Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Klavierbauer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 123921422 | OGND | VIAF: 27991313
Namensvarianten
  • Schiedmayer

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Zitierweise

Schiedmayer, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd123921422.html [20.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Die Klavierbautradition der 1652 aus Österreich nach Franken eingewanderten Exulantenfamilie beginnt mit Balthasar (1711–81), Schreiner und Instrumentenmacher in Erlangen, der 1735 sein erstes Klavichord baute. Sein Sohn Johann Christoph Georg (1740–1820) ging nach Neustadt/Aisch und begann dort, Musikinstrumente zu bauen, während Adam Achatius (1743–1817) den väterlichen Betrieb in Erlangen weiterführte. Deren Bruder Johann David (1753–1805) war 1778-81 Schüler des Klavierbauers Johann Andreas Stein (1728–92) in Augsburg, der das Hammerklavier entscheidend durch Einführung der sog. dt. Mechanik (Prellmechanik) verbessert hatte. 1781 übernahm Johann David zunächst das väterliche Geschäft in Erlangen und übersiedelte 1797 nach Nürnberg. Er war einer der bedeutendsten Klavierbauer seiner Zeit mit einem Abnehmerkreis, der sich von Königsberg und Riga bis nach Triest und Livorno erstreckte. Johann Davids Sohn Johann Lorenz (1786–1860, s. W) erhielt seit frühester Jugend eine umfassende Ausbildung im väterlichen Betrieb. Nach dem Tod seines Vaters führte er zunächst die Werkstatt in Nürnberg fort. Um 1806 zog er infolge der Unruhen der Napoleon. Kriege nach Wien, um seine Kenntnisse bei namhaften Instrumentenbauern zu erweitern. Bei Johann Andreas Steins Tochter Nanette Streicher (1769–1833) lernte er vermutlich den Klavierbauer Carl F. Dieudonné (1783–1825) kennen, mit dem er 1809 in Stuttgart das erste Geschäft dieser Art unter dem Namen „Dieudonné & Schiedmayer“ gründete. Der Erlös für den ersten Flügel bildete das Startkapital für den Ausbau und Aufstieg ihres Unternehmens, das rasch Weltruf erlangte. 1820 wurde ein eigenes Fabrikgebäude in der Neckarstraße bezogen. 1825 führte Johann Lorenz das Geschäft unter dem Namen „Pianofortefabrik J. L. Schiedmayer“ weiter. Er baute Flügel und Tafelklaviere, bei denen er anfangs die in Deutschland gebräuchliche Wiener Mechanik anwandte. Später führte er die von Broadwood in London gebaute engl. Mechanik (Stoßmechanik) ein, wodurch die Instrumente einen kräftigen und vollen Klang erhielten. Sein Verdienst war es, das Klavier so weiterentwickelt und vervollkommnet zu haben, daß es den Anforderungen der Konzert-, Kammer- und Hausmusik, die seit 1830 einen bedeutenden Aufschwung nahm, entsprach. Seit den 1840er Jahren fertigte er auch das aufrechtstehende Pianino. Obwohl er diesen neuen Instrumententyp aus musiktechnischer Sicht für einen Rückschritt hielt, erkannte er, daß er damit dem Klavier breite Käuferschichten erschließen konnte. Durch Aufstellung einer Dampfmaschine 1845 und Nutzung moderner Holzbearbeitungsmaschinen stellte er auf industrielle Fertigung um. Bis zur Jahrhundertmitte waren mehrere leistungsfähige Klavierfabriken in Stuttgart entstanden, deren Gründer ehemalige Schüler oder Mitarbeiter von Johann Lorenz waren.

    Seit 1845 waren seine beiden älteren Söhne Adolf (1819–90) und Hermann (1820–61) in der Firma tätig, die von da an den Namen „Schiedmayer & Söhne“ trug. Sie bauten ebenso wie ihre Nachkommen qualitativ hochwertige Flügel und Klaviere, die über eigene Vertretungen weltweit abgesetzt wurden. Eine Spezialität waren tropentaugliche Instrumente. Sie profitierten von der steigenden Nachfrage in der zweiten Hälfte des 19. Jh., als das Klavier zum beliebtesten und weitverbreitetsten Musikinstrument des wohlhabenden Bürgertums wurde. Die Beschäftigtenzahl stieg von etwa 40 (1860) auf 200 (1905). Vor dem 1. Weltkrieg wurden jährlich 1000 Instrumente produziert. Johann Lorenz' jüngere Söhne Julius (1822–78, s. ADB 31) und Paul (1829–90, s. ADB 54) erlernten in Paris den Harmoniumbau. 1853 richtete der Vater in Stuttgart für sie die erste Harmoniumfabrik in Deutschland ein. Nach seinem Tod dehnten sie ihre Tätigkeit auch auf den Bau von Flügeln und Klavieren aus und erregten große Aufmerksamkeit mit ihren neuen kreuzsaitig und mit Eisenpanzerplatten hergestellten Instrumenten. Die Firma war sehr innovativ und führte selbst akustische Versuche v. a. auf dem Gebiet der „Reinstimmung“ durch, baute 1892 das erste Reinharmonium und entwickelte das Harmonium als Hausinstrument und als sog. Meisterharmonium weiter. Weltberühmt und vielfach im Rundfunk verwendet war das Meisterharmonium „Dominator-Scheola“. Unter dem Namen „Schiedmayer Pianofortefabrik vorm. J. & P. Schiedmaver“ nahm das Familienunternehmen einen raschen Aufschwung und entwickelte sich zu einem der führenden Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl von 300 Arbeitern und einer Jahresproduktion von 1700 Instrumenten vor dem 1. Weltkrieg.

    Beiden Firmen wurden zahlreiche Hoflieferantendiplome verliehen, auf nationalen und internationalen Ausstellungen erhielten sie höchste Auszeichnungen, Preise und Medaillen. Künstler wie Arthur Rubinstein, Giacomo Meyerbeer, Richard Wagner, Hans v. Bülow und Franz Liszt äußerten sich begeistert über die Tonfülle, Klangschönheit und leichte Spielbarkeit der S.-Instrumente. 1969 vereinigten sich beide Familienunternehmen zur „Pianofortefabrik Schiedmayer & Söhne“. 1980 wurde der Klavier- und Flügelbau an „Rudolf Ibach Sohn“ verkauft. Heute fertigt das nach wie vor von Familienangehörigen geführte Unternehmen als weltweit einziger Hersteller Celesten und Tastenglokkenspiele.

  • Werke

    zu Johann Lorenz: Anleitung zu e. richtigen Kenntnis der Forte-Piann in Beziehung auf das Spielen, 1824 (mit C. F. Dieudonné).

  • Literatur

    A. Eisenmann, Vorgesch., Gründung u. fernere Entwicklung d. Firma Schiedmayer u. Söhne, 1909 (P);
    A. Eisenmann, Schiedmayer u. Söhne, Hofpianofortefabrik Stuttgart, 1909;
    A. Katz-Foerstner (Hg.), Hdb. d. Württ. Wirtsch., 1925, S. 67;
    Ind. u. Handel, Bd. 43, 1927;
    E. Schmidt-Herrling, Die beiden S., in: Erlanger Heimatbuch 1925;
    Stuttgarter Goldenes Firmenbuch 1229-1929, 1929 S. 52 f.;
    M. Rupprecht, Die Klavierbauerfam. S., Diss. Erlangen 1954;
    150 J. Schiedmayer & Söhne, 1959 (P);
    W. Mück, Johann Christoph Georg S. (1740-1820), Schreinermeister, Orgel- u. Instrumentenmacher in Neustadt an der Aisch, 1999;
    MGG;
    Erlanger Stadtlex., S. 419 f.

  • Autor/in

    Anne Hermann
  • Zitierweise

    Hermann, Anne, "Schiedmayer" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 734-735 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123921422.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA