Wieland, Wolfgang

Lebensdaten
1933 – 2015
Geburtsort
Heidenheim/Brenz
Sterbeort
Northeim
Beruf/Funktion
Philosoph ; Mediziner ; Arzt
Konfession
-
Namensvarianten

  • Wieland, Wolfgang

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Zitierweise

Wieland, Wolfgang, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz142468.html [15.12.2025].

CC0

  • Wieland, Wolfgang

    | Philosoph, Mediziner, Arzt, * 29.6.1933 Heidenheim/Brenz, † 8.3.2015 Northeim, Heidelberg-Neuenheim. (evangelisch)

  • Genealogie

    V N. N. ;
    M N. N.;
    Wieslawa Wolfram (1931–2022), aus Warschau, Dr. phil., Univ.doz. f. Lit.gesch. in Italien (s. Kosch, Lit.-Lex.³);
    1 T Aglaia K. (* 1975), Dipl.-Kauffrau, Dr. rer. pol., Betriebswirtin u. a. b. Boston Consulting Group u. b. Dt. Komitee f. UNICEF.

  • Biographie

    W. verlebte Kindheit und Jugend in Heidenheim. Nach dem Abitur am Schubart-Gymnasium in Aalen studierte er seit 1952 Philosophie, Jura und Musikwissenschaft in Heidelberg, München und Göttingen. 1954 wurde er bei Hans-Georg Gadamer (1900–2002) und Karl Löwith (1897–1973) an der Univ. Heidelberg mit der Dissertation „Schellings Lehre von der Zeit, Grundlagen und Voraussetzungen der Weltalterphilosophie“ (gedr. 1956) zum Dr. phil. promoviert. Im Anschluß an seine Assistentenzeit am dortigen Philos. Seminar wechselte er 1957 als Wiss. Assistent Carl Friedrich v. Weizsäckers (1912–2007) an die Univ. Hamburg. 1960 habilitierte er sich bei Gadamer und Löwith in Heidelberg mit der Schrift „Die aristotelische Physik, Untersuchungen über die Grundlegung der Naturwissenschaft und die sprachlichen Bedingungen der Prinzipienforschung bei Aristoteles“ (1962, ³1992, ital. 1993) und nahm einen Ruf als ao. Professor in Hamburg an. 1964 wechselte er als o. Professor an die Univ. Marburg, wo er 1965 ein Medizinstudium aufnahm, das er nach seiner Berufung als o. Professor für Philosophie nach Göttingen 1968 hier fortsetzte und 1970 beendete (Approbation 1973). 1979 ging W. als Ordinarius nach Freiburg (Br.), 1983 nach Heidelberg (Dekan 1992–94, em. 1998). 2001/02 war er Inhaber der Christian-Wolff-Professur in Halle/Saale. Rufe nach Bern, Salzburg und Tübingen lehnte er ab.

    W. gilt auch international als einer der renommiertesten Forscher auf dem Feld der klassischen antiken Philosophie. Besonders seine Analyse der Aristotelischen Kontinuums-Lehre bewies deren Tragfähigkeit für die Physik bis ins 20. Jh. Seine Monographie „Platon und die Formen des Wissens“ (1982, ²1999) stellte Platons Philosophie am Leitfaden von dessen dialogischer Struktur als Muster eines methodisch hochdifferenzierten Ganzen aus Theoretischer und Praktischer Philosophie dar. Eine Bereicherung für die Erforschung des Dt. Idealismus waren W.s Studien zu Schelling und Hegel. Mit seinem letzten zu Lebzeiten veröffentlichten Werk, „Urteil und Gefühl, Kants Theorie der Urteilskraft“ (2001), arbeitete er im Medium von Kants Beitrag zur Ästhetik die Leitfadenrolle der Urteilskraft in den drei Kritiken Kants heraus.

    Ebenfalls internationales Ansehen errang W. durch seine Beiträge zu grundlagentheoretischen und medizinpolitischen Problemen der Medizin, mit denen er diese – v. a. in seinem Buch „Diagnose, Bemerkungen zur Medizintheorie“ (1975) – als ein von der aktuellen dominierenden Wissenschaftstheorie systematisch vernachlässigtes Paradigma einer eminenten Praktischen Wissenschaft durchschaubar machte. Die Struktur dieses Paradigmas wird, wie er es in seinem Buch „Strukturwandel der Medizin und ärztliche Ethik, Philosophische Überlegungen zu Grundfragen einer praktischen Wissenschaft“ (1986) analysierte, durch drei aktuelle systemische Tendenzen durchkreuzt: durch die Probabilisierung der Diagnostik, durch die Juridifizierung der ärztlichen Praxis und durch die Anonymisierung der Träger der Arzt-Patient-Dyade. Die wichtigsten Elemente dieser beiden Untersuchungen stellte W. in seinen eher medizinpolitisch orientierten Aufsätzen immer wieder auf neue Bewährungsproben. Zu seinen Schülern zählen u. a. Theodor Bodammer, Rainer Enskat (* 1943), Alejandro Vigo (* 1958) und Michael Wolff (* 1942).

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Wiss. Ges. zu Marburg (1964) u. d. Heidelberger Ak. d. Wiss. (1982, Sekretar d. Phil.-hist. Kl. 1986–90);
    Dr. med. h. c. (Tübingen 2005).

  • Werke

    |Aporien d. prakt. Vernunft, 1989;
    La Razón y su Praxis, Cuatro ensayos filosoficos, 1997;
    Verantwortung, Prinzip d. Ethik?, 1999;
    Med. als prakt. Wiss., Kl. med.theoret. Schrr., hg. v. R. Enskat u. A. G. Vigo, 2014;
    Hg.: Hdb. Phil., 10 Bde.,1981–96 (mit E. Ströker);
    Bibliogr.: Amicus Plato (…), 1998 (s. L), S. 300–04;
    Nachlaß: DLA Marbach;
    zu Wieslawa: Es geschah am Ufer d. Weichsel, Gesch. e. Jugend, 2003 (Autobiogr.).

  • Literatur

    |R. Enskat, Philosoph u. Arzt, Zum sechzigsten Geb.tag v. W. W., in: FAZ v. 29.6.1993;
    Amicus Plato magis amica veritas, FS f. W. W. z. 65. Geb.tag, hg. v. dems., 1998, Nachdr. 2010 (W);
    C.-D. Middel, Med.theorie als rekonstruktive Theorie, Überlegungen z. Med. u. ihrer Theorie unter bes. Berücksichtigung d. Ansätze v. Richard Koch, Karl Eduard Rothschuh u. W. W., Diss. Münster 2002;
    Platon u. Aristoteles, Sub ratione veritatis, FS f. W. W. z. 70. Geb.tag, hg. v. G. Damschen, R. Enskat u. A. G. Vigo, 2003;
    Cat. professorum academiae Marburgensis II;
    Drüll, Heidelberger Gelehrtenlex. IV;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L).

  • Autor/in

    Rainer Enskat
  • Zitierweise

    Enskat, Rainer, "Wieland, Wolfgang" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 78-79 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142468.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA