Lebensdaten
wohl 1508 – 1555
Geburtsort
Frankfurt/Main (?)
Sterbeort
Eltville
Beruf/Funktion
Erzbischof und Kurfürst von Mainz
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118550535 | OGND | VIAF: 10637375
Namensvarianten
  • Heusenstamm, Sebastian von
  • Sebastian
  • Heusenstamm, Sebastian von
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Zitierweise

Sebastian, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118550535.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus seit d. 13. Jh. nachweisbarer Fam. d. Ritter v. Heusenstamm, d. 1661 d. Herrschaft Heusenstamm im Rodgau an d. Reichsfreiherren v. Schönborn verkauften u. später in Österr. als Grafen v. H. ansässig waren;
    V Martin v. H. (erw. 1477, 1540), 1495 Burgmann v. Friedberg, seit 1503 Hptm., Schultheiß d. Stadt Frankfurt, 1523–28 Vizedom in M., S d. Rr. Eberhard v. H. u. d. Elisabeth v. Venningen;
    M Elisabeth, T d. Eberhard Brendel v. Homburg u. d. Agnes Röder v. Rodeck;
    B Martin ( 1550, ⚭ Anna v. Hattstein, N d. Konrad v. Hattstein, mainz. Hofrichter, Vizedom u. Marschall), kfl. mainz. Rat u. Amtmann, Walter, Rr. d. Dt. Ordens, 1540 Komtur zu Koblenz, 1545 Mainzer Erbmarschall;
    N Wolfgang ( 1594), Domherr in Mainz, Georg ( 1574), Domherr in Würzburg u. Bamberg, Walter ( 1560), kfl. mainz. Rat u. Amtmann, Martin (erw. 1553), Kanoniker an St. Alban in Mainz;
    Gr-N Eberhard Wolfgang ( 1605), Domherr u. Domdekan in M., Kanoniker an St. Alban u. St. Viktor in M., Johann Heinrich ( 1615), mainz. Erbmarschall, Amtmann zu Amorbach, Buchen u. Walldürn, Oberhofmarschall; Verwandter Daniel Brendel v. Homburg (1523–82), seit 1555 Ebf. u. Kf. v. Mainz (s. NDB III).

  • Biographie

    Die Quellen lassen S.s Ausbildung nur lückenhaft erkennen. Am 3.4.1528 an der Univ. Tübingen immatrikuliert, wechselte er später nach Mainz, wo er vor dem 7.10.1531 zum Dr. iur. utriusque promoviert wurde. Er erhielt eine Kanonikerpfründe am Mainzer adeligen Ritterstift St. Alban und nach seiner Priesterweihe 1531 eine Sacerdotalpräbende des Domkapitels. Damit gelangten die v. Heusenstamm erstmals in das einflußreiche, dem Adel vorbehaltene Mainzer Domstift. 1533 wurde S. als Supernumerar in das Mainzer Domkapitel aufgenommen. Er wurde zu Verhandlungen zwischen Ebf. Albrecht von Brandenburg (1490–1545) und dem Domkapitel herangezogen und mehrfach mit Gesandtschaften betraut. 1535 und 1536 bestellte ihn das Domkapitel zum Syndikus, 1536 und 1537 überdies zum Präsidenten der Präsenzkammer. 1537 war S. als einer der Gesandten zu dem vom Papst angekündigten, doch nicht zustande gekommenen Konzil vorgesehen. 1538 lehnte S. es ab, als Nachfolger des zum Bischof von Hildesheim gewählten Valentin v. Tetleben ( 1551) Mainzer Generalvikar zu werden. Ebf. Albrecht nahm häufig S.s Dienste in Anspruch, so zur Visitation des Reichskammergerichts, 1540 zur Teilnahme an den Religionsgesprächen in Hagenau, 1541 zu den schwierigen Verhandlungen mit Erfurt. 1541 berief er S. zum Mitglied einer kirchlichen Reformkommission. 1544 wählte das Domkapitel S. einstimmig zum Domscholaster (Resignation 1545). Bei der Wahl zum Erzbischof und Kurfürst von Mainz konnte sich S. 1545 gegen den von Kaiser und Papst favorisierten Augsburger Bischof Kardinal Otto Truchseß v. Waldburg (1514–1573) durchsetzen. In der Folge gelang des dem ritterschaftlichen Stiftsadel, fast ausschließlich den Mainzer Erzstuhl zu besetzen. Rom bestätigte S.s Wahl 1546 und gewährte das Pallium. Die Bischofsweihe empfing S. am 2.5.1546 durch den vom Mainzer Weihbischof Michael Helding assistierten Würzburger Bischof Melchior Zobel zu Giebelstadt (um 1500–58), die kaiserlichen Regalien und Privilegien erhielt er am 13.7.1546.

    Der kirchlich, finanziell und politisch äußerst geschwächte Zustand des Erzstifts nötigte ihn 1546/47 im Schmalkaldischen Krieg zu politischer Zurückhaltung, um so mehr, da das Erzstift von den prot. Nachbarn Hessen und Kursachsen und der immer deutlicher zur Reformation neigenden Kurpfalz umgeben war. Reserviert gegenüber den militärischen Bündnisplänen des Kaisers, verkündete er jedoch 1548 das als Reichstagsabschied erlassene Augsburger Interim und die Bulle Pauls III., in der Laienkelch und Priesterehe ermöglicht wurden. Von Okt. 1548 bis Mai 1550 ließ S. eine Visitation des Erzbistums durchführen, deren Protokolle den Fortgang der konfessionellen Abgrenzung und einen Zerfall kirchlicher Strukturen dokumentieren. S. berief eine Diözesansynode (19.–24.11.1548) und eine Provinzialsynode (6.–24.5.1549), die von fast allen Mainzer Suffraganbistümern beschickt wurde. Die Publikationen der „Acta et Decreta“|der Diözesansynode (1548) und

    der „Constitutionen“ (1549) des Provinzialkonzils zeigen die Mainzer Reformlinie, für die nicht die konfessionelle Kontroverse, sondern innerkirchlicher Erneuerungswille im Vordergrund stand. 1551 erschienen ein reformorientierter Katechismus und eine neue Agende. Mit den Erzbischöfen von Köln und Trier nahm S. von Aug. 1551 bis März 1552 am Konzil in Trient teil. Als geschätzter Gesprächspartner der prot. Unterhändler wandte er sich in der Konzilsversammlung gegen Verurteilungen und das Anhäufen kirchlicher Dekrete.

    Politische und militärische Unruhen im Reich nötigten S. zur Rückreise nach Mainz: Vor allem durch den von Ks. Karl V. sanktionierten Raubzug des Mgf. Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach wurde das Erzstift Mainz 1552 verwüstet. Vor der feindlichen Soldateska floh S. aus Mainz nach Eltville. Als Folge der belasteten Beziehung zu Karl V. begegnete S. den monarchischen Reichsreformzielen des Habsburgers mit Skepsis und zielte stattdessen auf eine verfassungsrechtliche Stärkung der Reichsstände und die Neubelebung des Landfriedens. Beides hielt er nur durch einen Ausgleich in der Religionsfrage für möglich. 1553 trat S. dem überkonfessionellen Heidelberger Verein bei. Er ließ sich von der Legitimität eines politischen Religionsvergleiches zwischen den Reichsständen überzeugen, allerdings ohne an eine grundsätzliche Anerkennung von zwei Konfessionen zu denken. In diesem Sinne verfaßte S. seine Instruktion für die Mainzer Gesandten beim Augsburger Reichstag. Den am 25.9.1555 erzielten Reichsreligionsvergleich hat S. nicht mehr erlebt.

  • Literatur

    F. Ritsert, Gesch. d. Herren u. Grafen v. H., in: Korr.bl. d. Gesamtver. d. dt. Gesch.- u. Altertumsvereine 32, 1884, S. 98–102;
    W. Friedensburg, Informativprozesse über dt. Kirchen in vortridentin. Zeit, in: QFIAB, 1898, S. 190–94;
    A. Hasenclever, Die Pol. d. Schmalkaldener vor Ausbruch d. schmalkald. Krieges, 1901, Nachdr. 1965, S. 31–44 u. 210–14;
    F. Herrmann, Die ev. Bewegung zu Mainz im Ref.za., 1907, S. 257–68;
    A. Ph. Brück, Das Erzstift Mainz u. d. Tridentinum, in: Das Weltkonzil v. Trient, hg. v. G. Schreiber, 1951, S. 193–243;
    ders., Die Verhh.unterlagen d. Mainzer Ebf. in Trient 1551, in: Archiv f. mittelrhein. KGesch. 5, 1953, S. 301–10;
    ders., Wahl u. Bestätigung d. Mainzer Ebf. u. Kf. S. v. H., ebd. 14, 1962, S. 128–44;
    F. V. Arens, Die Inschrr. d. Stadt Mainz v. frühma. Zeit bis 1650, 1958, S. 214 f.;
    J. Beumer, Die Provinzialsynoden v. Mainz u. Trier aus d. J. 1549 u. ihre Bedeutung f. d. Liturgiereform, in: Trierer Theol. Zs. 82, 1973, S. 293–303;
    G. Rauch, Das Mainzer Domkap. in d. Neuzeit, in: ZSRGK 63, 1977, S. 147 f.;
    R. Decot, Rel.frieden u. Kirchenreform, Der Mainzer Kf. u. Ebf. S. v. H. 1545–1555, 1980;
    ders. Das Erzbistum im Za. v. Reichsreform, Ref., Konfessionalisierung (1484–1648), in: Hdb. d. Mainzer KGesch. III, hg. v. F. Jürgensmeier, 2002, S. 21–232;
    Gatz III (P).

  • Porträts

    P Grabdenkmal v. D. Schro, 1559 (Mainz, Dom);
    Kupf. v. W. Ch. Rücker(t), um 1760 (Wien, Österr. Nat.bibl., Porträtslg.;
    Mainz, Martinusbibl.;
    Mainz, Inst. f. Mainzer KGesch.).

  • Autor/in

    Friedhelm Jürgensmeier
  • Zitierweise

    Jürgensmeier, Friedhelm, "Sebastian" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 108-109 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118550535.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA