Lebensdaten
1936 – 2005
Geburtsort
Leipzig
Sterbeort
Potsdam
Beruf/Funktion
Filmregisseur
Konfession
konfessionslos
Namensvarianten
  • Warneke, Lothar

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Zitierweise

Warneke, Lothar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139096.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Erhard ( n. 1950), Handelsvertr. in L., Sanitätsfeldwebel im 2. Weltkrieg, kehrte 1946 aus engl. Gefangenschaft zurück, S d. Paul ( 1916), Lehrer an d. Webschule in Obermylau b. Reichenbach (Vogtland);
    M Margarete Geigenmüller ( 1950), aus L.;
    seit 1950 / 51 (?) Stief-M N. N.;
    1 B Ehrhard (* 1934), Opernregisseur bis 1967 am Städt. Theater in Karl-Marx-Stadt, 1967–70 am Theater in Meiningen, 1973–99 Operndir. d. Dt. Nat.theaters in Weimar, 1969–82 u. ab 1990 Hon.prof. an d. Hochschule f. Musik „Franz Liszt“ ebd., Mitgl. d. Präsidiums d. Theaterverbands d. DDR;
    1958 Waltraud Hacker, Musikerin, Lehrerin an d. 1. Musikschule in Treuenbrietzen (Brandenburg);
    2 S Matthias (* 1960), Thomas (* 1964), Musiker (?), 1 T Katharina (* 1969).

  • Biographie

    W. besuchte ab 1950 die Max-Klinger-Oberschule in Leipzig und begann nach dem Abitur 1954 ein Studium der Theologie an der Univ. Leipzig; hier wurde er v. a. von Emil Fuchs (1874–1971) geprägt. 1959 legte W. das Staatsexamen ab, trat aus der Kirche aus und mußte vor Beginn eines weiteren Studiums in einer Baumwollspinnerei in Leipzig-Plagwitz arbeiten. 1960–64 konnte er Regie an der Dt. Hochschule für Filmkunst Potsdam-Babelsberg studieren. Vom DEFA-Studio für Spielfilme zunächst als Regieassistent angestellt, wirkte er an Filmen von Kurt Maetzig (1911–2012), Egon Günther (1927–2017) und Joachim Kunert (* 1929) mit, bevor er 1969 mit dem kriminalistischen Lustspiel aus der Modebranche „Mit mir nicht, Madam!“ (Co-Regie: Roland Oehme) als Regisseur debütierte.

    W.s erster eigenständiger Film „Dr. med. Sommer II“ (1970) erzählt die Geschichte eines jungen Arztes, der seine erste Arbeitsstelle in einer Klinik einer Thüringer Kleinstadt antritt. W. drehte an Originalschauplätzen, besetzte professionelle Schauspieler und Laien und nutzte eine dokumentarische Kamera, um den Alltag seiner Hauptfigur authentisch zu erfassen. Sein zweiter Film, die vom franz. Cinéma vérité beeinflußte Studie „Es ist eine alte Geschichte“ (1972) über eine Gruppe von Medizinstudenten in Leipzig, überzeugte durch die Nähe zu den Figuren, deren Probleme und Konflikte nur improvisatorisch angerissen, aber nicht in ein dramatisches Korsett gezwängt wurden. Dem authentischen Prinzip blieb der Regisseur auch in „Leben mit Uwe“ (1974) und „Die unverbesserliche Barbara“ (1977) treu, in denen er das problematische Verhältnis zwischen Beruf und Familie zu fassen suchte. Durch die Einbeziehung von Träumen, Visionen und Rückblenden wurden die Filme stilistisch opulenter und kündigten einen Abschied vom dokumentarisch intendierten Gegenwartskino an.

    In „Addio, piccola mia“ (1978) reflektierte W. gemeinsam mit der Filmautorin Helga Schütz (* 1937) über die letzten Lebensjahre des Dichters Georg Büchner und entwarf eine Parabel über Revolution und Restauration. Mit „Unser kurzes Leben“ (1981) adaptierte er das in der DDR vielgelesene Romanfragment „Franziska Linkerhand“ von Brigitte Rei- mann (1933–73), die Geschichte einer jungen Architektin, die nach dem Studium ihre Ideale überdenken und sich den Zwängen von Ökonomie und aktueller Baupolitik unterordnen muß. W. begriff sich als Moralist und seine Filme als poetische Suche nach einer freundlichen Welt: In „Die Beunruhigung“ (1982) überprüft eine Frau, die auf das Ergebnis einer Krebsuntersuchung wartet, ihr bisheriges Leben und beginnt, bewährte Gewohnheiten infragezustellen. „Eine sonderbare Liebe“ (1984) skizziert Schwierigkeiten und Schönheiten einer Beziehung zwischen zwei nicht mehr jungen Partnern. In „Blonder Tango“ (1986) fragte W. nach den Erfahrungen chilen. Emigranten in der DDR und fächerte ein breites Spektrum menschlicher Beziehungen auf.

    Zum größten Publikumserfolg in W.s Regiekarriere avancierte 1988 „Einer trage des anderen Last“ über das Zusammentreffen eines Volkspolizisten und glühenden Stalinisten mit einem ev. Vikar in einem Lungensanatorium Anfang der 1950er Jahre. Der Film, der auch im Wettbewerb der Berlinale lief, erhielt u. a. den Publikumspreis der „Berliner Morgenpost“. In der DDR wurde „Einer trage des anderen Last“ als Signal eines besseren Verhältnisses zwischen Staat und Kirche, Marxisten und Christen begriffen.

    Neben seiner Filmarbeit fungierte W. 1980–90 als Vizepräsident des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR und lehrte 1970–75 Regie, seit 1982 bis 2000 als Honorarprofessor, an der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR (seit 1990 Hochschule für Film u. Fernsehen Konrad Wolf, seit 2014 Filmuniv. Babelsberg Konrad Wolf).

    Trotz internationaler Anerkennung konnte W. nach dem Ende der DDR und der DEFA keinen Spielfilm mehr realisieren. 1990 führte er Regie bei einem Werbefilm für das Babelsberger Filmstudio und porträtierte in „Zwei Schicksale oder Eine kleine Königstragödie“ (1993) seinen Regiekollegen Richard Groschopp (1906–96) sowie dessen Widersacher, den auf Mallorca lebenden Schmuggler und Bandenchef Hasso Schützendorf (1924–2003). Zudem drehte er Teile der Fernsehdokumentation „Die Brandenburger, Chronik eines Landes“ (1998). Mehrfach wirkte er als Kleindarsteller in Filmen anderer DEFA-Regisseure mit, so in dem verbotenen Film „Das Kaninchen bin ich“ (Kurt Maetzig, 1965),|„Das zweite Leben des Friedrich Wilhelm Georg Platow“ (Siegfried Kühn, 1973), „Glück im Hinterhaus“ (Herrmann Zschoche, 1979) und „Solo Sunny“ (Konrad Wolf, 1980).

  • Auszeichnungen

    |Heinrich-Greif-Preis I. Kl. (1971 u. 1983);
    Kunstpreis d. DDR (1974);
    Nat.preis III. Kl. (1977);
    Preis f. d. beste Regie b. 2. Nat. Spielfilmfestival d. DDR (1982);
    Gr. Preis u. Findlingspreis b. 4. Nat. Spielfilmfestival d. DDR f. „Blonder Tango“ (1986);
    Publikumspreis „Großer Steiger“ u. Findlingspreis b. 5. Nat. Spielfilmfestival d. DDR f. „Einer trage des anderen Last“ (1988).

  • Werke

    Weitere W u. a. Regie: Ich bin das achte Weltwunder – Marcello Cammi (1992);
    Das 7. Jahr – Ansichten zur Lage d. Nation (1997);
    Schrr.: Der dokumentare Spielfilm, Dipl.arb. Dt. Hochschule f. Filmkunst, Potsdam-Babelsberg, Fachrichtung Regie, 1964;
    Mithg.: Film ist e. Art zu leben, e. Dok., zus.gestellt v. H. Herlinghaus, 1982;
    Transzendenz im populären Film, Forsch.projekt d. Hochschule f. Film u. Fernsehen „Konrad Wolf“, Potsdam-Babelsberg u. d. Hanns-Lilje-Stiftung, mit M. Locatelli, 2001;
    Autobiogr. Texte: „… und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.“, Erinnerungen e. Filmregisseurs, Gespräch mit E. Richter, in: apropos: Film 2002, Das Jb. d. DEFA-Stiftung, red. v. R. Schenk u. E. Richter, 2002, S. 53–87 (P);
    Die Schönheit dieser Welt, Erinnerungen e. Filmregisseurs, aufgezeichnet v. E. Richter, 2005 (Filmogr. u. Bibliogr. S. 258–74, P);
    Die Neuen: Kühn, W., Gusner, in: Spur d. Filme, Zeitzeugen über d. DEFA, hg. v. I. Poss u. Peter Warneke, 2006, S. 263 ff. u. S. 494 (P);
    Nachlaß: Filmmus. Potsdam.

  • Literatur

    |E. u. R. Richter, Fasziniert v. den Menschen, 1974;
    E. Richter, Fasziniert v. den Menschen – fasziniert v. d. Wirklichkeit, 1981;
    R. Harhausen, Hist. Filmanalyse v. L. W.s „Die Beunruhigung“ (1982), in: Einblicke in d. Lebenswirklichkeit d. DDR durch dokumentare Filme d. DEFA, hg. v. K. Finke, H. Freiwald u. G. Moldenhauer, 2001, S. 99–125;
    D. Wolf, „Die Beunruhigung“, konsequentestes Bsp. dokumentar. Stilistik im DEFA-Spielfilm, ebd., S. 127–42;
    L. Bisky, E. Richter u. K. Wischnewski, Der Regisseur L. W., 2002;
    L. Bisky, L. W. z. 65. Geb.tag, in: apropos: Film 2002 (s. W), S. 50–52 (P);
    K. Wischnewski, Zum Œuvre L. W.s., Komm. Filmogr., ebd., S. 88–106;
    Unser kurzes Leben (1981), in: Spur d. Filme, 2006 (s. W), S. 370–72 (P);
    Einer trage des anderen Last (1988), ebd., S. 429 f. (P);
    G. Jordan, Film in d. DDR: Daten, Fakten, Strukturen 2009;
    Wi. 1998;
    CineGraph;
    Biogr. Hdb. SBZ/ DDR;
    Wer war wer DDR, 2002, ⁵2010;
    F.-B. Habel, Das gr. Lex. d. DEFA-Spielfilme, 2017 (P).

  • Autor/in

    Ralf Schenk
  • Zitierweise

    Schenk, Ralf, "Warneke, Lothar" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 432-434 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139096.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA