Lebensdaten
1752 – 1815
Geburtsort
Redenhof in Hameln
Sterbeort
Schloß Buchwald (Riesengebirge)
Beruf/Funktion
preußischer Minister ; Oberberghauptmann
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 128770201 | OGND | VIAF: 67527473
Namensvarianten
  • Reden, Friedrich Wilhelm Graf von
  • Reden, Friedrich Wilhelm von
  • Reden, Fridrich Wilhelm von

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Zitierweise

Reden, Friedrich Wilhelm Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd128770201.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus niedersächs. Adelsfam. mit gleichnamigem Stammhaus an d. Leine b. Pattensen, zuerst 1189 als Bes. d. Rr. Heinrich gen. Hisse, Vater d. Brüder v. Reden, urkundl. erwähnt; 1614 wurde den R. d. Erbschenkamt im Fürstentum Kalenberg verliehen; seit 1865 Fam.verband; – V Johann Ernst Wilhelm v. R. (1727-67), auf Hameln u. Bennigsen, brit. u. braunschweig.-lüneburg. Hofrat, S d. Claus Friedrich (1692–1736), auf Hastenbeck u. Bennigsen, brit. u. braunschweig.-lüneburg. Obristhptm., u. d. Hedwig v. Gustedt;
    M Sophie v. Reden (1732–54);
    Stief-M (seit 1758) Sophie v. Kiepe ( 1759), (seit 1761) Sophie v. Zerssen;
    Ov Claus Friedrich (1736–91), brit. u. braunschweig.-lüneburg. Geh. Kammerrat u. Berghptm.;
    Om Friedrich Anton Frhr. v. Heynitz (1725–1802), preuß. Min., seit 1777 Chef d. Berg- u. Hüttendep. zu Berlin (s. NDB IX);
    Trebschen 1802 Friederike (1774–1854), aus Wolfenbüttel, Philanthropin, mit Kg. Friedrich Wilhelm III. v. Preußen befreundet, Präs. d. 1815 gegr. Buchwalder Bibelges., gründete d. „Rettungshaus“ in Schreiberhau, 1822 Ehrenmitgl. d. Ver. z. Beförderung d. Gartenkultur im preuß. Staat (s. L), T d. Friedrich Adolf v. Riedesel (1738–1800), braunschweig. Gen., u. d. Friederike v. Massow (1746–1808), Schriftst. (beide s. ADB 28; NDB 21 Fam.art.); Schwager Georg v. Riedesel (1785–1854), Pol., legte d. Landschaftspark in Neuenhof (Sachsen) an; kinderlos; Verwandter Friedrich Wilhelm Frhr. (s. 2).

  • Biographie

    Nach dem Tod der Eltern wuchs R. im Hause seines Onkels Claus Friedrich auf, der ihn in einer zweijährigen Lehre mit dem Berg- und Hüttenwesen vertraut machte. Seit 1770 studierte er Jurisprudenz und Naturwissenschaften in Göttingen und Halle; gleichzeitig sammelte er praktische Erfahrungen im Bergbau. Nach bestandenen Staatsexamina (1773/74) für den höheren Verwaltungsdienst begab er sich 1774-77 auf Studienreisen nach Holland, Belgien, Frankreich und England. Auf Veranlassung seines Onkels, des Freiherrn Friedrich Anton von Heynitz, trat er nach kurzer Tätigkeit an der Kammer in Hannover 1778 in die preuß. Bergbauverwaltung ein. 1779-1802 leitete R. das Schles. Oberbergamt. wobei sein besonderes Interesse der Neuordnung der Bergbauverwaltung und der Entwicklung und Modernisierung v. a. der oberschles. Industrie galt. Er förderte hier unter Überwindung beträchtlicher technischer Schwierigkeiten den Auf- und Ausbau des Erzbergbaus (Tarnowitz, Friedrichshütte 1787). Die Friedrichshütte, wo R. 1788 auch die erste Dampfmaschine aufstellen ließ, deckte den gesamten Bedarf Preußens an Blei und produzierte zusätzlich für den Export. Ebenso betrieb er die Errichtung neuer Steinkohlenbergwerke mit modernen Abbauverfahren und technischen Neuerungen wie die „Königsgrube“ (1791) und die „Königin-Luise-Grube“ (1796) als Brennstofflieferant für die „Königs-“ und „Gleiwitzer Hütte“. Um den Transport und Absatz von Kohle und Eisen zu fördern, sorgte R. u. a. für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur (Klodnitzkanal). Ältere Eisenhütten ließ er technisch modernisieren (Einf. d. Hochofen- u. Frischfeuermethode seit 1796), neue Hütten ließ er nach engl. Standard errichten. Auf der Gleiwitzer Hütte (fertiggestellt 1796) führte er den ersten Kokshochofen auf dem europ. Kontinent ein. Die 1802 fertiggestellte Königshütte arbeitete von Beginn an mit zwei, seit 1805 mit drei Hochöfen. Die erfolgreiche Arbeit R.s führte 1786 zu seiner Ernennung zum Geh. Oberfinanzrat, 1795 zum Berghauptmann, 1802 zum Oberberghauptmann und Chef des Bergwerksdepartements. 1803 wurde R. als Nachfolger von Heynitz zum Wirkl. Geh. Staatsminister ernannt. In diesem Amt förderte er den Ausbau der Industrieanlagen in Oberschlesien, und zwar die der Grundstofferzeugungen (Kohle, Zink, Eisen) sowie der weiterverarbeitenden bzw. der|Fertigindustrie. Die Endphase von R.s Wirksamkeit war überschattet von der Niederlage Preußens gegen Napoleon 1806/07. Da er diesem am 27.10.1806 den Treueid leistete, wurde er von Kg. Friedrich Wilhelm III. 1807 ohne Pensionsansprüche entlassen. Bereits unter seinen Zeitgenossen galt R. als Begründer des schles. Bergbaus.|

  • Auszeichnungen

    preuß. Kammerherr (1778);
    Ehrenmitgl. d. Preuß. Ak. d. Künste (1787);
    Gr. Roter Adlerorden (1810).

  • Werke

    Über d. gegenwärtigen Tarnowitzer Blei- u. Silberbergbau, Ber. v. 19.8.1787, in: Bergmänn. Journal 1, 1788, S. 527-38.

  • Literatur

    ADB 27;
    Schles. Prov.-Bll. 36, 1802, S. 195, 65, 1816;
    Zs. f. d. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im preuß. Staate 1, 1853, S. 201 ff.;
    H. Fechner, Gesch. d. schles. Berg- u. Hüttenlebens, ebd. 48, 1900, S. 336-45, 50, 1902, S. 317 ff.;
    Genealog. Tb. IV, 1903, S. 755;
    K. Wutke, F. W. Gf. v. R. u. seine Wirksamkeit f. d. schles. Berg- u. Hüttenwesen, in: ders., Aus d. Vergangenheit d. schles. Berg- u. Hüttenlebens, 1913, S. 91-185;
    ders., Gf. R.s Entlassung, ebd., S. 251-72;
    ders., R.s letzte Lebensj. u. d. Errichtung e. R.denkmals, ebd., S. 613-47 (P);
    ders., F. W. Gf. v. R., d. Begr. d. Montanind. in Oberschlesien, in: Aus Oberschlesiens Vergangenheit, 1921, S. 77-87;
    Oberschlesien 14, 1915/16, S. 174 ff.;
    A. Friedrich u. A. Schwemann, in: Btrr. z. Gesch. d. Technik u. Ind. 14, 1924, S. 22-39;
    W. Serlo, Heynitz, R., Stein u. ihre bergmänn. Versippung, in: Bergmannsfamilien in Rheinland u. Westfalen, 1936, S. 1-32;
    H. Henning, in: Archiv f. Landes- u. Volkskunde v. Niedersachsen 1942, S. 234-49;
    A. Perlick, Oberschles. Berg- u. Hüttenleute, Lb. aus d. Oberschles. Ind.revier, 1953, S. 93 f., 251 f.;
    G. Grundmann, Kunstwanderungen im Riesengebirge, 1969, S. 159-74;
    ders., Die Statuette d. Gfn. v. R. u. ihr Vorbild, das R.-Denkmal in Königshütte, in: Stud. z. künstler. Eisenguß, FS f. A. Kippenberger, 1970, K. Fuchs, Vom Dirigismus z. Liberalismus, Dio Entwicklung Oberschlesiens als preuß. Berg- u. Hüttenrevier, 1970, S. 48 passim;
    ders., in: ZUG 27, H. 1, 1982, S. 1-21;
    ders., in: Schles. Lb. 6, 1990, S. 111-27 (P);
    P. A. Galbas, in: Niedersächs. Lb. 7, 1972, S. 1-41;
    W. Weber, Innovationen im frühindustriellen dt. Berg- u. Hüttenwesen, Friedrich Anton V. Heynitz, 1976;
    zu Friederike geb. Riedesel:
    Eleonore Fürstin Reuß, F. Gfn. v. R., geb. Freiin Riedesel zu Eisenbach, 2 Bde., 1888;
    dies., F. Gfn. R., Ein Lb., 1897;
    E. Gebhard, Gfn. F. R., d. Wohltäterin d. Riesengebirges, 1906;
    G. Grundmann, Kunstwanderungen im Riesengebirge, 1969, S. 183-200;
    Schles. Lb. 2, 1926, S. 156-60;
    Ostdt. Gedenktage 1999, S. 142-46 (P).

  • Porträts

    Medaillon (Eisen) v. L. Posch, 1816;
    Denkmal (Bronze) v. Th. Kalide, 1853 (Redenhügel b. Königshütte), Abb. in: H. Groß, Bed. Oberschlesier, 1995, S. 45, u. G. Grundmann, 1970, Tafelbd. Abb. 215-15 (s. L).

  • Autor/in

    Konrad Fuchs
  • Zitierweise

    Fuchs, Konrad, "Reden, Friedrich Wilhelm Graf von" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 240-241 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd128770201.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Reden: Friedrich Wilhelm Graf v. R., preußischer Minister, ward geboren am 23. März 1752 zu Hameln. Unter der Leitung seines Oheims, der die zum Kurfürstenthum Hannover gehörenden Bergwerke des Oberharzes als Berghauptmann verwaltete, entwickelte sich bei ihm ein früh gewecktes Interesse für den Hütten- und Bergwerksbetrieb, dem er dann durch Studien auf der Universität zu Göttingen eine wissenschaftliche Grundlage zu schaffen wußte. Höchst bedeutungsvoll wurden für ihn Reisen, die ihn nicht nur die hauptsächlichsten deutschen Berg- und Hüttenwerke kennen lernen ließen, sondern auch die von England und Schottland, welche letzteren beiden damals einen besonderen Aufschwung nahmen dadurch, daß man lernte die Steinkohle für die Roh- und Schmiedeeisenerzeugung und vornehmlich zur Speisung der in diesem Interesse zu verwendenden Dampfkräfte zu benutzen. Die Ueberzeugung, daß, wo reiche Steinkohlenschätze ein billiges Brennmaterial lieferten, die wesentlichste Grundlage für eine bedeutende industrielle Entwicklung geboten sei, brachte R. von diesen Reisen mit und fand nun auch bald ein geeignetes Feld der Wirksamkeit für diese Ideen und zwar im preußischen Staatsdienste. Der Minister von Heinitz hat das Verdienst, den vielversprechenden Jüngling an sich gezogen zu haben. Schon 1778 erhält derselbe durch eine Cabinetsordre Friedrich's des Großen die Ernennung zum Oberbergrath in dem Ministerium, zugleich mit der Hofcharge eines Kammerherrn und ein Jahr später die neugeschaffene Stelle eines Directors bei dem Oberbergamte, welches damals von Reichenstein nach Breslau verlegt wurde. In dieser Stellung nun hat R., nachdem es ihm einmal gelungen war, von dem in Geldbewilligungen bekanntlich ziemlich kargen Könige die erforderlichen Mittel zu erlangen, wahrhaft Großes geleistet und den Staatskassen für die gewährten Aufwendungen reichen Ersatz verschafft. Vor Allem war er unermüdlich dafür thätig, die Einführung der Steinkohlenfeuerung auf dem ganzen Gebiete der Privatindustrie durchzusetzen, wobei er denn zuweilen die Umänderung der Feuerungsanlagen aus Staatsmitteln gewährte oder wenigstens Rathschläge dazu und Zeichnungen darbot, manchmal sogar Prämien aus der Bergbeihülfskasse zahlte, dabei auch die Abfuhrwege für die Kohlen verbesserte. Er erzielte auf diesem Wege segensreiche Wirkungen nach den verschiedensten Seiten hin, er verschaffte der Industrie ein billigeres Feuerungsmaterial, welches dann wiederum die Anlage von Dampfmaschinen erleichterte, steigerte mit dem Absatz der Kohlen den Ertrag der Bergwerke und wirkte gleichzeitig der zunehmenden Entwaldung des Landes entgegen. Als R. sein Amt antrat, besaß Oberschlesien noch nicht einmal eine besondere Bergbezirksbehörde (Bergdeputation, wie es damals hieß); denn der Steinkohlenbergbau dieses Landestheils war ganz unbedeutend, und die beiden unter Friedrich dem Großen hier gegründeten übrigens nicht besonders ertragreichen Hüttenwerke zu Malapane und Kreuzburger Hütte resortirten direct von der Domänenverwaltung. Indem jetzt R. auch diese letzteren in seine Verwaltung mit übernahm, erkannte er zugleich mit schnellem Blick die ungemeine Bedeutung der hier noch ruhenden mineralischen Schätze. Bereits 1781 erklärt er dem Minister Heinitz, er getraue sich zu behaupten, daß die Eisenerze Oberschlesiens sämmtliche in den königlich preußischen Landen gelegenen Werke auf eine unabsehbare Reihe von Jahren mit den erforderlichen Schmelzmaterialien zu versehen vermögen würden. Und ohne Zögern hatte R. unmittelbar nach seinem Amtsantritte in dieser Richtung Schritte gethan; bereits 1779 ward eine besondere Bergdeputation zu Tarnowitz errichtet, welche einige Jahre später den Charakter eines Bergamtes erhielt. Den König für diese oberschlesischen Pläne Reden's lebhafter zu interessiren, gelang vornehmlich dadurch, daß man demselben eine Neubelebung des oberschlesischen Bleibergbaues in Aussicht stellte, woran König Friedrich einen um so lebhafteren Antheil nahm, da er längst beklagt hatte, daß für Blei, welches in seinen Staaten nirgends gefördert ward, jährlich ansehnliche Summen außer Landes gingen. So setzte man zunächst die Wiederaufnahme des alten aber im Laufe der Zeit fast ganz eingeschlafenen Tarnowitzer Blei- und Silberbergbaues ins Werk, und nachdem es 1782 gegelungen war, die Ansprüche der Grafen Henckel als Besitzer der Standesherrschaft Beuthen-Tarnowitz im Wege eines Vertrages abzufinden, konnte im Juli 1784 die Eröffnung der Friedrichsgrube bei Tarnowitz erfolgen, für welche man Steiger und Häuer aus dem Mansfeldischen verschrieben hatte. Man darf dies als den eigentlichen Ausgangspunkt für die ganze oberschlesische Bergindustrie ansehen. Die Mächtigkeit des hier gefundenen Gesteins setzte alle Welt in Erstaunen, ein Probehauen schüttete aus 1 Quadrat-Lachter 44 1/5 Centner reines Erz (1 qm = 643 kg). Eine für die Culturgeschichte unseres Staates hochbedeutsame That war es dann, als R. für diese Grube, bei welcher dann sogleich auch eine Schmelzhütte errichtet ward, im J. 1786 bei Gelegenheit eines Besuches seines Chefs, des Ministers von Heinitz, die Bestellung einer Dampfmaschine in England durchsetzte, nachdem er dargelegt hatte, daß die erforderliche „Sümpfung der zusitzenden Wasser“ mit Roßkräften 14000 Thlr. und mittelst Dampktraft nur 3700 Thlr. losten würde. R., der eben damals (im October 1786) von dem ohnlängst auf den Thron gekommenen Könige Friedrich Wilhelm II. in Anerkennung seiner Verdienste in den Grafenstand erhoben und zum Geheimen Ober-Finanzrath ernannt worden war, durfte die Beschaffung der gewünschten Maschine an Ort und Stelle betreiben, indem er neben dem berühmten Freiherrn von Stein (damals Geheimen-Ober-Bergrath) zum Studium der englischen Berg- und Hütteneinrichtungen im Spätherbst 1786 nach England entsendet ward (Pertz, Leben Steins I, 74). Die infolge davon 1787 nach beschwerlichem Wassertransport (bis Oppeln und von da per Axe) nach Schlesien gelangte Dampfmaschine war neben einer andern gleichzeitig für den Saalkreis beschafften, die erste Dampfmaschine, welche in dem damaligen preußischen Staate in dauernde Thätigkeit kam, wenn gleich schon früher Versuche mit Dampfmaschinen von Privaten gemacht worden sind, denen auch bereits Friedrich der Große eine gewisse Aufmerksamkeit zugewendet hat. Zu erweitertem Betriebe sollte nach des Ministers Anficht eine zu bildende Gewerkschaft die Mittel bieten, und der König erklärte sich 1785 einverstanden, allerdings nicht ohne noch besonders einzuschärfen, man möge sich wohl bemühen, „recht gute Leute dazu auszusuchen, die bei der Sache ehrlich zu Werke gehen und nicht so stehlen und betrügen, wie es sonst wohl zu geschehen pflegt“. R. aber wünschte wenigstens für Oberschlesien zunächst nur die Staatsindustrie vertreten zu sehen, und es ist hier auch damals zu keiner Gewerkschaft gekommen. Der Ruf dieser Tarnowitzer bergmännischen Anlagen, vor allem das neue Schauspiel einer erfolgreich arbeitenden „Feuermaschine“, wie man damals sagte, führte zahlreiche Besucher, die oft aus weiter Ferne kamen, nach der sonst so entlegenen Gegend. Schon 1788 besuchte sie Friedrich Wilhelm II., 1790 durfte R. die Anlagen dem Herzoge Karl August und Goethe zeigen und dann Beide noch auf einem Ausfluge nach Krakau und Wieliczka begleiten. Goethe hebt in einem seiner Briefe ausdrücklich hervor, daß sie an R. „einen sehr guten Gesellschafter gehabt hätten“. Trotz aller sonstigen|Erfolge aber stieß gerade der Hauptplan Reden's, in Oberschlesien eine mächtige Eisenindustrie, gespeist von hier geforderten Steinkohlen ins Leben zu rufen, auf Schwierigkeiten, welche einen minder thatkräftig und ausdauernden Willen wohl hätten zurückschrecken können. Schon die vorbereitenden Schritte, die Bereisung und Erforschung des Landes war ein mühseliges Werk, es fehlte überall an Karten, Plänen, Nivellements; nicht einmal ordentliche Wege gab es, von Kunststraßen ganz zu geschlungen; abseits von den wenigen alten Verkehrsstraßen fanden sich selbst in den kleineren durchweg ungepflasterten Landstädten nirgends Wirthshäuser, die eingeborene Bevölkerung, durchweg polnisch, erschien auf niedrigster Culturstufe stehend, in der Leibeigenschaft halb verkommen; hier inmitten ausgedehnter Forsten, wo nicht einmal das Holz aus Mangel an Abfuhrwegen einen Preis hatte, die Steinkohlenfeuerung und eine lohnende Kohlenförderung einbürgern zu wollen, konnte aussichtslos scheinen und äußerst schwierig, deutsche Arbeitskräfte zu vermögen, sich hier ein Feld ihrer Thätigkeit zu suchen und Capital hier anzulegen. Der Eindruck, den die hiesigen Zustände auf Fremde machten, spiegelt sich recht deutlich ab in dem Erinnerungsblatte, das Goethe bei seinem Besuche hier zurückließ, und in welchem er mit fast bedauernder Verwunderung die Tarnowitzer Knappschaft fragt:

    Fern von gebildeten Menschen, am Ende des Reiches, was hilft euch Schätze finden und sie glücklich zu bringen ans Licht?

    Aber Reden's Beharrlichkeit siegte über alle Hindernisse, und der Reichthum der hier vorhandenen mineralischen Schätze, auf welchen hinzuweisen er unermüdlich beflissen war, übte seine Anziehungskraft; die Billigkeit des Arbeitslohnes vermochte auch zu locken und die Bevölkerung erwies sich im Grunde als anstellig und gutmüthig. Bald wurden die fiscalischen Kohlengruben der Zabrzer Gegend und der Königsgrube, bei welchen dann auch Dampfkräfte zur Anwendung kamen, eröffnet und für die Galmei- und Zinkgewinnung die Steinkohlenfeuerung eingefühlt, der Zabrzer und der Klodnitz-Kanal vermochten die Abfuhr zu erleichtern, allmählich, wenn auch nur langsam hob sich der oberschlesische Kohlenbergbau; doch bedurfte es großer Anstrengungen und vielfacher zum Theil unter Reden's unmittelbarer Leitung angestellter Versuche, um die bequeme Verwendung der oberschlesischen Steinkohlen für die Eisenindustrie zu ermöglichen. Als dies endlich gelungen war, konnte im September 1796 bei Gleiwitz der erste Kokshohofen auf dem europäischen Continent angeblasen, und bald darauf von 1800 an ein noch größeres Werk, die Königshütte eröffnet weiden, welches bald 3 Hohöfen erhielt. Die großartige Thätigkeit Reden's entbehrte nicht der verdienten Anerkennung. Bereits seit 1790 ward derselbe auch außerhalb Schlesiens verwendet, dann 1795 zum Berghauptmann und 1802 nach dem Tode des Ministers v. Heinitz zum Oberberghauptmann ernannt, wo ihm dann das gesammte Bergwerks- und Hüttendepartement nebst der Porcellanmanufactur unterstellt wurde. Die volle Selbständigkeit brachte ihm dann im J. 1804 die Ernennung zum Wirklichen Geheimen Staatsminister. Die Katastrophe des preußischen Staats im J. 1806 erschütterte ihn auf das tiefste, und als nach Napoleon's siegreichem Einzuge in Berlin auch von R. eine eidliche Verpflichtung für die inzwischen eingerichtete französische Verwaltung verlangt ward, weigerte er den Eid, gab aber auf die dringende Vorstellung seiner Collegen, daß seine Weigerung dem Könige und dem Lande Schaden bringen, sein Verbleiben aber vielleicht größere Verluste werde abwenden können, am 9. November 1806 die verlangte Versicherung noch ab. Nach dem Tilsiter Frieden schied R. 1807 aus dem Staatsdienste, nicht aber aus der Gemeinschaft der patriotischen Männer, welche im Stillen an der Wiedergeburt Preußens arbeiteten. Auf seinem Schlosse Buchwald im Riesengebirge fand 1809 der von Napoleon geächtete und verfolgte Freiherr von Stein die erste Zuflucht, und wenn dieser gleich bald seine Sicherheit jenseits der böhmischen Berge suchen mußte, so blieb er doch mit R. in dauernder Verbindung, und als der 1810 wieder zur Leitung des Staates berufene Hardenberg, im Interesse seiner kühnen und tief einschneidenden Finanzprojecte, welche der schrecklichen Noth Preußens steuern sollten, eine Unterredung mit Stein dringend ersehnte, war es wiederum R., welcher die Zusammenkunft, zu welcher Stein von Prag herbeikommen mußte, am 16. September 1810 in Hermsdorf unter dem Kynast ins Werk setzte und zwar mit solcher Umsicht und Behutsamkeit, daß kein Späherauge etwas davon gewahrte. Hardenberg, der Zustimmung des großen Freiherrn sicher, konnte dann um so unerschrockener in seinen Reformen vorgehen. Ueber eine weitere politische Thätigkeit Reden's in dieser Zeit liegen leine Zeugnisse vor, doch mag angeführt werden, daß aus den oberschlesischen Hüttenwerken, die er zum Theil erst ins Leben gerufen, dann für die preußischen Heere der Befreiungskriege der Hauptsache nach das Material an Kugeln und Geschossen geliefert worden ist. Auch dessen möge noch kurz gedacht sein, was R. aus seinem allerdings reizend gelegenen Landsitze Buchwald zu machen verstanden hat, wie er hier nach englischem Vorbilde das, was man dort ein Prachtlandgut (ornamented farm) nennen würde, errichtete und vor allem gleichfalls nach englischem Stile, den in Schlesien zuerst der Minister Graf Hoym durch die Anlage des Parkes von Dyhrenfurt eingebürgert hatte, jenen bewunderungswürdigen Park schuf, der mit seinen uralten Bäumen jeder Art, seinen künstlichen Ruinen, Grotten und Felsgruppen, der sogen. Abtei, dem Pavillon mit seiner herrlichen Aussicht u. dergl. allen Besuchern des Riesengebirges wohl bekannt ist. Die Nähe des Hochgebirges, welche es gestattet z. B. das Spiegelbild der Schneekoppe in dem größten der 54 Teiche, die der Park umfaßt, zu erblicken, gießt diesem Parke einen ganz besonderen Reiz. Hier in Buchwald hat dann R. an der Seite seiner liebenswürdigen menschenfreundlichen Gattin (geb. v. Riedesel), deren Andenken im Riesengebirge noch heute fortlebt, und der zu Ehren König Friedrich Wilhelm IV. neben der Kirche Wang im Riesengebirge ein Marmorrelief hat aufstellen lassen, im Kreise geistvoller Freude, deren Manchem er in seinem Parke jetzt leider verfallene Denksteine errichtete, wie z. B. dem schlesischen Historiker Klöber (s. A. D. B. XVI, 201) und dem schlesischen Geographen Weigel, noch glückliche Jahre verlebt und ist hier am 3. Juli 1815 sanft entschlummert. Waldenburger Bergknappen haben seine irdischen Ueberreste zu Grabe getragen. Zu seiner Ehre aber haben im J. 1852 „die dankbaren Gruben- und Hüttengewerke und Knappschaften Schlesiens“ ihm auf dem Redenberge bei Königshütte ein stattliches Denkmal errichtet, dessen Enthüllung König Friedrich Wilhelm IV. beiwohnte.

    • Literatur

      Carnall, Das Denkmal des Ministers Grafen von Reden (mit Abbildg.) in der Zeitschr. für Berg-, Hütten- und Salinenwesen I, 201 ff. — Koch, Denkschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Friedrichsgrube. Berlin 1884

  • Autor/in

    Grünhagen.
  • Zitierweise

    Grünhagen, Colmar, "Reden, Friedrich Wilhelm Graf von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 27 (1888), S. 510-513 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd128770201.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA