Lebensdaten
1843 – 1930
Geburtsort
Liebenau bei Nienburg/Weser
Sterbeort
Darmstadt
Beruf/Funktion
Agrikulturchemiker ; Landbauwissenschaftler
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Wagner, Paul Christoph
  • Wagner, Paul
  • Wagner, Paul Christoph
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Zitierweise

Wagner, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz138261.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich Heinrich (1810–90), Apotheker in L. u. 1844 in Mölln, 1858–71 Bgm. ebd., zuletzt in Ratzeburg, S d. Friedrich Heinrich (1777–1837), Kaufm. in Oldenburg, u. d. Luise Meyer (Meier) (1772–1801);
    M Caroline (1820–1911), T d. Christoph Behre ( 1846), Apotheker in Stolzenau, u. d. Dorette Jacobshagen;
    B Georg August (1844–1921), ev. Theol., 1871 Lehrer in Ratzeburg, 1881 Stadtschulrat, zuletzt Kreisschulinsp. in Altona, Dr. theol. h. c. (Kiel) (s. Schleswig-Holstein. Biogr. Lex. I);
    Göttingen 1872 Helene (1849–1918), T d. Wilhelm Franz Gottfried Francke (1803–73), Dr. iur., o. Prof. f. Röm. Recht 1831 in Jena, 1844 in Göttingen, GJR, HR (s. ADB VII), u. d. N. N. ( 1853);
    5 S (1 früh †) Paul (1874–1944), Dr. med., Augenarzt in Frankfurt/M., Hermann (1876–1962), Dr. phil., Oberlandwirtsch.rat, Geschäftsführer d. Landwirtsch.kammern in Posen u. Breslau, zuletzt in Salzwedel, Max (1878–1965), Landwirtsch.rat, Dir. d. Landwirtsch.schulen in Schwerin/ Warthe u. Schneidemühl, zuletzt in Bensheim, Klaus, seit 1930 W.-Roemmich (1884–1955, Irene Roemmich, 1887–1976, T d. Friedrich Roemmich, 1849–1917, Kaufm. in Frankfurt/M.), Dr. iur., Dr. rer. pol., 1920–33 Beigeordneter in Hamborn, 1945–50 Stadtrat in Duisburg (s. Dt.GB 86, 1935, S. 398–401; L), 2 T (1 früh †) Else (1875–1931, Emil Fuchs, 1874–1971, ev. Theol., 1900 Lic. theol., 1905 Pfarrer in Rüsselsheim u. 1918 in Eisenach, 1931 Prof. f. Methodik d. Rel.unterr. an d. Päd. Ak. Kiel, 1933 Mitgl. d. Quäker, aus pol. Gründen entlassen, 1949–54 o. Prof. f. systemat. Theol. u. Rel.soziol. in Leipzig, s. Preuß. Pädagogen; BBKL 20);
    E Elisabeth Fuchs (1908–38, Gustav Kittowski, 1909–92), Malerin in Kiel u. Berlin, Klaus Fuchs (1911–88), theoret. Physiker, emigrierte 1933 n. Großbritannien, 1941–43 Mitarb. am brit. Atombombenprogr. u. 1943–46 am „Manhattan“-Projekt in Los Alamos (USA), 1946–50 Abt.leiter d. brit. Atomforsch.zentrums Harwell, Informant d. sowjet. Nachrr.dienstes, 1950–59 inhaftiert, 1959–74 stellv. Dir. d. Zentralinst. f. Kernphysik Rossendorf, 1972 o. Mitgl. d. Ak. Wiss. DDR (s. Biogr. Enz. Naturwiss.; Oxford DNB);
    Ur-E Klaus Fuchs-Kittowski (* 1934), Prof. Dr. phil. habil., Wiss.philos. u. Informatiker in Berlin.

  • Biographie

    W. besuchte eine Privatschule in Mölln und trat 1858 in Lübeck eine Apothekerlehre an. Nach der Gehilfenprüfung 1862 war er in der väterlichen Apotheke in Mölln und in der Ratsapotheke in Hannover tätig, ehe er seit 1866 an der Univ. Erlangen Pharmazie studierte Unter dem Einfluß von Philipp Zöller (1832–85) wandte er sich hier der Agrikulturchemie zu und ging Ostern 1867 zu Johann Anton Wilhelm Wicke (1828–71) an die Univ. Göttingen, wo er das pharmazeutische Staatsexamen ablegte, als Assistent am agrikulturchemischen Laboratorium arbeitete und 1869 mit „Vegetations-Versuchen über die Stickstoff-Ernährung der Pflanzen“ zum Dr. phil. promoviert wurde. 1871 habilitierte er sich mit Untersuchungen über „Das Verhalten der Phosphorsäure im Erdboden“ (in: Nachrr. v. d. kgl. Ges. d. Wiss. z. Göttingen, 1871, S. 108–17) für Agrikulturchemie und übernahm 1872 die Leitung der „Landwirtschaftlichen Versuchs- und Auskunfts-Station im Großherzogtum Hessen“ in Darmstadt, der er bis 1923 vorstand (Prof. 1881). Die Anstalt erlebte in dieser Zeit einen rasanten Aufstieg, erhielt 1876 und 1885 Neubauten mit Vegetationshäusern, Versuchsgärten und -feldern und entwickelte sich zu einem weltbekannten Zentrum der Düngemittelforschung und -beratung.

    Die Mineralstofftheorie der Pflanzenernährung hatte durch Justus v. Liebig (1803–73) und die Anwendung der Chemie auf die Agrikultur seit 1840 eine breite, wenn auch zögerliche, öffentliche Anerkennung gefunden, u. a. durch die nach 1850 in vielen Ländern gegründeten landwirtschaftlichen Versuchs- und Kontrollstationen. Die ersten Ansichten über die Düngerwirkung beruhten hauptsächlich auf unsicheren Erfahrungsberichten der Landwirte. W. bezweifelte den analytischen Wert großflächiger Freilandversuche und entwickelte 1880 eine der chemischen Laboranalyse entlehnte „exakte Methode“ für Düngungsversuche an frei aufgestellten Vegetationsgefäßen und Zementkästen auf natürlichem Boden und Feldversuche im kleinen Maßstab. Die „Gefäßversuche nach Wagner“ erlaubten genaue Vegetationsstudien mit klaren Aussagen, die dann auf parzellierten Versuchsfeldern unter praktischen Gesichtspunkten überprüft wurden. Die Darmstädter Bodenkultur- und Kleinparzellen-Methoden wurden zu Standardverfahren des modernen Feldversuchswesens.

    W.s vorrangiges Ziel war die zweckmäßige Verwendung der Mineraldünger, insbesondere die „rationelle Düngung“ mit Phosphor, Kali und Stickstoff. 1877 hatte der Apotheker Gerhard Hoyermann (1835–1911) einen fördernden Einfluß der Hochofenschlacken auf das Pflanzenwachstum entdeckt und 1882 die Thomasschlacke als neuen Phosphatdünger auf den Markt gebracht. W. untersuchte die Düngewirkung der gemahlenen Schlacke und erkannte, daß die Phosphatlöslichkeit ganz entscheidend von der Feinheit des Thomasmehls abhängt. Die daraus abgeleitete Anwendungsvorschrift machte das Abfallprodukt der Stahlerzeugung zu einem gefragten Phosphatdünger. Auch die Kalisalze galten als wertlose Abraumsalze, bis Max Maercker (1842–1901) und Albert Schultz-Lupitz (1831–99) in den 1880er Jahren einen hohen Düngewert aufzeigten. W. wies eine direkte Wirkung auf das Pflanzenwachstum nach und ermittelte in mehrjährigen Gefäß- und Feldversuchen den Kalibedarf wichtiger Kulturpflanzen. Zudem prüfte er die Eignung unterschiedlicher Kalisalze für verschiedene Böden und Kulturen. Im Gegensatz zur Verfügbarkeit neuer Phosphor- und Kali-Kunstdünger blieb die Stickstoff-Versorgung lange Zeit unzureichend. Erst mit dem aus der Luft gewonnenen „Kalkstickstoff“ (Kalziumzyanamid) gab es seit 1901 eine neue, unbegrenzte Stickstoffquelle, die dann mit dem Haber-Bosch-Verfahren zur Synthese von Ammoniak großindustriell erschlossen wurde. Mit umfassenden Tests machte sich W. 1907 um die Durchsetzung des „Kalkstickstoffs“ als Düngemittel verdient.

    W. befaßte sich neben dem Feldbau mit der Düngung im Obst- und Gartenbau (1892–1928) sowie im Wein-, Tabak- und Futterpflanzenanbau (1907–09). Große Beachtung fanden die Darmstädter Dauerversuche zur Wiesendüngung, die zu den weltweit längsten Versuchsreihen zählten. Mit weit über 300 Veröffentlichungen, darunter etwa 40 Büchern und populären Lehrheften, nahm er großen Einfluß auf die praktische Landwirtschaft und die Düngemittelindustrie. Die Analyse der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit von Mineraldüngern bildete auch unter W.s Amtsnachfolgern, den Agrikulturchemikern Hubert Rößler (1876–1939) und Ludwig Schmitt (1900–78), den Schwerpunkt des Versuchswesens in Darmstadt.

  • Auszeichnungen

    |ausw. Mitgl. d. Ak. f. Landwirtsch. Stockholm (1890) u. Turin (1904);
    schwed. Nordstern-Orden (1891);
    Rr. 1. Kl. d. anhaltin. Hausordens Albrechts d. Bären (1891);
    Rr. 1. Kl. d. hess. Verdienstorden Philipps d. Großmütigen, (1892), hess. Ehrenkreuz (1907);
    hess. GHR (1897);
    Goldene Liebig-Medaille d. Liebig-Stiftung z. Förderung d. Landwirtsch. (1907);
    norweg. St.-Olav-Orden (1909);
    Dr.-Ing. E. h. (TH Darmstadt 1910);
    Max-Eyth-Denkmünze (1910) u. Ehrenmitgl. (1923) d. Dt. Landwirtsch.-Ges.;
    korr. Mitgl. d. Ac. des Sciences Paris (1911);
    Adlerschild d. Dt. Reiches (1923);
    Dr. agr. h. c. (Landwirtschaftl. Hochschule Berlin 1923);
    – P.-W.-Str., Darmstadt (1923);
    P.-W.-Stiftung Darmstadt (1923);
    P.-W.-Preis d. Verbandes Dt. Landwirtschaftl. Unters.- u. Forsch.anstalten (1950);
    P.-W.-Haus d. Landwirtsch., Darmstadt (1957).

  • Werke

    |u. a. Btrr. z. Begründung u. Ausbildung e. exakten Methode d. Düngungsversuche, in: Journ. f. Landwirtsch. 28, 1880, S. 9–57 (mit W. Rohn);
    Btrr. z. Ausbildung d. Düngungslehre, in: Landwirtschaftl. Jbb. 12, 1883, S. 583–748 (mit W. Rohn u. a.);
    Die Thomasschlacke, ihre Bedeutung u. Anwendung als Düngemittel, 1887, ²1887, franz. 1892;
    Die Steigerung d. Bodenerträge durch rationelle Stickstoffdüngung, 1887, ²1889;
    Anleitung z. e. rationellen Düngung mit Phosphorsäure, insbes. mit Superphosphat u. Thomasschlacke, 1889;
    Zur Kali-Phosphat-Düngung n. Schultz-Lupitz, 1889, ³1890;
    Die rationelle Düngung d. landwirtschaftl. Kulturpflanzen, 1891, ²1891, franz. 1892;
    Die Anwendung künstl. Düngemittel im Obst- u. Gemüsebau, in d. Blumen- u. Gartenkultur, 1892, seit ⁵1908 u. d. T. Die Ernährung gärtner. Kulturpflanzen, ⁷1928, ital. 1895, ⁸1920;
    Kurze Anleitung z. rationellen Stickstoffdüngung landwirtschaftl. Kulturpflanzen unter bes. Berücksichtigung d. Chilisalpeters, 1894, ²1900, ital. 1896;
    Düngungsfragen unter Berücksichtung neuer Forsch.ergebnisse, 6 Hh., 1894–1904;
    Anwendung künstl. Düngemittel, 1900, ⁸1926;
    Versuche über d. Kalidüngung d. Kulturpflanzen, 1904 (mit R. Dorsch, H. Ruths u. G. Hamann);
    Forsch. auf d. Gebiete d. Weinbergdüngung, 1907 (mit R. Dorsch, G. Hamann u. A. Münzinger);
    Versuche über d. Stickstoffdüngung d. Kulturpflanzen unter Verwendung v. Chilisalpeter, Ammoniaksalz u. Kalkstickstoff, 1907 (mit G. Hamann u. A. Münzinger);
    Versuche über Tabakdüngung, 1908 (mit R. Dorsch, G. Hamann u. A. Münzinger);
    Versuche über Wiesendüngung, 1909 (mit G. Hamann u. A. Münzinger);
    Die Wirkung v. Stallmist u. Handelsdüngern n. d. Ergebnissen v. 4–14j. Versuchen, 1915;
    Feldversuche über d. Wirkung versch. stickstoffhaltiger Düngemittel, 1916;
    Die Düngung d. Wiesen n. d. Ergebnissen v. 4–14j. Versuchen, 1921;
    Zweckmäßige Kalidüngung auf Grundlage unseres heutigen Wissens, 1930.

  • Literatur

    |O. H. Müller, Prof. Dr. P. W. in Darmstadt, in: Fühling’s Landwirtschaftl. Ztg. 41, 1892, S. 655 u. 675–77 (P);
    G. Hamann u. H. Rößler, Fünfzig J. d. Landwirtsch. Versuchsstation Darmstadt, in: Hess. Landwirtschaftl. Zs. 93, 1923, S. 89–99, 107–12, 121–24 u. 133–36 (P);
    G. Hamann, ebd. 100, 1930, S. 530 f.;
    W. E. Müller, P. W., Darmstadt, in: Dt. Landwirtschaftl. Presse 50, 1923, S. 81 f. (P);
    M. Gerlach, H. Rößler u. M. Popp, in: Die Ernährung d. Pflanze 19, 1923, H. 6, zgl. P. W.-Festnr. z. 80. Geb.tag, S. 42–48 u. 3 Beill. (W-Verz., P);
    O. Eckstein, H. Neubauer, T. Remy u. H. Rößler, ebd. 26, 1930, S. 501–06 (P);
    A. Jacob u. L. Schmitt, P. W., z. 100j. Wiederkehr seines Geb.tages, ebd. 39, 1943, S. 13–22 (P);
    O. Eckstein, in: Zs. f. angew. Chemie 43, 1930, S. 839;
    M. Gerlach, in: FF 6, 1930, S. 355;
    L. Lecornu, in: Comptes rendus hebdomadaires des séances de l‘Ac. des sciences Paris 191, 1930, S. 533;
    H. Rößler, in: Chemiker-Ztg. 54, 1930, S. 697;
    ders., in: Scholle u. Kraft 10, 1931, S. 70–72 (P);
    L. Schmitt u. Klaus Wagner-Roemmich, P. W. als Forscher u. Mensch, 1943;
    L. Schmitt u. S. Gericke, in: Die Phosphorsäure, N. F. 1, 1943, H. 3, zgl. Gedenkschr. z. 100. Geb.tag P. W.s, S. 179–214 (W-Verz., P);
    L. Schmitt, Die Verdienste P. W.s um d. Pflanzenernährungs- u. Düngerlehre, in: Forsch.dienst 15, 1943, S. 138–51;
    ders., 75 J. Thomasphosphat, 1954;
    ders., P. W. z. Gedächtnis, in: Mitt. d. Dt. Landwirtsch.-Ges. 70 B, 1955, S. 893 f.;
    ders., Wenn d. Ährenfelder rauschen, P. W.s Forscherleben f. d. Landwirtsch., 1957 (W-Verz., P);
    ders. u. A. Brauer, 75 J. Darmstädter Wiesendüngungsversuche mit Ergebnissen d. ältesten exakten Versuche d. europ. Festlandes, 1979;
    A. Finck, in: Verband Dt. Landwirtschaftl. Unters.- u. Forsch.anstalten, Schrr.reihe 28, T. 1, 1989, S. 171–75;
    Cat. of Scientific Papers 8, 1879, S. 1179, 11, 1896, S. 734, 12, 1902, S. 766 f. u. 19, 1925, S. 432;
    Wi. 1912–35;
    Kürschner, Gel.-Kal., 1925–31;
    Dt.GB 86, 1935, S. 401;
    Pogg. VI–VII a;
    World Who’s Who in Science, 1968, S. 1745;
    Dt. Apotheker-Biogr. II;
    Biogr. Hdb. Pflanzenbau;
    Stadtlex. Darmstadt;
    Qu StadtA Mölln;
    Hess. StA Darmstadt.

  • Autor/in

    Ekkehard Höxtermann
  • Zitierweise

    Höxtermann, Ekkehard, "Wagner, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 248-250 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz138261.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA