Ugi, Ivar
- Lebensdaten
- 1930 – 2005
- Beruf/Funktion
- Chemiker
- Konfession
- -
- Normdaten
- GND: 122531574 | OGND | VIAF: 112880298
- Namensvarianten
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- Ugi, Ivar Karl
- Ugi, Ivar
- Ugi, Ivar Karl
- Ugi, I.
- Ugi, Ivar Carl
- mehr
Biografische Lexika/Biogramme
Quellen(nachweise)
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Literaturnachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Werknachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
Objekt/Werk(nachweise)
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Genealogie
Aus Fam. mit Vorfahren in England, Estland, Dänemark, Dtld., Polen, Rumänien, Rußland, Schweden, d. Türkei u. Ungarn;
V →Theodor (Fjodor) (1895–1970), aus Pöide (Estland), Dipl.-Volkswirt, estn. Stadtsekr., emigrierte 1941 n. Dtld., zuletzt Obersteuerinsp. in Stuttgart, S d. Juhan (* 1872) u. d. Anna Vibbo (* 1870);
M Ellen Margarethe Behm (* 1901), aus Kellamae (Estland). -
Biographie
U. kam 1941 mit seinen Eltern nach Deutschland, wo er nach dem Abitur 1949 ein Studium der Mathematik und Chemie an der Univ. Tübingen begann. Nach einigen Semestern konzentrierte er sich auf die Chemie und wechselte 1952 an die Univ. München, um bei →Rolf Huisgen (* 1920) seine Doktorarbeit über organische Ringverbindungen anzufertigen (Dr. rer. nat. 1954). Wenig später wies U. erstmals die Existenz des Pentazols nach, einem Ringsystem aus fünf Stickstoffatomen und einem Wasserstoffatom. Nach seiner 1959 an der Univ. München erfolgten Habilitation für Organische Chemie trat U. 1962 in das Hauptlabor der „Bayer AG“ in Leverkusen ein, wo er rasch zum Forschungsdirektor aufstieg. 1968 übernahm er eine Chemie-Professur an der University of Southern California in Los Angeles. 1971 folgte er einem Ruf an die TU München als Nachfolger von →Friedrich Weygand (1911–69) auf den Lehrstuhl für Organische Chemie I (em. 1999).
Bereits in seiner Habilitationsschrift veröffentlichte er die als „Ugi-Reaktion“ bekannte Mehrkomponentenreaktion, die zur Grundlage vieler weiterer Forschungen U.s wurde. Dabei reagieren eine Carbonylverbindung (Aldehyd oder Keton), ein Amin, eine Carbonsäure und ein Isonitril in einem Schritt überraschend schnell und mit hoher Atomeffizienz zu einem Bis-Amid. Eine ähnliche Reaktion mit drei Komponenten hatte 1921 der ital. Chemiker Mario Torquato Luigi Passerini (1891–1962) entdeckt. Die Vierkomponentenkondensation führte U. zu Untersuchungen an chiralen Ferrocenen und zu gruppentheoretischen Überlegungen zum Phänomen der Chiralität insgesamt sowie zu einem alternativen Mechanismus der Umlagerung von Liganden im fünffach koordinierten Phosphoratom. Da die Synthese eines gewünschten Moleküls bis dahin in der Regel über die mehrstufige Umsetzung von jeweils zwei Reaktanden erfolgte, stellte die „Eintopfreaktion“ U.s einen neuen Typus chemischer Synthesen dar, den U., der zeitlebens sein Interesse an der Mathematik behielt, auch im Sinne einer gruppentheoretischen Analyse mit dem →Mathematiker Jim Dugundji (1919–85) als Zugangsweg zu einer enormen Vielzahl neuer und komplexer organischer Verbindungen erschloß. U. betrachtete chemische Reaktionen nicht nur aus der Sicht des Chemikers, sondern verstand sie als algebraisches System, auf das sich die Regeln der Kombinatorik anwenden lassen. Das mit Dugundji entwickelte Modell stellte Ensembles von Molekülen durch Matrizen von Bindungen und freien Elektronen dar. Auf diese Weise konnte man mittels mathematischer Auswahlregeln zu neuen chemischen Reaktionen gelangen. U.s Leistung für die Chemie liegt nicht allein in der Entdeckung bzw. Entwicklung der Mehrkomponentenreaktionen, sondern in seiner ungewöhnlichen Betrachtungsweise chemischer Umsetzungen als algebraisch modellierbare Systeme.
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Auszeichnungen
A Chemiepreis d. Ak. d. Wiss. Göttingen (1964);
korr. Mitgl. d. schwed. Ak. d. Wiss. (1987) u. d. Ak. d. Wiss. v. Estland (1991);
Philip Morris Forsch.preis (1988);
Emil-Fischer-Medaille d. Ges. Dt. Chemiker (1992);
Ugi-Dugundji-Medaille d. Second Internat. Symposium on Knowledge Acquisition in Auburn (Alabama, USA, 1995);
Max Bergmann-Medaille (1999). -
Werke
W 410 wiss. Publl., u. a. Zur Lösung e. klass. Problems d. organ. Stickstoff-Chemie, in: Angew. Chemie 68, 1956, S. 705 f. (mit R. Huisgen);
Zur Reaktion d. Benzol-diazonium-Ions mit Azid, Nachweis d. Phenyl-pentazols als Zwischenstufe, ebd., S. 753 f. (mit dems., K. Clusius u. M. Vecchi);
Versuche mit Isonitrilen, ebd. 71, 1959, S. 386 (mit R. Meyr, U. Fetzer u. C. Steinbrückner);
Über e. neues Kondensations-Prinzip, ebd. 72, 1960, S. 267 f. (mit C. Steinbrückner);
Pentazole I, d. Lösung e. klass. Problems d. organ. Stickstoffchemie, in: Chem. Berr. 90, 1957, S. 2914–27 (mit R. Huisgen);
A Novel Synthetic Approach to Peptides by Computer Planned Stereoselective Four Component Condensations of α-Ferrocenyl-Alkylamines and Related Reactions, in: Record of Chemical Progress 30, 1969, S. 389–411;
Die Evolution d. organ. Chemie u. ihre Meilensteine, v. Wöhler bis z. Computerchemie, in: Chimica Didactica 8, 1982, S. 103–22;
Molecular Logic and the Deductive Solution of Chemical Problems, in: Wiss. Ztg. d. TH Leuna-Merseburg 31, 1989, S. 9–17;
Vernetzung wässriger Alginsäure mittels d. Vierkomponenten-Kondensation unter Einschluß-Immobilisierung v. Enzymen, in: Zs. f. Naturforsch. 46b, 1991, S. 1261–65;
Computer Chemistry, 1993;
Formale Unterstützung b. Multikomponentenreaktionen, Automatisierung d. Synthesechemie, in: R. Moll (Hg.), Software-Entwicklung in d. Chemie, 1995, S. 113–28 (mit A. Dömling u. a.).| -
Literatur
L Eesti teadlased väljaspool kodumaad, Biograafiline teatmik, hg. v. T. Künnapas, 1984;
B. Filaretow, Lex. Dt.-balt. Wissenschaftler, 1994;
Eesti Entsüklopeedia 14, 2000 (P);
FAZ v. 8. 10. 2005;
P. Lemmen, E. Fontain u. J. Bauer, I. U. (1930–2005), Mehrkomponentenreaktionen, Computer- u. Phosphorchemie, in: Angew. Chemie 118, 2006, S. 199 (P);
A. Dömling, in: Nachrr. aus d. Chemie 54, 2006, S. 159 (P). -
Autor/in
Claus Priesner -
Zitierweise
Priesner, Claus, "Ugi, Ivar" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 529-530 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122531574.html#ndbcontent