Lebensdaten
um 1425 – 1491
Geburtsort
Ulm
Sterbeort
Ulm
Beruf/Funktion
Bildhauer
Konfession
-
Normdaten
GND: 11875811X | OGND | VIAF: 52485128
Namensvarianten
  • Surlin, Jörg
  • Sÿrlin, Jörg
  • Syrlin, Jörg der Ältere
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Zitierweise

Syrlin, Jörg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11875811X.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Haintz (erw. 1412–47), Zimmermann in Seflingen (Söflingen) b. U., kam Anfang d. 15. Jh. in d. Reichsstadt u. erwarb hier d. Bürgerrecht;
    M N. N.;
    N. N.;
    K u. a. S Jörg d. J. (s. 2), 1 T N. N. ( Eberhard Holwegk, erw. 1491–1512, Schreiner).

  • Biographie

    S., dessen Geburtsdatum nicht bekannt ist, wird zwischen 1449 und 1491, seinem Todesjahr, in den Zinsbüchern der Ulmer Frauenpflege aufgeführt. 1475 zinste er für ein Haus in der Ulmer Gasse. Über 40 Jahre lebte er in Ulm und leitete hier als einer der wichtigsten Schreiner und Bildhauer des späten 15. Jh. eine große Werkstatt.

    Zu S.s Hauptwerken zählt der Ulmer Dreisitz (1468) mit einer Fülle von Bildwerken. Als sei dieser das Probestück gewesen, folgte alsbald der Auftrag für das zweireihige Chorgestühl – eines der wenigen frühhumanistisch geprägten Meisterwerke nördlich der Alpen. Nicht nur durch die vier Signaturen S.s, welche u. a. Arbeitsbeginn (1469) und Vollendung (1474) des Werks dokumentieren, hebt es sich aus der Masse der Kunstproduktion des dritten Viertels des 15. Jh. heraus, sondern auch durch die hier angewandte Technik der völlig nagel- und scharnierfreien eleganten Konstruktion. Sie war eine absolute Neuheit und wirkte weithin vorbildlich. Das Figurenprogramm umfaßte die großen Wangenbüsten der heidnischen Philosophen und Sibyllen, die Rückwandgestalten der Frommen des Alten Bundes und schließlich die Wimpergbüsten der Apostel und Heiligen (die Büste Vergils galt lange als Selbstporträt S.s).

    Bemerkenswert ist, daß S. alle Werke, die von ihm überliefert sind, sehr selbstbewußt signierte, gleichgültig, ob es sich um private oder öffentliche Aufträge, um Möbel oder Skulpturen handelte. Beide Werkgruppen betrachtete er offensichtlich als gleichwertig. Der Anteil S.s an der konkreten Ausführung und den damit verbundenen plastischen Arbeiten ist jedoch nicht immer klar zu definieren. Nicht zuletzt deshalb wurden seit Anfang des 20. Jh. immer wieder Kontroversen um die Frage geführt, ob S. Schreiner oder aber auch Bildhauer war („Syrlin-Frage“). Dabei schwankte die Einschätzung der Rolle und Bedeutung S.s für die Geschichte der Ulmer Kunst erheblich. Immerhin war er Mitglied der Ulmer Schreiner- und Wagnerzunft und nicht der Kramerzunft, in der die Bildhauer organisiert waren; doch war es|den Schreinern in Ulm durch

    den „Konstanzer Spruchbrief“ ausdrücklich erlaubt, auch zu schnitzen, sofern sie diese Kunst beherrschten.

    Bis heute wird darüber gestritten, ob S. die plastischen Arbeiten an seinen Möbeln im Ulmer Münsterchor und seinen Kleinarchitekturen selbst geschaffen hat, oder ob er diese an ein spezialisiertes Bildschnitzer- beziehungsweise Bildhaueratelier weitervergab. Im Zentrum dieser Frage stehen immer wieder die herausragenden Wangenbüsten am Ulmer Chorgestühl. Da die Fülle der Bildwerke am Ulmer Chorgestühl nicht das Werk einer Hand sein kann, geht man mittlerweile von einer weitreichenden Mitarbeit Michel Erharts (um 1440–n. 1522) aus. Jörg Syrlin wäre 1473 jedoch niemals mit den Bildwerken zu „des kaysers stuhl“ (nicht erhalten) beauftragt worden, wenn er nicht auch die Bildschnitzerei beherrscht hätte. Was auch immer die Untersuchungen zur Händescheidung an den beiden Großmöbeln zutage fördern werden, durch das Zusammengreifen ihrer architektonischen Glieder, ihrer Flächengestaltung und ihres Skulpturenschmuckes sind der Ulmer Dreisitz und das Chorgestühl eng verknüpft mit dem Namen des älteren S.s. Für die Geschichte der dt. Schreiner- und Bildschnitzerkunst sind diese Werke von herausragender Bedeutung. Die in S.s Atelier entstandene Kunst hat die Ulmer Skulptur kaum weniger nachhaltig und lang andauernd geprägt als diejenige des großen Meisters der Vorgängerepoche Hans Multscher (um 1400–67).

  • Werke

    Weitere W Ottenbacher Evangelienpult (d. früheste bekannte Arbeit), sign. u. dat. 1458;
    Hochzeitsschrank aus Illerfelden, 1465;
    Schreinarchitektur u. „sarch“ d. 1474 in Auftrag gegebenen Hochaltarretabels im Ulmer Münster, 1474–81 u. 1499–1505 (1531 zerstört);
    Fischkastenbrunnen, Fischmarkt am Ulmer Rathaus, 1482.

  • Literatur

    ADB 37;
    E. Mauch, Georg Sürlin, Vater, u. Georg Sürlin, Sohn, Bildner in Stein u. Holz, in: Württ. Bildersaal, I. Bd., 1859, S. 75–77;
    E. Grill, Der Ulmer Bildschnitzer J. S. d. Ä. u. seine Schule, 1910;
    W. Vöge, J. S. d. Ä. u. seine Bildwerke, 1950;
    ders., S. u. Multscher, in: Münchner Jb. d. bildenden Kunst 12, 1961, S. 176–83;
    W. Deutsch, Der ehem. Hochaltar u. d. Chorgestühl, Zu S. u. zur Bildhauerfrage, in: 600 Jahre Ulmer Münster, hg. v. H. E. Specker u. R. Wortmann, 1977, S. 242–322, ²1984;
    G. Weilandt, War d. ältere Sürlin Bildhauer, in: Jb. d. Staatl. Kunstslgg. in Baden-Württ. 28, 1991, S. 37–54;
    ders., Der wiedergefundene Vertrag J. S. d. Ä. über d. Hochaltarretabel d. Ulmer Münsters, Zum Erscheinungsbild d. frühesten holzsichtigen Retabels, in: Zs. f. Kunstgesch. 59, 1996, S. 437–60;
    D. Gropp, Das Ulmer Chorgestühl u. J. S. d. Ä., Unterss. zu Architektur u. Bildwerk, 1999;
    Michel Erhart u. J. S. d. Ä., Spätgotik in Ulm, bearb. v. M. Roth u. St. Roller, Ausst.kat. Ulm 2002, darin auch: G. Weilandt, Quellen z. Chorausstattung d. Ulmer Münsters 1467–1504, S. 36–43;
    ThB;
    LexMA;
    BBKL XI;
    Dict. of Art.

  • Zitierweise

    Moraht-Fromm, Anna, "Syrlin, Jörg" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 739-740 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11875811X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA