Willich, August

Lebensdaten
1810 – 1878
Geburtsort
Braunsberg (Ostpreußen)
Sterbeort
Saint Marys (Ohio, USA)
Beruf/Funktion
Sozialist ; General
Konfession
evangelisch
Namensvarianten

  • Willich, Johann August Ernst
  • Willich, Johann August Ernst von (bis 1847)
  • Willich, August von
  • Willich, August
  • Willich, Johann August Ernst
  • Willich, Johann August Ernst von (bis 1847)
  • willich, johann august ernst von
  • Willich, August von

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Zitierweise

Willich, August, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz142879.html [08.12.2025].

CC0

  • Willich, Johann August Ernst (bis 1847 von)

    | Sozialist, General, * 19.11.1810 Braunsberg (Ostpreußen), † 22.1.1878 Saint Marys (Ohio, USA), Saint Marys, Elm Grove Cemetery. (evangelisch)

  • Genealogie

    Aus Theologenfam. in d. Mark Brandenburg;
    V Johann Georg v. W. (1769–1814), preuß. Rittmeister, Landrat, Bgm. v. B., S d. Philipp Georg v. W. (1720–87, Reichsadel 1786), D. theol., Pfarrer in Zirkow, Präpositus an d. St. Michael-Kirche in Sagard (Rügen), u. d. Marianne Regina Schwarz ( 1804);
    M Luise Friederike Elisabeth (1781–1851, 2] 1814 Georg Friedrich v. dem Borne, 1790–1861, preuß. Sekondelt., Steuerinsp.), T d. Johann v. Michalowski (1738–1805, litau. Adel 1764), preuß. Kriegs- u. Steuerrat, u. d. Regina Sophia v. Essen (1747–1819);
    Ur-Gvv Friedrich Christoph (1693–1751), Pfarrer in Elmenhorst b. Stralsund u. in Trent (Rügen), 1742 Präpositus in Loitz, Adolph Philipp Theodor Schwarz, Pfarrer in Sagard;
    Ov Moritz v. W. (1750–1810), Landphysikus im Ftm. Rügen, Erbauer d. Sa|gader Gesundbrunnens, Heinrich Christoph v. W. (1759–1827), ev. Pfarrer, Erbauer d. Sagarder Gesundbrunnens, Ehrenfried v. W. (1777–1807, Henriette v. Mühlenfels, 1785/88–1840, 2] Friedrich Schleiermacher, 1768–1834, ev. Theol., s. NDB 23), ev. Feldprediger b. Rgt. d. schwed. Kgn. in Stralsund, mit Schleiermacher befreundet;
    2 ältere B (1 vermutl. früh †) Julius v. W. (1807–82), preuß. Oberstlt., 2 Halb-B Johann Adolf Wilhelm v. W. (1819–88), preuß. Major, Postdir., Fridolin Ferdinand (1821–1845), Landwirt, 1 Halb-Schw Hulda Antonie Valeska (1823–1888);
    Soldau 1834 Charlotte Friederike (1804–1861), T d. David Ferdinand Pontanus (?), preuß. Compagniechirurg, u. d. Charlotta Johanna Kleinin (1785–1806);
    kinderlos.

  • Biographie

    W. wuchs nach dem Tod des Vaters im Umfeld Schleiermachers auf und trat 1821 in die Potsdamer Kadettenanstalt ein. 1839 zum Premierleutnant in der 7. Westfäl. Artillerie-Brigade in Wesel ernannt, leitete er Mitte der 1840er Jahre einen Kreis republikanischer Offiziere. 1847 quittierte W. den Dienst, legte seinen Adelstitel ab und begann eine Zimmermannslehre.

    In der Revolution 1848 trat W. als militärischer Führer des Heckerzugs sowie als Kommandant einer in Besançon (Frankr.) exilierten Arbeiterlegion in Erscheinung. Während der gescheiterten pfälz.-bad. Revolution 1849 führte er eine 800 Mann starke Freischar und flüchtete über die Schweiz und Frankreich nach London. Hier wurde er im Okt. 1849 Mitglied in der Zentralbehörde des „Bunds der Kommunisten“, überwarf sich jedoch im Sept. 1850 mit Karl Marx (1818–1883), da er an Plänen für einen unmittelbaren Umsturz in Deutschland festhielt. W. versammelte mit Karl Schapper (1812–1870) die Mehrheit des nunmehr gespaltenen Bunds hinter sich, beteiligte sich in leitender Funktion an der von Gottfried Kinkel (1815–1882) initiierten „Deutschen National-Anleihe“ und strebte ein Zusammenwirken aller republikanischen Kräfte im Exil an. Anfang 1853 wanderte er in die USA aus, wo er im Auftrag der „Anleihe“ tätig war und eine militärische Intervention in Europa beabsichtigte.

    W. arbeitete Ende 1853 als Zimmermann in Brooklyn, später im Küsten- und Landvermessungsdienst in Washington D. C. Ende 1858 zog er nach Cincinnati, um die Redaktion der dt.sprachigen Tageszeitung „Cincinnati Republikaner“ (1858–1861) zu übernehmen. Er wurde zu einer einflußreichen Figur der frühen Gewerkschaftsbewegung in den USA und vertrat eine auf industrieller Selbstverwaltung aufbauende Sozialismuskonzeption.

    W. war entschiedener Gegner der Sklaverei, pflegte Freundschaften mit Abolitionisten und sprach sich für die vollständige gesellschaftliche Gleichberechtigung der Afroamerikaner aus. Im Präsidentschaftswahlkampf 1860 unterstützte er in seiner Zeitung Abraham Lincoln und die Republikanische Partei.

    Nach dem Beginn des Amerik. Bürgerkriegs stellte sich W. wie fast alle in die USA ausgewanderten „48er“ auf die Seite der Nordstaaten. Er wirkte bei der Organisation des 9. Ohio|Freiwilligenregiments mit und erhielt im August 1861 das Kommando über das 32. Indiana Regiment. Beide Einheiten rekrutierten sich größtenteils aus dt.-amerik. Arbeiterund Turnvereinen und wurden von W. nach preuß. Vorbild aufgestellt. Im Juli 1862 für seine Verdienste in der Schlacht von Shilo zum Brigadegeneral befördert, spielte W. 1863 mit seiner Brigade eine wichtige Rolle in der Chattanooga-Kampagne, die mit der Vertreibung der Konföderierten aus Tennessee endete. Dabei zeichnete er sich v. a. bei der entscheidenden Schlacht von Missionary Ridge aus. Im Verlauf der Atlanta-Kampagne 1864 erlitt W. eine Verletzung, die seinen rechten Arm lähmte. 1865 zum Brevet-Generalmajor befördert, schied er Anfang 1866 aus der Armee aus. Gegen die von Friedrich Hassaurek (1831–1885) erhobenen Vorwürfe der persönlichen Bereicherung während seiner Amtsführung als Auditor von Hamilton County (Ohio) 1867–69 mußte sich W. vor Gericht verteidigen, wurde aber freigesprochen. 1870 kehrte er nach Deutschland zurück und studierte an der Univ. Berlin und der Kgl. Gewerbeakademie. Er begrüßte den Ausbruch des Dt.-Franz. Kriegs und erblickte in dem Sieg des prot. Preußens einen weltgeschichtlichen Fortschritt. Seinen republikanisch-sozialistischen Idealen blieb W. jedoch treu.

    Für die in Nachrufen auftauchende Behauptung, W. habe dem preuß. König seine Dienste angeboten, gibt es bislang keinen verifizierbaren Beleg. 1871 in die USA zurückgekehrt, engagierte sich W. gegen die Wiederwahl von Präsident Ulysses S. Grant, dessen Administration er als korrupt ansah. W. beteiligte sich 1873 an einem fehlgeschlagenen Versuch, in Ohio eine People’s Party zu etablieren und ließ sich als hochgeachteter Bürger in St. Marys (Ohio) nieder.

    W. gehörte zu den politisch radikalsten „48ern“, die im Amerik. Bürgerkrieg zu hochrangigen Generälen aufstiegen. Seine eigenständigen sozialistischen Ideen und sein weitreichender Antirassismus gerieten auch deshalb in Vergessenheit, weil er sich nicht über längere Zeit publizistisch betätigte. Das häufig kolportierte Gerücht, W. sei ein illegitimer Nachkomme Prinz Augusts von Preußen (1779–1843) gewesen, wurde von W. weder dementiert noch öffentlich bestätigt.

  • Auszeichnungen

    A Nachrr.bataillon 31 „A. W.“ d. NVA (1971);
    A.-v.-W.-Str., Köln-Ossendorf (1999).

  • Werke

    W Im preuß. Heere! Ein Disciplinarverfahren gegen Premier-Lieutenant v. W., 1848;
    The Army, Standing Army Or National Army?, 1866;
    Qu Internat. Inst. f. Soz.gesch. Amsterdam (Teilnachlaß);
    Landesarchiv Berlin u. Geh. StA Preuß. Kulturbes. (polizeil. Akten).

  • Literatur

    L H. A. Rattermann, in: Der Dt. Pionier 9, 1878, S. 439–45, 448–95 u. 10, S. 68–71, 114–17, 144–47;
    C. D. Stewart, A Bachelor Gen., in: Wisconsin Magazine of Hist. 17, 1933, H. 2, S. 131–54;
    J. Barnett, A. W., Soldier Extraordinary, in: Bull. of the Hist. and Philosophical Soc. of Ohio 20, 1962, H. 1, S. 60–74;
    L. D. Easton, Hegel’s First American Followers, 1966;
    ders., in: ANB;
    A. Diesbach, in: Bad. Heimat 58, 1978, S. 481–98;
    R. Dlubek, in: Akteure e. Umbruchs, hg. v. H. Bleiber u. a., 2003, S. 923–1004;
    W. Hochbruck, in: Germany and the Americas, Bd. 3, hg. v. T. Adam, 2005, S. 1145 f.;
    C. Lattek, Revolutionary Refugees, 2006;
    J. Reinhart, A. W.’s Gallant Dutchmen, 2006;
    M. Honeck, We are the Revolutionists, 2011;
    D. Nagel, Von republikan. Deutschen zu dt.-amerik. Republikanern, 2012;
    D. T. Dixon, Radical Warrior, A. W.’s Journey from German Revolutionary to Union Gen., 2020;
    The Nat. Cyclopedia of American Biogr., Bd. 13, 1906, S. 65;
    Biogr. Lex. Arbeiterbewegung;
    Revolutionäre in Baden;
    zur Fam.: Eberhard Willich, Die Nachfahren d. Fam. Philipp Georg v. W. (1720–1787), Beil. z. Fam.bl. d. Fam. W., H. 7, 1994.

  • Porträts

    P Zeichnung (Adolph Metzner Coll., Library of Congress, Washington D. C.);
    Photogr., Abb. in J. Barnett, W.’s Thirty-Second Indiana Volunteers, in: Cincinnati Hist. Soc. Bulletin 20, 1979, S. 48.

  • Autor/in

    Felix Zimmermann, Daniel Nagel
  • Zitierweise

    Zimmermann, Felix; Nagel, Daniel, "Willich, Johann August Ernst (bis 1847 von)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 192-193 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142879.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA