Lebensdaten
1416 – vermutlich 1474
Geburtsort
Sülzbach bei Weinsberg (Württemberg)
Sterbeort
Sülzbach bei Weinsberg (Württemberg)
Beruf/Funktion
Meistersinger
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118508342 | OGND | VIAF: 8204169262279009510009
Namensvarianten
  • Beham, Michael
  • Behamere, Michael
  • Behem, Michael
  • mehr

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Zitierweise

Beheim, Michael, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118508342.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Beheim (* um 1390), Weber, S des Heinrich Beheim (* um 1360);
    um 1439;
    3 S, 1 T.

  • Biographie

    B. erlernte das väterliche Handwerk, trat aber dann (1439?) als Kriegsknecht und Sänger in den Dienst des kaiserlichen Reichserzkämmerers Konrad von Weinsberg. Nach dessen Tod weilte er bei Markgraf Albrecht von Brandenburg, zog als Fahrender bis nach Drontheim und Bergen, war 1450-54 abermals bei Markgraf Albrecht, dann als Sänger bei wechselnden Herren, u. a. bei Herzog Albrecht III. von Bayern (1447), bei Graf Ulrich v. Cilli und König Ladislaus von Böhmen (1456/57), bei Kaiser Friedrich III. (1459–65) und bei Pfalzgraf Friedrich von der Pfalz (1467–72), dann wahrscheinlich Schultheiß seines Geburtsortes, wo sich ein Stein mit seinem Wappen und ein anläßlich seiner Ermordung errichtetes Sühnekreuz vorfand.

    B.s historisch-politische Dichtung erhält ihren Wert dadurch, daß er teils als unmittelbarer Augenzeuge, teils auf Grund anderer Augenzeugen berichtet, seine Dichtungen also historische Quellen sind. Dies gilt besonders für die historisch-politischen Gedichte aus seiner österreichischen Zeit, vor allem für sein „Buch von den Wienern“, in dem er über die Belagerung der kaiserlichen Burg durch die Wiener als Augenzeuge berichtet, während sich sein Gedicht über den Woiwoden Wlad II. Drakul von der Walachei zum Teil an ältere Flugschriften anlehnt. Der Reimchronik Friedrichs des Streitbaren, seines letzten Herren, liegt die Prosachronik des Matthias Kemnat zugrunde. In vielen Spruchgedichten nimmt B. in der Art Walthers von der Vogelweide zu aktuellen Ereignissen Stellung und tadelt unbeirrt Mißstände, Fehler und Verbrechen bei allen Ständen. Hussiten, Ketzern und allem Aberglauben tritt er als kirchlich Rechtgläubiger heftig entgegen. Seine Klage über den Niedergang der Sitten ist traditionell, die Ausführlichkeit der Schilderung macht sie jedoch kulturgeschichtlich wertvoll.

    Als Berufssänger verachtete er die Narren (d. h. die volkstümlichen Spielleute) und die höfischen Sänger, die keine eigenen Gedichte vortrugen. Er war stolz auf die Vokalmusik, auf sein hohes Dichterideal, seine Kunst und sein Wissen (auch Lateinkenntnisse hatte er sich angeeignet). Insofern ist er den Meistersingern zuzuzählen (aber nicht den seßhaften, in Singschulen vereinigten handwerklichen Meistersingern) und hat auch die für den Meistergesang typischen, scholastisch-theologischen, religiösen Themen (Frage der Trinität, Wesen Gottes und Mariä vor der Erderschaffung, Herkunft des Kreuzholzes u. a.) behandelt. Die Parabel von den drei Ringen findet sich schon bei ihm. Erwähnenswert sind auch die Paraphrasierungen von alttestamentlichen und neutestamentlichen Bibelkapiteln; die Benutzung des Bibeltextes mit genauer Stellenangabe (B. schöpft unmittelbar aus der Vulgata) und mit moralischer oder allegorischer Ausdeutung findet nur bei den späteren lutherischen Meistersingern ihre Parallele. Die Heidelberger Handschriften 312 (Gesammelte Gedichte), 351 (geistliche Lieder) und 375 („Von der Liebkosung Gottes“) sind eigenhändig geschrieben.

    Die Melodien B.s sind nur zum Teil erhalten, darunter die „Angstweise“, die er den Strophen des „Buchs von den Wienern“ und der „Reimchronik“ zugrunde legte, damit man diese Werke auch singend vortragen könne. Die elf erhaltenen Melodien (Noten bei Kühn und Münzer) erweisen seine ursprüngliche Kraft melodischer Gestaltung. Die Koloraturen der späteren Meistersinger sind noch ganz gemieden. Neben einigen weniger gelungenen Melodien hebt sich sein „Verkehrter Ton“ als kraftvoll heraus; besonders schön ist seine tanzliedartige „Gekrönte Weise“.

    Der Umfang von B.s Werk ist erstaunlich (darin ist er ein Vorläufer des Hans Sachs): außer den Chroniken und umfangreichen historischen Gedichten sind es etwa 400 Meisterlieder! Seine Bedeutung als Komponist ist unbestritten, während der künstlerische Wert seiner Dichtungen geringer anzuschlagen ist. Die historischen Werke, als Quellen von unterschiedlichem Wert, zeigen größere künstlerische Sorgfalt, sind aber vor allem kulturgeschichtlich wertvoll. Die Vielfalt der von B. behandelten Stoffe, die volksmäßige Ausdrucksweise, der Idealismus seines Wollens und die meist frische, ansprechende Art lassen über gewaltsame Reime und Reimkünsteleien mancher Gedichte hinwegsehen und machen ihn zu einem interessanten Glied in der Kette zwischen den älteren und den jüngeren Meistersingern.

  • Werke

    Buch v. d. Wienern, hrsg. v. Th. G. v. Karajan, Wien 1843, Auszug, hrsg. v. F. Bobertag, in: Dt. Nat.-Lit. 10, 1887, S. 276-386;
    Reimchronik Friedrichs d. Siegreichen, Buch 2-3, hrsg. v. C. Hofmann, in: Qu. u. Erörterungen z. bayr. u. dt. Gesch. 3, 1863, S. 1-258, 318-24;
    Zehn Gedichte z. Gesch. Österr.s u. Ungarns, hrsg. v. Th. G. v. Karajan, in: Qu. u. F. z. Vaterländ. Gesch., Lit. u. Kunst, Wien 1849, S. 1-65;
    Gedichte, in: Mitt. aus d. kgl. Bibl. Berlin 2, 1914, S. 92-98;
    Religiöse Gedichte, in: Ph. Wackernagel, Das dt. Kirchenlied 2, 1867, S. 666-89;
    s. a. Ehrismann II/2/2, 1935, S. 549, Anm. 1, u. 531. Anm. 4.

  • Literatur

    ADB II;
    Goedeke I, 1884, S. 314;
    H. Bleyer, Beheim Mihály élete es müvei, a magyar történelem szempontjából, in: Századok 36, Budapest 1902, S. 21 ff.;
    ders., Zu B.s Gedicht üb. Wlad IV, in: Korr.bl. d. Ver. f. Siebenbürg. Landeskde. 27, Hermannstadt 1904, S. 33-35;
    ders., B.s Gedicht üb. Drakul u. d. hist. Wert dieser Qu., in: Századok 38, Budapest 1904, S. 874-82;
    G. Münzer, Das Singebuch d. Adam Puschmann nebst d. Originalmelodien d. M. B. u. H. Sachs, 1906, S. 19 bis 20, 49-55;
    A. Kühn, Rhythmik u. Melodik M. B.s, 1907;
    H. Gille, Die hist. u. polit. Gedichte M. B.s, 1910, = Palaestra 96;
    R. Weber, Zur Entwicklung u. Bedeutung d. dt. Meistergesangs im 15. u. 16. Jh., Diss. Breslau 1921, S. 19-24;
    G. Adler, Hdb. d. Musikgesch. I, 1930, S. 206 f.;
    A. Taylor, The literary history of Meistergesang, New York 1937, S. 25 f. u. ö.;
    J. Kothe, Die dt. Osterlieder d. MA, Diss. Breslau 1939, S. 71 f., 129-31;
    F. Morré, Der Dichter M. B. u. d. Türkengefahr in Ungarn, in: Das schaffende Ungarn I/6, 1940, S. 39-42;
    ders., Die polit. u. soziale Gedankenwelt d. Reimdichters M. B., in: AKG 30, 1940, S. 4-26;
    H. Oppenheim, in: Vf.-Lex. d. MA I, 1933, Sp. 185-89 (L);
    Ehrismann II/2/2, 1935, S. 548-49 (L);
    K. Gudewill, in: MGG (L).

  • Autor/in

    Hellmut Rosenfeld
  • Zitierweise

    Rosenfeld, Hellmut, "Beheim, Michael" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 6-7 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118508342.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Beheim: Michael B., Meistersänger, geb. im September 1416 zu Sülzbach bei Weinsberg, um 1474. Seine Vorfahren waren in Böhmen ansässig gewesen und nahmen daher, als sie sich in Schwaben niederließen, den Namen Beheim an. Sein Vater Johannes war Weber, und dessen Handwerk lernte auch der Sohn. Auf Ermunterung Konrads von Weinsberg, der seine ersten dichterischen Versuche kennen gelernt, verließ er das Handwerk und widmete sich ganz dem Dichten. Er trat etwa 1439 in Dienste bei Konrad und heirathete ungefähr gleichzeitig. 1440 wurde ihm sein erster Sohn geboren. Er begleitete seinen Herrn auf dessen verschiedenen Zügen und Reisen und leistete Kriegsdienste bei ihm. Mit nur geringer Unterbrechung, wie eines kurzen Aufenthaltes in München am Hofe Albrechts III. von Baiern (1447) diente er Konrad bis zu dessen Tode (1448). Vom Dichten zu leben war eine schwere Aufgabe in einer Zeit, da die Großen der Dichtkunst wenig hold waren; und dazu hatte B. für Weib und Kind zu sorgen. Er trat zunächst in die Dienste von Albrecht Achilles, Markgrafen von Brandenburg. Bei dessen Streitigkeiten mit den Rothenburgern wurde B. gefangen genommen, allerdings bald darauf von Albrecht befreit, aber er gelobte doch, seinen Herrn nicht eher wiederzusehen als bis er vernommen, daß dessen Zwiste und Fehden beigelegt seien. Er bat daher um seine Entlassung; zuletzt finden wir ihn im Januar 1450 mit Albrecht am pfalzgräflichen Hofe zu Heidelberg, wo er durch ein Lied, das die Räubergelüste des Adels straft, großen Anstoß erregte und Spott erntete. Den Rhein hinab ging er über Köln nach Westfalen und Sachsen; da er viel von dem trefflichen Christian von Dänemark vernommen, wollte er dessen Hof aufsuchen, schiffte sich in Lübeck ein und kam in Kopenhagen an, wo die Königin Dorothea, die Tochter des Markgrafen Johann von Brandenburg, in Abwesenheit ihres Gemahls ihn wohl aufnahm und ihm rieth, dem Könige, der sich nach Drontheim zur Krönung begeben, nachzufolgen. Nach einer üblen Seefahrt erreichte er Norwegen, wohnte der Krönung bei und kehrte kurz vor Christian nach Kopenhagen zurück. Hier erfuhr er, daß Albrechts Fehden mit den Städten beendet seien und beschloß zu ihm zurückzukehren. Wie lange er bei ihm noch verweilte, wissen wir nicht; zunächst treffen wir ihn bei Herzog Albrecht VI. von Oesterreich in Wien, wo er aber nicht lange blieb, da seine dichterische Freimüthigkeit ihm bald die Gunst verscherzte; er begab sich zum Grafen Ulrich von Cilly, mit dem er den Zug König Ladislaus' von Ungarn gegen die Türken (1456) mitmachte, den er in einem besonderen Gedichte besungen hat. Nach des Grafen Ermordung (1456) trat er in Ladislaus' Dienste und stand bei ihm anfänglich in guter Gunst. In diese Zeit fällt sein Gedicht auf den Türkenkrieg des Königs Wladislaus von Polen, auf Johannes Giskra, auf die Erbstreitigkeiten in Ungarn und auf die Eroberung von Constantinopel. Allein seine freie Rede machte|ihn auch hier mißliebig, und er ging nach Wien an den Hof Kaiser Friedrichs, der ihn wohlwollend aufnahm und mit dem er die Belagerung Wiens durch des Kaisers Bruder Albrecht und den Bürgermeister Holzer (1462) durchmachte. Die Geschichte derselben und seine eignen Erlebnisse dabei hat er in seinem „Buch von den Wienern“ in Versen beschrieben. Daß er dadurch bei Albrecht und den Wienern sich nicht beliebt machte, läßt sich denken; von ihnen als „Kaiserer“ verspottet, und bei steigender Erbitterung sogar seines Lebens nicht sicher, verließ er Wien, zunächst für kürzere Zeit, dann aber (1465) für immer, nachdem er vom Kaiser seine Entlassung erhalten hatte. Nach längerem Umherwandern fand er bei Pfalzgraf Friedrich I. in Heidelberg eine dauernde Unterkunft. Diesen seinen Gönner zu verherrlichen, verfaßte er 1469, auf Grund der prosaischen von Kaplan Matthias von Kemnat verfaßten Biographie, das Leben des Pfalzgrafen in Reimen, ein elendes Machwerk, in welchem Friedrichs Thaten über die von Alexander und Hannibal gestellt werden. Die Chronik reicht bis 1471. Nach 1474 war B. wahrscheinlich in Heidelberg, dann aber verlassen uns alle Spuren und vermuthlich ist er um diese Zeit gestorben. Michael B. hatte keine bedeutenden dichterischen Anlagen, nicht einmal unter den auch unbedeutenden dichtenden Zeitgenossen ragt er irgendwie hervor. Aber merkwürdig ist seine treue Hingabe an den Dichterberuf, die ihn alles Ungemach des Lebens ertragen ließ, und anerkannt werden muß der Freimuth, womit er in allen Lebenslagen das Unrecht strafte und tadelte. Freilich fehlt es auch nicht an Belegen in seinen Gedichten, daß er, um Gunst und Brod zu gewinnen, seinem jedesmaligen Herrn schmeichelte. Seine Sachen zerfallen ihrem Inhalte wie auch theilweise ihrer Form nach in zwei Classen, die eigentlichen Meistergesänge und historischen Dichtungen. Jene sind meist in sehr künstlichen Formen, nach Sprache und Stil sehr roh, aber sie gewähren einen Einblick in den Betrieb des Meistergesangs und sind daher beachtenswerth. Die historischen Gedichte, unter denen das Buch von den Wienern, das Gedicht auf die beiden Züge von Wladislaus von Polen gegen Murad II. und das auf den Zug von Ladislaus von Ungarn gegen die Türken am wichtigsten sind, stehen um eine Stufe höher; auch sie sind durchweg in Strophenformen, aber ungleich einfacheren abgefaßt. Wenn auch persönlich gefärbt, sind sie doch als theilweise Berichte eines Augenzeugen nicht ohne geschichtliches Interesse.

    • Literatur

      Vgl. sein Leben in Karajan's Ausgabe des Buches von den Wienern, Wien 1843; dazu: Zehn Gedichte Michael Beheim's zur Geschichte Oesterreichs und Ungarns, herausg. von Th. G. v. Karajan, Wien 1848.

    • Korrektur

      Korrektur: Zu Mich. Beheim vgl. ferner (Pfeiffer's) Germania XXII. (1877), S. 412 ff.

  • Autor/in

    Bartsch.
  • Zitierweise

    Bartsch, Karl, "Beheim, Michael" in: Allgemeine Deutsche Biographie 2 (1875), S. 280-281 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118508342.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA