Lebensdaten
1899 – 1975
Geburtsort
Budapest
Sterbeort
Salzburg
Beruf/Funktion
Dirigent
Konfession
-
Normdaten
GND: 117384402 | OGND | VIAF: 29719487
Namensvarianten
  • Swarowsky, Johann Josef Leopold
  • Swarowsky, Hans
  • Swarowsky, Johann Josef Leopold
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Swarowsky, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117384402.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Außerehel. V Josef Kranz (1862–1934), Dr. iur., Advokat, Bankier, Industr. in Wien, Kunstsammler, S d. Gerson Kranz (jüd.), RA, Hof- u. Ger.advokat in Wien;
    M Leopoldine (1881–1970, Schausp. in Wien, T d. Karl Swarowsky u. d. Theresia Hek;
    1) Julia Lassky, emigrierte 1938 in d. USA, Psychol., 2) Stuttgart 1927 (?) Maria Gerlach, Ballettänzerin, 3) Graz um 1930 (?) Doris N. N. (s. L);
    1 S aus 1) Anton (* 1923/24), emigrierte 1938 mit seiner Mutter in d. USA, Kritiker, 2 T aus 3).

  • Biographie

    Nach privatem Klavierunterricht studierte S. 1919–21 Kunstgeschichte und Philosophie an der Univ. Wien; 1920 nahm er zudem Analyseunterricht bei Arnold Schönberg, dann mehrere Jahre bei Anton Webern. 1925 wurde S. Kapellmeister an der Wiener Volksoper, 1927 3. Kapellmeister am Württ. Staatstheater in Stuttgart, 1932 musikalischer Oberleiter am Reuß. Staatstheater in Gera und 1934 1. Kapellmeister am Staatstheater Hamburg, wo er Richard Strauss kennenlernte.|1935 von Clemens Krauss als 1. Kapellmeister an die Berliner Staatsoper geholt, ging S. 1937 in derselben Funktion ans Zürcher Stadttheater. Bei der Arbeit am Libretto von Strauss’ Konversationsstück „Capriccio“ stieß S. auf ein Sonett des Dichters Pierre de Ronsard, das in seiner Übersetzung zum Kernstück der Oper wurde. Zahlreiche Übersetzungen von Opernlibretti fertigte er auch für den seit 1936 an der Münchner Staatsoper wirkenden Krauss an. Nachdem die Eidgenössische Fremdenpolizei 1940 seine Ausweisung erwirkt hatte, kehrte S. nach Deutschland zurück. Hier war er bis 1944 (ohne offizielle Anstellung) Mitarbeiter von Krauss und dessen Assistent bei Dirigentenkursen in Salzburg und Potsdam. Auf Vermittlung von Strauss arbeitete S. bis 1942 zudem als Gutachter und Lektor in der im Frühjahr 1940 vom Propagandaministerium eingerichteten Reichsstelle für Musikbearbeitungen. 1943 wurde S. Chefdramaturg und Leiter der Musikdramaturgie des Salzburger Musik- und Theatersommers, von Sept. 1944 – Jan. 1945 war er Generalmusikdirektor der Philharmonie des Generalgouvernements in Krakau. Seit Juli 1945 Generalmusikdirektor der Stuttgarter Oper, erhielt S. jedoch im Dez. 1945 Dirigierverbot aufgrund seiner Tätigkeiten in der Reichsmusikkammer und im Generalgouvernement (der NSDAP hatte er nicht angehört). Nach dem Entnazifizierungsverfahren im April 1946 dirigierte S. im Sommer desselben Jahres anstelle des mit Dirigierverbot belegten Herbert v. Karajan den „Rosenkavalier“ bei den Salzburger Festspielen und wurde Leiter der Wiener Symphoniker; sein Vertrag wurde jedoch trotz seiner Aufbauarbeit 1947 nicht verlängert.

    1947 übernahm S. die Leitung der Kapellmeisterklasse und der Orchesterschule der Wiener Musikakademie; gleichzeitig arbeitete er bis 1949 als Operndirektor des Grazer Stadttheaters, wo er sich für authentisches Musizieren mit hoher Qualität und das moderne Repertoire einsetzte. Zu den jungen Talenten, die S. in Graz engagierte und die dort ihre Karriere begannen, gehörten die Sänger Oskar Czerwenka (1924–2000) und Otto Edelmann (1917–2003), die Bühnenbildner Gottfried Neumann-Spallart (1915–83) und Sepp Nordegg (1913–84) sowie der Regisseur André Diehl (1900–87); mit ihnen schuf er ein Stil-Theater mit weitgehender Geschlossenheit von Musik, Inszenierung und Bühnenbild. Trotz großer Erfolge scheiterte S. jedoch letztlich am konservativen Publikum und verließ Graz 1949. Als Konzertdirigent machte er sich v. a. mit Gustav Mahlers Werk einen Namen. Die wieder einsetzende Mahlerpflege in Wien wurde wesentlich von S. geprägt, der auf Grund seiner Studien bei Webern zu den besten Kennern gehörte. Für den Rundfunk (RAVAG) hatte er bereits in den 40er Jahren alle Mahler-Symphonien dirigiert.

    Insbesondere als Lehrer war S. einer der erfolgreichsten Vertreter der Aufführungslehre der Wiener Schule. Das Erfassen des Werkes durch umfassende Analyse (Weiterentwicklung von Schönbergs Taktgruppen), die genaue Realisierung des Notentextes, die Befreiung von falschen Traditionen und die Vermittlung historisch fundierter Kenntnisse zur Aufführungspraxis standen im Zentrum des Unterrichts. In der Zeit von 1947–75 bildete S. über 500 Dirigenten sowie die Instrumentalstudenten im Fach Orchester aus. Zu seinen Schülern zählen u. a. C. Abbado, M. Caridis, J. Delacôte, K. Floros, M. Jansons, D. Kitajenko, G. Lagrange, A. Logothetis, Z. Mehta, M. Radulescu, G. Sinopoli, E. Urbanner, A. Vandernoot und B. Weil. 1947–56 leitete S. die Ausseer Festwochen der Musikakademien Österreichs; darüber hinaus gab er Meisterkurse in Brüssel (1958), Nizza (1960–66), USA (1967), Brasilien (1968), Ossiach beim Carinthischen Sommer (1971–74) und Wien (1974). S. schrieb auch zahlreiche Artikel über Komponisten, Werke und Fragen der Interpretation und Übersetzung, gestaltete Radio- und Fernsehsendungen, arbeitete mit H. C. Robbins Landon an den kritischen Gesamtausgaben von Mozart und Haydn und brachte eine kritische Ausgabe der Partitur von J. Strauss’ „Fledermaus“ und Mozarts „Solfeggi“ heraus. Seine Opernübersetzungen gelten als mustergültig, da sie nicht nur inhaltlich, sondern auch metrisch und phonetisch dem Original sehr nahe kommen.

  • Auszeichnungen

    A Österr. Ehrenkreuz f. Wiss. u. Kunst, 1960;
    Gr. Ehrenpalette d. Österr. Rundfunks, 1965;
    Gr. Ehrenzeichen f. Verdienste um d. Rep. Österr.;
    Mozart-Medaille d. Mozartgde., 1968;
    Ehrenmitgl. d. Franz Schmidt-Gde., 1969;
    Ehrenmedaille d. Stadt Wien, 1970;
    Österr. Ehrenzeichen f. Wiss. u. Kunst;
    Ehrenring d. Stadt Wien;
    Goldmedaille d. Internat. Gustav-Mahler-Ges. (alle 1974).

  • Werke

    Wahrung d. Gestalt, hg. v. M. Huss, 1979;
    Aufss.:
    Musik f. d. Volk? Gespräch (mit G. Knepler), in: Österr. Musikzs. 1, 1946, S. 398 f.;
    Giuseppe Verdi, ebd. 6, 1951, S. 4 ff.;
    Canticum Sacrum, ebd. 11, 1956, S. 399 ff.;
    Persönliches v. Richard Strauss, ebd. 12, 1957, S. 137 ff., u. 186 ff.;
    Unterr. im Dirigieren, ebd. 13, 1958, S. 171 f.;
    Kapellmeisterschule u. Orchestererziehung, ebd. 14, 1959, S. 257 f.;
    Opern-dt., ebd. 14, 1959, S. 417 ff.;
    Giuseppe Verdi, e. geistige Macht, ebd. 18, 1963,|S. 453 ff.;
    Marginalien zu Fragen d. Stils u. d. Interpretation, ebd. 24, 1969, S. 681 ff., ebd. 25, 1970, S. 745 ff.;
    Verstreute Bemm. über Strauss als Dirigent u. Interpret, in: Richard Strauss Bll. I, 1971, S. 16;
    Einige authent. Hinweise, d. Vortrag d. Till Eulenspiegel betr., ebd. III, 1972, S. 27–56;
    Bemm. z. Interpretation d. Schubert-Symphonien, in: Österr. Musikzs. 27, 1972, S. 186 ff.;
    Webern, Bemm. z. seiner Gestalt, in: Österr. Ges. f. Musik (Hg.), Btrr. `72/73, Webern-Kongreß, 1973, S. 14 ff.;
    Zur Einf., in: Arnold Schönberg, Kat. d. Gedenkausst. 1974, red. v. E. Hilmar, 1974, S. 15 f.;
    Schönberg als Lehrer, in: R. Stephan (Hg.), Ber. über d. 1. Kongreß d. Internat. Schönberg-Ges. Wien 1974, 1978, S. 239 ff.;
    Überss.:
    C. Monteverdi, L`Incoronazione di Poppea, 1953;
    G. Verdi, Simon Boccanegra, 1954 u. 1968;
    ders., Don Carlos (Don Carlo), 1963 u. 1967;
    ders., Falstaff, 1964;
    J. Haydn, Die Welt auf d. Monde, 1958;
    Ch. W. Gluck, Orfeo ed Euridice, Orpheus u. Eurydike (Wiener Fassung v. 1762), 1962 u. ö.;
    ders., Orphée, 1967;
    ders., La Rencontre imprévue, Die Pilger v. Mekka, 1968;
    G. Puccini, La Bohème, 1965;
    Nachlaß:
    Wienbibl., Musikslg.

  • Literatur

    W. Kurt, Fürs Wort brauche ich Hilfe, Die Geburt d. Oper Capriccio v. Richard Strauss u. Clemens Krauss, 1988;
    G. v. Noé, in: Das Orchester 42, 1994, H. 6, S. 11 ff.;
    Was hat denn „Swa“ gesagt…, Österr. Musikzs. 55, 2000, H. 3 (mit Btrr. u. a. v. M. Huss u. Doris Swarowsky);
    M. Grassl u. R. Kapp (Hg.), Aufführungslehre d. Wiener Schule, 2002;
    G. Scheit u. W. Svoboda, Feindbild Gustav Mahler, Zur antisemit. Abwehr d. Moderne in Österr., 2002;
    R. Kubik u. E. W. Partsch (Hg.), Mahleriana, Vom Werden e. Ikone, 2005;
    MGG;
    MGG²;
    Personenlex. Österr.;
    Kulturlex. Drittes Reich;
    Hist. Lex. Wien.

  • Autor/in

    Erika Horvath
  • Zitierweise

    Horvath, Erika, "Swarowsky, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 725-727 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117384402.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA