Lebensdaten
1645 – 1713
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Maurermeister ; Architekt
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11876862X | OGND | VIAF: 808248
Namensvarianten
  • Viscardi, Giovanni Antonio
  • Viscardi, G. A.

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Zitierweise

Viscardi, Giovanni Antonio, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11876862X.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Maurer- u. Architektenfam. im Misox;
    V Bartolomeo III. (um 1599–um 1654), Baumeister, Architekt u. a. in Nieder- u. Ostbayern, u. a. am Prämonstratenserkloster St. Salvator b. Griesbach (s. HLS), S d. Giovanni Antonio, Maurermeister, Baumeister;
    M Marta N. N.;
    Ur-Gvv Bartolomeo I. (erw. 1555–69), Maurermeister, Baumeister in d. Steiermark;
    San Vittore 1675 Maria Magdalena Tognola (um 1651–1725), aus Grono b. Roveredo;
    4 S Bartolomeo IV. (* 1675), Antonio (* 1679), 1725 Landeshptm. im Veltlin (s. HBLS), Joseph Cajetan (Giuseppe Gaetano) (* 1686), Franz Xaver Rudolph (Francesco Saverio) (1691–1745), 5 T (1 früh †) Maria Marta, Anna Maria (* 1684), Maria Elisabeth (* 1685), Anna Maria Magdalena (* 1696).

  • Biographie

    Wie viele andere Bündner Baumeister hatten schon V.s Vater, Großvater und Urgroßvater aus wirtschaftlichen Gründen im Ausland nördlich der Alpen gearbeitet. V. trat nach der Lehre bei seinem Vater in kfl. bayer. Dienste. Er erscheint erstmals 1674 als Palier (Bauführer) unter dem ebenfalls aus dem Misox stammenden Hofbaumeister Enrico Zuccalli (um 1642–1724) beim Bau der großen Wallfahrtskirche in Altötting, der kurze Zeit später wieder eingestellt wurde. 1678 wurde V. zum Hofmaurermeister ernannt, 1685 zum Hofbaumeister. Neben vielfältigen kleineren Arbeiten entwarf er als ersten größeren Bau das Josephsspital in München (1682–85); beim Bau des Neuen Schlosses Schleißheim hatte er 1689 die Bauaufsicht. Die wachsende Rivalität mit seinem Vorgesetzten Zuccalli führte jedoch 1689 zu seiner Entlassung; Zuccalli besetzte die Stelle mit dem Ehemann seiner Nichte, Giovanni Andrea Trubillio ( 1721).

    V. arbeitete in der Folgezeit als freier Architekt für verschiedene Ordensgemeinschaften und für den Adel. Als Unternehmer beschäftigte er zahlreiche namhafte Bauleiter und Paliere und nahezu 150 Gesellen, sowohl Graubündner Landsleute als auch einheimische bayer. Kräfte. Kleinere Schloßbauten wie in Türkheim (1695), Hofberg (Oberköllnbach, 1695), Neuhofen (München-Sendling, 1697) und Helfenberg (1699/1707; 1807 ff. abgebrochen) oder Stadtpaläste wie das Palais Rivera in München (1695–98) entwarf er im schlichten, wohlproportionierten „Misoxer Stil“. Daneben wandte er sich vermehrt dem Kirchenbau zu; seit 1692 war er in leitender Funktion am Bau von Kloster und Kirche der Theatiner in München tätig.

    Bereits 1691 war mit den Arbeiten an der Zisterzienserabtei Fürstenfeld bei München begonnen worden, deren Gesamtanlage mit Kirche und Klostergebäuden V. entworfen hatte. Bis 1700 waren die Klostergebäude vollendet, der Neubau der Kirche konnte jedoch erst nach seinem Tod fertiggestellt werden. Die ebenfalls 1700 begonnene Prämonstratenserkirche Neustift bei Freising ist eine vereinfachte Version der Fürstenfelder Anlage und zeigt wie diese den hochentwickelten Typus der barocken Wandpfeilerkirche.

    Einen weiteren Höhepunkt in V.s sakralem Schaffen bildet die Wallfahrtskirche Mariahilf in Freystadt (Oberpfalz), ein Zentralbau in der Form eines überkuppelten griech. Kreuzes (1700–10), errichtet im Auftrag des Gf. Ferdinand Lorenz v. Tilly (1666–1724). V. setzte hier v. a. lombard. Vorbilder um. Neu und grundlegend für Süddeutschland war die Anwendung des Wandpfeilersystems auf einen Zentralbau.

    1702 wurde V. erneut als Hofbaumeister berufen und damit Zuccalli und Trubillio gleichgestellt. Nun bekam er wieder Aufträge von seiten des Hofes, u. a. für Erweiterungsbauten am Schloß Nymphenburg. Nach langen Konflikten mit der Münchner Zunft erhielt er 1703 endlich auch das Bürger- und Meisterrecht in München. Unter den zahlreichen Bauten in der Hauptstadt ragen besonders der Bürgersaal (1709/10; zerstört 1944; wiederaufgebaut 1945–59) und die Dreifaltigkeitskirche (1711–14) hervor. Die Dreifaltigkeitskirche, V.s zweiter bedeutender Zentralbau, und das zugehörige Karmelitinnenkloster entstanden während der Besetzung im Span. Erbfolgekrieg 1701–14 unter Direktive des öster. Kaiserhauses. Dessen herrschaftspolitische Ansprüche spiegeln die repäsentative Fassade und die geplante monumentale Kuppel (letztere vereinfacht ausgeführt). Der Rohbau war 1712 unter Dach, die Kuppel 1714 von V.s Palier und Nachfolger Johann Georg Ettenhofer (1668–1741), der Glockenturm 1715 (unter Beiziehung Zuccallis) fertiggestellt.

    Unter der ksl.-habsburg. Administration während des Span. Erbfolgekrieges hatte V. ab 1704 seinen Rivalen Zuccalli ganz verdrängen können. 1706 erhielt er dessen Stelle als Oberhofbaumeister, 1708 den Titel „kayserlicher Hofpaumeister“ und im Juli 1713, wenige Wochen vor seinem Tod, den eines Hofober- und Landbaumeisters.

    V. gilt wie Zuccalli als Schlüsselfigur in der bayer. Barockbaukunst. Beide haben ital. Zentralbauideen in Süddeutschland eingeführt, V. zudem die hochbarock-ital. Säulenordnung. Maßgeblich für V.s Formensprache wurde v. a. die oberital. Architektur, daneben auch der röm. und der österr. Hochbarock. Sein Werk wirkte dank seiner Mitarbeiter und Schüler weit über Bayern hinaus auf die zeitgenössische und folgende Architektur des Hochbarock.

  • Auszeichnungen

    A V.-Gasse in München;
    V.-Gymn. in Fürstenfeldbruck (1974).

  • Werke

    Weitere W u. a. Landshut, Jesuitengymn., 1688–91;
    Haimhausen, Schloß, 1689–94;
    Loh, Wallfahrtskirche Hl. Kreuz, 1690–98;
    Schlößchen Rezenried, 1692;
    München, Salesianerinnenkloster auf d. Kreuz, 1694–95 (nicht erhalten;
    später Damenstiftsgebäude);
    München, Jesuitenkolleg 1696;
    Tilly-Schloß b. Parsberg, 1696–1700;
    München, Restaurierung d. Jesuitenkirche St. Michael 1697/98;
    Steindorf b. Mering, Pfarrkirche,1700/01;
    Augsburg, St. Salvator (Umbau), 1700–04;
    ebd., Jesuitenkirche 1700–02;
    München, Kapelle d. Benediktinerinnenklosters Lilienberg ob d. Au, 1701;
    Schäftlarn, Klostergebäude d. Prämonstratenserklosters, 1702–07, u. Turm d. Klosterkirche 1710–12;
    Schloß Lustheim, Kolonnaden, 1702–05 (nicht erhalten);
    München, Ridler-Kloster, Gal.bau, 1704;
    Landshut, Propstei b. St. Martin, 1710;
    München, Karmelitinnen-Kloster, 1711–15;
    Erding, Palais v. Rivera, 1712;
    Ingolstadt, Ausbau d. Haader-Bastei, 1712.

  • Literatur

    L A. M. Zendralli, I magistri grigioni, architetti e costruttori, scultori, stuccatori e pittori – dal 16 0 al 18 0 secolo, 1958;
    K.-L. Lippert, G. A. V., 1645–1713, Stud. z. Entwicklung d. barocken Kirchenbaukunst in Bayern, 1969;
    M. Pfister, Baumeister aus Graubünden – Wegbereiter d. Barock, 1993 (W-Verz.);
    E. Echtler, in: Jber., Fürstenfeldbruck, Viscardi-Gymn., 1995/96, S. 93–97 (P);
    K. Schmidle, Die Wallfahrtskirche Maria Hilf b. Freystadt u. d. Dreifaltigkeitskirche in München, Zwei Hauptwerke d. Architekten G. A. V. (1645/47–1713), 2014;
    ThB;
    Dict. of Art; HLS

  • Autor/in

    Kathrin Ellwardt
  • Zitierweise

    Ellwardt, Kathrin, "Viscardi, Giovanni Antonio" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 826-827 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11876862X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA