Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
böhmische Adelsfamilie
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 1044622369 | OGND | VIAF: 305426354
Namensvarianten
  • Sternberg, Grafen von
  • Šternberka, ze
  • Sternberg-Holitz
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Zitierweise

Sternberg, Herren von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1044622369.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Die slawische, aus Mittelböhmen stammende und seit dem 13. Jh. siegelnde Adelsfamilie von S., seit dem 14. Jh. z. T. auch mit dem Grafentitel (1661 für die gesamte Familie bestätigt), nahm in Böhmen und Mähren seit dem Hochmittelalter hohe Hof- und Landesämter, jedoch selten kirchliche Stellen ein. Während sich die S. in den Auseinandersetzungen des 15. und 16. Jh. exponierten, hielten sie sich während des Ständeaufstands und im 30jährigen Krieg zurück, um danach für ca. 150 Jahre besondere politische Macht und in der Folge auch kulturellen und um 1800 wissenschaftliche Bedeutung zu erreichen. Verschwägert mit den großen Adelsfamilien der böhm. Länder, bekannten sich die S. im 20. Jh. in der Mehrzahl zur tschech. Nation.

    Von den beiden Stammburgen gehörte Böhmisch Sternberg (Český Šternberk) von der Gründung an der Familie, während Sternberg (Šternberk) in Nordmähren bereits 1397 verloren ging. Abgesehen von der Lausitz lagen die Besitzungen der Familienzweige über Jahrhunderte fast ausschließlich in Böhmen und Mähren, u. a. Bechin, Častolowitz, Chlumetz, Graupen, Hohenstadt, Holleschau, Horažd’owitz, Jemnischt, Kohljanowitz, Konopischt, Lukau, Malenowitz bei Zlin, Nepomuk mit Grünberg, Serowitz, Triesch, Wessely an der March, Zasmuk und Zbirow.

    Die ältere, später mähr. Hauptlinie der böhm.mähr. S. (I.) starb im 16. Jh. aus. Die jüngere böhm. Linie Holitz(ky) von S. endete 1712 (II.), die mittlere Linie der S. auf Konopischt spaltete sich im 18. Jh. auf (III.). Der Damiansche Zweig der späteren Reichsgrafen S.Manderscheid erlosch 1847 (IV.), während der Leopoldinische Zweig, 1804–1950 mit dem Familienschloß Pohořelitz in Ostmähren, bis heute fortbesteht (V.). Ein Zusammenhang mit anderen mittelalterlichen namensgleichen Familien wie der unterfränk. Ministerialenfamilie auf Schloß Sternberg bei Sulzdorf an der Lederhecke, den Grafen Henneberg-Sternberg in Franken, der gfl. Heunburger Seitenlinie von Sternberg in Kärnten, der gfl. Schwalenberger Seitenlinie auf Burg Sternberg bei Lippe oder den balt. Ungern-Sternberg besteht nicht. Ungeklärt ist ein Zusammenhang mit der schles. Familie von Sternberg(-Rudelsdorf), die erst 1689 vom Ritter- in den Freiherrenstand und 1719|in den böhm. Grafenstand erhoben wurde und als „schles. Haus“ der Grafen S. gilt.

    I.

    Die ältesten Hinweise auf die Familie reichen mit Diwisch von Diwisch(au) (Diviš z Divišova), um 1130 Berater des böhm. Fürsten Sobieslaus I. (Sobešlav I.), ins frühe 12. Jh. zurück. Zu seiner Verwandtschaft gehörten Bohuta, 1183–1207 Kastellan von Bilin, Zdieslaus I. (Zdeslav I., 1176), Burggraf von Kauřim und Saaz, sowie ein weiterer Diwisch ( n. 1240). Dieser war zuerst Prachener Burggraf und nach 1224 böhm. Oberstlandmarschall. Sein Nachkomme Zdieslaus II. von Diwischau (Zdeslav II. z Divišova, 1263/65) errichtete 1241 die Burg Böhmisch Sternberg und nannte sich seither „v. S.“. Als Gefolgsmann von Kg. Přemysl Otakar II. diente er u. a. als Oberstmundschenk und nahm an der Besitznahme des Hzgt. Österreich teil. 1253 schlug Zdieslaus II. bei Olmütz das ungar. bzw. kuman. Heer von Kg. Bela IV. Dies bildete vermutlich die Grundlage für den noch bei František Palacký zu findenden Mythos, Zdieslaus’ (fiktiver) Sohn Jaroslaus (Jaroslav, angebl. 1220–77/87) habe als mähr. Landeshauptmann 1241 bei Olmütz die Tataren bzw. die Mongolen besiegt und damit Europa gerettet. Zdieslaus II. erbaute als Truchseß von Mähren in der Folge seines Sieges um 1262 die Burg Mährisch Sternberg. Seine Söhne wurden zu Ahnherren der drei großen S.schen Linien. Der älteste, Albert ( um 1298), wurde Burggraf von Olmütz, der mittlere, Jaroslaus (Jaroslav, um 1289), Burggraf von Vöttau und Gründer der südmähr. Grenzburg Sternberg, der jüngste, Zdieslaus III. (Zdeslav III., 1289 /90), Burggraf von Glatz und Oberstlandmarschall des böhm. Königs.

    Unter Alberts Nachfolgern finden sich weitere Olmützer Burggrafen, mehrere Oberstlandkämmerer sowie Oberstlandrichter und andere Würdenträger der Mgfsch. Mähren. Alberts Enkel Stephan Bohemus (Štěpán, István Cseh, 1357) stand als mähr. Landeshauptmann und seit 1321 als Burgherr von Trentschin in engen Kontakt mit Ks. Karl IV. Sein Sohn Peter (Petr, 1397) heiratete Anna von Luxemburg ( v. 1405), eine Nichte des Kaisers, die mütterlicherseits aus dem přemyslid. Nebenzweig der Herzöge von Troppau und Ratibor stammte. Peters Bruder, Albert(us) (Albrecht, um 1331–80, s. Gatz IV), seit 1352 Domherr von Olmütz, beriet Karl IV. in der Reichskirchenpolitik und war 1356–64 Bischof von Schwerin, dann bis 1368 Bischof von Leitomischl, 1368–72 Erzbischof von Magdeburg und anschließend mit dem persönlichen Ehrenrang eines Erzbischofs erneut Bischof von Leitomischl. Er gründete auf Familienbesitz das Augustinerkloster in Sternberg und die Kartause in Tržek. Die sehr begüterte Seitenlinie der mähr. S. auf Lukau und Holleschau, in der es auch weitere Heiratsverbindungen mit Töchtern der přemyslid. Herzöge von Troppau gab, erlosch 1574 mit den Neffen des mähr. Landeshauptmanns Johann d. Ä. (Jan staršı́, 1536).

    II.

    In der von Zdieslaus III. ausgehenden Linie Holitzky v. S. mit ihrem Stammsitz in der Nähe von Pardubitz (Ostböhmen) kam es 1441 durch die Heirat von Kunigunde (Kunhuta, Kunka, 1422–49) mit dem späteren Kg. Georg von Podiebrad (Jiří z Poděbrad) zu engeren Verwandtschaftsbeziehungen zum böhm. Herrscherhaus und über ihre Zwillingstöchter Katharina (Kateřina, Katalin, 1449–64), der Gattin von Matthias Corvinus, und Sidonie (Zdenka, 1449–1510), die einen Wettiner heiratete, dann auch zu den ungar. Königen und den sächs. Herzögen. Kunigundes Vater Smil ( 1433) hatte sich 1415 – im Gegensatz zu anderen Familienmitgliedern – auf die Seite der Hussiten gestellt und war vom Konstanzer Konzil mit dem Bann belegt worden, trat aber auch mehrfach als Vermittler zwischen den utraquist. Gruppierungen und mit der kath. Seite auf und nahm 1429 am Hussitenzug gegen Sachsen teil.

    Zur Schlüsselfigur dieser Linie wurde Kunigundes Onkel Alesch Holitzky (Aleš, 1455), langjähriger Kreishauptmann von Saaz, der als erster den Namenszusatz Holitzky führte und am Ende seines Lebens mit Böhmisch Sternberg und Konopischt die wichtigsten S.schen Herrschaften sowie als Pfandschaft die kgl. Burgen Pürglitz (seit 1420) und Karlstein (seit 1426) kontrollierte. Er stand lange auf Seiten des böhm. Königs und Kaisers Sigismund von Luxemburg, trat seit dem Landtag von Časlau 1421 als gemäßigter Utraquist vermittelnd auf, war seit 1423 einer der 12 böhm. Reichsverwalter und trug 1434 entscheidend zur Niederlage der radikalen Taboriten bei. Seit 1436 Oberstlandkämmerer von Böhmen vermittelte er maßgeblich den böhm. Landfrieden von 1440 und gehörte im Interim dem Triumvirat für Ostböhmen an. Alesch unterstützte 1443 die Thronfolge von Kg. Ladislaus Postumus und war im Interregnum seit 1452 ein enger Vertrauter des Landmarschalls und Landesverwesers Georg von Podiebrad.|Aleschs Sohn Peter d. Ä. (Petr starší, 1454), ein böhm. Söldnerführer, befand sich 1438–41 in Rochlitz (Sachsen) in Gefangenschaft und stand 1447–53 im Dienste von Hzg. Wilhelm III. von Sachsen (Thüringen). 1447 führte er als Hauptmann das böhm. Heer im Krieg gegen Soest an. Sein Sohn Peter d. J. (Petr mladšı́, 1514), beteiligt an der Ausarbeitung der Wladislawschen Landesordnung von 1500, war 1508–10 Oberstlandrichter bzw. seit 1512 Oberstlandkämmerer von Böhmen. Zu dessen Nachkommen in fünfter Generation zählte der langjährige böhm. Kämmerer, Landesgerichtsrat und kgl. Rat Wenzel Georg (Václav Jiřı́, um 1600–81), seit 1637 Reichsgraf, dessen Korrespondenz der Jahre 1638–74 u. a. mit dem Prager Ebf. Matthäus Ferdinand Sobek von Bilenberg 1898 V. Schulz edierte. Die beiden letzten männlichen Nachkommen der Linie Holitzky waren dessen Söhne Johann Wenzel (Jan Václav, 1712), Oberburggraf in Prag und ksl. Hauptmann in Kauřim, und Jaroslaus Ignaz (Jaroslav Ignáz, 1641–1709, s. Gatz II). Nach einem Theologiestudium in Prag und Rom war dieser seit 1662 Domherr in Passau, wurde 1668 zum Priester geweiht und 1676 zum Bischof der jungen kath. Diözese Leitmeritz berufen, wo er die Volksmission förderte und durch den Abschluß des Dombaus und die Errichtung der bfl. Residenz das barocke Stadtbild prägte.

    III.

    Der von Jaroslaus ausgehende Hauptstrang Konopischt blieb auch während des 15. bis 17. Jh. weitgehend kath. und führte diesen Namenszusatz seit Peter (Petr, 1420), der 1414 das Konstanzer Konzil besuchte und seit 1419 als böhm. Heerführer Ks. Sigismunds gegen die Hussiten kämpfte. Sein Sohn Zdenko (Zdeněk, 1476, s. ADB 37) gehörte zu den bedeutendsten Mitgliedern der Familie. Der Katholik war seit 1448 Oberstburggraf in Prag und wurde ebenso wie Alesch H. v. S. ein Berater Georgs von Podiebrad. 1457 leitete er die Gesandtschaft, die den franz. Kg. Karl VII. für ein Bündnis mit Kg. Ladislaus Postumus gewann. Nach Ladislaus’ Tod 1458 trug Zdenko entscheidend zur Thronübernahme durch Georg von Podiebrad sowie zu dessen Anerkennung in Schlesien und in den Lausitzen bei. 1460 handelte er das böhm.-poln. Bündnis aus und gestaltete 1461 die Hochzeit seiner Großnichte Katharina, der Tochter Kg. Georgs, mit Matthias Corvinus, dem ungar. König und späteren böhm. Gegenkönig. 1462 leistete er Ks. Friedrich III., an dessen Krönungszug nach Rom er 1452 teilgenommen hatte, militärische Hilfe vor Wien und erhielt 1464 dafür Weitra und Krems als Pfand. Als Vertreter der kath. Partei in Böhmen hatte sich Zdenko spätestens seit 1456 von Kg. Georg distanziert und stand seit 1465 an der Spitze der Grünberger Union des oppositionellen kath. Adels. 1467/ 69 verlor er seinen Besitz an Kg. Georg, konnte aber 1474 mit Unterstützung von Matthias Corvinus erneut die provisorische Landesregierung und die Heerführung in Böhmen übernehmen. Über Jahrzehnte führte er mit seinen Truppen zahlreiche Fehden und Kriegszüge.

    Über Zdenkos Sohn Jaroslaus III. (Jaroslav III., 1490), der 1467–70 als Landvogt von Bautzen fungierte und die eingezogenen Familiengüter 1480 von Kg. Wladislaw II. Jagiello zurückerhielt, führt die Konopischter Linie weiter zu dem gebildeten und sehr religiösen Ladislaus (Ladislav, Lacek, 1521), Kreishauptmann von Bechin, 1508–10 Oberstlandkämmerer, dann bis zu seinem Tod Oberstkanzler von Böhmen sowie seit 1520 Burggraf vom Wyschehrad. Als einer der Verhandlungsführer trug er 1515 zum habsburg.-jagiellon. Bündnis bzw. der Wiener Doppelhochzeit bei, wurde zum kgl. Stellvertreter ernannt und nahm 1519 bei der Wahl des röm.-dt. Kg. Karl V. in Frankfurt/M. die böhm. Kurstimme für den minderjährigen Kg. Ludwig Jagiello wahr. Über seinen jüngeren Bruder Johann II. (Jan II., 1528), Kreishauptmann von Bechin und Burggraf von Karlstein, setzte sich die Linie Konopischt fort. Dessen Sohn Adam I. († 1560), 1546–49 Burggraf von Karlstein, dann Obersthoflehenrichter und seit 1554 Oberstlandkämmerer sowie Oberstlandschreiber von Böhmen, konnte den Familienbesitz bedeutend erweitern und die Stellung des Geschlechts festigen. Seine Schwester Bohunka ( 1588) war Äbtissin des Klarissenklosters Böhmisch Krumau.

    Auf Adams I. Sohn Zdenko VI. (Zdeněk VI., 1575), den ksl. Rat und böhm. Statthalter, folgte dessen Sohn Adam II. d. Ä. (1575–1623). Dieser wurde kgl. Hauptmann der Prager Neustadt, fungierte 1597–99 als Obersthoflehenrichter, danach als Oberstlandrichter sowie 1603–08 als Oberstlandkämmerer und 1608–19 in engem Einvernehmen mit den Kaisern Rudolph II. und Matthias als Oberstburggraf von Böhmen. Seine Versuche, die utraquist. Opposition in Böhmen mit den Habsburgern auszusöhnen, scheiterten, so daß er nach dem Prager Fenstersturz kurzzeitig ins Exil ging. Einer der Söhne Adams II. d. Ä., Franz Karl Matthias (František Karel Matyáš, 1612–48), Hofmarschall,|Landtagskommissar und später Oberstlandrichter von Böhmen, starb bei der schwed. Besetzung Prags. Dessen Ehefrau Ludmilla Katharina Benigna (Lidmila Kateřina, geb. Kavková z Řı́cǎn, 1672) korrespondierte lat. mit Gelehrten, förderte die Literatur durch eine Stiftung, aus welcher der St. Wenzels-Fonds in Prag hervorging. Ihren Kindern – Wenzel Adalbert (Václav Vojtečh, 1708) und Ignaz Karl – wurde ebenso wie den anderen Mitgliedern der S. 1661 der Reichsgrafenstand und 1662 der böhm. Grafenstand bestätigt, doch blieben beide ohne männliche Nachkommen. Die Karriere von Wenzel Adalbert begann 1672 mit dem Amt des böhm. Hofmarschalls, 1675 wechselte er als Beisitzer zum böhm. Landrecht und stieg 1690 zum ksl. Geheimrat sowie Präsidenten des böhm. Appellationsgerichts auf, bevor er 1696 zum Oberstlandrichter Böhmens ernannt wurde. Seit 1704 amtierte er als Oberstlandhofmarschall und kgl. Statthalter in Prag. 1699 mit dem Orden vom Goldenen Vlies ausgezeichnet, ließ der bekannte Kunstförderer u. a. das S.-Palais auf der Prager Burg sowie das Sommerschloß Troja bei Prag bauen und übertrug sein 1678 gestiftetes Fideikommiss Grünberg und das Erbe seines Bruders auf Franz Leopold. Sein Bruder Ignaz Karl (Ignáz Karel, 1700), später Geheimrat und ksl. Kammerherr, war seit 1669 böhm. Appellationsrat sowie seit 1691 unter seinem Bruder Vizepräsident des Appellationsgerichts in Prag und folgte diesem 1696 als Präsident des Gerichts nach.

    Im Gegensatz zu seinem Bruder Adam II. d. Ä. bekannte sich Stephan Georg (Štěpán Jirí̌, 1570–1625) zur böhm. Konfession und war seit 1595 Rat, später Präsident der böhm. Hofkammer, 1603–23 böhm. Landeshauptmann der dt. Lehen und zeitweise zudem ksl. Unterkämmerer. 1608 vertrat er die böhm. Stände bei den Verhandlungen über den rudolphin. Majestätsbrief zur Konfessionsfreiheit und floh nach dem Ständeaufstand 1620 zusammen mit Wilhelm Gf. Slawata (1572–1652) nach Meißen. Seine Güter wurden konfisziert. Diese erhielt er 1622 – nach seiner Konversion zur kath. Kirche, einem ksl. Gnadenbrief und seiner Rückkehr nach Böhmen – nur mehr als Lehen zurück. Sein Enkel Ulrich Adolph Wratislaw (Oldřich Adolf Vratislav, 1703), mit einer Gfn. Slawata verheiratet und seit 1659 böhm. Appellationsrat, stieg zum Vizepräsidenten des Appellationsgerichts auf. Als Vertrauter von Ehzg. bzw. Ks. Leopold I. 1667 wurde er Vizekanzler in dessen Kabinett und Kommissär für das Heilige Römische Reich sowie Botschafter in Schweden, Brandenburg und Sachsen. 1678 kehrte er als Oberstlandrichter nach Böhmen zurück und war 1685–1703 Oberstburggraf und böhm. Statthalter. Als erster S. wurde er 1687 in den Orden zum Goldenen Vlies berufen. Repräsentativen Zwecken dienten der Bau eines Palais am Kleinseitner Ring in Prag mit Gemäldegalerie und der Ausbau des barocken Schlosses Zasmuk. Nach dem Kauf der Herrschaft Častolowitz brachte er diese zusammen mit Zasmuk 1701 in ein Fideikommiss ein.

    Mit Adolph Wratislaws beiden Söhnen Franz Damian Jakob (František Damián Jakub, 1676–1723), böhm. Landrichter und kgl. Rat, und Franz Leopold (František Leopold, 1680–1745), Geheim- und Hofrat und dann Statthalter und Kammerpräsident von Böhmen, begannen zwei neue Familienzweige (IV. und V.).

    IV.

    Aus der Ehe von Franz Damian Jakob mit Maria Josepha Gfn. v. u. zu Trauttmannsdorff (1681–1742), einer Enkelin von Wenzel Georg Holitzky († 1681), stammte Franz Philipp (František Filip, 1708–86), der 1735 in das schwäb. Reichsgrafen-Kollegium sowie 1736 in den mähr. Herrenstand aufgenommen wurde und 1741/42 ebenso wie Franz Leopold dem böhm. Kg. Karl III. (von Wittelsbach) huldigte. 1745–48 diente er dann den Habsburgern als kurböhm. Gesandter auf dem Reichstag in Regensburg und 1749–63 als Botschafter in Dresden und Warschau. Seit 1763 Ordensritter vom Goldenen Vlies, wurde er 1765 Obersthofmeister von Kgn. Maria Theresia. Seine Tochter Marie Leopoldina (1733–1809) gehörte nach 1781 als verwitwete Fürstin v. u. zu Liechtenstein zu einem Damenzirkel der Wiener Hocharistokratie, in dem auch Ks. Joseph II. verkehrte. Während Franz Philipps jüngerer Sohn Thomas Gundakar (Tomáš Gundakar, 1737–1802), 1762–92 Reichshofrat in Wien, zudem 1776 und 1797 Gesandter in St. Petersburg und später ksl. Oberststallmeister, ohne Kinder blieb, vermählte sich 1762 der ältere Sohn Franz Christian (František Kristián, 1732–1811), Geheimrat und seit 1790 Ritter vom Goldenen Vlies, vermittelt durch den Prager Ebf. Johann Gf. v. Manderscheid-Blankenheim mit der Erbtochter Augusta Leopolda v. Manderscheid-Blankenheim (1744–1811) und nannte sich seit der Übernahme der Gfsch. Manderscheid-Blankenheim 1780 und der Einbeziehung in den niederrhein.westfäl. Reichskreis S.-Manderscheid. Nach dem Verlust ihrer linksrhein. Besitzungen wurden der Familie 1802 die aufgelassenen Reichsabteien Schussenried und Weißenau|bei Ravensburg zugesprochen. Mit Franz Christians beiden Söhnen endete die Reihe der Reichsgrafen v. S.-Manderscheid. Während Johann Wilhelm v. S.-Manderscheid (Jan Vilém, 1765–1847), Chorherr in Passau und Regensburg, in Saint-Germain-en-Laye starb, wurde sein Bruder Franz Joseph Wenzel v. S.-Manderscheid (František Josef Václav, 1763–1830, s. ÖBL), seit 1824 im Rang eines Oberstlandkämmerers von Böhmen, zu einem der wichtigsten Förderer von Kunst und Wissenschaft in Böhmen, zu einem Mentor der tschech. nationalkulturellen „Wiedergeburt“ und zu einem herausragenden Numismatiker. Seit 1796 Ehrenmitglied der kgl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften in Prag gründete er dort 1796 die Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde (seit 1802 deren Präsident) und 1800 die Akademie der Bildenden Künste. Seit 1813 Ehrenmitglied der Wiener Akademie der Bildenden Künste, trug er 1818 zur Gründung und durch das Vermächtnis seiner Münz- und Kunstsammlung zur Ausstattung des Vaterländischen Museums in Prag (heute Nationalmuseum) bei. Der Träger des Leopold-Ordens gab 1815 seine „Beiträge und Berichtigungen zu Dlabacž Lexikon böhm. Künstler“ heraus und stellte 1823 den jungen Historiker F. Palacký als seinen Privatarchivar in Prag an, woraus mehrere Arbeiten zur S.schen Familiengeschichte resultierten.

    V.

    Franz Leopold bündelte die ihm übertragenen böhm.-mähr. Besitzungen und begründete den sog. Leopoldinischen Zweig. Der jüngere Ast seit 1758 auf Zbirow bzw. Radnitz, der über den Offizier, Unterkämmerer der kgl. Leibgedingstädte Böhmens und Geheimrat Johann Nepomuk (Jan Nepomuk, 1713–89) führte, schloß mit den beiden bekannten Naturwissenschaftlern und Brüdern Kaspar (Kašpar, 1761–1838, s. u.) und Joachim (Jáchym, 1755–1808). Letzterer diente 14 Jahre in dt. Armeen und studierte daneben Mathematik, Naturwissenschaften und Musik. 1792/93 besuchte er in Rußland und 1802 in England Bergbau- und Industrieeinrichtungen und nahm seit 1800 an der Vermessung der Grenzen Böhmens teil. Wie sein Bruder war er Mitglied der kgl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften und weiterer gelehrter Vereinigungen.

    Franz Leopolds ältester Sohn Adam Franz (Adam František, 1711–89) war Geheimrat und stieg zum Oberstlandmarschall von Böhmen auf. Sein Enkel Jaroslaus (Jaroslav, 1809–74) gehörte seit 1843 dem böhm. Landtag an, avancierte in der österr. Armee zum Major und war seit 1858 Majoratsherr auf Častolowitz und Zasmuk sowie erneut 1861–69 Abgeordneter im böhm. Landtag und 1861–74 erbliches Mitglied des Herrenhauses in Wien. Ihm folgte 1874 als Familienoberhaupt und als erbliches Herrenhausmitglied sein Bruder Leopold (1811–99), der seit 1828 ebenfalls eine Militärlaufbahn eingeschlagen hatte, die ihn bis 1858 zum Feldmarschalleutnant und Divisionskommandeur in Agram und 1872 zum General der Kavallerie führte. Seit 1872 Geheimrat wurde der Träger des Maria-Theresia- und des Leopold-Ordens 1891 auch Ritter vom Orden des Goldenen Vlieses. Als Familienoberhaupt mit Besitz in Častolowitz, Malenowitz und Pohořelitz folgte sein Sohn Leopold Albert (1865–1937), der nach einem Jurastudium in der Brünner Statthalterei arbeitete, 1890 ksl. Kammerherr sowie 1917 Geheimrat wurde und bis 1918 dem Herrenhaus in Wien angehörte. Leopold Alberts Sohn Leopold Stanislaus (Leopold Stanislav, 1896–1957), der zum Umfeld von Ehzg. Franz Ferdinand zu zählen ist, gehörte 1938 /39 zu den böhm.-mähr. Adligen, die sich für den unversehrten Bestand der Tschechoslowakei einsetzen und sich zur tschech. Nation bekannten. Seit 1941 standen seine Güter unter Zwangsverwaltung, wurden aber 1945 restituiert, doch flüchtete er nach dem kommunistischen Umsturz 1948 aus der Tschechoslowakei über Paris nach New York und Florida, bevor er sich 1953 als Hotelbesitzer in Jamaika niederließ. Diesen Weg und ihr Leben zeichnete seine Frau Cecilia geb. Reventlow-Criminal (1908–83) in ihren in mehrere Sprachen übersetzten Erinnerungen nach.

    Ein weiterer Sohn Leopolds, Adalbert Wenzel (Vojtečh Václav, 1868–1930), studierte Rechtswissenschaften in Wien, Nationalökonomie in Straßburg und berichtete 1899/1900 aus Südafrika über den zweiten Burenkrieg. Der vielseitige Publizist, der 1902–16 dem Verwaltungsrat der Ostrauer Bergbau-Gesellschaft vorstand, gab mehrere Zeitschriften heraus und provozierte als „Enfant terrible des alten Österreichs“ vor und nach 1914/18 zahlreiche Duelle, Provokationen und Affären. 1904–11 repräsentierte er als „wilder“ parteiunabhängiger Abgeordneter einen tschech. Wahlkreis im Wiener Reichsrat. Nach 1914 avancierte er im aktiven Militärdienst 1917 zum Fliegeroffizier und Rittmeister. Nach 1919 in Wien lebend, war er u. a. Präsident des Rennstallbesitzervereins und Gegner des republikanischen Systems.

    Zdenko (Zdeněk, 1813–1900), ein weiterer Bruder von Jaroslaus und Leopold, reüssierte|in Radnitz und Jemnischt mit Großgrundbesitz und Kohlengruben, kaufte 1841 die Burg Böhmisch Sternberg zurück und war seit 1837 böhm. Kammerherr. Er wurde Mitglied der Ökonomisch-Patriotischen Gesellschaft in Prag und gehörte vor 1848 sowie 1867/ 68 dem böhm. Landtag an. Sein Sohn Philipp (Filip, 1852–1924) war böhm. Kämmerer und Ehrenritter des Malteserordens. Zudem gehörte er 1883–1901 dem böhm. Landtag an. Sein Enkel Zdenko (Zdeněk, * 1923) lebt als Familienoberhaupt auf Böhmisch Sternberg.

  • Quellen

    u. a. Staatl. Gebietsarchiv Prag (Rodinný archiv Šternberků, Český Šternberk; Domácí kancelář Šternberků; Velkostatek Český Šternberk); Staatl. Gebietsarchiv Zámrsk (Rodinný archiv Šternberků Častolovice; ň střední pokladna Šternberků Častoloviceä-); Archiv d. Nat.mus. Prag (Šternberk-Manderscheid-); Mähr. Landesarchiv Brünn (Rodinný archiv Šternberků Malenovice).

  • Literatur

    ADB 36;
    J. Tanner, Gesch. derer Helden v. Sternen, oder Deß Uhralten und Ruhmwürdigsten Geschl. v. S., 1732;
    F. Palacký, Die Sternberge, in: Tb. f. d. vaterländ. Gesch. 6, 1825, S. 282–320;
    ders., Die Grafen Kaspar u. Franz S., u. ihr Wirken f. Wiss. u. Kunst in Böhmen, 1843;
    A. Rolleder, Die mähr. Herren v. S., in: Zs. d. dt. Ver. f. d. Gesch. Mährens u. Schlesiens 5, 1901, S. 212–37 u. 332–73;
    V. Davídek, Nástin vývoje rodů hrabat ze Sternbergu a z Mensdorff-Pouilly, in: Časopis rodopisné společnosti v Praze 13/3, 1941, Beil. S. 27–35;
    Cecilia Sternberg, Es stand e. Schloß in Böhmen, 1979;
    W. Eberhard, Konfessionsbildung u. Stände in Böhmen 1478–1530, 1981;
    E. Hassenpflug-Elzholz, Böhmen u. d. böhm. Stände in d. Zeit d. beginnenden Zentralismus, 1982;
    J. Pánek, Historický spis o pánech ze Šternberka a otázka autorství Václava Březana, in: Sborník archivních prací 33/2, 1983, S. 443–82;
    R. v. Prochazka, Genealog. Hdb. erloschener böhm. Herrenstandsfamilien, Erg.-Bd., 1990, S. 129–32;
    Rod Manderscheidů Šternberků, Z Eifelu do Čech, Ausst.kat. Archiv Národního muzea v Praze, 1991;
    Z. Pokluda, Rod Šternberků na Moravě, in: Zlínsko od minulosti k soucǎsnosti 10, 1991, S. 117-58;
    F. Palacký, Gesch. d. Fam. Sternberg (Ms. v. 1824, mit Notizen v. Zd. Sternberg), in: F. Palacký u. Zdenko Sternberg, Dějiny rodu Sternbergů, 2001, S. 11–52;
    R. Sejk, Urozenost, majetek a moc (Šternberkové v 16. a 17. století), in: Středočeský sborník historický 28/29, 2002/03, S. 3–54;
    U. Tresp, Söldner aus Böhmen, Im Dienst dt. Fürsten, Kriegsgeschäft u. Heeresorganisation im 15. Jh., 2004;
    M. Jouzová u. L. Jouza, Adolf Vratislav ze Šternberka jako stavebník pražského paláce na Malé Straně a barokního areálu v Zásmukách, in: Documenta Pragensia 28, 2009, S. 193–217 u. 789 f.;
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    Wurzbach;
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  • Autor/in

    Robert Luft
  • Familienmitglieder

  • Zitierweise

    Luft, Robert, "Sternberg, Herren von" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 286-291 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1044622369.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA