Lebensdaten
1765 – nach 1835
Geburtsort
Kiel
Sterbeort
in Rußland
Beruf/Funktion
Industrieller
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 136084036 | OGND | VIAF: 80488564
Namensvarianten
  • Knauff, Andreas
  • Knauf, Andreas
  • Knauf, Andrej Andreevič
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Orte

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Zitierweise

Knauff, Andreas, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd136084036.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Andreas (1714–1809), Schuhmacher, S d. Lohgerbers Johann in K.;
    M Maria Magdalena Dor. (1722–79), vermutl. T d. Ziegelmeisters Joh. Poppe in K. u. d. Anna Dorothea N. N.

  • Biographie

    Gleich vielen anderen deutschen Handwerkslehrlingen und -gesellen, die ihr Fortkommen in Osteuropa gesucht haben, ließ sich K. 1784 durch Verwandte nach Rußland locken; er durchlief in Sankt Petersburg eine kaufmännische Lehre und trat danach in das Kontor einer alten Export- und Importfirma holländischen Ursprungs, Tamesz & Co., in Moskau ein. Dort wurde er 1795 in die I. Kaufmannsgilde (Groß- und Exporthandel) aufgenommen und verband sich mit dem Engländer Doughty zu einem eigenen Großhandelsgeschäft; seit 1801 war sein Partner der Holländer A. Menssendijk. Die Geschäfte entwickelten sich so erfolgreich, daß als die Berg- und Hüttenwerke der bankrotten Familie Luginin im Ural ausgeboten wurden, K. zugriff und sie 1798 für 1,8 Millionen Rubel erwarb: vier Eisenhütten, einen Hammer und eine Kupferhütte. Da die Werke aber noch mit Schulden bei der Reichsleihbank belastet waren, schaltete sich die Krone ein und kaufte ihrerseits die Werke; ein Prozeß endete mit dem Vergleich, daß K. nur Pächter sein konnte. Die sogenannte Zlatoust-Gruppe lag westlich der Stadt Čeljabinsk, nur das Arta-Werk weiter nördlich am oberen Ufa-Fluß. Es handelte sich wie bei fast allen Montanbetrieben im Ural um „Possessionsfabriken“, das heißt ihnen waren staatliche Dörfer und Wälder fest zugeschrieben, der Unternehmer verfügte über die Arbeitskraft der Bauern, ohne deren Besitzer zu sein. K. ist nach eigenem Zeugnis mit viel gutem Willen an die neue Aufgabe herangegangen. 1804 erwarb er mit Hilfe eines Bankkredits von ½ Millionen Rubel von der Familie Osokin drei Kupferhütten, eine Eisenhütte und einen Hammer, die teils weiter abwärts im Flußgebiet der Ufa lagen, teils nördlicher zwischen den Städten Perm und Kungur. Dazu übernahm er die Verwaltung einiger Werke der Familie Stroganov, die ebenso wie die Zlatoust-Werke hoch belastet waren.

    Hohe Abgaben an den Fiskus, hohes Produktionssoll, Arbeitermangel und abschlägig beschiedene Gesuche, leibeigene Arbeiter kaufen zu dürfen, ließen das Unternehmen nicht prosperieren, obwohl K. teure Fachkräfte anstellte (1804 den englischen Techniker J. Major, 1810 den preußischen Bergrat A. Eversmann) und deutsche Meister anwarb, denen er sogar eine evangelische Gemeinde mit Prediger einrichtete. Seit 1809 arbeitete an der Arta eine Sensenfabrik. Der Krieg 1806/07 lähmte den Handel über die Westgrenzen, der Beitritt Rußlands zur Kontinentalsperre 1808 den Export über See. K.s Privatschulden wuchsen, sein Hauptgläubiger, Hofbankier Baron Rall in Petersburg, suchte ihn zu stützen, geriet dabei jedoch selbst in Schwierigkeiten. K. mußte 1811 die Regierung um Stundung bitten, doch nach Prüfung der Schuldenaufstellung (auf allen Werken zusammen lasteten 1 477 000 Rubel) sah sich der Reichsrat veranlaßt einzugreifen; da der private Konkurs K.s nicht abzuwenden war, verfügte er die Einziehung aller Werke, beließ aber einen Teil derselben in K.s Verwaltung. Wegen der hohen Staatsbankschulden konnten nur die privaten Handelsgeschäfte K.s Gegenstand des Konkurses sein (Entscheidung des Reichsrats 1818). Die Privatgläubiger haben lange warten müssen; 1824 bildeten sie eine Kommission zur Vertretung ihrer Interessen, um die es schlecht bestellt war, da K. offenbar nur noch als Angestellter arbeitete. In seiner Heimat galt er fortan als verschollen, man sprach dort sogar von Selbstmord. Er besaß ein Haus in Perm, wo er 1819 den neuen Generalgouverneur Sibiriens, M. Speranskij, beherbergt hat, und beschäftigte sich, obwohl bergmännischer Laie, mit technischen und metallurgischen Versuchen, wofür er sich 1827 auf der Alexander-Gießerei bei Petersburg aufgehalten hat. 1825-35 erschienen im Berg-Journal acht Abhandlungen K.s; doch dann brechen die Nachrichten ab.

    Aus der 1804 gekauften Osokin-Gruppe der Knauff-Werke bildeten die Gläubiger schließlich 1853 eine Aktiengesellschaft, die drei Kupfer- und vier Eisenhütten umfaßte. Die Bauernbefreiung von 1861 hat dieses immer noch auf unfreier Arbeit beruhende Unternehmen zum Aufgeben gezwungen (Liquidation 1865). Der Staat verwaltete die restlichen Werke weiter und stieß sie mit anderem Besitz bankrotter Firmen erst 1883 ab; 1914 arbeitete nur noch die Hütte Jugovo-Knaufskij zavod, in der der Name des einstigen Besitzers weitergelebt hatte. Dagegen waren noch alle 5 Werke der Zlatoust-Gruppe in Betrieb. – K. ist der einzige deutsche Unternehmer im Uralbergbau in der Zeit vor der Bauernemanzipation. Er war mit unzureichenden finanziellen Mitteln an das Wagnis herangegangen und wurde zum Opfer der durch die Kontinentalsperre erzeugten Exportkrise.

  • Literatur

    E. Amburger, A. K. u. d. Knauffschen Hüttenwerke im Ural, in: ZUG 8, 1963, S. 122-30 (mit Lageskizze d. Werke); danach neuerschlossene Qu.:
    Reichsratsgutachten v. 20.12.1818, in: Polnoe sobranie zakonov Rossijskoj imperii Abt. I, Bd. 35, 1830, Nr. 27 598; Angaben in K.s Aufsätzen
    in: Gornyj Žumal 1825-35;
    Lebensbeschreibung v. F. A. A. Eversmann, hrsg. v. W. Güthling, in: Altenaer Btrr. NF ⅔, 1966/68.

  • Autor/in

    Erik Amburger
  • Zitierweise

    Amburger, Erik, "Knauff, Andreas" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 161-162 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd136084036.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA