Wols (Pseudonym)

Lebensdaten
1913 – 1951
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Paris
Beruf/Funktion
Photograph ; Maler ; Graphiker ; Künstler ; Grafiker ; Illustrator ; Fotograf
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118635093 | OGND | VIAF: 27864686
Namensvarianten

  • Schulze, Alfred Otto Wolfgang (eigentlich)
  • Schulze, Wolfgang (eigentlich)
  • Wols (Pseudonym)
  • wols
  • Schulze, Alfred Otto Wolfgang (eigentlich)
  • schulze, alfred otto wolfgang
  • Schulze, Wolfgang (eigentlich)
  • schulze, wolfgang
  • Wols, Otto
  • Schulze, A. O. W.
  • Schulze, Otto Alfred Wolfgang
  • Schulze, Otto Wolfgang
  • Schulze, Wolfgang Otto

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Zitierweise

Wols (Pseudonym), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118635093.html [06.12.2025].

CC0

  • Wols (Pseudonym ab 1937, eigentlich Alfred Otto Wolfgang Schulze)

    | Photograph, Maler, Graphiker, * 27.5.1913 Berlin, † 1.9.1951 Paris, Columbarium des Friedhofs Père Lachaise. (evangelisch)

  • Genealogie

    V Alfred Schulze (1878–1929), aus Dresden, Dr. iur., 1912 Geh. Reg.rat u. Vortragender Rat im Reichsamt d. Innern, 1916 Geh. Oberreg.rat, 1918/19 Protokollführer d. BR, 1919–29 Min.dir. im sächs. Innenmin., Chef d. sächs. Staatskanzlei u. stellv. Bevollmächtigter Sachsens z. BR, Hg. v. „Das Wahlrecht f. d. vfg.gebende dt. Nat.verslg.“, 1918 sowie Vf. v. „Das neue Dt. Reich“, 1927 (s. Wi. 1928;
    DBJ XI, S. 284–86 u. Tl.;
    Jeserich-Neuhaus), porträtiert u. a. v. O. Dix in d. Triptychon „Großstadt“ 1927/28, v. R. Sterl u. photogr. v. H. Erfurth, 1927/28;
    M Eva Battmann (1886–1969), aus Dresden, Sängerin;
    B Helmut Schulze-Battmann (1915/19?–81), Verkaufsdir. b. AGFA, Schw Elfriede Schulze-Battmann (1910–2001), Dr. phil., Kunsthist. u. Denkmalpflegerin, tätig in Freiburg (Br.) (s. Bad. Heimat 81, 2001, S. 575 f.;
    Denkmalpflege in Baden-Württ. 30, Nr. 4, 2001, S. 229 f.);
    1940 Hélène Marguerite (Gréty) Dabija (1898–1984, 1] Jacques Baron, 1905–86, surrealist. Dichter in Paris, 3] Marc Johannès, Verw. v. W.s Nachlaß), Modeschneiderin, aus Rumänien.

  • Biographie

    W. wuchs in einem kulturinteressierten Elternhaus auf; in Dresden, wohin die Familie 1919 gezogen war, unterhielten seine Eltern u. a. Kontakte zu den dortigen Künstlern. W. besaß vielfältige Begabungen; er war ein talentierter Geiger und verkehrte im Club der „Hirsche“ um seinen Mentor Friedrich (Fritz) Bienert (1891–1969), dem auch Otto Dix (1891–1969) angehörte. Dessen Werke hinterließen einen nachhaltigen Eindruck bei W.

    Der frühe Tod des Vaters 1929 löste eine schwere Krise aus, in deren Folge W. die Schule ohne Abschluß verließ. Danach arbeitete er 1931 im Photoatelier von Genja Jonas (1895–1938), besuchte kurz die Kunst- und Kunstgewerbeschule Reimann in Berlin, und war anschließend 1932 einige Monate am Frobenius-Institut für Völkerkunde in Frankfurt/M. als Volontär, wo er afrikan. Musikinstrumente inventarisierte.

    Das Angebot einer Weiterbeschäftigung schlug W. aus und zog stattdessen mit einer Empfehlung von László Moholy-Nagy (1895–1946) nach Paris, wo er durch Vermittlung von Amédée Ozenfant und Fernand Legér Zugang|zum Kreis der Surrealisten fand; dort lernte er im Febr. 1933 die rumän. Modeschneiderin Hélène Marguerite Dabija, genannt Gréty, kennen, die seine Freundin wurde. Durch sie machte W. u. a. Bekanntschaft mit Hans Arp (1886–1966), Alexander Calder und Alberto Giacometti (1901–1966). Nach einem kurzen, letzten Aufenthalt in Deutschland im Juli 1933 zog W. im Okt. 1933 mit Gréty nach Barcelona, von dort nach Mallorca und 1934 nach Ibiza. Seine Weigerung, der Einberufung zum dt. Reichsarbeitsdienst Folge zu leisten, brachte ihn in Schwierigkeiten mit den span. Behörden. W. verdingte sich als Gelegenheitsarbeiter; es entstanden Photographien und erste (heute verlorene) Aquarelle. Wahrscheinlich Ende 1935 wurde er aus Spanien abgeschoben und kehrte über die Pyrenäen nach Paris zurück.

    Mit Hilfe Legérs und Georges-Henri Rivières erhielt W. 1936 eine befristete Aufenthaltsgenehmigung, die ihm ein Auskommen als Photograph ermöglichte–1937 fand auch erstmals eine Ausstellung seiner Photographien in der renommierten Galerie de la Pléiade statt, die ihn in der Kunstszene bekannt machte. Aus dieser Zeit stammt das Akronym „Wols“, das auf ein akustisch-orthographisches Mißverständnis einer Telefonistin zurückgeht. Zwischen 1937 und 1939 arbeitete W. erfolgreich als Porträtfotograf der Pariser Künstlerszene, bis er unmittelbar nach Kriegsbeginn festgesetzt und danach in verschiedenen Lagern, zuletzt in der Ziegelei „Les Milles“ in Aix-en-Provence, interniert wurde. Dort entstanden zahlreiche Zeichnungen und Aquarelle sowie einzelne Photographien, es begann aber vermutlich auch seine Alkoholabhängigkeit.

    Nach der Heirat mit Gréty Ende Okt. 1940 wurde W. entlassen, und beide wohnten bis Dez. 1942 in Cassis bei Marseille. Vergeblich versuchten sie, in die USA zu emigrieren. Als im Aug. 1943 auch Südfrankreich besetzt wurde, flohen sie nach Dieulefit bei Montélimar, wo filigrane Zeichnungen und Aquarelle entstanden. Dort lernte W. den Schriftsteller Henri-Pierre Roché kennen, der sein erster Sammler wurde und durch dessen Vermittlung der Kunsthändler René Drouin in Paris Ende 1945 eine Ausstellung mit Aquarellen und Zeichnungen von W. eröffnete. Diese fand ebenso wie eine zweite Ausstellung 1947 mit Ölgemälden in der Kunstszene große Resonanz, blieb jedoch kommerziell erfolglos.

    W. war Ende 1945 nach Paris zurückgekehrt und hatte sich 1946 von Gréty getrennt; von ihr weiterhin unterstützt, setzte er sein unstetes Leben fort, geprägt von Alkoholabhängigkeit, Wohnungswechseln und fiebriger Produktivität.

    W. hatte begonnen, mit Öl zu malen, es entstanden Illustrationen zu Werken von Artaud, Sartre und Kafka. Im Paris der Nachkriegszeit gut vernetzt, nahm er an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland teil, doch verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zusehends. Eine Lungenentzündung und Gelbsucht Anfang 1951 zwangen ihn zu einer zweimonatigen Entziehungskur; danach erholte er sich im Sommer bei einem Aufenthalt in Champigny-sur-Marne in der Nähe seines Freundes Roché und arbeitete hier an neuen Gemälden und Aquarellen; Ende August desselben Jahres zog er sich jedoch eine schwere Lebensmittelvergiftung zu, an der er wenige Tage später verstarb.

    W.s künstlerisches Werk beginnt 1932 nach der Ankunft in Paris mit Photographien, die vom Surrealismus und vom Bauhaus inspiriert sind; seit 1937 als professioneller Photograph arbeitend, sind seine Aufnahmen geprägt von einer Bildästhetik, die sich dem anekdotischen Blick auf das Paris seiner Zeit verweigert; sie sind subjektiv, teilweise schroff und roh, nah und frontal. Gleichzeitig entstanden ab etwa 1935 erste Aquarelle, die die Schulung v. a. an Paul Klee (1879–1940), aber auch an Surrealisten wie Yves Tanguy und Max Ernst (1891–1976) verraten (Deux sous le baldaquin rayé, um 1938/39, Privatbes.). Während der Internierung seit 1939 und auch nach seiner Freilassung verlagerte sich W.s künstlerische Tätigkeit vollständig auf das Aquarell und die Zeichnung; hier offenbarte sich ein geheimnisvoller Kosmos von abgründiger, dabei künstlerisch eigenständiger Ästhetik, die im Surrealismus gründet (Zirkus Wols, 1940, Privatbes.; Elephant and Boats, um 1940/41, Karin u. Uwe Hollweg Stiftung Bremen). Nach ersten Experimenten in kleinen Gemäldeformaten in Cassis schuf W. seit Jan. 1946 Gemälde, in denen er die abstrakte Kunst mit dem Surrealismus verband und darin zum Wegbereiter des Informel und Tachismus wurde (Komposition, um 1947, Hamburger Kunsthalle; Composition sur fond gris, um 1949, Karin u. Uwe Hollweg Stiftung Bremen; Le bateau ivre, 1951, Kunsthaus Zürich).

  • Quellen

    Nachlaß: Staatl. Kunstslgg. Dresden, Kupf.kab. (Photogrr., Korr.); Auktion d. Auktionshauses Aponem, Paris 2011.

  • Werke

    Weitere Ausstellungen: W., First American Exhibition, Hugo Gallery New York, 1951;
    W., Zeichnungen, Aquarelle, Bilder, Gal. Der Spiegel Köln (erste dt. Einzelausst. mit Ausst.kat.), 1955;
    W., Gem., Aquarelle, Zeichnungen, Fotos, Frankfurter Kunst|ver., Ausst.kat. 1965/66;
    W. 1913–1951, Gem., Aquarelle, Zeichnungen, Nat.gal. Berlin, Ausst.kat. 1973;
    W., Bilder, Aquarelle, Zeichnungen, Photogrr., Druckgraphik, Kunsthaus Zürich u. Kunstslg. Nordrhein-Westfalen, Ausst.kat. 1989/90;
    W., „Das Mass der Handfläche ist heilig“, Aquarelle, Zeichnungen u. Druckgraphik 1936–1949, Ausst. anlässl. d. 50. Todestages d. Künstlers, Die Slg. Karin u. Uwe Hollweg, Kunsthalle Bremen, 2001;
    W., Photogrr., Radierungen, Gal./Ed. Stella A. Berlin 2001;
    Circus W., Weserburg Mus. f. moderne Kunst Bremen 2012;
    W. Photograph, Der gerettete Blick, Kupf.kab. Dresden 2013 u. Martin-Gropius-Bau Berlin 2014;
    W., Die Retrospektive, Kunsthalle Bremen u. anschließend Houston, USA Menil Collection, Ausst.kat. 2013;
    W., Aufbruch n. 1945, Neue Gal. Kassel 2014;
    W., Histoires naturelles, Centre Pompidou Paris 2020.

  • Literatur

    L W. 1913–1951, Gem., Aquarelle, Zeichnungen, Nat.gal., Staatl. Mus. Berlin, Berlin 1973;
    W., Bilder, Aquarelle, Zeichnungen, Photogrr., Druckgraphik, Kunsthaus Zürich, Düsseldorf, Kunstslg. Nordrhein-Westfalen, Zürich 1989;
    C. Mehring, W. Photographs, Busch-Reisinger Mus., Cambridge 1999;
    Ph. Gutbrod, W. (1913–1951), Die Arbb. auf Papier, Diss. Heidelberg 2003;
    R. Busch, W. Das druckgraph. Werk, 2004;
    W., Die Retrospektive, Ausst.kat. hg. v. E. Rathke, Kunsthalle Bremen, The Menil Collection, Houston, 2013;
    W., Aufbruch n. 1945. Ausst.kat., hg. v. Mus.landschaft Hessen Kassel u. B. Küster, Mit Btrr. v. D. Gerkens, Ch. Lukatis, M. Haas, H. Kimpel, Ph. Gutbrod u. E. Rathke, 2014;
    – Vollmer;
    Krichbaum;
    BHdE II;
    Dict. of Art.

  • Porträts

    P ca. 70 photogr. Selbstporträts, u. a. um 1931/32, 1937/38 u. W. grimassierend (alle Staatl. Kunstslgg. Dresden, Kupf.kab.).

  • Autor/in

    Peter Prange
  • Zitierweise

    Prange, Peter, "Wols (Pseudonym ab 1937, eigentlich Alfred Otto Wolfgang Schulze)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 493-495 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118635093.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA