Lebensdaten
1909 – 1978
Geburtsort
Zürich
Sterbeort
Scuol (Kanton Graubünden)
Beruf/Funktion
Mathematiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 13818061X | OGND | VIAF: 88056101
Namensvarianten
  • Stiefel, Eduard Ludwig
  • Stiefel, Eduard
  • Stiefel, Eduard Ludwig
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Zitierweise

Stiefel, Eduard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd13818061X.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Eduard (1875–1967, ref.), Maler, Graphiker u. Illustrator, Lehrer f. Graphik an d. Kunstgewerbeschule in Z. (s. ThB; Biogr. Lex. Schweizer Kunst; HLS), S d. Fabian, Schreiner in Z., u. d. Anna Henriette Müller;
    M Paula Johanna Schubert (1877–1953;
    1939 Jeanne (* 1911), T d. Jean Beltrami, aus Borgomanero (Piemont), Ladenbes.; mind. 1 T.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Primar- und Mittelschule (Gymnasium) in Zürich studierte S. 1927–31 an der ETH Zürich und erwarb das Diplom als Fachlehrer für Mathematik und Physik. Nach einem weiteren Studienjahr in Hamburg und Göttingen wurde er 1932 Assistent an der ETH Zürich und dort 1935 bei Heinz Hopf (1894–1971) promoviert (Richtungsfelder u. Fernparallelismus in n-dimensionalen Mannigfaltigkeiten, in: Commentarii Mathematici Helvetici 8, 1936, S. 305–53). Nachdem S. sich 1942 habilitiert hatte, wurde er im folgenden Jahr zum o. Professor für Höhere Mathematik an der ETH Zürich ernannt. Seine ersten wiss. Arbeiten befaßten sich mit topologischen Fragen und leisteten wesentliche Beiträge zur Theorie der Vektorfelder in Mannigfaltigkeiten („Stiefelsche Klasse“). Die Ausarbeitung von Vorlesungen von Issai Schur (1875–1941) regte S. an, sich seit 1942 der Theorie der kontinuierlichen Gruppen zuzuwenden; so gelang es ihm u. a. zwischen geschlossenen halbeinfachen Gruppen und diskontinuierlichen Spiegelungsgruppen eineindeutige Beziehungen herzustellen („Stiefelsches Diagramm“).

    S. gewann bald nach Ende des 2. Weltkriegs die Überzeugung, daß die in den USA anlaufende Entwicklung von programmgesteuerten elektronischen Digitalrechnern große Bedeutung für Wissenschaft und Technik erlangen werde. Wie Robert Sauer (1898–1970) und Adriaan van Wijngaarden (1916–87) zählte S. zu jenen Mathematikern, die an ihren Hochschulen den Bau von elektronischen Digitalrechnern nachdrücklich förderten und die neue Numerische Mathematik und die entstehende Informatik in Kontinentaleuropa einführten. 1948 gründete S. an der ETH Zürich das „Institut für Angewandte Mathematik“ und unternahm 1948/49 eine halbjährige Studienreise in die USA, um die dortigen Digitalrechnerentwicklungen zu studieren. Zusammen mit seinen beiden Assistenten, Heinz Rutishauser (1918–70) und Ambros Speiser (1922–2003), die er 1949 für ein Jahr in die USA geschickt hatte, publizierte S. 1950/51 einen umfassenden Bericht über die Entwicklung elektronischer Digitalrechner in den USA und machte die wissenschaftliche Öffentlichkeit in Kontinentaleuropa damit zum ersten Mal mit dieser revolutionären Entwicklung bekannt.

    Da sich die elektronischen Digitalrechner sämtlich noch im Bau befanden, traf S. 1949 die für die weitere Entwicklung der Numerischen Mathematik und der Informatik in der Schweiz wegweisende Entscheidung, die von Konrad Zuse (1910–95) während des Krieges in Deutschland gebaute Relaisrechenmaschine Z4 – die einzige auf dem europäischen Kontinent zur Verfügung stehende programmgesteuerte Rechenmaschine – für sein Institut zu mieten. Gleichzeitig initiierte S. an seinem Institut den Bau der ERMETH („Elektronische Rechenmaschine ETH“), die 1955 in Betrieb genommen wurde. In der Folge entwickelte sich S.s Institut zu einem der führenden Forschungsinstitute im Bereich der Numerischen Mathematik und

    der Informatik. S. vertrat seit 1953 das Lehrgebiet der Angewandten Mathematik. Seine Untersuchungen der Relaxationsmethoden zur Lösung von großen linearen Gleichungssystemen führten ihn zusammen mit Magnus R. Hestenes (1906–91) zur Entdeckung der „Methode der konjugierten Gradienten“, die zu den bedeutendsten algorithmischen Methoden des 20. Jh. gezählt wird. Daneben trat er mit Arbeiten zur Tschebyscheffschen Approximation von Funktionen durch Polynome und mit der Ausgleichung von linearen Gleichungssystemen im Tschebyscheffschen Sinn hervor. Das 1961 von S. veröffentlichte und in fünf Sprachen übersetzte Lehrbuch „Einführung in die Numerische Mathematik“ ( ⁵1976, engl. 1963, ⁴1969, span. 1966, franz. 1967, bulgar. u. ungar. 1973) markierte zugleich den Abschluß dieser Forschungsperiode. Seit Mitte der 1960er Jahre befaßte sich S. vorwiegend mit Fragen der Himmelsmechanik und der Bahndynamik; zusammen mit Paul E. Kustaanheimo (1924–97) gelang ihm mittels der von ihnen gefundenen „KS-Transformation“ 1964 ein Durchbruch bei der Berechnung von Kepler-Bahnen im dreidimensionalen Raum, der weltweites Aufsehen erregte.

  • Auszeichnungen

    A Dr. h. c. (Louvain 1971;
    Würzburg 1974);
    Dr.-Ing. E. h. (Braunschweig 1974);
    Präs. d. Schweizer. Math. Ges. (1956 /57), d. Schweizer. Komitees f. Raumforsch. (1966–70) u. d. Ges. f. Angewandte Math. u. Mechanik (GAMM, 1970–74);
    Vizepräs. d. Schweizer. Ges. f. Automatik (1957/58);
    Mitgl. d. Zürcher Gde.rats (1958–66), d. Norweg. Ak. d. Wiss. (1960) u. d. Leopoldina (1964).

  • Werke

    Programmgesteuerte digitale Rechengeräte, in: Zs. f. Angew. Math. u. Physik 1, 1950, S. 277–97, 339–62, ebd. 2, 1951, S. 1–25, 63–92 (mit H. Rutishauser u. A. Speiser);
    Methods of Conjugate Gradients for Solving Linear Systems, in: Journal of Research of the Nat. Bureau of Standards 49, 1952, S. 409–36 (mit M. R. Hestenes);
    Relaxationsmethoden bester Strategie z. Lösung linearer Gleichungssysteme, in: Commentarii Mathematici Helvetici 29, 1955, S. 157–79;
    Über diskrete u. lineare Tschebyscheff-Approximationen, in: Numer. Math. 1, 1959, S. 1–28;
    Note on Jordan Elimination, Linear Programming and Tchebyscheff Approximation, ebd. 2, 1960, S. 1–17;
    Perturbation Theory of Kepler Motion Based on Spinar Regularization, in: Journal f. d. reine u. angew. Math. 218, 1965, S. 204–19 (mit P. Kustaanheimo);
    Linear and Regular Celestial Mechanics, 1971 (mit G. Scheifele);
    Gruppentheoret. Methoden u. ihre Anwendung, 1979 (mit A. Fässler).

  • Literatur

    P. Henrici, in: Vj.schr. d. Naturforsch. Ges. in Zürich 123, 1978, S. 347–49;
    J. Waldvogel, U. Kirchgraber, H. R. Schwarz u. P. Henrici, in: Zs. f. angewandte Math. u. Physik 30, 1979, S. 135–40 (W);
    V. Szebehely, D. Saari, J. Waldvogel u. U. Kirchgraber, in: Celestial Mechanics 21, 1980, S. 2–4 (P);
    | H. R. Schwarz, The Early Years of Programming in Switzerland, in: Annals of the Hist. of Computing 3, 1981, S. 121–32;
    H. Neukomm, Ermeth, the first Swiss Computer, ebd. 27, 2005, S. 5–22;
    M. H. Gutknecht, The Pioneer Days of Scientific Computing in Switzerland, in: S. G. Nash (Hg.), A Hist. of Scientific Computing, 1990, S. 301–13;
    A. Speiser, Episoden aus d. Anfängen d. Informatik an d. ETH, in: Rat d. Eidgen. TH (Hg.), Informatik im ETH-Bereich, Vom Relaisrechner z. Großcomputer, 1994, S. 9–48;
    ders., 50 Years of the Seminar for Applied Mathematics, in: Mitt. d. Ges. f. Angew. Math. u. Mechanik 22, 1999, S. 159–68;
    A. Nef u. T. Wildi, Das Dep. Informatik, in: Lehre u. Forsch. an d. ETH Zürich, 2005, S. 97–104;
    dies., Informatik an d. ETH Zürich 1948–81, Zw. Wiss. u. Dienstleistung, 2007;
    Pogg. VII a–VIII;
    HLS;
    Qu
    Archiv d. ETH Zürich (P);
    StadtA Zürich.

  • Autor/in

    Ulf Hashagen
  • Zitierweise

    Hashagen, Ulf, "Stiefel, Eduard" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 321-323 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd13818061X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA