Lebensdaten
1929 – 1998
Geburtsort
Rannungen (Unterfranken)
Sterbeort
Würzburg
Beruf/Funktion
Kanonist ; Rechtshistoriker
Konfession
katholisch
Namensvarianten
  • Weigand, Rudolf Bruno
  • Weigand, Rudolf
  • Weigand, Rudolf Bruno
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Zitierweise

Weigand, Rudolf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139729.html [28.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (* 1901, 1945 vermißt in Rußland), Bauer in R., S d. Georg Fridolin (1866–1921), Bauer in R., u. d. Mathilde Hümmler (1875–1949);
    M Franziska (1904–83), T d. Bonifaz Erhard (1871–1939), Bauer in R., u. d. Maria Johanna Keß (1874–1920);
    2 B Reinhard (* 1930), Werner (* 1936), 1 Schw Regina (* 1935, Heinrich Mayer);
    ledig;
    Verwandter Rudolf (1903–44), Missionsbruder.

  • Biographie

    W. studierte nach dem Besuch der Volksschule in Rannungen und des Alten Gymnasiums in Würzburg 1948–52 kath. Theologie in Würzburg (Priesterweihe 1953) und fand schon während der Studienzeit seinen wissenschaftlichen Schwerpunkt im Bereich der Geschichte des kanonischen Rechts. Sein wichtigster Universitätslehrer war der Würzburger Kanonist Ernst Rösser (1903–89), von dem er nach mehrjähriger Tätigkeit als Kaplan 1960 zum Dr. theol. promoviert wurde mit der Arbeit „Die bedingte Eheschließung im kanonischen Recht“ (1963). Seine Lizentiatsarbeit am kanonistischen Institut der Univ. München 1963 befaßte sich mit Rechtstheorie und Rechtsdogmatik der bedingten Eheschließung und wurde mit deren Geschichte in Spätmittelalter und Neuzeit als „Die bedingte Eheschließung im kanonischen Recht, T. 2“ 1980 publiziert. 1966 habilitierte sich W. mit einer Monographie über die Naturrechtslehre der mittelalterlichen Legisten und Kanonisten in Würzburg, wohin er 1968 als Nachfolger von Rösser auf den kanonistischen Lehrstuhl berufen wurde (em. 1997). Als kath. Priester setzte er sich engagiert in der Seelsorge im Rahmen der Schönstatt-Bewegung von Josef Kentenich (1885–1968) ein und wirkte 1969–76 als Regens des Würzburger Priesterseminars.

    In der Kanonistik forschte W. v. a. in drei Hauptgebieten: zunächst über das mittelalterliche Eherecht, dem neben den Werken zur bedingten Eheschließung zahlreiche Aufsätze gewidmet sind, viele gesammelt in dem Band „Liebe und Ehe im Mittelalter“ (1993, ²1998). Im kath. Kirchenrecht blieb die Möglichkeit einer bedingten Eheschließung bis heute begrenzt erhalten, allerdings nicht unter einer Bedingung, die sich auf die Zukunft bezieht (CIC [1983] can. 1102, § 1). Diese Norm des geltenden Kirchenrechts entspricht einer Formulierung W.s. Mit dem Prinzip der Unauflöslichkeit der Ehe nach kath. Kirchenrecht beschäftigte sich W. in mehreren Studien, wobei er sich auch auf die Eheauflösung durch Dispens der Päpste im Mittelalter bezog und die These vertrat, daß die Unauflöslichkeit der Ehe kein Dogma sei. Das von ihm entwickelte Eheverständnis ist auch für die aktuelle theologische und kanonistische Diskussion bedeutsam.

    W.s zweiter Schwerpunkt ist die Naturrechtslehre in der mittelalterlichen Jurisprudenz. Vor W. war der Beitrag des Mittelalters zum Naturrecht überwiegend bei Thomas von Aquin untersucht worden. W. wies nach, daß die Legisten und Kanonisten lange vor Thomas originelle Naturrechtskonzepte entwickelt hatten, u. a. zum Naturrecht auf Freiheit und zum Verhältnis von Privat- und Gemeineigentum. W. war ein Vertreter des Prinzips unverlierbarer Menschenrechte in Staat und Kirche.

    Einen dritten Schwerpunkt bilden W.s Forschungen zur Quellen- und Literaturgeschichte des kanonischen Rechts, z. T. gesammelt in dem Band „Glossatoren des Dekrets Gratians“ (1997). W. gelang der endgültige Nachweis, daß der Kanonist Rolandus nicht mit Papst Alexander III. identifiziert werden könne (Glossatoren, S. 73–114) und der Bologneser Kanonist Bazianus von dem Legisten Johannes Bassianus zu unterscheiden sei (ebd., S. 327–45). Als erster trennte er verschiedene Redaktionen in der Glossa ordinaria des Johannes Teutonicus zum Gratianischen Dekret. Sein Hauptwerk ist „Die Glossen zum Dekret Gratians“ (2 Bde., 1991), das auf einer minutiösen Untersuchung aller Gratianhandschriften des 12. Jh. beruht. W. lieferte damit ein Corpus Glossarum, worin er sieben Glossenkompositionen des 12. Jh. unterscheidet und 2100 Glossen ediert.

    In W.s Gesamtwerk haben Editionen von Werken der klassischen Kanonistik des 12. Jh. besonderes Gewicht. Nach 1980 gab er Hauptwerke der anglo-normann. Kanonistik des 12. Jh. heraus. Die Editionspläne umfaßten zwei Summen des Honorius von Kent (Dekretsumme u. Quaestionensumme) sowie die Summa Lipsiensis. Inzwischen sind sieben Bände von zehn geplanten in der Reihe „Monumenta Juris Canonici“ der Vatikan. Bibliothek erschienen (Monumenta Juris Canonici, Ser. A, vol. 5, 2004–10, vol. 7, 2007–14). In diesen Zusammenhang gehört auch W.s umfassende Studie über die transmontanen Dekretisten.

    Der Kirchengeschichte Frankens widmete W. viele Studien, die er meist in den „Würzburger Diözesan-Geschichtsblättern“ veröffentlichte. W. faßte das kanonische Recht trotz seiner Begründung im ius divinum als historisch wandelbare Ordnung auf, die für künftige Veränderungen offen sei. In einem seiner letzten Aufsätze zur Frage der Teilnehmer an einem künftigen ökumenischen Konzil forderte er, die Beteiligung von Theologen und Laien zu ermöglichen, wobei er sich auf die Regula iuris „Quod omnes tangit“ bezog. Daher ist der Rechtshistoriker W. auch im 21. Jh. überraschend modern.

  • Auszeichnungen

    |päpstl. Ehrenprälat (1989).

  • Werke

    |Die Naturrechtslehre d. Legisten u. Dekretisten v. Irnerius bis Accursius u. v. Gratian bis Johannes Teutonicus, 1967 (Habil.schr.);
    Kirchenrechtl. Verständnishintergründe d. Kiliansmartyriums, in: Würzburger Diözesangesch.bll. 51, 1989, S. 245–59;
    Die Teilnehmer e. künftigen ökumen. Konzils, Erwägungen auf Grund geschichtl. Fakten u. gegenwärtiger Probleme, in: Zeugnis u. Dialog, Klaus Wittstadt z. 60. Geb.tag, 1996, S. 553–69;
    The Development of the Glossa ordinaria to Gratian’s Decretum, in: The Hist. of Medieval Canon Law in the Classical Period 1140–1234, hg. v. W. Hartmann u. K. Pennington, 2008, S. 55–98;
    The Transmontane Decretists, ebd., S. 174–210;
    Bibliogr.: Ch. Wolfsberger, Bibliogr. R. W. †, in: Archiv f. kath. Kirchenrecht 167, 1998, S. 125–49.

  • Literatur

    |St. Haering, R. W. z. Gedenken, in: Würzburger Diözesangesch.bll. 60, 1998, S. 11–20;
    ders., R. W. u. d. kirchenrechtl. Mediävistik, in: ZSRGK 96, 2010, S. 381–406 (Ergg. z. W-Verz. S. 402–06);
    P. Landau, in: Revue de droit canonique 48, 1998, S. 227–32.;
    ders., in: ZSRGK 86, 2000, S. 647–53;
    ders., in: Archiv f. kath. Kirchenrecht 167, 1998, S. 115–24;
    BBKL 20 (W, L);
    LThK³;
    Festschriften: N. Höhl (Hg.), Jus et Historia, Festgabe f. R. W. zu seinem 60. Geb.tag v. seinen Schülern, Mitarbb. u. Freunden, 1989 (W, P);
    P. Landau u. M. Petzolt (Hg.), De Jure Canonico Medii Aevi, FS f. R. W., 1996 (W-Verz.).

  • Autor/in

    Peter Landau †
  • Zitierweise

    Landau, Peter, "Weigand, Rudolf" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 590-591 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139729.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA