Lebensdaten
erwähnt 18. – 20. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Kaufleute ; Unternehmer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 1143987993 | OGND | VIAF: 7105151052044533530001
Namensvarianten
  • Vietor

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Zitierweise

Vietor, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1143987993.html [19.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Friedrich Martin (1776–1836), Sohn des Carl Emil (1730–1800/10), Oberschultheiß und Direktor des Landgerichts in Kassel, lebte seit 1799 in Bremen und gründete nach anfänglicher Tätigkeit als Handlungsgehilfe 1807 das Handelsunternehmen „Friedrich M. Vietor“. Friedrich Martins Sohn Johann Carl (auch: Karl) (1810–70) ging nach seiner kaufmännischen Lehrzeit 1832–36 in die USA und übernahm nach dem Tod des Vaters das Binnenhandelsgeschäft „Friedrich M. Vietor Wwe. & Söhne“, das er unter Nutzung seiner in den USA geknüpften Beziehungen neu ausrichtete. Er startete erfolgreich mit eigenen Schiffen eine Passagierfahrt u. a. in die USA und führte auf dem Rückweg v. a. Tabakprodukte ein, womit sein Unternehmen bald führend war. Johann Carl war kirchlich engagiert: Der Neubau des Turms und des Gemeindehauses der Kirche St. Stephani, heute Kulturkirche der Brem. Ev. Kirche, gehen wesentlich auf ihn zurück, er ließ auch das Diakonissenhaus und das Seemannsheim errichten. Er zog die ersten Stadtmissionare nach Bremen, unterstützte die „Norddeutsche Missionsgesellschaft“ und übernahm deren Organisation in Westafrika (Togo), wobei sich Mission und Handelsgeschäfte ergänzten: Johann Carl stellte Transportmöglichkeiten zur Verfügung und nahm dabei die Gelegenheiten für Warengeschäfte v. a. mit Palmöl wahr. 1856 gründete er in Togo eine Niederlassung, die sich in anderen, insbesondere westafrikan. Regionen stetig weiterentwickelte. Er war 1856 Gründungsmitglied der Bremer Bank, Mitglied ihres Verwaltungsrats (1861–68) und Bankausschusses (1857/58) sowie Mitglied der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. In der Brem. Bürgerschaft (Mitgl. 1855–67) war er Repräsentant der Konservativen.

    Johann Carls Bruder Cornelius Rudolph (1814–97) hatte seit 1834 in Göttingen, Berlin und Bonn Theologie studiert und wurde 1840 Ministeriumskandidat in Bremen, 1843 „Pastor adjunctus“ in Bremen-Blumenthal und 1854 Pastor an der Kirche „Unser Lieben Frauen“ in Bremen (Dr. theol. h. c., Marburg 1883). Er war in den Bereichen Schulreform und Fürsorge (Seemannswitwenkasse) aktiv, ferner 1851 Gründungsmitglied der „Norddeutschen Missionsgesellschaft“ in Bremen und 1868–88 deren Präses; er war befreundet mit der Schriftstellerin Johanna Spyri (1827–1901). Seine Tochter Anna (1860–1929) war Pädagogin, qualifizierte sich 1897 für die Leitung von Mädchengymnasien und leitete seit 1899 ihre eigene Schule, 1912 bis zur Verstaatlichung 1922 als „Private Höhere Mädchenschule – Lyzeum Anna Vietor“ in Bremen-Schwachhausen.

    Cornelius’ Rudolphs zehntes Kind aus seiner zweiten Ehe mit Adelheid Henriette Luce (1831–65), sein Sohn Johann Karl Josef (1861–1934), ging 1883 nach dreieinhalbjähriger kaufmännischer Lehre in der Bremer Firma „Warnecken & Sohn“ und kurzer Berufstätigkeit bei einem Onkel für ein halbes Jahr nach Liverpool. Er trat 1884 in das Geschäft „Friedrich Martin Vietor Söhne“ in Keta (Ghana) ein, das von seinem Onkel, einem jüngeren Bruder von Johann Carl, Fritz (1821–1906), geführt wurde. Er wurde Leiter einer Niederlassung und mit Hilfe eines Kredits seines Onkels Fritz seit 1888 Geschäftsführer der Firma „J. K. Vietor“, die sich mit vielen Niederlassungen und Tochterfirmen in Togo, aber auch in Ghana (Keta), Dahomey (Porto Novo), Liberia und Kamerun zu einem bedeutenden Firmenkonsortium entwickelte, das bis zum Beginn des 1. Weltkriegs Handelsfaktoreien, Gummi- und Kaffeeplantagen betrieb, zumeist mit ehemaligen Mitarbeitern als Teilhabern (Vietor & Lohmann in Bremen, Dahomey u. Nigeria, Vietor & Freese in Bremen, Togo u. Kamerun, Vietor & Huber in Liberia). Zusammen mit brit. Investoren war er auch im Gold- und Diamantbergbau aktiv. Geschäftlicher Mittelpunkt war Bremen. Johann Karl sah sich als „christlicher Kaufmann“, der sich auch dafür einsetzte, die Afrikaner nicht unmenschlich zu behandeln.

    1894 heiratete Johann Karl Hedwig Henriette Augener (1875–1955), Tochter des Überseekaufmanns Friedrich Christoff Augener (1832–88). Sie hatte als Kind einige Jahre in Guatemala gelebt, war sozial aktiv und unterstützte lokale Wohltätigkeitsvereine. Hedwigs|Brüder waren Kaufleute, drei waren zeitweise in Johann Karls afrikan. Firmenkonsortium tätig. Auf Initiative Johann Karls wurde 1905 mit starker brem. Beteiligung die „Togo Baumwollgesellschaft mbH“ mit Sitz in Lomé gegründet. In dieses Unternehmen brachte die„Deutsch-Westafrikanische Handelsgesellschaft“ (Hamburg) eine Fabrik zur Verarbeitung von Ölfrüchten ein, die seit 1913 als „Togo Palmölwerke GmbH“ selbständig geführt wurde. Beide Gesellschaften wurden zu Beginn des 1. Weltkrieges beschlagnahmt und nach Kriegsende aufgelöst.

    Johann Karl war seit 1900 Vorstandsmitglied der „Norddeutschen Missionsgesellschaft“ (Bremen Mission), Diakon der St. Stephanikirche in Bremen und Vorstandsmitglied der konservativen Christlich-sozialen Partei (CSP). Neben zahlreichen anderen Tätigkeiten war er seit 1911 im Vorstand der „Deutschen Kolonialgesellschaft“.

    Nach dem 1. Weltkrieg versuchte das Unternehmen „J. K. Vietor“ in Togo, Ghana und Liberia den Wiederaufbau. In der Weltwirtschaftskrise seit 1929 verlor es seine westafrikan. Standorte und ging 1931 in Konkurs (1932 erloschen).

  • Literatur

    L F. Hashagen, Aus d. Jugendzeit e. alten Pastors, 1906;
    zu Johann Carl u. Cornelius Rudolph: Mitt. d. Verbandes gläubiger Kaufleute, 1908, Nr. 2;
    Dieter Richter, Johanna Spyri u. Bremen, in: Brem. Jb. 67, 1989, S. 155–63;
    E. Thies, Was Pastor V. f. Heidi tat, in: Weser-Kurier Bremen v. 20. Okt. 2005;
    zu Johann Carl: H. Entholt, in: Brem. Biogrr. d. 19. Jh., 1912;
    Wilhelm Vietor, Unter d. Speckflagge, Anekdoten aus e. brem. Fam., 1969;
    F. Prüser, in: Niedersächs. Lb. 7, 1971, S. 311–29 (P);
    Hartmut Müller, Bremen u. Westafrika, in: Jb. d. Wittheit zu Bremen 15, 1971, S. 45–92, 17, 1973, S. 75–148;
    H. Schwarzwälder, Gesch. d. Freien Hansestadt Bremen, 4 Bde., 1985, bes. Bd. 2 u. 4;
    ders., Das Gr. Bremen-Lex., 2003;
    J. Bölsche, Die Peitsche d. Bändigers, in: Der Spiegel 3, 2004;
    H. Wixforth, „unserer lieben ältesten Tochter“, 150 J. Bremer Bank, 2006, S. 400 f.;
    E. Wiedemann, Zwiespältiges Erbe, Das Za. d. Kolonien, in: Der Spiegel, Special Gesch. 2, 2007;
    Wiebke Hoffmann, Auswandern u. Zurückkehren, Kaufm.familien zw. Bremen u. Übersee, 2009;
    dies., Ein alter Afrikaner, Der Kaufm. Johann Karl V. zw. Bremen u. Afrika, 2012 (P);
    B. Olpen, Johann Karl V. (1861–1934), Ein dt. Unternehmer zw. Kolonialismus, soz. Frage u. Christentum, 2014;
    Qu StA Bremen, Bestands-Nr. 7, 2001 (Afrikahaus J. K. Vietor) u. 7, 2016 (Togo Baumwollges. mbH u. Togo Palmölwerke GmbH); Brem. Bürgerschaft, Abg.kartei

  • Autor/in

    Dieter Leuthold
  • Zitierweise

    Leuthold, Dieter, "Vietor" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 801-802 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1143987993.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA