Lebensdaten
1907 – 1985
Geburtsort
Berlin-Schöneberg
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Couturier
Konfession
-
Normdaten
GND: 118984780 | OGND | VIAF: 25402770
Namensvarianten
  • Schulze, Heinz Arthur (bis 1953)
  • Schulze, Heinz A.
  • Schulze-Varell, Heinz
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Zitierweise

Schulze-Varell, Heinz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118984780.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Arthur Schulze, Hotelier in Kladow (Hotel „Märkischer Hof“);
    M Herta N. N.;
    1932 Margarete (Kiki) (* 1907), Modezeichnerin, Model, T d. Heinrich Kickler (⚔), preuß. Reg.baumeister, sächs. Oberlt. d. Res., u. d. Margarete v. Bandel (* 1876);
    2 S Ulrich (* 1939), Informatiker, Andreas (* 1942), Kaufm.;
    Ur-Gvm d. Ehefrau Ernst (v.) Bandel (1800–76, bayer. Adel 1813), Bildhauer (s. NDB I);
    Gvm d. Ehefrau Hans v. Bandel (1839–1917, preuß. Adel 1912), Kaufm.; dessen Ur-E Heinrich Kickler, Dipl.-Ing., Architekt.

  • Biographie

    Nach der Mittleren Reife am Potsdamer Gymnasium begann S. 1923 eine kaufmännische Lehre in dem Konfektionshaus „Schwabe & Meyer“ in Berlin, die er 1925 bei „Hermann Gerson“, dem seinerzeit führenden Berliner Modehaus, fortsetzte. Hier stieg er 1926 zum Assistenten des Ersten Konfektionärs auf und lernte 1928 seine spätere Ehefrau Margarete Kickler kennen, die als Modezeichnerin tätig war. Um 1931/32 wechselte er – zusammen mit der späteren Modeschöpferin Elise Topell (1904–84) – als Konfektionär in die Modellfirma von Norbert Jutschenka (* 1890, emigriert 1938).

    S. lehnte das damals übliche Kopieren Pariser Modelle bald ab und entwarf seine Modelle selbst, vorzugsweise für drei unterschiedliche Idealtypen. Bald hatte er damit großen Erfolg: Mitte Juni 1934 eröffnete er in Berlin mit der Direktrice Irmgard Bibernell als Teilhaberin einen eigenen Modesalon „Schulze-Bibernell“. Seine meist sehr geometrisch angelegten Arbeiten zeigen raffinierte Nähte, häufig – nach Madeleine Vionnet – schräg angesetzte Schnitte und üppigen Stoffverbrauch. Mit diesen klassisch eleganten Entwürfen gewann S. vermögende Kundinnen, unter ihnen Filmdiven wie Zarah Leander, Pola Negri, Lilian Harvey, Lil Dagover, Camilla Horn, Marianne Hoppe, Renate Müller u. a., sowie Frauen hochrangiger NS-Funktionäre und verschiedener in Berlin tätiger ital. Politiker. Für sie entwarf er nicht nur die Kleider, sondern beriet sie auch beim Kauf von Accessoires, Taschen, Schuhen, Schmuck und Hüten. 1937 konnte er mit dem Salon in eine Villa („Betz“) am Tiergarten umziehen und produzierte dort nach Ausbruch des Krieges noch kurze Zeit weiter. 1938/39 hatte der Berliner Betrieb 92 Angestellte. Jedes Modell wurde einzeln zugeschnitten und überwiegend in Handarbeit hergestellt; es gab nur wenige Nähmaschinen. 1943 wurde S., der zuvor schon mehrere Filme ausgestattet hatte, Kostümchef der Ufa, jedoch kurz darauf zum Militärdienst eingezogen, nachdem er eine Treueerklärung an den „Führer“ verweigert hatte.

    Nach dem Krieg – S.s Frau war bereits 1943 mit den Kindern aus Berlin nach Bayern geflohen – eröffnete S. 1947 ein Geschäft in der Maria-Theresia-Straße in München. Die Einführung der Gewerbefreiheit durch die amerik. Besatzungsbehörden ermöglichte ihm 1948 die Gründung eines eigenen Salons „Heinz A. Schulze“. Um an den berühmten Doppelnamen der Vorkriegszeit anzuknüpfen, wurde seit Okt. 1949 der Firmenname „Schulze-Varell“ geführt, den S. seit 1953|auch privat trug. Seit Herbst 1949 reiste S. saisonal mit der Kollektion auch nach Hamburg, seit Frühjahr 1950 nach Düsseldorf. S., dessen Frau wie vor dem Krieg als Muse und Modell fungierte, behielt mit seinen sehr eleganten, femininen und komplizierten Schnitten den eigenen unverwechselbaren Stil bei. Seine Nachmittags- und Abendkleider, nicht selten noch fotografiert vor Ruinen, spiegelten die Modeträume der Wirtschaftswunderwelt. Die Frühjahrskollektion 1955 führte S. in Paris vor. Für die folgenden Kollektionen verarbeitete er Anregungen verschiedener Fernreisen u. a. nach Hongkong, Marokko, Gran Canaria, Mexiko und Thailand. 1973 nahm er einen Lehrauftrag an der „Meisterschule für Mode München“ wahr. In den 60er Jahren gingen die Aufträge von Privatkundinnen allgemein stark zurück. Während sich die Pariser Couturiers aus diesem Grund mehr auf hochwertige Konfektion, das sog. Prêt-à-porter konzentrierten, verkleinerte S. im Mai 1978 seinen Salon. In diesem neuen Geschäft in der Prinzregentenstraße arbeitete S. für einen kleinen Kreis von privaten Kundinnen bis zu seinem Tod weiter. Mit ihm endete eine Tradition dt. Modeschaffens, die um 1900 in Berlin begonnen und dort in den Zwischenkriegsjahren ihren Höhepunkt erreicht hatte.

  • Auszeichnungen

    Staatspreis d. bayer. Regierung auf d. 4. Dt. Handwerksmesse (1952);
    Modepreis d. Stadt München (1965 erster Preisträger);
    Bayer. Verdienstorden (1975);
    Plakette „München leuchtet“ d. Stadt München (1977).

  • Werke

    u. a. Modelle: Theatercape, 1950;
    Winterkostüm, um 1974;
    Wintermantel, um 1974;
    Kostüm, 1976;
    Cape-Kostüm, 1980/81;
    Winterkostüm mit Bluse, 1982;
    Nachmittagscomplé, 1985 (alle Köln, Mus. f. Angewandte Kunst);
    Hosenanzug, 70er Jahre (Stuttgart, Württ. Landesmus.);
    Zweiteiliger Hosenanzug, 1968;
    Zweiteiliges Nachmittagskleid, 1983 (Krefeld, Textilmus.);
    Teile d. Herbstkollektion 1968 („Mexiko“-Kollektion, im Fundus d. Bayer. Nat.theaters München);
    ca. 100 Modelle, Hüte, Accessoires im Münchner Stadtmus.;
    – 64 Filmausstattungen, u. a. f. Ein Walzer für Dich, 1934;
    Daphne u. d. Diplomat, 1937;
    Lauter Lügen, 1938;
    Der Blaufuchs, 1938;
    Der Gouverneur, 1939;
    Traummusik, 1940;
    Ausstattungen f. Sybille Schmitz, in: Zwischen gestern u. morgen, 1947;
    f. Brigitte Horney, in: Solange Du da bist, 1953;
    f. Hildegard Knef, in: Gefährlicher Urlaub, 1953, u. Die blaue Stunde, 1953;
    f. Nadja Tiller, in: Das Mädchen Rosemarie, 1958;
    Theaterausstattungen
    f. „Die Schaubude“, d. „Theater am Brunnenhof“ u. d. „Kleine Komödie“ (alle München), z. B. f. Lady Frederick, 1983, Omelette Surprise, 1979;
    Wunschträumereien, 1981;
    |

  • Nachlass

    Nachlaß: Münchner Stadtmus. (u. a. Modelle, Entwurfszeichnungen, Ztg.-ausschnitte, Modefotogrr.).

  • Literatur

    S. Ackermann, Couture in Dtld., 1961 (P);
    U. Westphal, Berliner Konfektion u. Mode, die Zerstörung e. Tradition 1836-1939, 1986;
    Die schöne Rheinländerin, Ausst.kat. Dt. Textilmus. Krefeld 1989 (zahlr. Abb.);
    Mode „bemäntelt“ u. „kostümiert“, 100 J. Straßenkleidung, Ausst.kat. Mus. f. Angewandte Kunst Köln 1991 (Abb.);
    S.-V., Architekt d. Mode, Ausst.kat. Münchner Stadtmus., hg. v. U. Göbel, 1991 (Abb., P);
    R. Schostack, S.-V., Mode f. mädchenhafte Damen, in: FAZ v. 3.7.1991;
    A. Auer, Der Couturier H. S.-V. 1907-1985, Entstehung u. Entwicklung e. Haute Couture in Dtld., Diss. Konstanz 1993 (Bibliogr., W-Kat., Filmogr., Abb., P);
    Die elegante Welt d. Regina Relang, hg. v. E. Ruelfs u. U. Pohlmann, Münchner Stadtmus. 2005 (Abb.).

  • Porträts

    Foto v. Ch. Rohrbach, Abb. in: S.-V., Architekt d. Mode (s. L), S. 5.

  • Autor/in

    Anita Margrit Auer
  • Zitierweise

    Auer, Anita Margrit, "Schulze-Varell, Heinz" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 732-733 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118984780.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA