Lebensdaten
1890 – 1946
Geburtsort
Gmunden (Salzkammergut)
Sterbeort
(in sowjetischer Gefangenschaft)
Beruf/Funktion
Verbandsgeschäftsführer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 1114685178 | OGND | VIAF: 81317499
Namensvarianten
  • Ungewitter, Claus Johannes Adolf
  • Ungewitter, Claus
  • Ungewitter, Claus Johannes Adolf
  • mehr

Quellen(nachweise)

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Ungewitter, Claus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1114685178.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus hann. Fam.;
    V Claus Maria (* 1860), Pastor 1892–1911 in Vöhrum b. Peine u. danach in Harburg/Wilstorf b. Hamburg;
    M N. N.;
    Clara Dohn (?); kinderlos;
    N Georg Wilhelm (* um 1925), N Renate (* 1928, Tom Greenshields, 1915–94, brit. Major, Maler, Bildhauer, Landwirt in Hawkchurch, Axminster, Devon, E d. Edouard van Goethem, 1857–1924, Maler), Rot-Kreuz-Krankenschwester.

  • Biographie

    U. studierte nach der Reifeprüfung 1908 an der Oberrealschule in Braunschweig Mathematik und Philosophie in München sowie Jura und Staatswissenschaft in Berlin und Königsberg (Preußen). 1913 wurde er in Königsberg zum Dr. iur. promoviert. Nach einer Kriegsverwundung als militäruntauglich eingestuft, übernahm er 1916 die Leitung der mit kriegsbedingten Bewirtschaftungsaufgaben betrauten „Zentralstelle für Ätzalkalien und Soda“. 1920 wechselte er als Hauptgeschäftsführer und Syndikus zum „Verein zur Wahrung der Interessen der Chemischen Industrie Deutschlands“, dem Spitzenverband der chemischen Industrie. Ferner gehörte er dem Südostausschuß des „Reichsverbands der Deutschen Industrie“ und dem „Rußlandausschuß der Deutschen Wirtschaft“ an.

    Das Amt des Hauptgeschäftsführers übte U. über die Zäsur des Jahres 1933 hinweg auch bei der 1934 in der Nachfolge des Spitzenverbands der chemischen Industrie gegründeten „Wirtschaftsgruppe Chemische Industrie“ aus. 1935 wurde er zusätzlich Leiter der „Prüfungsstelle Chemische Industrie“ und der „Reichsstelle für Chemie“. Den von den Nationalsozialisten 1933 eingeleiteten berufsständischen Aufbau der Wirtschaft begrüßte er als notwendigen Schritt zur Rationalisierung des zerklüfteten privaten Verbandswesens und zur Wiederherstellung einer sinnvollen Hierarchie. Seit 1. 5. 1933 war U. Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnr. 3077982) und gehörte u. a. dem NS-Kraftfahrkorps und dem NS-Rechtswahrerbund an.

    Politische und wissenschaftliche Aufmerksamkeit erregte U. v. a. durch seine Arbeiten über eine effiziente Rohstoff-, Altmaterial-, Müll- und Abwässerverwertung, die vor dem Hintergrund des Vierjahresplans von 1936 zusätzlich an Bedeutung gewannen. Seine Vorschläge faßte er in dem Buch „Verwertung des Wertlosen“ (1938, engl. Science and Salvage, 1944) zusammen, zu dem Hermann Göring (1893–1946) ein Geleitwort schrieb. Nach den dt. Eroberungen im 2. Weltkrieg in West- und Osteuropa wirkte U. an der Neugestaltung des europ. Chemiesektors unter dt. Führung mit und fungierte u. a. als Unterhändler gegenüber franz. und schweizer. Unternehmen und Behörden sowie als Geschäftsführer der „Chemie Ost G.m.b.H.“, die die treuhänderische Übernahme sowjet. Chemiebetriebe vorbereiten sollte. 1942 wurde U. zum Reichsbeauftragten für Chemie ernannt. In dieser Funktion kam es zu Differenzen mit der „I.G. Farbenindustrie A. G.“ über die Verteilung von Arbeitskräften und Produkten unter verschiedenen Firmen im besetzten Europa, weil U. die monopolistischen Ambitionen der IG Farben zu konterkarieren versuchte. Er begann, verschiedene Unternehmen (z. B. Henkel GmbH) wegen Vernachlässigung der Rüstungsproduktion zugunsten der Vorbereitung auf die Nachkriegszeit und|wegen offener Kritik an Hitler bei der SS zu denunzieren. Nach seiner 1944 geäußerten Kritik an der seiner Ansicht nach ineffizienten Arbeit der Wirtschaftsgruppe, die er u. a. auf die Beschneidung seiner Kompetenzen zurückführte, wurde U. im Nov. 1944 auf unbestimmte Zeit beurlaubt und geriet unter unbekannten Umständen in sowjet. Gefangenschaft.

    U., der in den 1930er Jahren mit seiner Frau zum Freundes- und Bekanntenkreis von Gottfried Benn (1886–1956) und Carl Schmitt (1888–1985) zählte, war einer der prägenden Verbandsfunktionäre der chemischen Industrie, er trieb die Professionalisierung und Verwissenschaftlichung der Verbandsarbeit voran. Seine Arbeiten über eine effiziente Nutzung von Material- und Rohstoffressourcen fanden bis in die jüngere Zeit Beachtung.

  • Werke

    W Zur Auslegung d. Eigenschaftsbegriffes im Bürgerl. Gesetzbuch, Diss. iur. Königsberg 1914;
    Der berufsständ. Aufbau d. Wirtsch., 1933;
    Im Dienste d. Chemie, Gedanken z. Wirtsch.führung aus Reden u. Aufss., 1940.

  • Quellen

    Qu Evonik Industries Konzernarchiv (Degussa D 14./1); BA Berlin (ehem. BDC) (P); BA Koblenz, ZSg. 126; D. Eichholtz (Hg.), Anatomie d. Krieges, Neue Dok. über d. Rolle d. dt. Monopolkapitals b. d. Vorbereitung u. Durchführung d. Zweiten Weltkrieges, Ost-Berlin 1969; G. Benn, Briefe an Elionor Büller, 1992; C. Schmitt, Tagebücher 1930–1934, hg. v. W. Schuller in Zus.arb. mit G. Giesler, 2010.

  • Literatur

    L Verband d. Chem. Ind. (Hg.), 75 J. Chemieverband, 1952 (P);
    Nachruf in: Die Chem. Ind., H. 4, 1958;
    P. Hayes, Industry and Ideology, IG Farben in the Nazi Era, 1987;
    ders., La stratégie industrielle de l’-IG Farben en France occupée, in: Hist., économie et société 11, 1992, S. 493–514;
    ders., Die Degussa im Dritten Reich, 2004;
    L. Strautmann u. D. Wildmann, Schweizer Chemieuntern. im „Dritten Reich“, 2001;
    Mario Schmidt u. St. Görlach, Zurück in d. Zukunft, Zum Umgang mit Material- u. Energieressourcen in d. Zw.kriegszeit d. 20. Jh., in: Umweltwirtsch.forum 18, 2010, S. 217–27; Rhdb. (P).

  • Autor/in

    Werner Bührer
  • Zitierweise

    Bührer, Werner, "Ungewitter, Claus" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 641-642 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1114685178.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA