Lebensdaten
1944 – 1987
Geburtsort
Glienicke/Nordbahn (Landkreis Oberhavel)
Sterbeort
Genf (Todesursache ungeklärt)
Beruf/Funktion
Jurist ; Politiker ; Ministerpräsident ; Rechtsanwalt
Konfession
evangelisch-lutherisch
Normdaten
GND: 11883049X | OGND | VIAF: 264336575
Namensvarianten
  • Barschel, Uwe

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Barschel, Uwe, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11883049X.html [28.03.2024].

CC0

  • Uwe Barschels steile politische Karriere führte ihn über Stationen als Fraktionsvorsitzender und Landesminister 1982 in das Amt des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein. Seine Laufbahn ist jedoch überschattet von einem der größten politischen Skandale der Bundesrepublik und seinem ungeklärten Tod in Genf 1987.

    Lebensdaten

    Geboren am 13. Mai 1944 in Glienicke/Nordbahn (Landkreis Oberhavel)
    Gestorben am 11. Oktober 1987 in Genf (Todesursache ungeklärt)
    Grabstätte Alter Friedhof in Mölln (Schleswig-Holstein)
    Konfession evangelisch-lutherisch
    Uwe Barschel, Imago Images (InC)
    Uwe Barschel, Imago Images (InC)
  • Lebenslauf

    13. Mai 1944 - Glienicke/Nordbahn (Landkreis Oberhavel)

    1945 - Börnsen (Lauenburg)

    Flucht der Familie aus Berlin

    1960

    Mitglied

    Junge Union (JU)

    1962

    Mitglied

    CDU

    - 1964 - Geesthacht (Schleswig-Holstein)

    Schulausbildung (Abschluss: Abitur)

    Gymnasium

    1964 - 1968 - Kiel

    Studium der Rechtswissenschaften (Abschluss: Erstes Staatsexamen)

    Universität

    1964 - 1965 - Kiel

    Vorsitzender

    Ring Christlich-Demokratischer Studenten

    1967 - 1971 - Kiel

    Vorsitzender

    JU Schleswig-Holstein

    1969 - 1971 - Kiel

    Studium der Volkswirtschaftslehre, Politik und Pädagogik

    Universität

    1969 - 1985 - Kiel

    Stellvertretender Landesvorsitzender

    CDU Schleswig-Holstein

    1970 - Kiel

    Promotion (Dr. iur.)

    Universität

    1970 - 1974 - Mölln

    Mitglied

    Kreistag Herzogtum Lauenburg

    1971

    Zweites Staatsexamen

    1971 - Kiel

    Promotion (Dr. phil.)

    Universität

    1971 - 1987 - Kiel

    Abgeordneter der CDU

    Landtag Schleswig-Holstein

    1971 - 1973 - Kiel

    Parlamentarischer Vertreter des Kultusministers und Regierungsbeauftragter für Jugend und Sport

    Landtag Schleswig-Holstein

    1971 - 1973 - Kiel

    Stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender

    Landtag Schleswig-Holstein

    1973 - 1981 - Ratzeburg

    Vorsitzender

    CDU-Kreisverband Herzogtum Lauenburg

    1973 - 1979 - Kiel

    CDU-Fraktionsvorsitzender

    Landtag Schleswig-Holstein

    1977 - 1987 - Ratzeburg

    Mitgründer und Präsident

    Stiftung Herzogtum Lauenburg

    1979 - Kiel

    Finanzminister

    Landesregierung Schleswig-Holstein

    1979 - 1982 - Kiel

    Innenminister

    Landesregierung Schleswig-Holstein

    1982 - 1987 - Kiel

    Ministerpräsident

    Landesregierung Schleswig-Holstein

    11. Oktober 1987 - Genf (Todesursache ungeklärt)
  • Genealogie

    Vater Heinrich Barschel 3.12.1908–vemutlich April 1945 Mathematiker, seit April 1945 bei Berlin verschollen
    Mutter Marie-Elisabeth Barschel, geb. Inter 23.1.1913–2007 Näherin
    Großvater mütterlicherseits Hans Inter geb. 10.9.1884
    Großmutter mütterlicherseits Sophie Inter, geb. Schmitz geb. 14.6.1879
    Bruder Eike Barschel Geschäftsführer
    Heirat 7.7.1973
    Ehefrau Freya Barschel, geb. von Bismarck geb. 3.3.1947
    Schwiegervater Hans-Joachim von Bismarck geb. 12.10.1920
    Schwiegermutter Françoise Josephine von Bismarck, geb. van Vloten geb. 14.12.1918
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Barschel, Uwe (1944 – 1987)

    • Vater

      Heinrich Barschel

      3.12.1908–vemutlich April 1945

      Mathematiker, seit April 1945 bei Berlin verschollen

      • Großvater väterlicherseits

      • Großmutter väterlicherseits

    • Mutter

      Marie-Elisabeth Barschel

      23.1.1913–2007

      Näherin

      • Großvater mütterlicherseits

        Hans Inter

        geb. 10.9.1884

      • Großmutter mütterlicherseits

        Sophie Inter

        geb. 14.6.1879

    • Bruder

      Eike Barschel

      Geschäftsführer

    • Heirat

      • Ehefrau

        Freya Barschel

        geb. 3.3.1947

  • Biografie

    Uwe Barschel, der nach der Flucht aus Berlin 1945 mit seiner Mutter und seinen Geschwistern bei seinen Großeltern im Herzogtum Lauenburg lebte, besuchte die Schule in Geesthacht. Hier lud er in seiner Funktion als Schulsprecher 1963 den Großadmiral der Wehrmacht Karl Dönitz (1891–1980) zu einer Vortragsveranstaltung in seiner Schule ein, was zu einem Skandal und zum Suizid des Schulleiters führte. 1960 trat er in die Junge Union (JU) und kurz darauf auch in die CDU ein. In Kiel, wo er nach dem Abitur 1964 Rechtswissenschaften studierte, übernahm er den Vorsitz des Rings Christlich-Demokratischer Studenten; 1967 wurde er Vorsitzender der JU Schleswig-Holstein. Nach dem Ersten Staatsexamen 1968 begann er ein Studium der Volkswirtschaft, Politik und Pädagogik in Kiel, das er 1971 mit der Promotion zum Dr. phil. bei Michael Freund (1902–1972) beendete; 1970 war er bei Wolfgang Naucke (geb. 1933) zum Dr. iur. promoviert worden. 1971 absolvierte Barschel das zweite juristische Staatsexamen und war lange Zeit nebenberuflich als Anwalt in einer Kieler Kanzlei tätig.

    1971 wurde Barschel als jüngster Abgeordneter in den schleswig-holsteinischen Landtag gewählt. In der Landesregierung von Gerhard Stoltenberg (1928–2001) war er Parlamentarischer Vertreter des Kultusministers und Regierungsbeauftragter für Jugend und Sport. 1973 Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, sicherte Barschel nach der Landtagswahl 1975, als die CDU nur noch über eine knappe Mehrheit verfügte, erfolgreich die Handlungsfähigkeit der Regierung.

    1979 wurde Barschel zum Nachfolger von Finanzminister Gerd Lausen (1928–1993) ernannt; nach der Landtagswahl im selben Jahr wechselte er in das Innenministerium. In den Auseinandersetzungen Anfang der 1980er Jahre um das Kernkraftwerk in Brokdorf und den NATO-Doppelbeschluss verantwortete er ein hartes Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten.

    Nach dem Machtwechsel in Bonn 1982 wurde Stoltenberg Bundesfinanzminister und hielt trotz Warnungen von Landtagsabgeordneten vor persönlichen Schwächen Barschels an diesem als Nachfolger fest. Barschel wurde daraufhin am 14. Oktober 1982 vom Landtag zum neuen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und jüngsten Regierungschef in der Bundesrepublik gewählt. Den Ankündigungen in seiner Regierungserklärung folgend, wurden die Mittel für die Schulen der dänischen Minderheit in Schleswig erhöht, ein Investitionsprogramm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit aufgelegt und 1985 der Nationalpark Wattenmeer eingerichtet. Auf Barschels Initiative ging außerdem die Gründung des Schleswig-Holstein Musik-Festivals zurück, das 1986 erstmals stattfand.

    Bei der Landtagswahl 1983 verteidigte Barschel die absolute Mehrheit für die CDU, die jedoch bei Kommunalwahlen im Vorfeld der Landtagswahl 1987 gegenüber der SPD deutliche Stimmenverluste hinnehmen musste. Im Landtagswahlkampf griff Barschel die SPD und den populären Oppositionsführer Björn Engholm (geb. 1939) scharf an. Kurz vor der Wahl machte das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ publik, dass Barschels Pressereferent Reiner Pfeiffer (1939–2015) versucht hatte, Engholm durch eine anonyme Anzeige wegen Steuerhinterziehung und durch Gerüchte um seinen angeblich unseriösen Lebenswandel zu diskreditieren. Die CDU verlor daraufhin die Landtagswahl am 13. September 1987 und erhielt nur noch 42,6 %, während die SPD 45,2 % erreichte. Der Kieler Landtag setzte noch im September einen Untersuchungsausschuss ein, um die Mitwisserschaft Barschels zu klären. Barschel distanzierte sich von den Vorwürfen und versicherte mit seinem „Ehrenwort“, damit nichts zu tun zu haben.

    Auf Druck der Öffentlichkeit und seiner Partei trat Barschel am 2. Oktober 1987 zurück, verreiste und trat am 10. Oktober die Rückreise nach Kiel mit Zwischenstation in Genf an, um vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags auszusagen. In Genf, wo er angeblich einen bis heute unbekannten Entlastungszeugen treffen wollte, wurde er von einem Reporter am Morgen des 11. Oktober 1987 tot in der Badewanne seines Hotelzimmers aufgefunden. Die Todesumstände sind bis heute ungeklärt.

    Der Untersuchungsausschuss des Kieler Landtags stellte im Februar 1988 fest, dass die Aktionen gegen Engholm von Barschel initiiert worden waren und dieser sein Amt missbraucht habe. Ein zweiter Untersuchungsausschuss kam hingegen 1995 zu dem Ergebnis, dass eine persönliche Schuld Barschels nicht nachgewiesen werden könne und die Aussagen von Pfeiffer unglaubwürdig seien. Allerdings habe Barschel 1987 die Unwahrheit gesagt und seine Mitarbeiter zur Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen genötigt. Die Affäre prägte die Politik in Schleswig-Holstein über viele Jahre.

  • Auszeichnungen

    1977 Vorstandsmitglied der Hermann-Ehlers-Stiftung
    Landesvorsitzender des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands
  • Quellen

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Landtagsarchiv Kiel, Akten des parlamentarischen Untersuchungsausschusses.

  • Werke

    Monografien:

    Theoretische Möglichkeiten und Grenzen der Strafrechtspolitik einer politischen Partei. Eine Untersuchung am Beispiel der CDU/CSU, 1970. (Diss. iur.)

    Die Stellung des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein unter besonderer Berücksichtigung der Gewaltenteilung, 1971. (Diss. phil.)

    30 Jahre CDU im Kreise Herzogtum Lauenburg, 1976.

    Lauenburgische Streiflichter. Geschriebenes und Gesprochenes über den Kreis Herzogtum Lauenburg, 1982.

    Die Staatsqualität der Deutschen Länder. Ein Beitrag zur Theorie und Praxis des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, 1982.

    Herausgeber:

    Landessatzung für Schleswig-Holstein. Kommentar, 1976.

    Landessatzung 1949–1979. Festschrift zum 30. Jahrestag der Verabschiedung der Landessatzung Schleswig-Holstein, 1979.

    Im Dienst für die Freiheit. Kai-Uwe von Hassel zum 70. Geburtstag, 1983.

    Schleswig-Holstein: Land mit Vergangenheit, Land mit Zukunft, 1986.

    Reden, Ansprachen, Gedanken 1954–1983. Festgabe für Helmut Lemke zum 80. Geburtstag, 1987.

  • Literatur

    Monografien:

    Norbert Pötzl, Der Fall Barschel. Anatomie einer deutschen Karriere, 1988.

    Werner Kalinka, Opfer Barschel. Deutschlands größte Polit-Affäre in neuem Licht, 1993.

    Helmuth Mosberg, 50 Jahre CDU Schleswig-Holstein 1946–1996, 1996.

    Andreas Wirsching, Abschied vom Provisorium. Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1982–1990, 2006.

    Wolfram Baentsch, Der Doppelmord an Uwe Barschel. Die Fakten und Hintergründe, 2006.

    Michael Mueller/Leo Müller/Rudolf Lambrecht/Peter Müller, Der Fall Barschel. Ein tödliches Doppelspiel, 2007.

    Sebastian Knauer (Hg.), Barschel – Die Akte. Originaldokumente eines ungelösten Kriminalfalls, 2009.

    Heinrich Wille, Ein Mord, der keiner sein durfte, 2011.

    Günther Potschien/Gabriele Schreib, Der Fall Barschel, 2018.

    Patrik Baab, Im Spinnennetz der Geheimdienste, 2019.

    Aufsätze:

    Thomas Ramge, Waterkantgate. Der Tod Uwe Barschels in der Badewanne, in: ders., Die großen Polit-Skandale. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik, 2003, S. 196–226.

    Klaus Püschel/Bettina Mittacher, Geheimnisvoller Tod eines Politikers, in: dies., Tote schweigen nicht. Faszinierende Fälle der Rechtsmedizin, 2016, S. 73–93.

    Filme:

    Dokumentarfilm „Aufstieg und Fall des Uwe Barschel“, Film v. Gerhard Bott, ARD 1988. (Onlineressource)

    Dokumentardrama „Die Staatskanzlei“, Buch u. Regie: Heinrich Breloer, 1989.

    Dokumentarfilm „Der Fall Barschel“, Film v. Gabor Harrach, RTL Television 1994.

    Der Tod des Uwe Barschel – Skandal ohne Ende, Film v. Patrik Baab,/Andreas Kirsch/Stephan Lamby, ARD 2007.

    Tod in Genf – Der Fall Barschel, Buch u. Regie: Uli Weidenbach, ZDF 2007.

    Spielfilm „Der Fall Barschel“, Buch: Kilian Riedhof/Marco Wiersch, Regie: Kilian Riedhof, 2015.

    Hörfunk:

    Die unendliche Geschichte Barschel, Feature Hessischer Rundfunk 2008.

  • Onlineressourcen

  • Autor/in

    Andreas Grau (Bonn)

  • Zitierweise

    Grau, Andreas, „Barschel, Uwe“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11883049X.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA