Lebensdaten
zwischen 1010 und 1020 – 1058
Sterbeort
Florenz
Beruf/Funktion
Papst ; Kanzler der römischen Kirche ; Abt von Montecassino ; Kardinal
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118798707 | OGND | VIAF: 21672744
Namensvarianten
  • Friedrich von Lothringen
  • Stephan IX.
  • Friedrich von Lothringen
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Zitierweise

Stephan IX., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118798707.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. Fam. d. Herzöge v. Lothringen (s. NDB 15);
    V Gozelo I., Hzg. v. (Ober- u. Nieder-) Lothringen († 1044), S d. Gottfried, Gf. v. Verdun ( wohl 1005, beide s. NDB VI);
    M N. N.;
    B Gottfried II., „d. Bärtige“ ( 1069, s. NDB VI), Hzg. v. (Ober- u. Nieder-)Lothringen, Gozelo II. († 1046?), Hzg. v. (Nieder-)Lothringen; Verwandte Grafen v. Calw (s. NDB III), Leo IX. (Brun[o] v. Egisheim /Dagsburg) (1002–54), Papst (s. NDB 14).

  • Biographie

    Als Kanoniker, möglicherweise Archidiakon der Lütticher Kirche, kam S. vor 1050 in Kontakt mit Papst Leo IX., durch dessen Vermittlung er der von seiner Familie gegründeten Kirche St. Alban in Namur Reliquien dieses Heiligen aus Mainz erwarb. 1050 nahm er im Gefolge Leos IX. in Toul an der Translation Bf. Gerhards teil und erbat hier Reliquien für Namur. Spätestens in diesem Jahr wurde er von Leo IX. an die röm. Kurie geholt; hier unterfertigte er seit dem 9. 3. 1051 die Urkunden des Papstes als Kanzler. Seit dem 10. 6. 1051 ist er zudem als Diakon und Bibliothekar der röm. Kirche nachgewiesen. Zusammen mit Kardinalbf. Humbert von Silva Candida und Ebf. Petrus von Amalfi nahm S. 1054 als Legat an der Gesandtschaft nach Konstantinopel teil, deren Folge das Morgenländische Schisma war; unklar ist seine Beteiligung an den dabei entstandenen Streitschriften. Wegen des Konflikts Ks. Heinrichs III. mit Hzg. Gottfried von Lothringen (seit seiner Heirat mit Beatrix von Canossa 1054 auch Mgf. der Toskana) trat S. 1055 nach der Rückkehr von der Legation als Mönch in das Kloster Montecassino ein; dort wurde er auf Veranlassung von Papst Victor II. am 23. 5. 1057 zum Abt gewählt (Weihe zum Kardinalpresbyter von S. Crisogono am 14. 6. 1057, zum Abt von Montecassino am 24. 6. 1057). Nach dem Tod Victors II. am 28. 7. 1057 wurde S. am 2. 8. 1057 in Rom ohne Beachtung der königlichen Rechte bei der Wahl von den Reformanhängern zum Papst gewählt und erhielt seinen Namen Stephan IX. nach dem Tagesheiligen; am Tag darauf erfolgten Weihe und Krönung. Durch die tumultartige Wahl suchten die Reformanhänger wohl, einer Wahl durch röm. Adelskreise zuvorzukommen und die Unterstützung von Gottfried dem Bärtigen, des Bruders von S., für die Reformkreise zu sichern. Das Amt des Abtes von Montecassino behielt S. auch als Papst bei. Die nachträgliche Wahlbestätigung vom Königshof wurde durch die Gesandten Hildebrand und Anselm von Lucca eingeholt. S. setzte die Reformpolitik seiner Vorgänger fort und erließ in mehreren Synoden in Rom Maßnahmen gegen Simonisten, Priesterehen und Verwandtenheirat. Er ernannte den Reformer Petrus Damiani zum Kardinalbischof von Ostia und versuchte nach ersten Kontakten mit der Mailänder Pataria die nordital. Reformkräfte zu stärken. Zudem strebte er, wie sich aus entsprechenden Maßnahmen in Montecassino ergibt, eine Vereinheitlichung der liturgischen Gebräuche an. In seinem kurzen Pontifikat war er mehrfach schwer krank und veranlaßte deshalb im Dez. 1057 die Wahl des Mönchs Desiderius zu seinem Nachfolger als Abt von Montecassino für den Fall seines Todes. Die Zeit vom 30. 11. 1057 bis zum 10. 2. 1058 verbrachte der Papst in Montecassino; von dort schickte er eine Gesandtschaft um den Montecassiner Elekten Desiderius nach Konstantinopel, doch wurde die Legation wegen des vorzeitigen Todes von S. nicht ausgeführt. Politisch begünstigte er seinen Bruder Gottfried den Bärtigen, dessen Hilfe er für einen geplanten Kampf gegen die Normannen in Süditalien benötigte. Im März 1058 reiste er von Rom nach Florenz, um Gottfried in Florenz zu treffen. Dort starb er in Anwesenheit des Abtes Hugo von Cluny. Mit S. trat die Reformbewegung in eine neue Phase ein; statt der Ks. Heinrich III. nahestehenden und von diesem gestützten Kreise übernahmen dem Reich skeptisch gegenüberstehende Personen die Führerschaft.

  • Werke

    Migne, PL 143, 1853, S. 865–84;
    C. Will, Acta et scripta, 1861, S. 93–153;
    Briefe u. Privilegien in: Ph. Jaffé, Regg. Pontificum Romanorum I, ²1885, S. 553–56, Nr. 4371–4388;
    ergänzend P. F. Kehr, Italia Pontificia III, 1908, S. 388 n. *2, IV, 1909, S. 110 n. 4, VIII, 1935, S. 139 n. 81, IX, 1962, S. 58 n. 24;
    A. Michel, Humbert u. Kerullarios I, 1924, S. 97–111.

  • Quellen

    I. M. Watterich, Pontificum Romanorum Vitae I, 1862, S. 188–202; Fundatio ecclesiae S. Albani Namucensis, hg. v. O. Holder-Egger, MGH SS XV/2, 1888, S. 962–64; Liber Pontificalis, ed. L. Duchesne II, 1892, S. 278, 334 u. 356; Die Chronik v. Montecassino, hg. v. H. Hoffmann, MGH SS XXXIV, 1980, S. 351 ff.; Bonizo v. Sutri, Liber ad amicum, hg. v. E. Dümmler, MGH Libelli de Lite I, 1891, S. 588–92.

  • Literatur

    ADB 36;
    C. v. Höfler, Die dt. Päpste II, 1839, S. 270–86;
    U. Robert, Le pape Étienne X, in: Revue des questions historiques 20, 1876, S. 49–76;
    J. Wattendorff, Papst S. IX., 1883;
    U. Robert, Un pape belge, Histoire du pape Étienne X, 1892;
    A. Michel, Die ,Accusatio'd. Kanzlers Friedrich v. Lothringen (Papst S.s IX.) gegen die Griechen, in: Röm. Quartalschr. 38, 1930, S. 153–208;
    G. Despy, La carrière lotharingienne du pape Étienne IX, in: Revue belge de philologie et d`histoire 31, 1953, S. 955–72;
    W. Goez, Papa qui et episcopus, Zum Selbstverständnis d. Reformpapsttums im 11. Jh., in: Archivum|Historiae Pontificiae 8, 1970, S. 27–59;
    W. Peters, Papst S. u. d. Lütticher Kirche, in: Papstgesch. u. Landesgesch., FS f. Hermann Jakobs z. 65. Geb.tag, hg. v. J. Dahlhaus u. A. Kohnle, 1995, S. 157–75;
    E. Goez, Beatrix v. Canossa u. Tuszien, 1995;
    D. Hägermann, Das Papsttum am Vorabend d. Investiturstreits, S. IX. (1057–1058), Benedikt X. (1058) u. Nikolaus II. (1058–1061), 2008, S. 1–56;
    – F.-J. Schmale, in: Dict. d`Histoire et de Géographie ecclésiastiques 15, 1963, S. 1198–1203;
    M. Parisse, in: Dict. historique de la Papauté, 1994, S. 638;
    ders., in: Enc. dei papi II, 2000, S. 166–68;
    St. Freund, in: BBKL X;
    R. Schieffer, in: LexMA;
    J. Laudage, in: LThK³ .

  • Autor/in

    Karl Augustin Frech
  • Zitierweise

    Frech, Karl Augustin, "Stephan IX." in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 255-256 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118798707.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Stephan IX., Papst, am 29. März 1058, stammte aus dem Hause der Ardennergrafen. Er war der Sohn des Herzogs Gozelo von Lothringen (s. A. D. B. IX, 531); das Geschlecht der Mutter ist unbekannt. Seine Geburt fiel in die Jahre 1010—1020, jedenfalls vor 1022. Sein Taufname war Friedrich. Zum geistlichen Stande bestimmt, erhielt er seine Erziehung an der Kirche des hl. Lambert zu Lüttich; die dortige Schule stand damals in ihrer höchsten Blüthe und im größten Ansehen weit über Deutschland hinaus. Fr. wurde dort Archidiakonus und erwarb sich bereits große Verdienste. Während der ältere Bruder, Herzog Gottfried der Bärtige (s. A. D. B. IX, 464), seinen Streit mit Kaiser Heinrich III. führte, kam Fr. in freundschaftliche Beziehungen zu Papst Leo IX. (s. A. D. B. XVIII, 282), der ihn 1049 mit nach Italien nahm, zum Cardinaldiakon beförderte und Anfang 1051 zum Kanzler und Bibliothekar des päpstlichen Stuhles ernannte. In dieser einflußreichen Stellung hatte Fr. hervorragenden Antheil an der Unternehmung Leo's gegen die Normannen. Nachdem sie mißglückt war, ging er im Januar 1054 als Gesandter nach Constantinopel, um die Streitigkeiten mit der griechischen Kirche auszugleichen, aber seine leidenschaftliche Natur und sein anmaßendes Auftreten, während der dortige Patriarch Michael ihm sehr gewandt entgegenarbeitete, brachten die ihm gestellte Aufgabe zum Scheitern. Als Fr., der mit den anderen Gesandten auf der Heimreise von dem Grafen Trasmund von Teanum angehalten und ausgeplündert wurde, nach Rom zurückkehrte, war Leo inzwischen gestorben und Victor II. als Papst an seine Stelle getreten. Zunächst blieb er dessen Kanzler, aber bald trat eine Wendung seines Schicksals ein, da Kaiser Heinrich III. gegen ihn, als den Bruder Gottfried's, lebhaften Argwohn faßte. Zwar entging er der ihm vom Kaiser zugedachten Gefangenschaft, doch um für die Zukunft sicher zu sein, trat er als Mönch in das Kloster Monte Cassino ein und brachte einige Zeit in der Verborgenheit zu. Da starb Heinrich III. im October 1056 und Victor II. bewirkte die Aussöhnung Gottfried's mit der Kaiserin Agnes. So wurde Fr. am 23. Mai 1057 zum Abte von Monte Cassino gewählt und empfing von Victor am 24. Juni die Weihe, nachdem er bereits zehn Tage vorher wiederum zu der Würde eines Cardinals und zwar eines Cardinalpriesters vom Titel St. Chrysogonus erhoben worden war. Der Papst verlieh zugleich dem Kloster reiche Gnaden. Als Fr. auf der Heimfahrt in Rom verweilte, kam die unerwartete Nachricht, daß Victor am 28. Juli zu Arezzo gestorben sei. Nun|besaß Gottfried die entscheidende und ausschlaggebende Macht in Italien und gewiß war es in erster Stelle die Rücksicht auf ihn, welche die Aufmerksamkeit auf seinen Bruder, den Cardinal Fr., lenkte. Dieser schlug zwar mehrere andere Männer vor, doch am Morgen des 2. August wurde er in die Basilica des hl. Petrus ad vincula geführt und dort erhoben. Er erhielt nach dem Tagesheiligen den Namen Stephan; wie seine Bullen und Siegel erweisen, zählte er sich als den IX., nicht den X., wie früher fälschlich angenommen wurde. Am Tage darauf erfolgte die Weihe. So bestieg seit Ende 1046 bereits der fünfte Deutsche den apostolischen Stuhl, aber während die Vorgänger ihre Stellung dem Kaiser verdankten, war jetzt die Kaiserin Agnes nicht befragt worden. Der Druck der Verhältnisse nöthigte sie jedoch, St. anzuerkennen; wahrscheinlich führte Hildebrand die Verhandlungen glücklich zu Ende. Ihm mochte der neue Papst allerdings nicht ganz erwünscht sein, aber er fügte sich dem einmal Geschehenen und wurde auch von jenem hoch geschätzt. St. widmete seine Thätigkeit der folgerechten Durchführung der cluniacensischen Reformideen und kämpfte mit Feuereifer gegen die Simonie und für den Cölibat; durch mancherlei Anordnungen und synodale Bestimmungen hat er seinen Absichten Ausdruck gegeben. Den berühmten Petrus Damiani zog er an die Curie und machte ihn zum Cardinalbischof von Ostia, um an ihm einen kraftvollen Mitkämpfer zu gewinnen. Schon rührte sich auch die Parteirichtung, welche das völlige Aufhören der Laieninvestitur forderte, und mit ihr stimmte der Papst überein. Doch sind nur sehr wenige, im ganzen acht Bullen von ihm erhalten und das Bild seines Pontificates muß hauptsächlich nach den Berichten der gleichzeitigen Geschichtschreiber gezeichnet werden, die freilich manche unsichere und zweifelhafte Angaben enthalten. Wie es scheint, wollte St. noch nicht den Kampf mit Deutschland und dem Kaiserthum aufnehmen, sondern faßte hauptsächlich die italischen Zustände ins Auge. Nichts war da wichtiger, als daß er das Aufkommen der Pataria in Mailand begünstigte. Gleich nach dem Tode Heinrich's III. hatte die sociale Bewegung begonnen, welche das Streben nach der Befreiung des Bürgerthums von der bischöflichen Herrengewalt und dem hohen Adel mit den kirchlichen Tendenzen vereinte, durch diese den politischen Zweck zu erreichen suchte. Hatte Victor II. maßvoll die Ordnung aufrecht erhalten wollen, billigte St. das revolutionäre Treiben der patarenischen Parteiführer und ließ sie durch Hildebrand ermuthigen. Nur in einer Beziehung wich er von dessen Politik ab, indem er, vielleicht von dem alten unter Leo eingesogenen Haß gegen sie bestimmt, den Plan faßte, die Normannen zu bekriegen. Daher beauftragte er Desiderius von Monte Cassino, den er zu seinem künftigen Nachfolger in der Abtwürde, die er selbst behielt, hatte wählen lassen, nach Constantinopel zu gehen, um dort für die Kircheneinigung und jedenfalls auch für ein Bündniß gegen die Normannen zu wirken. Doch gelangte dieser gar nicht an sein Ziel, da er auf die Nachricht von Stephan's Tode sofort umkehrte. Der Papst gedachte auch die reichen Schätze des Klosters für seine Zwecke zu benützen und ließ sie nach Rom kommen, aber gab sie aus Gewissensbedenken wieder frei. Die vornehmlichste Hülfe sollte ihm sein Bruder Gottfried leisten und schon tauchte das abenteuerliche Gerücht auf, er wolle diesen auch zum Kaiser krönen. Allen Plänen machte ein jäher Tod ein Ende. Da seine Gesundheit schwer erschüttert war, bestimmte er, von Todesahnungen ergriffen, schon ehe er Rom verließ, daß eine Neuwahl nur im Beisein Hildebrand's und mit dessen Rath vollzogen werden sollte. Er ging zu seinem Bruder, wohl um mit ihm den Feldzug nach Unteritalien zu berathen, aber in Florenz wurde er vom Fieber ergriffen und starb nach kaum achtmonatlichem Pontificate am 29. März 1058; dort in der Kirche von St. Reparata wurde ihm auch das Grab bereitet. — St. war wissenschaftlich gut unterrichtet,|in seinem sittlichen Wandel tadellos, aber leidenschaftlich und aufgeregten Sinnes. Er vertrat, obgleich ein geborener Deutscher, ganz und gar die universale Richtung des Papstthums und hat zuerst begonnen, ihm eine unabhängigere und freiere Stellung der kaiserlichen Regierung gegenüber zu verschaffen.

    • Literatur

      Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit, III. — Meyer v. Knonau, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V., I. — Wattendorf, Papst Stephan IX. Diss. Münster 1883, in den Münsterischen Beiträgen zur Geschichtsforschung, herausg. von Th. Lindner. 3. Heft.

  • Autor/in

    Theodor Lindner.
  • Zitierweise

    Lindner, Theodor, "Stephan IX." in: Allgemeine Deutsche Biographie 36 (1893), S. 62-64 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118798707.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA