Lebensdaten
1863 – 1928
Geburtsort
Brandenburg/Havel
Sterbeort
Duisburg
Beruf/Funktion
Chemiker ; Fabrikant
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 123035317 | OGND | VIAF: 32893714
Namensvarianten
  • Raschig, Fritz
  • Raschig, Friedrich
  • Raschig, August Friedrich
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Zitierweise

Raschig, Fritz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd123035317.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus ursprüngl. in Jessen b. Wittenberg ansässiger Tuchmacherfam.;
    V August, Zierleistenfabr. in Jessen, seit 1862 in B.;
    M Henriette Schlüter;
    12 Geschw (5 früh †);
    Ludwigshafen 1894 Berta Emilie, T d. Ludwig Ney, Arzt;
    4 S, u. a. Kurt (* 1898), Dr., Fabr., Geschäftsführer d. väterl. Fa. Dr. F. Raschig GmbH, Chem. Fabrik, in Ludwigshafen (s. Wi. 1955), 1 T.

  • Biographie

    R. besuchte das Realgymnasium, die ehem. Stiftsschule „Saldria“, in Brandenburg und begann nach dem Abitur 1881 mit dem Studium der Chemie in Berlin, das er 1885 mit der Promotion bei Karl Friedrich Rammelsberg (1813–99) abschloß (Über d. Einwirkung v. Kupferchloriden auf Schwefelmetalle). Anschließend war er zwei Jahre Unterrichtsassistent bei Rammelsberg, wo er schwefel- und stickstoffhaltige Säuren untersuchte. Seine Arbeit über „Das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure“ (in: Berr. d. Dt. chem. Ges. 20, 1887, S. 584, 1158) brachte ihm 1887 eine Anstellung bei der „Bad. Anilin u. Soda-Fabrik“ (BASF). Nach drei Jahren verließ R. die BASF und gründete 1890 in Ludwigshafen eine eigene Fabrik zur Herstellung von reinem Phenol (Carbolsäure) und Kresol (Methylphenol) aus engl. Roh-Carbolsäure. Die „Dr. F. Raschig, Chem. Fabrik“ zur Herstellung von Teerprodukten blühte rasch auf, wozu die erhebliche Nachfrage nach Desinfektionsmitteln beitrug, die durch die Hamburger Cholera-Epidemie 1893 und den Russ.-Japan. Krieg 1904/05 entstand. Das Kresol wurde zu einer ebenfalls desinfizierend wirkenden Seife verarbeitet. Die Firma überstand den 1. Weltkrieg unbeschadet, R. Wurde jedoch nach der Besetzung des Ruhrgebiets durch franz. Truppen 1923 „wegen Unterschlagung zweier Lokomotiven“ zu einer fünfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, der er sich durch Flucht nach Heidelberg entziehen konnte, wo er neun Monate blieb. Er nutzte die Zeit, um die Resultate seiner Forschungen in einem Buch zusammenzufassen (Schwefel- u. Stickstoffstudien, 1924). Nach dem Ende der Besetzung und seiner Begnadigung kehrte er 1924 nach Ludwigshafen zurück.

    Die Gewinnung von reinem Phenol, das als Desinfektionsmittel von großer Wichtigkeit war, gelang im industriellen Maßstab erstmals durch das von R. entwickelte Verfahren der Destillation der Rohsäure in einer Füllkörperkolonne Diese Füllkörper, die „Raschig-Ringe“, erlauben eine effektive Trennung unterschiedlich hoch siedender Bestandteile eines Gemischs und ersetzen eine vielfach wiederholte einfache Destillation durch einen einzigen Arbeitsschritt. R. experimentierte zunächst mit Zinnkügelchen und Blechabfällen, gelangte jedoch etwa 1894 zu zylindrischen Ringen, die bis heute, teils in vielfach variierter Form und aus unterschiedlichen Materialien (Glas, Porzellan, Metalle) gefertigt, in der chemischen Industrie und im Labor verwendet werden. R. setzte diese Ringe zunächst ohne Patentschutz ein und meldete erst 1914 ein erstes Patent an („Füllkörper“, DRP 286 122), dem weitere folgten. 1921 gründete R. die „Keramischen Werke Raschig AG“ in Ludwigshafen zur Fabrikation seiner Füllkörper. Er war auch Inhaber der Firma „Wirth, Waldthausen & Schulz“ zur Teerdestillation in Langendreer (Westfalen) und gehörte zahlreichen Aufsichtsräten an.

    Um von der Versorgung mit Rohphenol unabhängig zu werden, baute R. 1900 eine Anlage zur Herstellung von Phenol aus Steinkohlenteer, die 1910 auf kontinuierlichen Betrieb umgestellt wurde. Dabei wurden neben Phenol auch weitere Produkte (u. a. Benzol, Toluol, Xylol) gewonnen. Die Rückstände wurden als „Kiton“ zur Straßenteerung verwendet. Neben der Verwendung als Desinfektionsmittel eignet sich Phenol auch als Material zur Herstellung von Kunstharzen, die R. ebenfalls betrieb („Dekorit“, „Leuko-rit“, „Vigorit“). 1927 gründete er mit der Fa. Wolf Netter in Ludwigshafen die „Fluorosit GmbH“ zur Herstellung von Natriumfluorid und dem Holzschutzmittel „Fluorosit“. Neben chemisch-technologischen Verfahren befaßte sich R. auch zeitlebens mit rein chemischen Forschungen, hauptsächlich auf dem Gebiet der Derivate der Salpetersäure (u. a. fand er 1907 e. Methode z. Synthese v. Hydrazin).

    R. engagierte sich auch politisch und vertrat die „Pfälz. Demokatische Partei“, deren Vorsitzender er war, 1919 in der verfassunggebenden Nationalversammlung. 1900-28 war er Stadtrat in Ludwigshafen, 1924-28 Abgeordneter der DDP im Reichstag (1. Vors. d. Landesverbandes Pfalz). 1916 stellte R. der Stadt Ludwigshafen ein 20 Hektar großes Grundstück zum Bau von Wohnungen für Kriegsheimkehrer zur Verfügung. Standespolitische Belange vertrat er als Mitglied des „Vereins zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie“, des Arbeitgeberverbands der chemischen Industrie und der Handelkammer Ludwigshafen.|

  • Auszeichnungen

    Vizepräs. d. Dt. Chem. Ges. (1925–27);
    Pr.-Ing. E. h. (TH Darmstadt 1917), Dr. h. c. (Heidelberg 1918);
    Mitgl. d. Leopoldina (1926);
    Liebig-Denkmünze d. Ver. dt. Chemiker (1927).

  • Werke

    u. a. Verfahren, m-Kresol in Kresol-Gemischen zu bestimmen, in: Zs. f. angew Chemie 13, 1900, S. 759;
    Verfahren z. Herstellung v. Carbolöl, ebd. 28, 1915, S. 409;
    Herstellung v. wasserfreiem Hydrazin, in: Berr. d. Dt. chem. Ges. 43, 1910, S. 1927. – Patente u. a. Kresol u. freie Fettsäure enthaltendes Desinfectionsmittel, DRP 87 275 (1892);
    Verfahren z. Herstellung v. Hydrazin, DRP 192 783 (1907);
    Verfahren z. Herstellung v. Teeranstrichen. DRP 244 307 (1910);
    Verfahren u. Apparat z. ununterbrochenen Destillation, DRP 260 060 (1912);
    Zylindr. Füllkörper f. Absorptipns- u. Reaktionstürme, DRP 292 622 (1916);
    Darst. v. Phenolen aus Chlorphenolen, DRP 396 454 (1923).

  • Literatur

    Berr. d. Dt. chem. Ges. 61 A, 1927, S. 56 f.;
    A. Rosenheim, ebd. 62 A, 1929, S. 109-26 (W-Verz., P);
    Chemiker-Ztg. 52, 1928, S. 161 f. (P);
    Zs. f. Elektrochemie u. angew. physikal. Chemie 34, 1928, S. 105 (P);
    Pogg. IV-VI;
    Wenzel;
    W. Mathes, in: K. Oberdorffer (Hg.), Ludwigshafener Chemiker, I, 1958, S. 78-108 (P).

  • Autor/in

    Claus Priesner
  • Zitierweise

    Priesner, Claus, "Raschig, Fritz" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 158-159 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123035317.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA