Lebensdaten
vor 1100 – um 1163
Beruf/Funktion
Abt von Springiersbach
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 139132422 | OGND | VIAF: 100436991
Namensvarianten
  • Richard
  • Richard, von Springiersbach
  • Springiersbach, Richard von

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Zitierweise

Richard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd139132422.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ruker, Ministeriale (?);
    M Benigna, Ministerialin d. rhein. Pfalzgf. Siegfried v. Ballenstedt;
    Schw Tenxwind (reg. 1127/29 - n. 1152), „magistra“ v. St. Maria b. Andernach;
    N Gottfried (erw. 1169-90), 2. Abt v. Springiersbach.

  • Biographie

    R. war noch minderjährig, als um 1102 seine Mutter mit Erlaubnis Pfalzgf. Siegfrieds v. Ballenstedt auf ihrem Witwengut Thermunt, nördl. von Kröv/Mosel im Kondelwald, eine Kirche gründete. Dort siedelte sie gemäß der Augustinusregel lebende Kanoniker an, um mit ihnen ein am Vorbild der Urkirche ausgerichtetes, weltabgewandtes Leben in Armut zu führen. 1107 bestätigte Ebf. Bruno von Trier (reg. 1102-24) die Gründung des wenig später Springiersbach genannten Stifts und seine Übertragung an die Trierer Kirche.

    R. selbst, in Springiersbach aufgezogen, ist erstmals in einem Brief Papst Gelasius' II. von 1118 als Propst des Stifts bezeugt. Darin wird deutlich, daß der Konvent unter R.s Leitung eine besonders asketische regularkanonikale Lebensform nach der strengeren Augustinusregel (dem „Ordo monasterii“) pflegte. Dieser hier zum ersten Mal nachweisbare „Ordo novus“ prägte stark auch die früher R. zugewiesenen, doch wohl in Stift Klosterrath (Rolduc, Diöz. Lüttich) von Abt Richer (reg. 1111-22) verfaßten, wirkmächtigen Consuetudines „Nocturnis itaque horis“ und beeinflußte nachhaltig Norbert von Xanten und die frühen Prämonstratenser sowie die Salzburger und Halberstädter Regularkanoniker. Springiersbacher Kanoniker amtierten in den 1120er Jahren als Pröpste in Klosterrath und Frankenthal (Diöz. Worms) und besiedelten 1121 Steinfeld (Diöz. Köln). Auch auf die Gründung des Stifts Bolanden (1129, Diöz. Mainz) dürfte Springiersbach eingewirkt haben.

    In der Diözese Trier wurde Springiersbach vor 1123 das Kanonikerstift Lonnig übertragen, 1127/29 die Kirche St. Maria bei Andernach, wohin R. den Springiersbacher Frauenkonvent verlagerte und ihm seine Schwester Tenxwind voranstellte, sich aber die Oberaufsicht vorbehielt. Mit Stuben (vor 1138), Marienburg (nach 1142) und St. Irminen/Oeren (seit 1148) unterstanden R. weitere Trierer Frauenstifte direkt. Die 1148/50 in einem Brief an Hildegard v. Bingen formulierte Kritik Tenxwinds an der adligen Exklusivität von Hildegards Konvent bezeugt die in der Ministerialengründung Springiersbach und ihrem Reformkreis lebendige neue Auffassung von einer Ordnung der menschlichen Gesellschaft, nach der im Lebensideal der Armut und des Dienstes für Christus soziale Unterschiede an Bedeutung verloren.

    1136 stellte sich Ebf. Albero von Trier (reg. 1131-52) – wohl auch, um territorialen Plänen der Springiersbacher Vögte, der rhein. Pfalzgrafen, entgegenzutreten – selbst an die Spitze der Trierer Regularkanonikerstifte, erhob Lonnig zur Abtei und entzog es R.s direkter Leitung. Er beließ dem nun Abt genannten R. indes die Kontrolle über die Observanz in den Springiersbach zugeordneten und auf ein jährliches Äbtekapitel verpflichteten Stiften. R. suchte Bestand und Einheit des Springiersbacher Verbandes, dem neben Lonnig die Trierer Kanonikerstifte Martental (vor 1141) und Merzig (gegr. um 1152), vielleicht Wadgassen (gegr. 1135) zugehörten, insbesondere mit Hilfe von z. T. persönlich erwirkten Papstprivilegien zu sichern. Doch Dauer war dieser in ihrer (vielleicht überdiözesanen?) Ausbreitung und Bindekraft schwer faßbaren Springiersbacher „societas“ nicht beschieden. Sie zerfiel spätestens nach R.s Tod, dem nicht ein erst in frühneuzeitlicher Chronistik genannter Richard II., sondern sein Neffe Gottfried als Abt gefolgt sein dürfte. R. starb – bezieht man den Eintrag im Springiersbacher Nekrolog auf ihn – an einem 28. Juli und nach 1163, wohl nicht an dem gleichfalls spät überlieferten 22.10.1158. Noch Quellen des ausgehenden 12. Jh. loben R. wegen der vorbildlichen Strenge seiner Lebensführung und preisen ihn als „Vater vieler Stifte und Abt der Äbte“.

  • Quellen

    Qu Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 180 (Nekr.: Nr. 1209); Consuetudines canonicorum regularium Springirsbacenses-Rodenses, ed. St. Weinfurter, 1978; Consuetudines canonicorum regularium Rodenses, Die Lebensordnung d. Regularkanonikerstifts Klosterrat, Text erst. v. St. Weinfurter, übers. u. eingel. v. H. Deutz, 2 Bde., 1993; Fundatio monasterii s. Mariae Andernacensis, ed. O. Holder-Egger, MGH SS 15/2, 1888, S. 968-970; H. Beyer (Hg.), UB z. Gesch. d. … mittelrhein. Territorien, Bde. 1-2, 1860-65 (Nachdr. 1974); A. Goerz (Bearb.), Mittelrhein. Regg., T. 1-2, 1876-79; Germania Pontificia X/1, bearb. v. E. Boshof, 1992, S. 338-350 (Qu, L).

  • Literatur

    Ch. Brower – J. Masen, Metropolis ecclesiae Trevericae, hg. v. Ch. v. Stramberg, I, 1855, S. 299-315;
    F. Pauly, Springiersbach, 1962;
    O. Engels, Der Ebf. v. Trier, d. rhein. Pfalzgf. u. d. gescheiterte Verbandsbildung v. Springiersbach im 12. Jh., in: Secundum regulam vivere, FS f. N. Backmund, hg. v. G. Melville, 1978, S. 87-103;
    A. Haverkamp, Tenxwind v. Andernach u. Hildegard v. Bingen, in: Institutionen, Kultur u. Ges., FS f. J. Fleckenstein, hg. v. L. Fenske u. a., 1984, S. 515-48;
    F.-R. Erkens, Die Kanonikerreform in Oberlothringen, in: HJb. 107, 1987, S. 1-43;
    Th. Zotz, Milites Christi, Ministerialität als Träger d. Kanonikerreform, in: Reformidee u. Reformpol. im spätsal.-frühstauf. Reich, hg. v. St. Weinfurter unter Mitarb. v. H. Seibert, 1992, S. 301-28;
    W. Peters, Kanonikerreform in d. Eifel, Springiersbach, in: Eiflia Sacra, Studien zu e. Klosterlandschaft, hg. v. J. Mötsch u. M. Schoebel, ²1999, S. 205-20;
    F. J. Felten, Zum Problem d. soz. Zus.setzung v. alten Benediktinerklöstern u. Konventen d. neuen rel. Bewegung, in: Hildegard v. Bingen in ihrem hist. Umfeld, hg. v. A. Haverkamp,|2000, S. 189-235, bes. 192;
    Lex. MA;
    LThK³ (jeweils unter Springiersbach).

  • Porträts

    Siegel an Abtsurk. R.s, 1143 (?) (Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 180, Nr. 34), ed. H. Beyer, Mittelrhein. UB I, Nr. 540, S. 598 f., Abb. in: F. Pauly, Aus d. Gesch. d. Bistums Trier, T. 1, 1968, Abb. 129, S. 142.

  • Autor/in

    Werner Bomm
  • Zitierweise

    Bomm, Werner, "Richard" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 508-10 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139132422.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA