Lebensdaten
1903 – 1989
Geburtsort
Liegnitz
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Gemanist
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 116903368 | OGND | VIAF: 48239932
Namensvarianten
  • Scholz, Gerhard

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Zitierweise

Scholz, Gerhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116903368.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Adolf ( 1945), Volksschullehrer in L.;
    M Berta Fiebig ( 1945);
    Stockholm 1946 Kristina Elmdahl (* 1921), Krankenschwester in B.;
    2 S Lars (* 1946), Musiker in B., Wolfgang (* 1949), Dr., Prof. f. Grundlagen d. Architekturentwurfs an d. Kunsthochschule Berlin-Weißensee, 1 T Inger (* 1951), Malerin, Grafikerin in B.

  • Biographie

    Nach dem Abitur 1923 an der Oberrealschule in Liegnitz studierte S. 1924-32 Germanistik und Geschichte in Tübingen, Heidelberg, Berlin und Breslau und trat 1932 als Referendar in den höheren Schuldienst ein. Als Mitglied der SPD (seit 1925; 1931-39 SAP) engagierte er sich in der Verbands- und Bildungsarbeit der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) und wurde daher 1933 aus dem Schuldienst entlassen. Er unterrichtete nun an der Volkshochschule, war freier Mitarbeiter der Univ. Breslau und trat mit Gruppen der SAJ in den illegalen Widerstand. Als im Juli 1936 seine Verhaftung durch die Gestapo drohte, flüchtete er nach Prag, wo er ein dt.-tschech. Sprachlehrbuch in Briefen herausgab sowie als Lehrbeauftragter für Geschichte und vergleichende Literaturgeschichte an einem College tätig war. Mitbegründer der „Thomas-Mann-Gesellschaft dt. Emigranten in Prag“, arbeitete er an der von Mann in Zürich herausgegebenen Zeitschrift „Maß und Wert“ mit. 1938 emigrierte er nach Stockholm, übernahm Gelegenheitsarbeiten und gehörte 1939/40 zum engeren Freundeskreis um Bertolt Brecht. Seit 1942 war S. Assistent am Humanistischen, dann am Historischen Seminar sowie Dozent am Sozialwissenschaftlichen Institut der Universität. Mit seiner Vorlesungsreihe „Entwicklungstendenzen in der dt. Intellektuellenschicht und das III. Reich“ (1943) betrat er wissenschaftliches Neuland.

    1946 kehrte S. nach Deutschland zurück, schloß sich in Berlin der SED an und arbeitete 1947-49 als Referent in der Zentralverwaltung für Volksbildung der SBZ. 1947 gründete er einen germanistischen Arbeitskreis, in dem die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Fachgeschichte bis 1945 aufgenommen, v. a. der Beitrag der dt. Germanistik zur faschistischen Ideologie untersucht wurde. Mit diesem Kreis erschloß er neue Quellen zu einem revidierten Goethebild, schuf damit die Grundlage für neue Lehrmaterialien für den schulischen Deutschunterricht und gab Impulse für wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten (u. a. v. E. Braemer, H. Stolpe, I. Diersen, M. Jelenski). 1948 nahm er an den zentralen Vorbereitungen für das Goethe-Jubiläum 1949 in der Sowjetzone teil. Er arbeitete in dem vom Landesausschuß für das Goethejahr in Thüringen gebildeten „Fachausschuß Wissenschaft“ mit, den er seit April 1949 auch leitete. Im Mai 1949 wurde S. Direktor des Goethe-Schiller-Archivs (Prof. 1949) und 1950 der klassischen Stätten in Weimar (Nachfolge v. H. Wahl). Hier entstand unter seiner Leitung 1949 die stark beachtete Ausstellung „Gesellschaft und Kultur der Goethezeit“ (weitergeführt 1950-53 als „Goethezeit-Mus.“), die im Erproben neuer musealer Gestaltungsmittel den Weg zu einem modernen Ausstellungstyp beschritt. Kleinere Ausstellungen zu Literatur und Kunst folgten, darunter 1950 die von Helene Weigel angeregte Theater-Foyer-Ausstellung zu Brechts „Hofmeister“-Inszenierung in Berlin mit dem Berliner Ensemble. Im Konflikt mit staatlich durchgeführten Veränderungen in der Verwaltungsstruktur der klassischen Stätten in Weimar, v. a. mit deren Auswirkungen auf seine Museums- und Forschungsarbeit, legte S. 1953 sein Direktorenamt nieder und führte seine Forschungen zur klassischen dt. Literatur privat fort. 1958 wurde er an der Univ. Rostock bei Erich Kühne mit einer Arbeit über den jungen Schiller zum Dr. phil. promoviert. Noch im selben Jahr erhielt er einen Lehrauftrag für neuere dt. und skandinav. Literatur am Germanist. Institut der Humboldt-Univ. Berlin (1959 Prof., 1969 em.); 1960 übernahm er auch die Abteilungen für nord. und niederl. Philologie.

    S. gehört neben Georg Lukács (1885–1971) und Werner Krauss (1900–76) zu den Begründern einer marxistischen dt. Literaturwissenschaft. Er wirkte schulbildend durch seinen Forschungsansatz, indem er Literatur im engen Kontext zur Gesellschaftsgeschichte untersuchte und damit früh zu interdisziplinärer Forschung überging. Seine Methode schloß die weltliterarisch vergleichende Betrachtung mit ein und erweiterte damit den Literaturkanon für den zeitgenössischen Rezeptionsprozeß. Insbesondere seine Vorlesungen zu Goethes „Faust“ 1959/60 (Faust-Gespräche, 1964/65, Neuausgg. 1967, 1983) erzielten breite öffentliche Wirkung. Aus seinem Schülerkreis gingen zahlreiche namhafte Hochschullehrer und Literaturwissenschaftler hervor, wie etwa H. Kaufmann, P. Müller, H.-G. Thalheim, H. Voegt und U. Wertheim.

  • Auszeichnungen

    „Opfer d. Faschismus“ u. „Verfolgter d. Naziregimes“ (1947);
    Lessingpreis (1969);
    VVO d. DDR|in Bronze (1964) u. Gold (1973);
    Mitgl. d. Goethe-Ges., Weimar (1949–55) u. d. Dt.-Nord. Ges. d. Liga f. Völkerfreundschaft in d. DDR (1961–81, zeitweilig Vizepräs. u. Vors. d. Länderkomm. Schweden).

  • Werke

    Weitere W Lichtenberg u. wir, in: Maß u. Wert, Zweimonatsschr. f. freie dt. Kultur 1, 1937, S. 127-31;
    Ges. u. Kultur d. Goethezeit, in: Schöpfer. Gegenwart, Kulturpol. Monatszs. Thür.s, 1949, H. 8/9, S. 517-27;
    Der Dramenstil d. Sturm u. Drang im Lichte d. dramaturg. Arbb. d. jungen Schiller, 1958 (Diss.);
    Bemerkungen zu Formfragen anläßl. v. Laxness' Hinke-Tord, in: Junge Kunst, 1958, H. 12, S. 54-60;
    Die Friedensfrage nach 1870-71 in vgl. lit.-hist. Beleuchtung, in: Frieden, Krieg, Militarismus im krit. u. sozialist. Realismus, 1961, S. 21-54;
    Zur Genesis d. Gedichts „Epilog“, in: L. Fürnberg, Ein Buch d. Gedenkens, 1959, S. 183-203;
    Zur Epochenchiffre b. Fichte u. d. dt. Klassikern, in: Weimarer Btrr. 2, 1965, S. 163-84;
    Zur Rezeption Goethischer Motive d. Zauberischen durch Selma Lagerlöf, ebd. 5, 1968, S. 928-43;
    Faust-Gespräche 1974, Ein Gespräch zw. Oskar Neumann u. Elvira Högemann-Ledwohn mit G. S., in: Kürbiskern 4, 1974, S. 48-58;
    |

  • Nachlass

    Nachlaß: Priv.bes. Kristina Scholz, Berlin.

  • Literatur

    U. Wertheim, Die marxist. Rezeption d. klass. Erbes, Zur lit.theoret. Konzeption v. G. S., in: Positionen, Btrr. z. marxist. Lit.theorie in d. DDR, 1969, S. 473-527;
    H.-G. Thalheim u. U. Wertheim (Hg.), Stud. z. Lit.gesch. u. Lit.theorie, G. S. anläßl. seines 65. Geb.tages gewidmet v. seinen Schülern u. Freunden, 1970;
    Zur Gesch. d. marxist. germanist. Lit.wiss. in d. DDR, Gespräche mit U. Wertheim, H. Kaufmann, H.-G. Thalheim, I. Diersen, in: Zs. f. Germanistik, 1982, H. 1, S. 7-19, H. 2, S. 158-71, H. 3, S. 261-77, 1983, H. 3, S. 290-98;
    E. Stoye-Balk, Antifaschist.-dem. Umgestaltung am germanist. Seminar 1945–49, O. Reincke, Die Vorlesung „Lit. an d. Schwelle z. Imperialismus“ v. G. S., F. Wagner, Die Konferenz „Krieg – Frieden – Militarismus im krit. u. sozialist. Realismus“, H. Hube, Die Nordistik u. d. German. Sem., alles in: Wiss. Zs. d. HU zu Berlin, Ges.wiss. Reihe 36, 1987, H. 9, S. 794-800, 848-71 (S. 905 P);
    Heiner Müller, Krieg ohne Schlacht, 1992;
    E. Nahke, Ein Brief über d. Umfeld d. „Hofmeister“-Ausst. 1950, in: Ich aber werde dunkel sein, Ein Buch z. Ausst. „Jacob Michael Reinhold Lenz“, hg. v. U. Kaufmann u. a., 1996, S. 127-31;
    L. Krenzlin, G. S. u. sein Kreis, in: Weimarer Klassik in d. Ära Ulbricht, hg. v. L. Ehrlich u. G. Mai, 2000, S. 195-218;
    G. Kaiser, Rede, daß ich dich sehe, Ein Germanist als Zeitzeuge, 2000;
    G. S. u. sein Kreis, Colloquium z. 100. Geb.tag d. Mitbegr. d. marxist. Lit.wiss. in d. DDR, Pankower Vortrr. 63, 2004;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    BHdE II;
    Wer war wer DDR;
    Internat. Germanistenlex. (W, L).

  • Porträts

    Gem. v. A. Nyman, 1940, u. private Fotoslg. (Priv.bes. Kristina Scholz, Berlin);
    Foto in: U. Kaufmann, Wahlbruder Lenz, 2003, S. 50.

  • Autor/in

    Eva-Maria Nahke
  • Zitierweise

    Nahke, Eva-Maria, "Scholz, Gerhard" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 459-460 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116903368.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA