Lebensdaten
1381 – 1465
Geburtsort
in einem Dorf bei Jüterbog, nach polnischer Auffassung in Großpolen
Sterbeort
Erfurt
Beruf/Funktion
Zisterzienser ; Kartäuser ; Prediger ; theologischer Schriftsteller ; Theologe
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118556754 | OGND | VIAF: 22933358
Namensvarianten
  • Jacobus Carthusianus
  • Jacobus Claratumba
  • Jacobus de Cracovia
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Jakob von Jüterbog, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556754.html [08.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus dt. Kolonistenfam. Vatername wahrsch. Kunike od. Künicke.

  • Biographie

    J. trat 1401 in das Zisterzienserkloster Paradies b. Meseritz ein, dem er bis 1443 angehörte. Sein Abt Paul sandte ihn 1420 zu weiteren Studien nach Krakau, wo er in der Abtei Mogiła (Claratumba) wohnte. An der Universität wurde er 1423 zum Magister artium, 1432 zum Magister theologiae promoviert; er war bis 1441 als Universitätsprediger und Lektor der Theologie tätig. Ob er einige Jahre als Abt Jacobus III. dem Kloster Meseritz vorstand, ist unsicher. Wegen seines Einsatzes für die Kirchenreform nahm er als Stellvertreter des Abtes von Mogiła und im Auftrag der Krakauer Universität 1441 am Konzil von Basel teil. Die Einsicht in die Reformbedürftigkeit der Orden, auch seines eigenen, bewog ihn, sich 1443 in die strenge Mönchsgemeinschaft der Kartäuser einzugliedern. Er wurde Mitglied der Erfurter Kartause auf dem Salvatorberg, wo er als Vikar (Subprior) die letzten Jahre seines Lebens verbrachte und eine fruchtbare Tätigkeit als Reformschriftsteller und Autor moraltheologischer, dogmatischer, asketischer, kanonistischer und homiletischer Werke entfaltete, die ihn als Meister der mittelalterlichen Kunstprosa ausweisen. Seine Überlegungen zur Klosterreform spiegeln sich in den „Petitiones religiosorum pro reformatione sui Status“ wider. 1449 übersandte er dem neugewählten Papst Nikolaus V. sein „Avisamentum ad Papam pro reformatione Ecclesiae“. Die später verfaßte Schrift „De Septem statibus Ecclesiae in Apocalypsi descriptis“ stellt eine pessimistisch gehaltene Zeitanalyse dar. Von seinen moraltheologischen Werken sind erwähnenswert das in 34 Handschriften überlieferte systematische Handbuch „Quodlibetum statuum humanorum“ und sein Traktat „De causis multarum passionum“, von seinen dogmatischen der Traktat „De indulgentiis“, von seinen homiletischen die „Sermones dominicales per anni circulum“. In seinem|Gutachten „De concertatione super cruore in Welsnaco“ nahm er Stellung gegen die Verehrung des hl. Blutes. Sein verbreitetster Traktat „De animabus exutis a corporibus“ wurde 1477 auch ins Deutsche übersetzt. Seine vielseitige Tätigkeit und umfangreiche literarische Hinterlassenschaft bieten einen aufschlußreichen Einblick in das Leben der Kirche und ihrer Orden, in ihre Krise und in Reformansätze um die Mitte des 15. Jh.

  • Werke

    Weitere Werke L. Meier, Die Werke d. Erfurter Kartäusers J. v. J. in ihrer hs. Überlieferung, 1955.

  • Literatur

    ADB 13;
    J. Fijalek, Mistrz J. z Paradyża i universytet krakowski w okresie soboru bazylejskiego, 2 Bde., 1900;
    W. Massa, Die Eucharistiepredigt am Vorabend d. Ref., theol. Diss. Bonn 1965, S. 47, 235;
    Dict. de théol. catholique 8, 1924, Sp. 297 f.;
    Vf.-Lex. d. MA II;
    Polski Słownik Biograficzny X, 1962-64, Sp. 363 f.

  • Autor/in

    Bernhard Stasiewski
  • Zitierweise

    Stasiewski, Bernhard, "Jakob von Jüterbog" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 318-319 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556754.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Jacob von Jüterbogk ist ein hochachtbarer Kirchenmann und Schriftsteller des 15. Jahrhunderts. Sein Zuname wird sehr wechselnd angegeben: Junterburg oder Junterbock; er heißt aber auch Jacobus Cisterciensis oder Carthusianus oder de Paradiso, je nach dem Orden oder dem Kloster, dem er einmal angehörte, auch Jacobus de Polonia, weil das Cistercienserkloster Paradies, in dem er zuerst lebte, in Polen lag. J. ist aber nicht etwa sein Taufname, sondern nur sein Klostername gewesen. Eigentlich hieß er Benedict Stolzenhagen, wurde frühestens 1381 in der Gegend von Jüterbogk, Provinz Brandenburg, geboren, und nach dieser Stadt benannt. Daß er aus einer armen Bauernfamilie stammte, sagt er selbst in einem Predigtbruchstück bei Klüpfel, 169. Seine wissenschaftliche Bildung und spätere ansehnliche Stellung verdankte er ohne Zweifel dem Umstand, daß er sich dem geistlichen Stande widmete. Wie er in das polnische Kloster Paradies gekommen, läßt sich nicht ermitteln. Jenes Kloster gehörte der Cisterciensergenossenschaft an. Der Abt sandte ihn zu seiner wissenschaftlichen Ausbildung auf die Universität Krakau. Dort erlangte er die akademischen Würden eines Magisters der Philosophie und Doctors der Theologie, was eine große Seltenheit bei den polnischen und deutschen Cisterciensern war (vgl. obige Predigtstelle). In sein Kloster zurückgekehrt, stieg er in demselben bis zur Würde des Abts. Später, 1441, trat er, weil die Disciplin ihm nicht streng genug war, mit Genehmigung der päpstlichen Legaten auf dem Basler Concil, aus dem Cistercienserorden in den der Kalthäuser über, und begab sich in das Kloster zum Salvatorberg bei Erfurt. Hier blieb er, wurde Prior, hielt an der Erfurter Universität theologische Vorlesungen, bekleidete 1455 das Rectorat, und starb 1465, in einem Alter von mindestens 80 Jahren. — J. war sein Lebenlang ein eifriger Mönch. Eben deshalb lag ihm die Reform des Klosterlebens, welches in tiefem Verfall war, sehr am Herzen; hierfür arbeitete er durch seine „Petitiones religiosorum pro reformatione sui status“ (Klüpfel, 146 ff.). Er ging noch weiter, und rügte die Versäumnisse der geistlichen Oberen, „De negligentia praelatorum“ (Walch. Monimenta, I. 69 ff.). Ja er richtete eine Petition für Kirchenreform an Nicolaus V., sein „Avisamentum pro resormatione ecclesiae (Klüpfel, 135 ff.). Schließlich aber schrieb er, als seine Hoffnungen ihn täuschten, die stärkste Schrift: „De septem ecclesiae statibus“ (Walch. II. 2, 25 ff.). Er zieht darin|die Summa der Reformconcilien seines Jahrhunderts, hat jedoch, so sehr seine Seele für eine Reform der Kirche glüht, doch nur das Leben und die Praxis der Kirche, nirgends die Lehre derselben im Auge. Hochinteressant bleiben aber seine Gedanken über die Mittel und Wege, auf denen die Reform zu Stand und Wesen kommen könnte.

    • Literatur

      Seine Hauptschriften bei Walch, Monimenta medii aevi, Bd. I. u. II., 1757, 1771. Engelbert Klüpfel. Vetus bibliotheca eccelesiastica, Freiburg 1780, I. 1.

  • Autor/in

    Gotthard , Lechler.
  • Zitierweise

    Lechler, Gotthard, "Jakob von Jüterbog" in: Allgemeine Deutsche Biographie 13 (1881), S. 554-555 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556754.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA