Lebensdaten
1889 – 1947
Geburtsort
Straßburg
Sterbeort
Karlsruhe
Beruf/Funktion
Bibliothekar ; Archivar ; Historiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117272302 | OGND | VIAF: 74625420
Namensvarianten
  • Stenzel, Karl Leopold Otto
  • Stenzel, Karl
  • Stenzel, Karl Leopold Otto
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Zitierweise

Stenzel, Karl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117272302.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl Paul (1859–1925, Photograph in Esslingen, seit 1871 in St., S d. Karl August (1824–1902), Schlosser in Esslingen, u. d. Katharina Stützel (1833–1908: M Friederike (1864–1943), T d. Leopold Butz (1832–93, seit 1871 Bahnbeamter in St., u. d. Friederike Walz (1836–1910;
    B Otto (1894–1975, Frida Rietzel), Angest. b. Arbeitsamt Glogau, 1936 wegen SPD–Mitgliedschaft entlassen, Wehrmachtfürsorgeoffz. in Donaueschingen;
    Straßburg 1914 Martha (1885–1973), T d. Georg Füllenwarth (1842–1911, Lehrer in St., u. d. Maria Magdalena Heldt (1853–1927;
    3 S Rüdiger (1915–99), Lehrer in Ettlingen, Erwin (* 1921), Dr. med., Facharzt f. Neurol. u. Psychiatrie, ltd. Arzt d. Epilepsiezentrums in Bethel, Arnold (* 1924), Erziehungswiss. in Flensburg.

  • Biographie

    S. besuchte das prot. Gymnasium in Straßburg und studierte in seiner Heimatstadt Geschichte, Deutsch und Englisch. Nach Staatsexamen und Probelehrjahr trat er 1912 als wiss. Hilfsarbeiter in das Bezirksarchiv des Unterelsaß ein; 1914 promoviert, wurde er dort 1917 ksl. Archivar. 1919 entschied sich S. mit seiner Frau für die dt. Staatsangehörigkeit und exilierte. 1920–28 war S. Bibliothekar an der Württ. Landesbibliothek in Stuttgart, danach baute er als Archivar das Stuttgarter Stadtarchiv auf. 1939 wechselte er in die Leitung des Bad. Generallandesarchivs; zusätzlich ernannte ihn 1940 der Chef der Zivilverwaltung im besetzten Elsaß zum Beauftragten für das elsäß. Archivwesen, 1943 wurde S. kommissarischer Generaldirektor der oberrhein. Staatsarchive Karlsruhe, Straßburg und Colmar. 1945 verlor S. seinen Posten in Karlsruhe und wurde von der Spruchkammer als Mitläufer eingestuft. Er starb an einem schweren Nierenleiden, unter dem er von Jugend auf gelitten hatte.

    Als Schüler des Diplomatikers Harry Bresslau (1848–1926) und des Archivars Wilhelm Wiegand (1851–1915) leistete S. dort Bleibendes, wo er dem Archiv und den archivischen Quellen am nächsten sein konnte: Aus dem Fundus der Bestände des Straßburger Stadt- und Bezirksarchivs entstanden umfangreiche Arbeiten zur Stadt- und Kirchengeschichte im Spätmittelalter; in Stuttgart legte er mit organisatorischem Geschick die Fundamente von Stadtarchiv und Städtischen Sammlungen; in Karlsruhe führte er mit Manfred Krebs (1892–1971) die im Prinzip noch heute gültige Beständestruktur des Generallandesarchivs ein und sorgte hier wie in Straßburg für die Auslagerung von Archivalien während der Kriegsjahre.

    Zugleich spiegelt S.s Biographie die Umbrüche seiner Zeit: Im ksl. „Reichsland“ aufgewachsen und mental wie sprachlich dem Elsaß als Heimat verbunden, bedeutete das Exil von 1919 Zwang und Verlust; er stand der Vereinigung der Elsaß-Lothringer im Reich um Paul Wentzcke (1879–1960) nahe und hatte auch in Stuttgart engen Kontakt mit anderen Elsässern. Seine „Rückkehr“ 1940 im Schutz der dt. Waffen verstand er als Ende dieses Exils und als Beginn neuen Gestaltungsspielraums, in dem er sich dann bis zur Erschöpfung verausgabte. Dabei führte sein politischer Weg keineswegs zwangsläufig zur Kollaboration mit dem NS-Staat. Seit seiner Jugend im Wandervogel zu Hause, orientierte er sich bereits im Kaiserreich an Friedrich Naumanns sozialem Liberalismus, schrieb für Theodor Heuss Artikel in der „Deutschen Politik“ und stand in der Weimarer Zeit der DDP nahe. Als er 1933 einem SA-Trupp verbot, durch die Räume des Stadtarchivs zu ziehen, um die Hakenkreuzfahne auf dem Stuttgarter Rathausturm zu hissen, wurde er suspendiert und erst ein Jahr später unter dem Schutz des Oberbürgermeisters Karl Strölin (1890–1963) ins Archiv zurückgeholt. Von da an stand er unter Beobachtung der Partei und war erpressbar. Er trat 1933 in die NSDAP ein, bediente in Baden die Grenzland-Rhetorik und machte sich im Elsaß zum übereifrigen archivischen Helfer von Zentralisierung und Vereinheitlichung eines künftigen „Gaus Oberrhein“. Auch in seinem wissenschaftlichen, im Kern konventionell-bürgerlichen Werk paßte er sich an; einen zunächst quellennahen Aufsatz zu „Waiblingen in der dt. Geschichte“ (1932) erweiterte er 1936 um mythisierende Passagen zum dt. Königtum – als Korrektiv des Rom-zentrierten Kaisertums – und in seine regelmäßigen Literaturkritiken in den „Jahresberichten für dt. Geschichte“ ließ er seit 1936 rassenkundliche und auch antisemitische Töne einfließen, die er zuvor gemieden hatte. Daß S. unter solchen Kompromissen mit der Macht und unter Querelen mit der NSDAP litt, wie Erinnerungen seines Mitarbeiters Jean Rott und seiner Familie bezeugen, ist glaubhaft, und auch Gerhard Ritter warf ihm 1946 keine ideologische Verirrung, eher menschliches Versagen vor.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Straßburger Wiss. Ges., Heidelberg (1927), d. Bad. Hist. Komm. (1927, Schriftführer 1938–42) u. d. Württ. Komm. f. Landesgesch. als Vertreter d. Württ. Gesch.- u. Altertumsver.;
    Geschäftsführer d. Oberrhein. Hist. Komm. (1942–45).

  • Werke

    u. a. Die Pol. d. Stadt Straßburg am Ausgang d. MA in ihren Hauptzügen dargest., Diss. Straßburg 1915;
    (Ed.) Die Straßburger Chronik d. elsäß. Humanisten Hieronymus Gebwiler, 1926;
    Hzg. Karl Eugen u. Schillers Flucht, Neue Zeugnisse aus d. Papieren d. Gen. v. Augé, 1936;
    (Hg.) Veröff. d. Archivs d. Stadt Stuttgart, 2 Bde., 1936–37;
    Neues aus Wilhelm Hauffs Lebenskreis, Gelegenheitsgedichte, Briefe u. Urkk., 1938;
    (Mithg.) Quellen u. Forschungen z. Siedlungs- u. Volkstumsgesch. d. Oberrheinlande, 4 Bde., 1940–43 (mit F. Metz u. P. Wentzcke);
    (Hg.) Btrr. z. Gesch. d. Oberrheins, 2 Bde., 1941–44;
    (Hg.) Mitt. d. Oberrhein. Hist. Kommission, 2 Bde., 1942–43;
    zahlr. Aufss. u. Lit.berichte z. elsäss. Gesch. in ZGORh, 1910–42, posthum: Basel, Straßburg u. d. Reich am Ausgang d. MA, in: ZGORh 104, 1956, S. 455–88;
    Nachlaß:
    Gen.landesarchiv Karlsruhe (P)

  • Literatur

    | M. Miller, in: ZWLG 9, 1949/50, S. 288–90;
    K. Krimm, Kampfplatz – Nische – Abstellraum? Das Bad. Gen.landesarchiv im NS, in: Archiv u. Öffentlichkeit, Aspekte e. Beziehung im Wandel, hg. v. dems. u. H. John, 1997, S. 75–108;
    ders., K. S. u. d. „oberrhein. Staatsarchive“, Dt. Archivpol. im Elsaß 1940–1944, in: Das dt. Archivwesen u. d. NS, 2007, S. 195–207;
    Kürschner, Gel.-Kal. 1931;
    Leesch, Archivare;
    NDBA.

  • Autor/in

    Konrad Krimm
  • Zitierweise

    Krimm, Konrad, "Stenzel, Karl" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 253-254 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117272302.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA