Lebensdaten
1735 – 1764
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Schauspieldichter
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118544640 | OGND | VIAF: 64799094
Namensvarianten
  • Hafner, Philipp
  • Fiedelbogen, Kilian
  • Haffner, Philipp
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Hafner, Philipp, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118544640.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Phil. Wilh. (1696–1759), aus Eisfeld/Thür., Schreiber d. Reichshofkanzlei;
    M Marie Anna (1710–89), T d. Spezerei-Handelsmanns Franz Anton Taig u. d. Maria Elis. Franziska N. N.; ledig.

  • Biographie

    H. absolvierte nicht näher nachweisbare Gymnasial- und juristische Studien und war Schriftführer beim Wiener Stadtgericht. Seit 1760 brachte er sich als Gelegenheitsdichter und Komödienschreiber fort. Er wandte sich zunächst in seinem „Brief eines neuen Komödienschreibers an einen Schauspieler“ (1755) gegen die Unfruchtbarkeit der landläufigen Stegreif-Hanswurstkomödien, in seiner Schrift „Der Freund der Wahrheit“ (1760) aber auch gegen den Formalismus der Gottschedianer, wobei er jedoch das Extemporieren ausdrücklich ablehnte. In seinen Komödien wollte er das Natürliche, Urwüchsige und Heimische gegen alle ausländische Künstelei und Pedanterie durchsetzen. Sie zeigen geordnete und witzige Dialoge, Individualisierung der herkömmlichen Typen. Seine Zauber- und Maschinenkomödie „Megära, die förchterliche Hexe“ (Wien 1764) ist charakteristisch für das Auslaufen und Versickern der Traditionen des Barocktheaters in der Altwiener Volkskomödie, für die das dämonische Zauberwesen rational unglaubwürdig geworden ist und nur mehr als Anlaß für Ulk genommen wird. Der Erfolg dieses Stückes brachte H. eine Besoldung als Hofdichter ein. Seine nächsten Werke zeigen ihn auf dem Wege zum Sittenstück und zur Charakterkomödie: „Die bürgerliche Dame“ (Wien 1764), „Der Furchtsame“ (ebenda 1774) und besonders die Parodie „Evakathel und Schnudi“ (ebenda 1765), in der sich H. gegen die Haupt- und Staatsaktion des Barock wie auch gegen die Alexandriner-Tragödien der Tragédie classique wendet. In bewußter Anlehnung an Goldoni leitet er eine hoffnungsvolle Entwicklung der Wiener Komödie ein. Seine Bühnenwerke wirken bis auf Raimund, Nestroy und Anzengruber, zum Beispiel durch die Gesangseinlagen, die zahlreichen fein abschattierten Figuren aus dem Volke (Hausmeister, Hausknechte, Lakaien, Kutscher, Friseure), die Wiedergabe sprachlicher Eigenheiten des Volkslebens und durch die sprechenden Namen. Seine Stücke profitieren dabei von den Errungenschaften Moliéres, Holbergs und auch Lessings. In seinen Liedern, die auch in seinen Theaterstücken als Einlagen verstreut sind und die er in den 2 Bänden „Scherz und Ernst in Liedern“ (1763/64, Neuausgabe von E. K. Blümml, 1922) sammelte, ist H. ein volkstümlicher Anakreontiker, von Sperontes (Sigismund Scholze), J. Ch. Günther und Friedrich von Hagedorn beeinflußt. Es sind ihnen Melodien beigesetzt, Weisen von Chorälen, aber auch Volksweisen. Im Text wird teilweise die Mundart verwendet. Die Lieder wurden immer wieder neu aufgelegt, erfreuten sich großer Beliebtheit und waren noch um 1800 in fliegenden Blättern verbreitet.

  • Werke

    Weitere W (alle in Wien ersch.) Der v. dreyen Schwiegersöhnen geplagte Odoardo od. Hanswurst u. Crispin, 1762, anonym 1755;
    Der beschäftigte Hausregent, 1763;
    Etwas zum Lachen im Fasching, 1764;
    Dramat. Unterhaltung unter guten Freunden, 1764;
    Die in dauernde Freundschaft verwandelte Rache, 1765;
    Die reisenden Komödianten, 1774;
    Ges. Lustspiele, 1782;
    Ges. Schrr., 3 Bde., hrsg. v. J. Sonnleitner, 1812;
    Ges. Werke, 2 Bde., hrsg. v. E. Baum, = Schrr. d. Literar. Ver., Wien, 1914.

  • Literatur

    ADB X;
    E. Baum, Ph. H.s Reisende Komödianten u. d. Wiener Gottschedianer, in: Euphorion 8, Erg.h., 1909;
    E. K. Blümml, Einl. zu Ph. H.s „Scherz u. Ernst in Liedern“, 1922, S. 3-81;
    E. Alker, Ph. H., ein Altwiener Komödiendichter, = Theater u. Kultur 9, 1923;
    Wurzbach VII;
    Goedeke IV, 1, S. 656 f.;
    Kosch, Lit.-Lex. (W, L);
    Kosch, Theater-Lex. (W, L).

  • Autor/in

    Heinz Rieder
  • Zitierweise

    Rieder, Heinz, "Hafner, Philipp" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 464 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118544640.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hafner: Philipp H., Possendichter und Regenerator der Wiener Volksbühne, geb. in Wien 1731, daselbst 1764. (Geburts- und Todestag unbekannt.) Er hatte die Wiener Jesuitenlehranstalten besucht, das Studium der Rechte betrieben und wurde sodann beim Wiener Stadtgerichte angestellt. Seine ersten dramatischen Arbeiten erregten die Aufmerksamkeit des damaligen Pächters des Hoftheaters in Wien, Grafen Durazzo. Seit 1764 begann er die Veröffentlichung seiner Possen, welche auf den Bühnen Wiens und Oesterreichs überhaupt bis ins 19. Jahrhundert hinein zahlreiche Aufführungen erlebten. In Wien verkehrte H. viel mit Prehauser, dem bekannten Schöpfer der österreichischen Hanswurstfigur, für den auch manche Rollen seiner possenhaften Stücke geradezu geschrieben wurden. Er starb an der Schwindsucht schon mit 33 Jahren. Hafner's Einfluß wurde für die österreichische Bühne bedeutungsvoll. Bis zu seinem Auftreten sah man auf der Volksbühne nur extemporirte Stücke; neben den Haupt- und Staatsactionen waren es possenhafte Zerrbilder, welche mit ihrem Hanswurst die einzige dramatische Kost für das Volk bildeten. So war es unter Stranitzky und zum Theil auch noch unter Prehauser. Es schien schwer, die plumpen, oft unfläthigen und cynischen Späße von der Bühne zu verdrängen. H. brach zuerst die Bahn zum Besseren, nicht plötzlich, sondern allmählich; seine Satyre einer Extemporekomödie: „Der alte Odoardo und der lächerliche Hanswurst“, welche er im J. 1755 anonym an den Director Weißkorn sandte, war der erste Angriff auf die Stegreifposse, der „Brief eines neuen Comödienschreibers an einen Schauspieler“,|(abgedruckt in der Ausgabe seiner Lustspiele vom J. 1782) zielt nach derselben Richtung. Hafner's Possen und Lustspiele zeugen von gesundem Humor, sie sind nicht ohne Geschick gegliedert und bieten insbesondere manchen wichtigen Beitrag zur Sittengeschichte Wiens. Die ersten Stücke ("Mägera, die förchterliche Hexe oder das bezauberte Schloß des Herrn von Einhorn", 1764 etc.) gestatten in manchen Scenen noch das Extempore. Von den übrigen Lustspielen Hafner's sind zu nennen: „Etwas zum Lachen im Fasching oder Burlins und Hanswursts seltsame Carnevalszufälle" (1771); „Die bürgerliche Dame oder die Ausschweifung eines zügellosen Eheweibes mit Hanswurst und Colombina" (1771); „Die reisenden Komödianten" (1774); „Evakathel und Schnudi“ (in der Sammlung der Lustspiele). Außerdem gibt es von Hafner noch eine unbedeutende Sammlung lyrischer Stücke „Scherz und Ernst in Liedern“ (2 Thle. 1770).

    • Literatur

      Wurzbach, Biogr. Lex. VII. S. 188. — Oesterr. Realencyclopädie II. S. 472. —
      Sonntagsblätter v. L. A. Frankl, Jahrg. 1842. Nr. 45. —
      Meusel, Lexikon. Ueber den Einfluß Hafners auf österreichische Bühnenzustände überhaupt vgl.
      Anton Schlossar, Innerösterreich. Stadtleben vor 100 Jahren (Wien 1877) S. 33 u. a. O.

  • Autor/in

    Schlossar.
  • Zitierweise

    Schlossar, Anton, "Hafner, Philipp" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 323-324 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118544640.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA