Wittkowski, Margarete
- Lebensdaten
- 1901 oder 0 – 1974
- Geburtsort
- Posen
- Sterbeort
- Singen (Hohentwiel, Baden-Württemberg)
- Beruf/Funktion
- Politikerin
- Konfession
- konfessionslos
- Namensvarianten
-
- Wittkowski, Grete
- Wittkowski, Margarete
- Wittkowski, Grete
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Wittkowski, Margarete (Grete)
| Politikerin, * 18.8.1910 Posen, † 20.10.1974 Singen (Hohentwiel, Baden-Württemberg), ⚰ Berlin-Friedrichsfelde, Zentralfriedhof. (jüdisch, später konfessionslos)
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Genealogie
V →Martin (1878–1932), Kaufm.;
M →Berta Königsberger (* 1886, ermordet in Auschwitz), Musikerin;
Schw Ingeborg (* 1919, ermordet in Auschwitz). -
Biographie
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Posen und Berlin studierte W. 1929–32 Nationalökonomie in Berlin (Dipl.-Volkswirtin). Sie trat 1932 in die KPD ein und ging ein Jahr später in die Schweiz. Im Febr. 1934 wurde sie in Basel bei →Hermann Schmalenbach (1885–1950) mit einer Studie über „Großbanken und Industrie in Deutschland, 1924–1931“ (1937) zum Dr. rer. pol. promoviert und kehrte im selben Jahr nach Deutschland zurück, um sich als Mitherausgeberin der illegalen Zeitung der „Revolutionären Gewerkschaftsopposition“ (RGO) in Berlin zu betätigen. Im Febr. 1935 reiste sie wieder in die Schweiz und übernahm die politische Leitung einer Parteigruppe. Im Parteiauftrag ging W. 1937 nach Zürich. Bis zum Novemberpogrom 1938 reiste sie regelmäßig illegal nach Deutschland. Obwohl sie im Nov. 1938 in Zürich verhaftet und aus der Schweiz ausgewiesen wurde, konnte sie sich bis zum Frühjahr 1939 illegal in Basel aufhalten. Im April 1939 floh sie nach Großbritannien, wo sie sich bis zum Kriegsende in der Exil-KPD engagierte.
Im März 1946 über Jugoslawien nach Berlin zurückgekehrt, arbeitete W. als Wirtschaftsjournalistin, gründete mit →Jürgen Kuczynski (1904–1997) die Wochenzeitung „Die Wirtschaft“ und leitete 1946/47 das Wirtschaftsressort des SED-Zentralorgans „Neues Deutschland“ (SED-Mitgl. 1946). Nach einem Lehrgang an der Parteihochschule 1949/50 und anschließendem Studienaufenthalt in Moskau war sie 1954–58 und 1963–74 Mitglied des Zentralkomitees der SED, außerdem 1952–58 sowie 1963–67 Abgeordnete der Volkskammer.
W. machte v. a. in der zentralen Wirtschaftsverwaltung der SBZ/DDR Karriere. 1947–49 war sie stellv. Leiterin der Hauptverwaltung Wirtschaftsplanung der Dt. Wirtschaftskommission (DWK). 1950 wurde sie Leiterin des Zentralen Planungsamts im Ministerium für Planung. Ihre vorgesehene Berufung an die Spitze des neugebildeten Ministeriums für Leichtindustrie scheiterte Ende 1950 nach einer parteiinternen Untersuchung der Zentralen Parteikontrollkommission (ZPKK) an ihrer Westemigration im 2. Weltkrieg. Stattdessen wurde sie zum Verband Dt. Konsumgenossenschaften versetzt, den sie 1951–54 leitete und im Sinne der SED schlagkräftig machte. Anfang 1954 durfte sie die Vertretung des Ministers für Handel und Versorgung übernehmen, kurz darauf erfolgte der lang geplante Wechsel in die Staatliche Plankommission (SPK), in der sie als 1. Stellvertreterin des Vorsitzenden rasch die Zuständigkeit für die Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern erhielt. Nachdem sie 1958 des „Managertums“ bezichtigt worden war, erfolgte der langsame Abstieg: Bis 1961 war sie nur noch eine der Stellvertreter des Vorsitzenden der SPK, 1961–67 als stellv. Vorsitzende des Ministerrats zuständig für die Bereiche Handel, Versorgung und Landwirtschaft. 1967 wechselte sie zur Dt. Notenbank bzw. Staatsbank.
Die Brüche in W.s Karriereverlauf zeigen nicht nur den rigorosen Umgang der SED-Führung mit den kommunistischen Westemigranten Anfang der 1950er Jahre, sondern verweisen auch auf den Antisemitismus in der ostdt. Staatspartei. W. hatte sich in den 1920er Jahren einer zionistischen Jugendorganisation angeschlossen, löste sich aber eigenen Angaben zufolge 1931 vom Zionismus. Die sowjet. Besatzungsmacht war von Anfang an über diesen Teil der Biographie informiert, richtete ihr Augenmerk aber erst im Zuge der von Stalin initiierten Antisemitismus-Kampagne 1950 auf führende Persönlichkeiten jüd. Herkunft in Staat und Partei. W. starb während einer Reise in Singen.
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Auszeichnungen
|VVO in Bronze (1955), Silber (1965) u. Gold (1970);
Verdienstmedaille d. DDR (1959);
Banner d. Arb. (1960). -
Werke
|The Economics of Barbarism, Hitler’s New Economic Order in Europe, 1942 (mit J. Kuczynski);
Die dt.-russ. Handelsbeziehungen in d. letzten 50 J., 1974 (mit dems.). -
Literatur
|K. Hartewig, Zurückgekehrt, Die Gesch. d. jüd. Kommunisten in d. DDR, 2000;
H. Amos, Pol. u. Organisation d. SED-Zentrale 1949–1963, 2003;
A. Malycha, Die Staatl. Plankomm. (SPK) u. ihre Vorläufer 1945 bis 1990, Struktur u. Personal, in: D. Hoffmann (Hg.), Die zentrale Wirtsch.verw. in d. SBZ/DDR, 2016, S. 17–132;
Wer war wer DDR;
Lex. 1000 Frauen;
Juden in Berlin;
Kosch, Biogr. Staatshdb.;
Biogr. Hdb. SBZ-DDR;
BHdE I;
– Qu BA, SAPMO, Kaderakte W. -
Porträts
|Photogrr. (BA, Bilddatenbank).
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Autor/in
Dierk Hoffmann -
Zitierweise
Hoffmann, Dierk, "Wittkowski, Margarete (Grete)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 351 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142922.html#ndbcontent