Lebensdaten
1887 – 1966
Geburtsort
Hannover
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Bühnenbildner
Konfession
-
Normdaten
GND: 118765310 | OGND | VIAF: 165891619
Namensvarianten
  • Sievert, Johann August Ludwig Klaus
  • Sievert, Ludwig
  • Sievert, Johann August Ludwig Klaus

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Zitierweise

Sievert, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118765310.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl Friedrich Adolf (1858–1931), Arbeiter in H., später Werkmeister d. Continental-Werke ebd., seit 1892 vorübergehend in Aachen, S d. Johann Christoph Ludwig (* 1821), Tagelöhner in Emmenhausen (Bovenden), u. d. Justine Friederike Caroline Bode (1823–1861);
    M Anna Elise (1858–1905), Magd in H., T d. Claus v. Bargen (* 1828), Tischler in Wetterdeich (Geversdorf), u. d. Gertrud Rebekka Lührs (* 1834);
    1) Köln (?) 1909 (?) Ilse Hahn ( 1929), aus Coburg, 1919/20 Unterricht b. Gertrud Leistikow in Dresden, trat 1920–22 mit eigenem Progr. als Tänzerin auf, u. a. am Nat.theater Mannheim u. an d. Stadttheatern Bochum, Essen u. Baden-Baden, 2) Frankfurt/M. 1930 Hildegard (1903–82), aus Frankfurt/M., T d. Hugo Heinrich Sand (1874–1929), bayer. Oberforstverw. in Aura/Sinngrund (Unterfranken), u. d. Friederike (Frieda) Heim (* 1876); kinderlos; Verwandter d. 2. Ehefrau Carl Sand (1795–1820), Student d. ev. Theol., Burschenschafter, ermordete August v. Kotzebue (s. NDB 22).

  • Biographie

    S. kam dem Willen seines Vaters gemäß zunächst zu einem Aachener Dekorationsmaler in die Lehre, die er seit 1901 am dortigen Stadttheater und seit 1904 parallel an der Zeichen- und Kunstgewerbeschule Aachen fortführte (Abschluß 1905). Weitere Lehrjahre absolvierte er bei Theatermalern in Hannover, Düsseldorf, Bad Godesberg und Köln. 1910 wurde S. Leiter der fortschrittlicheren „Werkstätten für Bühnenkunst Hummelsheim“ in München, arbeitete 1911/12 aber im Coburger Atelier von Fritz Lütkemeyer. 1912 verschafften ihm seine antinaturalistischen Entwürfe ein Engagement als künstlerischer Beirat am Stadttheater Freiburg (Br.). 1914 wechselte S. an das Hof- und Nationaltheater Mannheim, wo er in dem Regisseur Richard Weichert (1880–1961) einen kongenialen Partner fand. Künstlerischer Höhepunkt wurden ihre gemeinsamen Jahre an den Städtischen Bühnen in Frankfurt/M. („Frankfurter Expressionismus“), deren Schauspielhaus S. seit Jan. 1919 angehörte. 1919–24 trat S. seinerseits mit Regiearbeiten im Sprech- und Musiktheaterbereich in Erscheinung (Baden-Baden). 1938 folgte er einem Ruf an das Nationaltheater in München und unterrichtete seit 1942 als o. Professor an der dortigen Akademie für Angewandte|Kunst. 1945–47 mit Arbeitsverbot belegt, wurde S. 1948 im Entnazifizierungsverfahren als „vom Gesetz zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus nicht betroffen“ erklärt; danach blieb er ohne festes Engagement.

    S. hatte Ausstattungen gastweise u. a. für die Staatsopern in Wien (u. a. Cosî fan tutte v. W. A. Mozart, 1929) und Berlin (u. a. Fidelio v. L. v. Beethoven, 1935; Die Meistersinger v. R. Wagner, 1955) entworfen, aber auch für das Teatro alla Scala in Mailand (1937–54; u. a. Le nozze di Figaro, 1937 u. Die Zauberflöte v. W. A. Mozart, 1949; Ariadne auf Naxos, 1950 u. Die Liebe d. Danae v. R. Strauss, 1952) und für die Salzburger Festspiele (Cosî fan tutte, 1931; Die Zauberflöte, 1941).

    Angeregt durch die Lektüre Edward Gordon Craigs ging schon der junge S. in seinen Bühnenbildern zur räumlichen Gestaltung und zur damals gewagten Stilisierung über, so daß bereits seine Freiburger Ausstattungen für Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ (1912–14) sowie dessen „Parsifal“ (1914) auf ein überregionales Echo stießen. Ohne Kenntnis der Entwürfe Adolphe Appias, hatte er damit Neu-Bayreuth in der Praxis vorweggenommen. Einfache Linie, klare, rhythmisierte Form, Betonung der Vertikale, symbolträchtige Farbe, szenisches Symbol wie auch der Einsatz von Licht und Projektionen prägten längst seinen Stil, als er 1918 mit einer expressionistischen Bühne für Walter Hasenclevers „Der Sohn“ Fanalwirkung erzielte. Die Darsteller rückte er durch einen grellen Lichtkegel ins Zentrum – Beispiel für S.s Intention, Stimmung und Struktur eines Dramas zur „seelischen Bühne“ zu verdichten. Einen Teil ihrer Wirkung verdankte die gerade in Frankfurt geförderte expressionistische Dramatik S.s Inspiration (Arnolt Bronnen, Walter Hasenclever, Klabund, Oskar Kokoschka, Fritz von Unruh); dies gilt nicht weniger für die ereignishaften Aufführungen von August Strindberg, Bertolt Brecht und der mit Methode ,entstaubten` Klassiker. Für seine Frankfurter Opernentwürfe ließ sich S. nicht auf Dauer auf einen reinen Expressionismus einengen (u. a. Die ersten Menschen v. Rudi Stephan, UA 1920), sondern bevorzugte – besonders für Mozart, Verdi oder R. Strauss – einen „phantastischen“ Stil, der auch Realismus und Monumentalität, (rokokoverspielte) Eleganz und Opulenz zuließ, was gegenüber seinen innovativen Leistungen zunehmend als Rückschritt in die Konvention kritisiert wurde.

  • Werke

    Erinnerungen, Entwurf e. Autobiogr., 1965 (Typoskr. mit hs. Korrekturen, unvollendet);
    Kostümentwürfe f. d. Film: Frauen sind doch bessere Diplomaten, 1939–41 (Regie: Georg Jacoby);
    Nachlaß:
    Musik- u. Theaterabt. d. Univ.bibl. Frankfurt/M. (u. a. Bühnenbilder, Figurinen, Entwürfe, Ausst.kat., Fam.dokumente, Photogrr., Korr., Nachrufe).

  • Literatur

    Ludwig Wagner, Der Szeniker L. S., 1926 (W-Verz. 1912–25, P);
    L. S., Lebendiges Theater, Drei J.zehnte dt. Theaterkunst, Text v. E. L. Stahl, 1944 (P);
    C. Niessen, Der Szeniker L. S., Ein Leben f. d. Bühne, 1959 (P);
    H. Grosse, L. S., Ein Altmeister moderner Bühnenkunst, in: Bühnentechn. Rdsch., H. 5, 54. Jg., 1960, S. 16–19;
    H. Buckwitz (Hg.), L. S., Theater d. zwanziger J. in Frankfurt a. M., VII. F., Städt. Bühnen Frankfurt a. M., Schausp., Sonderh., o. J.;
    H. Schwarz, Regie, Idee u. Praxis mod. Theaterarbeit, 1965, S. 340 f.;
    G. R[ühle], Die gr. Ekstasen, Zum Tode d. Bühnenbildners L. S., in: FAZ v. 13. 12. 1966;
    O. Büthe, Lebendiger Expressionismus – im Nat.theater begonnen, in: Mannheimer Morgen v. 14. 12. 1966;
    A. R. Mohr, Die Frankfurter Oper 1924–1944, 1971;
    Bühne u. Bild d. „Frankfurter Expressionismus“, Begleith. z. Ausst. d. Stadt- u. Univ.-Bibl. Frankfurt a. M. 1985 (P);
    N. Eckert, Das Bühnenbild im 20. Jh., 1998, hierin: Die Stilbühne, L. S., S. 54–57;
    ThB;
    Vollmer;
    Enc. dello Spettacolo, 8, 1961 (W-Verz.);
    Ch. Trilse, K. Hammer u. R. Kabel, Theaterlex., 1977;
    H. Rischbieter (Hg.), Theater-Lex., 1983;
    Kosch, Theater-Lex.;
    New Grove Opera;
    Frankfurter Biogr.;
    MGG²;
    Kulturlex. Drittes Reich;
    eigene Archivstudien:
    Bayer. HStA, München.

  • Autor/in

    Ralph-Günther Patocka
  • Zitierweise

    Patocka, Ralph-Günther, "Sievert, Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 393-394 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118765310.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA