Lebensdaten
1853 – 1927
Geburtsort
Zürich
Sterbeort
Zürich
Beruf/Funktion
Politiker ; Versicherungsfachmann
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 129611654 | OGND | VIAF: 95334392
Namensvarianten
  • Usteri, Paul Emil
  • Usteri, Paul Konrad Emil
  • Usteri, Paul
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Zitierweise

Usteri, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd129611654.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus seit d. 15. Jh. in Z. nachweisbarer Bürgerfam., d. seit d. 18. Jh. zu d. vermögendsten u. pol. einflußreichsten Fam. ebd. gehörte (s. HLS);
    V Paul(us) (1815–1904), Kaufm. in Z., S d. Jakob (1788–1851), Kaufm. in Z., Mitgl. d. Kt.- u. d. Gr. Stadtrats, Spital-, Stifts- u. Schulpfleger, u. d. N. N. Usteri;
    M Anna Katharina (Didy) Blumer (1821–73), v. Schwanden, aus Fam. in Glarus, d. zw. 1848 u. 1925 zwei Nat.räte u. vier Ständeräte im Bundesparl. stellte;
    Urur-Gvv Leonhard (1741–89), Dr. theol., 1769 Prof. d. Beredsamkeit am Collegium Humanitatis in Z., 1773 f. Rhetorik, Logik u. Math., 1788 Prof. d. Theol. am Grossmünsterstift, Chorherr, gründete 1773 in Z. d. erste Töchterschule, Mitgl. d. Ökonom. u. d. Helvet. Ges., Korr. u. a. mit Winckelmann u. Rousseau (s. HLS);
    Ur-Gvv Paul (1768–1831), prakt. Arzt in Z., Botan., Publ., lib. Pol., 1798 helvet. Senator in Z., 1814–31 Staatsrat, 1830–31 Präs. d. Vfg.komm. in Z., 1821–31 Leiter u. Redaktor d. NZZ (s. ADB 39; HLS);
    1881 Anna Elisabetha (* 1857), T d. Jakob Escher vom Glas, Kaufm., Bes. e. Spinnerei, u. d. Louise Escher vom Glas;
    S Paul (* 1883, Helena Stünzi, * 1890, T d. Cesar Stünzi, Kaufm., u. d. Caroline Wilhelmine Streuli), 3 T Maria (* 1882), Anna (* 1887, Albert Conrad Hörni, Dr. med. in Altstetten), Margaretha (* 1893).

  • Biographie

    U. studierte 1874–77 in Zürich, Lausanne, München und Berlin Jurisprudenz und wurde 1877 bei Max Cohn (1848–1911) an der Univ. Zürich promoviert. 1878–85 war er Bezirksgerichtsschreiber in Meilen, 1885–92 Stadtschreiber in Zürich. Nach der Wahl 1892 in die städtische Exekutive (Stadtrat), wo er bis 1896 als Bauvorstand tätig war, folgte im selben Jahr der Wechsel in die Direktion der „Schweizerischen Lebensversicherungs- und Rentenanstalt“. U. war bereits 1893–96 Mitglied im Verwaltungsrat dieser größten Lebensversicherungsgesellschaft des Landes gewesen, dem er nach seinem Rücktritt als Direktor 1912/13 wieder beitrat.

    Neben seiner beruflichen verfolgte U. eine sehr erfolgreiche politische Karriere: 1889 wurde er als Vertreter der Liberalen in den Kantonsrat gewählt (bis 1906), 1907–11 stand er der 1892 gegründeten Freisinnigen Partei des Kt. Zürich vor, 1900–22 gehörte er dem Bundesparlament als Ständerat an, 1909/10 als dessen Präsident. Als Verwaltungsrat (Vizepräs. 1900–17, Präs. 1917–27) der „Neuen Zürcher Zeitung“ und der „Schweizerischen Depeschenagentur“ (1917–27) verfügte er über erheblichen publizistischen Einfluß.

    Bereits als Stadtschreiber war U. eine treibende Kraft bei der Eingemeindung der Zürcher Vororte gewesen, die die Finanzierung der wegen des starken Bevölkerungswachstums nötigen Infrastrukturen nicht mehr aufbringen konnten. Die 1893 in einer Volksabstimmung akzeptierte Schaffung von „Groß-Zürich“ hatte die mit erheblichen Problemen verbundene Verabschiedung einer neuen Gemeindeordnung zur Voraussetzung. Zum einen mußte ein neuer Verwendungszweck für die bedeutenden Bürgergüter gefunden werden, zum anderen hatte die Stadt die beträchtlichen Schulden der Vororte zu übernehmen. Später war U. als Ständerat Mitglied der Kommissionen, die das Nationalbankgesetz berieten. 1906 wählte ihn der Bundesrat zum Vizepräsidenten des Bankrats der Notenbank. Nach dem Rücktritt des ersten Bankratspräsidenten Johann Hirter (1855–1926) wurde U. 1923 dessen Nachfolger. U. arbeitete ebenfalls in der ständerätlichen Kommission mit, die das 1900 abgelehnte eidgenössische Kranken- und Unfallversicherungsgesetz überarbeitete. Das 1912 in der Referendumsabstimmung angenommene Gesetz – ein erster Meilenstein in der Sozialversicherungsgesetzgebung des Bundes – sah für die Durchführung der Unfallversicherung eine „Schweizerische Unfallversicherungsanstalt“ (Suva) als selbständiges, öffentlich-rechtliches Unternehmen vor. U. setzte sich dafür ein, daß dieses möglichst unabhängig vom Bund agieren konnte. Der Verwaltungsrat wählte ihn 1912 zu seinem ersten Präsidenten, er war in der Folge für den Aufbau des neuen Unternehmens verantwortlich. 1918 nahm die Suva nach kriegsbedingten Verzögerungen ihren Betrieb auf.

    Mit der Außenpolitik kam U. erstmals während des 1. Weltkriegs in Berührung. 1915 wurde er, da er sich aufgrund der Verhandlungen über Hypothekaranlagen der Rentenanstalt in Deutschland empfohlen hatte, vom Bundesrat auf Vorschlag der dt. Reichsregierung zum Vorsteher der „Treuhandstelle Zürich für die Einfuhr deutscher und österreichischer Waren in die Schweiz“ ernannt, die dafür sorgen sollte, daß dt. Einfuhren in die Schweiz nicht in Länder, die mit Deutschland Krieg führten, exportiert wurden. Nach dem Krieg engagierte U. sich als Präsident des „Aktionskomitees für den Eintritt der Schweiz in den Völkerbund“ für eine außenpolitische Öffnung der Schweiz. Nach gewonnener Referendumsabstimmung wurde er Mitglied der schweizer. Delegation beim Völkerbund (1920–22) und Referent über die Frage der nationalen Minderheiten bei der Konferenz der interparlamentarischen Union in Washington und Ottawa im Okt. 1925. Die Übernahme des Vizepräsidiums im Verwaltungsrat der „Marconi Radio Station AG“ 1921 stand auch im Zusammenhang mit dem Völkerbund, der das Bedürfnis, aus der Schweiz mit der Welt zu kommunizieren, stark erhöhte und der drahtlosen Telegraphie in der Schweiz entscheidende Impulse gab.

    Obwohl sich U. in den sozialen Konflikten zu Beginn des 20. Jh. scharf gegen die linken Parteien abgrenzte, trug er mit seinem vielfältigen Engagement und seiner auf liberalen Überzeugungen beruhenden, zuweilen als schroff empfundenen Entschlossenheit und Autorität entscheidend zur Modernisierung der Schweiz bei.

  • Werke

    W Die privatrechtl. Verantwortung d. röm. Richters gegenüber d. Parteien, Diss. Zürich 1877;
    Grundzüge e. Organisation f. d. neue Stadtgde. Zürich, 1888;
    Versuch e. Gde.-Ordnung d. Stadt Zürich, 1891;
    Lb. v. Stadtpräs. Dr. Melchior Römer, 1901;
    Die Anwendbarkeit d. Vers.vertragsgesetzes v. 2. April 1908 u. d. Obligationenrechts auf Leibrentenverträge, in: Schweizer. Jur.-Ztg. 7, 17, 1911, S. 273 f.;
    Vortrag an d. Gen.versammlung d. Neuen Helvet. Ges. über d. Unabhängigkeit d. Schweizer Presse, 1921;
    Komm.rapport über d. Frage d. nat. Minderheiten b. d. Konf. d. interparl. Union in Washington u. Ottawa, 1925, in: Compte rendu de la XXIIe Conférence, Genève 1926;
    Das Rechtsverhältnis zw. d. „anerkannten Krankenkassen“, sowie d. Schweiz. Unfallvers.anstalt in Luzern u. d. Aerzten (u. Apothekern), nach Massgabe d. Art. 24 u. 25 d. Bundesgesetzes v. 13. Juni 1911 über d. Kranken- u. Unfallvers. (KUVG), in: Schweizer. Jur.-Ztg. 23, 3, 1926, S. 37–39.

  • Literatur

    L P. U. 1853–1927 (Nachrufe, Berr. z. Tod u. z. Trauerfeier), Erweiterter Separatdruck d. NZZ, 1927 (P);
    Schweizer. Nat.bank (Hg.), Die Schweizer. Nat.bank 1907–1932, 1932 (P);
    H. R. Schmid u. H. Hungerbühler, in: Schweizer Pioniere d. Wirtsch. u. Technik 19, 1968, S. 9–47 (P);
    A. Cattani, Albert Meyer, Chefredaktor d. NZZ v. 1915 bis 1930, Bundesrat v. 1930 bis 1938, 1992;
    E. Schade, Herrenlose Radiowellen, Die schweizer. Radiopol. im internat. Vgl., 2000;
    Th. Maissen, Die Gesch. d. NZZ 1780–2005, 2005;
    M. Lengwiler, Risikopol. im Soz.staat, Die schweizer. Unfallvers. 1870–1970, 2006;
    B. Studer, Ökonomien d. Soz. Sicherheit, in: P.Halbeisen u. a. (Hg.), Wirtsch.gesch. d. Schweiz im 20. Jh., 2012, S. 923–74; HLS

  • Autor/in

    Patrick Halbeisen
  • Zitierweise

    Halbeisen, Patrick, "Usteri, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 677-679 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129611654.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA