Lebensdaten
geboren 2. Hälfte 15. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Übersetzer antiker Schriften
Konfession
-
Normdaten
GND: 100782787 | OGND | VIAF: 759145857941323021544
Namensvarianten
  • Sieder, Johann
  • Joannes, Sieder
  • Johann, Sieder
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Sieder, Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd100782787.html [19.04.2024].

CC0

  • Biographie

    1479 immatrikulierte sich der Würzburger Kleriker S. in Köln zum Studium der Artes, das er 1481 mit dem Baccalaureat abschloß und 1487 als Magister beendete. 1484 ist er als Kanoniker des Stifts Neumünster in Würzburg erwähnt, 1500 als Sekretär des Würzburger Bischofs Lorenz v. Bibra. Um 1500 kündigte er eine großangelegte Übersetzung antiker Schriften (Lukian, Plutarch, Apuleius, Plinius) an, wovon jedoch nur Teile erhalten sind. Seine Übersetzung von Apuleius' „Metamorphoses“ (Asinus aureus) – die erste dt.sprachige Übersetzung dieses Werks überhaupt – widmete S. 1500 dem Wormser Bischof Johann v. Dalberg, der seit den 1480er Jahren als bedeutender Anreger dt. Antikenübersetzungen hervorgetreten war. Er stellt dem Text als „rechten anfanck“ die nicht minder phantastischen „Verae historiae“ Lukians voran. Beide Werke sind im handschriftlichen Dedikationsexemplar für Johann v. Dalberg (Berlin, Staatsbibl., mgf 1239) überliefert, die Apuleius-Übersetzung allein in einem 1538 von Alexander Weißenhorn in Augsburg publizierten Druck, der 1605 wieder aufgelegt wurde. In seiner Vorrede rechtfertigt S. die Wahl des Abenteuerromans statt der Lehrschriften des Apuleius' und diskutiert die Frage, ob ein Mensch in ein Tier verwandelt werden könne. Die Vorbildhaftigkeit historischer Persönlichkeiten, zu denen S. in seiner an Kg. Maximilian gerichteten Vorrede den aktuellen Herrscher hinzuzählte, sollten die Übersetzungen von vier Biographien vermitteln. Zwei stützen sich auf Plutarch: die Vita Alexanders des Großen, die S. nach der lat. Fassung des Guarino Veronese bearbeitete, und die des röm. Feldherrn Q. Sertorius, die der lat. Version Leonardo Brunis folgt. Den Biographien Hannibals und Scipios dienten die lat. Fassungen Donato Acciaiolos als Vorlage. Der einzige Überlieferungszeuge, eine auf 1501 datierte Handschrift (Wien, Österr. Nat.bibl., Cod. 2856*), vermutlich das Widmungsexemplar für Maximilian, unterstreicht den Vorbildcharakter der antiken Helden durch die den Texten vorangestellten, frontalsymmetrischen Ganzkörperporträts der Protagonisten.

    S. schloß mit seinem Projekt, die zeitgenössische dt. Literatur nach humanistischen Prinzipien zu „verbessern“, an die „Translationen“ des Niklas von Wyle an, auf dessen Lukian-Übersetzung er sich in der Apuleius-Vorrede ausdrücklich bezieht. Seine Überzeugung von der Überlegenheit antiker und humanistischer Sprachkunst über die volkssprachliche Literatur schlägt sich in der möglichst wörtlichen, auch grammatische Wendungen nachvollziehenden Übersetzungstechnik nieder. Wie die schmale Überlieferung zeigt, blieb die Wirkung seiner Vermittlungsversuche jedoch beschränkt.

  • Literatur

    F. F. Leitschuh, Studien u. Qu. z. dt. Kunstgesch. d. 15.-16. Jh., 1912, S. 73 f.;
    A. Zumkeller, Urkk. u. Regg. z. Gesch. d. Augustinerklöster Würzburg u. Münnerstadt, 1966, S. 328;
    F. J. Worstbrock, Dt. Antikerezeption 1450–1550, 1976, S. 22 f., 117, 198;
    A. Henkel, Der guldin Esel Apuleij, Zur ersten dt. Übers. d. Metamorphosen d. Apuleius durch J. S. in d. Hs. v. 1500 u. im Druck v. 1538, 1979;
    A. Wendehorst, Das Stift Neumünster in Würzburg, 1989, S. 534;
    J. Hamm, in: H. Brunner u. H.-G. Schmidt (Hg.), Vom Gr. Löwenhof z. Univ., Würzburg u. d. dt. Lit. im SpätMA, 2002, S. 92–99;
    B. Plank, J. S.s Übers. d. „Goldenen Esels“ u. d. frühe dt.sprach. „Metamorphosen“-Rezeption, 2004;
    F. Küenzlen, Verwandlungen e. Esels, Apuleius' „Metamorphoses“ im frühen 16. Jh., Der Kommentar Filippo Beroaldos d. Ä., d. Überss. v. J. S., Guillaume Michel, Diego López de Cortegana u. Agnolo Firenzuola, d. Schelmenroman Lazarillo de Tormes, 2005;
    Vf.Lex. MA² (L);
    Kosch, Lit.-Lex.³ (L).

  • Autor/in

    Norbert H. Ott
  • Zitierweise

    Ott, Norbert H., "Sieder, Johann" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 335 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd100782787.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA