1921/22, S. 85 ff.;
    B. Diebold, P. K.s Hybris u. Demut, in: Anarchie im Drama, 1921, S. 274-90;
    E. Heilborn, Palme od. Der Gekränkte, in: Die Lit., 1923/24, S. 486 f.;
    A. Soergel, P. K., in: Dichtung u. Dichter d. Zeit, NF 1926, S. 697-706 (P);
    W. Haas, Die literar. Welt, 1957;
    R. Hartung, in: Neue Dt. Hh. 4, 1957/58, S. 1035 ff.;
    M. Maren-Grisebach, Weltanschauung u. Kunstform im Frühwerk P. K.s, Diss. Hamburg 1960;
    dies. (Hrsg.), P. K., Revolution mit Flötenmusik u. a. krit. Prosa 1916–32, 1977 (mit Biogr., W, L, P).

  • Porträts

    Zeichnung v. F. K. Delavilla, in: Soergel, s. L;
    Kindlers Lit.-Lex. V, S. 4448, XI, S. 9875 f., XII, S. 10516 f.

  • Autor/in

    Manon Maren-Grisebach
  • Zitierweise

    Maren-Grisebach, Manon, "Kornfeld, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 591-592 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118565494.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA