Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Fabrikanten leonischer Waren
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 1083017535 | OGND | VIAF: 68145601906301321657
Namensvarianten
  • Stieber, von (seit 1904)
  • Stieber, Freiherren von (seit 1915)
  • Stieber (bis 1904)
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Zitierweise

Stieber (bis 1904), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1083017535.html [25.04.2024].

CC0

  • Biographie

    1707 ließ sich der Rotgerber Johann Friedrich ( 1751), dessen Vorfahren im 17. Jh. als Handwerker in Schwabach nachweisbar sind, in Roth nieder. Dort übernahm sein ältester Sohn Johann Kaspar (1708–74), der 1723 in Nürnberg eine Krämerlehre beendet hatte, 1747 eine 1730 vom Fürther Drahtzieher Caspar Weiß (* 1698) errichtete leonische Drahtwarenfabrik. Nach seinem Tod erwarb 1776 der jüngere Bruder Johann Balthasar d. Ä. (1716–83), Verleger leonischer Waren in Roth, den Betrieb für 6000 fl. Dessen 1780 als Teilhaber eingetretener älterer Sohn Philipp Friedrich ( 1810), der sich nach einer kaufmännischen Lehre vorübergehend in Nürnberg niedergelassen hatte, erweiterte das Geschäft stetig. 1797 betrieb er in Roth einen Schubboden (Ziehbank) für den Grobzug des Drahtes aus Kupferstangen sowie 60 Plättmühlen. Daneben beschäftigte er im Verlag fast 300 Heimarbeiter, die den Feinzug besorgten, sowie leonische Gespinste, Borten und Tressen fertigten.

    1823 trat Philipp Friedrichs ältester Sohn Ferdinand (1800–65) in das Unternehmen ein. Er leitete es zusammen mit seinem aus Schweinau stammenden Schwager, dem Kaufmann Johann Konrad Seitz (1787–1847), dessen Söhne Ferdinand (1819–87), Georg (1822–1900) und Emil (1825–92) die Firma „Johann Balthasar Stieber & Sohn“ weiterführten. 1823 verarbeitete der Betrieb mit über 400 Heimarbeitern 60 000 Pfund Kupfer sowie 1300 Mark feingeschlagenes Silber. Da die fehlende Wasserkraft in Roth einer weiteren Expansion im Wege stand, erfolgte 1837 die Verlagerung der Produktionsstätten nach Mühlhof bei Nürnberg, nachdem der Verwaltungssitz der Firma schon 1835 nach Nürnberg verlegt worden war. 1867 führte das Unternehmen den maschinellen Feinzug ein und beschäftigte 1890 etwa 300 Fabrikarbeiter. Exportiert wurde in zahlreiche Länder Europas sowie nach Amerika und Asien.

    Der jüngere Sohn von Johann Balthasar, Johann Philipp (1756–1836), übernahm nach einer kaufmännischen Lehre zunächst im väterlichen Betrieb die Auslandskorrespondenz. 1790 machte er sich selbständig und errichtete in Roth eine eigene leonische Drahtfabrik mit anfänglich einem Schubboden und sechs Plättmühlen. Die Produktion verlagerte er 1791 in das für 5000 fl. erworbene ehemals markgräflich-ansbachische Jagdschloß Ratibor. 1831 veräußerte er das Unternehmen, das 1816 76 Personen überwiegend in Heimarbeit beschäftigte und eine Jahresproduktion im Wert von 26 000 fl. erzielte, für 15 000 fl. an seinen älteren Sohn Johann Balthasar d. J. (1806–34). Nach dessen Tod folgte der jüngere Sohn Johann Heinrich (1815–71) nach, der den Betrieb erweiterte, jedoch das Hauptgebäude des Schlosses Ratibor 1857 für 9000 fl. an die Stadt Roth veräußerte.

    Sein Sohn Friedrich Wilhelm (1846–1915, bayer. Adel 1904, Frhr. 1915) absolvierte eine kaufmännische Ausbildung in Nürnberg und sammelte anschließend berufliche Erfahrungen bei verschiedenen Handelsfirmen im Ausland, zuletzt als Handlungsgehilfe in Marseille. 1867 trat er in die väterliche Firma ein und knüpfte auf Reisen nach London und Amsterdam sowie Venedig und weiteren Häfen des Mittelmeerraums zahlreiche Geschäftsverbindungen. Vor allem in den Ländern des Vorderen und Mittleren Orients mit ihren schmuckfreudigen Bekleidungsstilen baute er den Absatz von Tressen und Borten sowie vergoldeten und versilberten Gespinsten aus. Gleichzeitig erschloß er einen neuen bedeutenden Geschäftszweig durch die Herstellung von Kupferdrähten und Kabeln für den Bedarf der Telegraphie und der beginnenden Elektrifizierung. Seit 1871 Alleininhaber, erweiterte und modernisierte er die Betriebsanlagen nach dem neuesten Stand der Technik. 1907 gründete er eine leonische Flitterfabrik als Zweigwerk in Nürnberg. Dank seines ökonomischen Sachverstandes entwickelte sich die Firma „Johann Philipp|Stieber“ vor dem 1. Weltkrieg zu einem der bedeutendsten Unternehmen der Branche in Deutschland. Die Zahl der Beschäftigten stieg von 1871 bis 1914 von 150 auf 325. 1892 erwarb Friedrich Wilhelm Schloß Ratibor in Roth für 150 000 Mark zurück und baute es zu einem repräsentativen Familienwohnsitz um. 1888 wurde er zum Kommerzienrat, 1907 zum Geheimen Kommerzienrat ernannt. Mit dem bayer. Michaelsorden wurde er 1890, mit der Prinzregent-Luitpold-Medaille in Silber 1911 ausgezeichnet. 1917 fusionierte die Firma „Johann Philipp Stieber“ mit den Firmen „Johann Balthasar Stieber & Sohn“ in Nürnberg-Mühlhof und „Vereinigte Leonische Fabriken“ in Nürnberg-Schweinau zur „Aktiengesellschaft Leonische Werke Roth-Nürnberg, wobei die Rother Firma fast die Hälfte des Stammkapitals der Aktiengesellschaft von 3,5 Mio. Mark (1,675 Mio. Mark) einbrachte. Die Kinder Hanns Sigmund (1897–1936) und Auguste (* 1899, ⚭ August Zink * 1895, Direktor d. Alex Zink Filzfabrik AG in Roth) führten die unternehmerische Tradition nicht weiter. Ihre Mutter Wilhelmine (1870–1952) schenkte Schloß Ratibor 1942 an die Stadt Roth (heute Stadtmuseum). Das 1932 in „Leonische Drahtwerke AG“ und 1999 in „Leoni AG“ umbenannte Unternehmen beschäftigte 2009 im Konzernverbund rund 50 000 Mitarbeiter in 36 Ländern und erzielte einen Konzernumsatz von 2,16 Mrd. I.

  • Quellen

    StadtA Roth; StadtA Nürnberg.

  • Literatur

    GHdA Bd. 3, 1952, S. 268;
    Aus d. Gesch. d. Drahtind. v. Roth, in: Heimatbl. f. Gesch., Volks- u. Heimatkde. d. Stadt u. d. Amtsbez. Roth, 5, 1926, Nr. 29–36, S. 151–68;
    L. C. Beck, Bayerns Großind. u. Großhandel, Maschinen- u. Metallwaaren-Fabrikation d. Ind.bezirkes Nürnberg-Fürth, 1895, S. 65–75;
    Leon. Drahtwerke AG Nürnberg, hg. v. d. Leon. Drahtwerke AG Nürnberg, 1974;
    Vorgesch. d. Leon. Drahtwerke AG Nürnberg, hg. v. ders., 1978;
    Goldene Fäden, Tradition u. Fortschritt, hg. v. ders., 1979;
    G. Eirich, Die Fa. Johann Balthasar Stieber & Sohn im Spiegelbild ihrer Korr. in d. Jahren v. 1790 bis 1806, in: Wirtsch.kräfte u. Wirtsch.wege 5, 1981, S. 333–45;
    B. Rawitzer, Leon. Drahtwaren u. Gespinste, Studien zu e. Spezialgewerbe in Mittelfranken anhand d. Archive d. 19. Jh., 1988, bes. S. 47–51 u. 60 f.;
    K. Hirschmann, Wilhelm v. S., Ein Ind.baron in Roth, in: Das Bürgerhaus d. Stadt Roth, 1992, S. 27–32 (P);
    E. Baumgartl, „Im Hause d. Kommerzienrates“, Schloß Ratibor in Roth um d. Jh.wende, in: Jb. f. Fränk. Landesforsch. 47, 1987, S. 151–89, bes. S. 163–65;
    ders., Die künstler. Ausgestaltung d. Schlosses Ratibor unter Wilhelm v. S., in: Schloß Ratibor in Roth, Wandel über d. Jhh., 1999, S. 43–76;
    G. Schmid, Mus. Schloß Ratibor in Roth, 2002, bes. S. 12 u. 19–21 (P);
    P zu Johann Philipp: Ölgem. (Mus. Schloß Ratibor);
    zu Friedrich Wilhelm:
    Ölgem. v. F. Wagner d. J., 1916 (Mus. Schloß Ratibor), Abb. in G. Schmid (s. L), S. 37, E. Baumgartl, Ausgestaltung (s. L), S. 64, G. Bott (Hg.), Leben u. Arbeiten im Ind.za., 1985, S. 362;
    zu Hanns Sigmund:
    Ölgem. v. F. v. Haas-Teichen, 1933 (Mus. Schloß Ratibor);
    zu Wilhelmine:
    Ölgem. v. F. v. Haas-Teichen, um 1930 (Mus. Schloß Ratibor);
    zu Wilhelmine, Hanns Sigmund
    u. Auguste: Ölgem. v. F. Wagner d. J., 1916 (Mus. Schloß Ratibor), Abb. in: G. Schmid (s. L), S. 38, E. Baumgartl, Ausgestaltung (s. L), S. 64, G. Bott (Hg.), Leben u. Arbeiten im Ind.za., 1985, S. 363.

  • Autor/in

    Richard Winkler
  • Zitierweise

    Winkler, Richard, "Stieber" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 318-319 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1083017535.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA