Lebensdaten
1742 – 1792
Geburtsort
Nüchel bei Eutin
Sterbeort
Kiel
Beruf/Funktion
philosophischer Schriftsteller ; Theoretiker der Gartenkunst
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 119066327 | OGND | VIAF: 56749807
Namensvarianten
  • Hirschfeld, Christian Cay Lorenz
  • Hirschfeld, Christian Cajus Lorenz
  • Hirschfeld, Christian
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Zitierweise

Hirschfeld, Christian, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119066327.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Heinrich (1700–54), Mag., Pastor in N., aus Weimar;
    M Margarete Sibylle (1711–49), T d. Pastors Konrad Georg Reinboth in Grube/Holstein u. d. Anna Bauer; ledig.

  • Biographie

    H. studierte seit 1760 in Halle. 1763 wurde er als Lehrer der Prinzessin Elisabeth Charlotte von Holstein-Gottorf und später auch ihrer Brüder Wilhelm August und Peter Friedrich Ludwig nach Kiel berufen. 1765 begleitete er seine Zöglinge als Kabinettssekretär auf ihrer Reise nach Bern, wo er sich 1767 von ihnen trennte. Von dort ging H. über Leipzig nach Hamburg. 1770 kehrte er nach Kiel zurück und wurde zunächst Magister und Sekretär des akademischen Kuratelkollegiums und 1773 ordentlicher Professor der Philosophie an der Universität. Seit 1784 leitete er die Obstbaumschule zu Düsternbrook bei Kiel. – Seine Schriften verfolgen durchweg einen pädagogischen Zweck. H. sucht ästhetische Eindrücke im Sinne der Aufklärung moralisch zu nutzen. Erst 1773 gelangte er mit seiner Schrift „Anmerkungen über die Landhäuser und die Gartenkunst“ zur Theorie der Gartenkunst, dem Thema seiner Philosophie, das ihn berühmt machte. Hier war es ihm gestattet, Natur und Kunst im Zusammenhang mit ihrer moralisch-ästhetischen Wirkung auf den Betrachter zu behandeln. Angeregt von der englischen Philosophie (Home) und dem englischen Landschaftsgarten, entwickelte er in seinem Hauptwerk „Theorie der Gartenkunst“ (1779-85) ein System von Forderungen für die Gestaltung von Landschaftsgärten, die er unter vielfältigen Gesichtspunkten klassifizierte. Die Schönheit der natürlichen Landschaft soll durch die Kunst erhöht werden. Der Landschaftsgarten, dessen Ansichten bildhaft zu gestalten sind, soll zu moralisierenden Gedanken anregen und eine Stätte des Philosophierens sein. Die Erfindungen des Gartengestalters müssen dem besonderen Zweck des Gartens und dem gesellschaftlichen Rang seines Besitzers gemäß sein, und sie müssen Wahrscheinlichkeit besitzen. H. kritisiert damit die phantastische Vielfalt heterogener exotischer Elemente in zeitgenössischen Landschaftsgärten. Er wendet sich mit seinen Forderungen hauptsächlich gegen den französischen Garten und wirkt mit seiner Theorie besonders in Norddeutschland bahnbrechend für die Verbreitung des englischen Landschaftsgartens.

  • Werke

    Weitere W Das Landleben, 1767, ⁴1776;
    Gedanken üb. d. moral. Bildung e. jungen Prinzen, 1768;
    Briefe üb. d. vornehmsten Merkwürdigkeiten d. Schweitz, zum Nutzen junger Reisender, 1769;
    Betrachtung üb. d. heroischen Tugenden, 1770;
    Plan d. Gesch. d. Poesie, Beredsamkeit, Musik, Malerey u. Bildhauerkunst unter d. Griechen, 1770;
    Von d. moral. Einwirkung d. bildenden Künste, 1775.

  • Literatur

    ADB 50;
    A. Hoffmann, Der Landschaftsgarten, 1963, S. 120-36;
    Meusel

  • Porträts

    Kupf. v. J. D. Heidenreich, 1792, in: Neue allg. dt. Bibl. I, 1793.

  • Autor/in

    Helmut Börsch-Supan
  • Zitierweise

    Börsch-Supan, Helmut, "Hirschfeld, Christian" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 222-223 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119066327.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hirschfeld: Cristian Cay (Cajus) Lorenz H., geboren zu Nüchel bei Eutin am 16. Februar 1742, in Kiel am 20. Februar 1792, idyllischmoralischer Schriftsteller und Theoretiker des Gartenbaus, nimmt in beiderlei Hinsicht unter seinen Zeitgenossen eine hervorragende Stellung ein. Er hatte seit 1760 in Halle und Kiel studirt und wurde Lehrer der Prinzessin Hedwig Elisabeth Charlotte von Holstein-Gottorf und ihrer Brüder Wilhelm August|und Peter Friedrich Ludwig (denen er auch den „Versuch über den großen Mann“ gewidmet hat). Die Reise, die er als ihr Begleiter unternahm, führte ihn nach Bern, wo er bis 1767 seine Studien fortsetzte; der Aufenthalt in der Schweiz und der Umgang mit den feingebildeten Berner Patriciern, den Tscharner, Bonstetten u. s. w. machte augenscheinlich Epoche in seinem Leben. Nach der Heimkehr ward er 1769 als Professor der Philosophie und der schönen Wissenschaften nach Kiel berufen, wo er fortan blieb, wie es scheint, unverheirathet.

    H. entwickelte seitdem eine lebhafte populär-wissenschaftliche Thätigkeit. Der Prinzenerzieher sucht in dem „Versuch über den großen Mann“ (I 1768, II 1769) oder den „Gedanken über die moralische Bildung eines jungen Prinzen“ (1768) in die herkömmlichen Declamationen über Tugend und Größe ein wenig Empirie zu bringen, ohne sich doch wesentlich über die umlaufenden Schulgeschichten von großen Männern und ein paar Citate aus La Bruyère, Bossuet, Addison und Abbt zu erheben. Auch andere Schriften ("Betrachtungen über die heroischen Tugenden“ 1770, „Vom guten Geschmack in der Philosophie“ 1770 u. a.) zeigen ihn lediglich als einen Genossen jener mild zuredenden Laientheologie und Weltphilosophie, als deren bester Vertreter etwa Garve zu nennen wäre.

    Aber der etwas weichliche Optimismus dieser Richtung ermöglichte es H., eine vorteilhafte Specialität zu finden. Schon 1767 erschien sein Hauptwerk, „Das Landleben“, das dann wiederholt gedruckt wurde. H. will nach seinem eigenen Zeugniß nicht Schilderungen, sondern die Moral des Landlebens geben — eine Moral, die etwa auf den Satz herausläuft, daß „für den Weisen die ganze Welt ein unermeßlicher Schauplatz von Vergnügungen ist“. Wenn aber etwa Sulzer diesen Standpunkt der Natur gegenüber mit steifer Lehrhaftigkeit durchführt, weih H. ihn mit wirklicher Anmuth zu erfüllen. Das noch heute lesbare Büchlein bringt freilich keine neuen Gedanken — solche hat H. nie besessen —, aber es gleicht den von ihm gepriesenen Gärten mit den geschickt zu Aussichtspunkten führenden Wegen, mit dem ungezwungnen Zierrath mancher Dichterstellen aus Kleist, Hagedorn, Uz und Geßner, mit der freundlich temperirten Heiterkeit des Tons. In der Beobachtung mancher Farbennuancen zeigt sich sogar eine gewisse Modernität; auch gehört H. zu den Ersten, die eine ausführliche Schilderung des Sonnenaufgangs versuchten, später eine beliebte Uebung. — Es folgte „Der Winter“ (1769), eine schwache Vertheidigung der rauhen Jahreszeit, von der der moderne Leser sich etwa aus Lubbock's „Pleasures of life“ und ähnlichen Lebensempfehlungen für die gutsituirten Kreise eine Vorstellung machen mag. Angenehm wirkt nur die Humanität, die auch z. B. in der „Apologie für die Menschheit“, „Von der Gastfreundschaft“ (1777) seinem Lieblingsphilosophen Home gegenüber den angeborenen Fremdenhaß des Menschen empirisch-declamatorisch leugnet.

    Hirschfeld's doppelte Neigung, den Sinn für das Schöne in der Natur zu schärfen, und praktische Pädagogik zu treiben, veranlaßte ihn seit 1773 zu seiner erfolgreichsten Specialisirung: er ließ eine Reihe von Schriften über Gartenkunst und Landhäuser erscheinen (besonders „Anmerkungen über die Landhäuser und die Gartenkunst“ 1777, „Theorie der Gartenkunst“ 1779—85). H. bezeichnet sich selbst als den ersten Theoretiker Deutschlands auf diesem Gebiet. Mit Eifer tritt er für den natürlicheren englischen Geschmack gegen französische Steifheit und italienische Ueberladung ein. Wie weit er auf die großen praktischen Leistungen der neuen deutschen Gartenkunst in Dessau, Weimar, Muskau und Branitz Einfluß geübt hat, entzieht sich meiner Kenntniß; doch scheint wenigstens Fürst Pückler direct auf die englischen Theoretiker zurückgegangen zu sein, unter denen besonders der gefeierte Kritiker Home für H. Autorität ist. Jedenfalls hat H. das Verdienst, die große Wendung im Geschmack an der cultivirten Natur vorausgefühlt und befürwortet zu haben.

    H. war bei Lebzeiten ein vielgelesener Autor. Die „Gartenkunst“ ward durch Fr. de Castillon, den Secretär der Berliner Akademie der Wissenschaften, ins Französische übersetzt, mehrere andere Bücher ins Holländische. Anthologien bringen Naturschilderungen von H.; aber schon die ausgezeichnete von G. Schwab kennt ihn nicht mehr. Die Biographen Bonstetten's und Zimmermann's nehmen keine Notiz von dem Autor, der auf die „Briefe über ein schweizerisches Hirtenland" und die „Einsamkeit" gewiß Einfluß ausübte. Die englischen Landsitze, die er schon recht hübsch beschreibt, mußte Pückler von neuem entbecken. Ein gewisser Nachruhm sollte dem liebenswürdigen Verfasser des „Landlebens“ und der „Anmerkungen über die Landhäuser“ billig gegönnt werden, wenn auch die süßlichen Illustrationen seiner Bücher leider nicht selten zum Text passen.

    • Literatur

      Meusel 5, 535 (mit vollständiger Bibliographie). — Goedeke, 2. Aufl. 4, 50 (Auswahl). — Für den „Versuch über den großen Mann“ vql. Dessoir, Gesch. d. deutschen Psychologie, 1. Aufl., S. 339.

  • Autor/in

    Richard M. Meyer.
  • Zitierweise

    Meyer, Richard M., "Hirschfeld, Christian" in: Allgemeine Deutsche Biographie 50 (1905), S. 365-367 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119066327.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA